Lobbying in Bundesbern

Was meine neue Wanderung zum Lobbying will. Eine kurze Erklärung.

Lobbying in der öffentlichen Diskussion
Lobbywatch.ch ist sehr skeptisch: «Lobbying ist knallharte Einflussnahme, die intransparent verläuft», formulierte man da jüngst. Gemässigter tönt es bei Transparency International Switzerland. Eine harte Transparenzkritik gibt es auch hier, und die Integrität der Lobbyisten in der Schweiz wird weder schlecht noch gut beurteilt. Am positivsten sind die Noten beim Zugang. Erstaunt ist man bei den professionellen Beobachtern ob dem Studienergebnis nicht: Denn Lobbying ist ein fester Bestandteil einer pluralistischen, liberalen Demokratie, geworden, das letztlich viele betreiben, schreiben sie in ihrem Länderbericht.
Selber sehe ich alles auch recht nüchtern. Ich habe 1995 begonnen, Lobbying am Verbandsmanagement der Uni Fribourg zu unterrichten. 22 Jahre lang habe ich das gemacht. Dabei habe ich hautnah den Wandel des Phänomens wie auch der Interessierten beobachten können. Immer noch doziere ich dazu an der Berner Fachhochschule. Mein Zugang ist stets der der angewandten Politikforschung: nahe bei der Praxis, aber systematisch in der Analyse und Bewertung.
Im Home-Office während der Corona-Krise ist daraus eine umfangreiche Stadtwanderung geworden: zuerst in meinem Kopf, dann mit meinen Füssen!

Lobbying im Wandel
Beim Konzipieren wurde mir auch klar, wie sich der Fokus im letzten Vierteljahrhundert geändert hat. Damals ging man systemtheoretisch vor: Institutionen und Akteure bildeten das Grundgerüst, die politischen Prozesse verbanden sie miteinander.
Ueberzeugt war anfänglich auch ich, dass Lobbying von Privaten betrieben wird, welche staatliche Entscheidungen zu ihren Gunsten beeinflussen wollen. Heute bin ich bin ich der Auffassung, dass die Unterscheidung zwischen Privat und Staat nicht mehr entscheidend ist.
Denn auch Behörden lobbyieren, wenn ihr Kompetenzen beschnitten werden sollen. Städte und Kantone nehmen Einfluss, wenn ihre Budgets gekürzt werden könnten. Aber auch DiplomatInnen, Vertreter globalere Institutionen versuchen Entscheidungen zu beeinflussen, wenn sie ein Produkt platzieren oder Privilegien erhalten wollen.
Um den Einfluss des Lobbyings zu bestimmen, muss man heute nur die formalen Abläufe kennen. Es ist nötig auch die meist informellen Beziehungsgeflechte zu kennen. Besonders effizient erweisen sich dabei Netzwerke in Behörden, mit ehemaligen Behördenmitgliedern, aber auch guten Verankerungen bei wichtigen Interessen der Wirtschaft und Gesellschaft.
Das gewandelte Lobbying ist heute ein Teil der Politikformulierung in der Informationsgesellschaft, ist meine These.
Die letzten Monate zeigten uns, dass Lobbying lebt – und kontrovers diskutiert wird! Bei den eidg. Wahlen war Lobbying ein Teil der Wahlkampf-Themen. Spitzenvertreter des Gewerbeverbandes, der Gewerkschaften und der Krankenkassen scheiterten an der Wiederwahl. Doch rutschten fast überall neue Volks- und KantonsvertreterInnen nach. Während der Corono-Krise sah man, wie das Lobbying der starken Verbände gegenüber der Exekutive gerade in Notsituationen wichtig ist und gut funktioniert. Demgegenüber glitt das Lobbying, das Interessenvertreter aller Art namentlich gegenüber der Legislative betreiben, ohne direkte Kontaktmöglichkeiten in eine echte Krise.

Eine aktuelle Standortbestimmung
Wo stehen wir heute? Meine neue Stadtwanderung «Lobbying in Bundesbern» entstand zunächst aus meinen langjährigen Beobachtungen und vielfältigen Analysen. Systematisiert habe ich die anhand der langsam erwachten Grundlagenforschung der Politik- und KommunikationswissenschaftInnen zu Phänomenen wie Public Affairs, Pluralisierung der Einflussnehmenden und politischen Netzwerken.
Daraus entstanden ist eine Tour durch das Berner Regierungsviertel von 1,5 bis 2 Stunden. Sie richtet sich an Gruppen, die sich für den bemerkenswerten Wandel der Politikgestaltung interessieren. Das können LobbyistInnen und Lobbyierte sein; es waren auch schon Hochschulstudierende und Medienschaffende dabei. Dieses Jahr werde ich meine neue Wanderung noch ein halbes Dutzend Mal durchführen.
Vorläufiger Höhepunkt wird im Februar 2021 der Kongress der Schweizer Politikwissenschaft sein, der die Führung ins offizielle Programm aufgenommen hat.
Weitere Interessierte können sich beim mir melden, am einfachsten per Mail via diese Webseite. Ideal sind Gruppen mit 8-15 Mitgliedern, die sich als Ganzes anmelden und teilnehmen.
Vorerst gelten während den Führungen Corona-Regeln wie in Restaurants.