geniale intervention

das laute handyphonieren im öffentlichen raum ist schon so oft beklagt worden ohne wirkung zu zeigen. jetzt erlebte ich eine geniale intervention, die wirkung zeigt.

es war laut heute abend im postauto. nicht, dass alle übermässig gesprochen hätten. nein, eine junge frau handyphonierte ungeniert vor sich hin.

wie meist in solchen situationen ging es um belangloses. man sprach über den sonntagsbraten bei den eltern und organisierte das zügeln am monatsende.

mehr vom inhalt blieb mir nicht. jedoch erinnere ich mich gut, dass die lautstärke typisch unanständig war.

dann griff sich der postautochauffeurs ans herz und mahnte via mikrophon: “Bitte sprechen Sie nicht so laut, jemand ist am Telefon.”

augenblicklich war es ruhig im poschi. die junge dame verringerte ihre stimme hörbar, die anderen nickten wortlos zu ihrer erleichertung. genial die wirkung der blosstellung, dachte ich mir.

die szene erinnerte mich unweigerlich an einen auftritt in berlin. es war die ethik-kommission des deutschen bundestages. ich sprach in einem workshop über die stammzellenforschung in der schweiz.

mitten in der verhandlung ertönte ein handy. schon das nervte. mehr noch ging mir und anderen auf den kecks, dass die angerufene person abnahm, ohne den saal zu verlassen und seelenruhig zu verhandeln begann.

hans-jochen vogel, der ehemalige spd-justizminister, eine alter, weiser mann, der auf dem podium sass, fackelte nicht lange. zum ungebeten sprechenden sagte er mit bestimmter stimme: “soll ich den raum verlassen? ich störe so ungerne!”

nun halte ich fest: in beiden situationen machte die intervention betroffen. sie wirkte. das unheil verstummt.

ich werde sie mir merken, und ich werde sie anwenden, wenn ich mich das nächste mal in dieser sache die haare raufe!

stadtwanderer