Das Kornhaus symbolisiert wie kein anderes Gebäude das Ancien Régime des 18. Jahrhunderts, die Zeit nach den Konfessionskriegen und vor dem Franzoseneinmarsch. Gezeigt wird unter dem Dachgibel die Spitze der Bernischen Republik mit dem aufsteigenden Bären, nur noch Gott über sich. Im Kornhaus selber lagerte man Korn und Wein. Damit bezahlte man in guten Zeiten die Gehälter der Stadtangestellten.
Im Ancien Regime entstand die Idee der Milizarmee. Sowohl Patrizier als Offiziere als auch Untertanen in der Uniform von Soldaten sollten einen Teil ihrer Zeit dem Staat zur Verfügung stellen, um ihn im Ernstfall zu beschützen. Das verband. Und so sparte man Geld, sodass man bis auf den Zehnten auf Steuern verzichten konnte. Die reichen Stadtgeschlechter wiederum investierten ihre Einnahmen aus den Ländereien an den Börsen in London und Amsterdam und half so, die neue Welt in Amerika aufzubauen. Wer sich nicht verspekulierte, wurde noch reicher – ohne zu arbeiten. Die Regierungsweise war der Berner Patrizier paternalistisch. Sie sagten den Untertanen, was für sie gut sei. Gehorchten sie, liessen sie väterliche Milde walten. Muckten sie wie im Bauernkrieg auf, mache man sie einen Kopf kürzer.
Die Historiker kritisieren heute die Gesellschaftsform des Ancien Régimes. Denn sie entwickelte kein unternehmerisches Bürgertum. Bern verpasste denn auch den Anschluss an die Industrialisierung weitgehend. Es brauchte die Franzosen, damit die Stadt den Anschluss an die politische Moderne schaffte.
Stadtwanderer