das www der berner geschichte

waschen, wählen, weitersagen: das ist das motto einer kleinen ausstellung über berns moderne zeit in der berner stadt- und universitätsbibliothek, die gestern eröffnet wurde. vorbereitet wird damit das erscheinen des fünften und letzten bandes der grossangelegten geschichtsreihe zu bern in buchform im mai 2011.

bernsmodernean der gestrigen vernissage war man überzeugt: geschichte der moderne lässt sich anhand von geständen des alltagslebens erzählen. drei davon standen im zentrum der ausführungen: die waschmaschine, die wahlurne und das wähltelefon!

die waschmaschine hat im 20. jahrhundert (nicht nur in bern) vieles verändert. den waschvorgang selber, die sozialform des gemeinsamen waschens. weitgehend geblieben ist dagegen die rollenverteilung zwischen den geschlechtern. die ausstellungsmacherinnen wählten deshalb das bild eines mannes, der verstohlen wäscht, weil sein hemd kusslippen enthält.

die wahlurne hat einiges verändert. zwischen 1831 und 1993 wurde bern mit vier verfassungsänderungen demokratisiert. die politische rechte wurden sozial- und geschlechtermässig erweitert. geblieben sind aber burgergemeinden, und nicht realisiert wurde das stimmrecht für ausländerInnen und jugendliche. symbolisiert wird dieser vorgang durch den mann auf dem plakat, der ja zum frauenstimmrecht, im kanton bern 1968 eingeführt, sagt. auch er hat lippenstift auf der wange.

auch das wähltelefon beschreibt den wandel der beziehungen. man kann vieles weiter sagen, obwohl man bedenken hat, dass das fräulein, das die verbindungen herstellt, mithört, und es und seine kolleginnen am schluss am meisten weiss. die berner firma hasler war führend in der produktion von telefonapparaten, bis die modernisierung an ihr vorbeizog. deshalb steht ein nostalgisches bild im zentrum: ein iphone aus der gegenwart, das aber eine wählscheibe auf dem display hat.

der rundgang durch die ausstellung bietet zu den drei themen einiges an informationshäppchen, auch weniges an bildmaterial. das ganze ist als einstimmung gedacht, denn in kürze erscheint der fünfte und letzte band zur berner geschichte. er wird, auf 600 seiten, und mit zahlreichen abbildung, den wandel der moderne im kanton bern beleuchten.

sympatisch und nett war die veranstaltung gestern. geschichten wurden erzählt; die geschlechterfrage scheint dabei die historikerInnen der gegenwart so erfasst zu haben, das mir anderes zu kurz kam. in der vormoderne war bern eine führende stadt und ein führender stand in der eidgenossenschaft. warum ist er das nicht mehr, wird ja landauf, landab debattiert. ein klärungshinweis dazu hätte ich gerne auch gehört. denn die nachmoderne welt droht zu einer gigantischen virtualität zu werden, die an keinner grenze mehr halt macht. das www berns wird man noch verfassen müssen!

stadtwanderer