Burger. Barock. Bourbonen. Eröffnungsrede zu meiner neuen Stadtwanderung 2022

Das ist die Eröffnungsrede zu meiner neuen Stadtwanderung. Sie heisst «Burger, der Barock und die Bourbonen.» Sie wird im April dieses Jahres ihre Premiere haben.
Mit der Führung geht um Bern zwischen 1650 und 1800. Die Rede wird vom Sandsteinen, von Baustilen, von Börsencraches, von Stadtpalästen, von vornehmen Damen und von hingerichteten Rebellen sein.


Burger, Barock und Bourbonen

Das Burgerspital
Wir sind hier im Innenhof des Burgerspitals. Die Burger sind die Führungsschicht von Stadt und Republik Bern seit 1651. Es gibt sie heute, obwohl sie durch französischen Revolutionäre und Berner Liberale politisch eingeschränkt wurden. Doch sie sind aufgrund ihres Besitzes an Häusern, Boden und Wald immer noch einflussreich.
Das Burgerspital wurde 1742 eröffnet, nahm Arme und Kranke auf und dient heute als Altersheim. Seit über 10 Jahren ist es auch ein Generationenhaus, das Jung und Alt zusammenbringt und neuerdings über eine Kita beherbergt. Und es ist der aktuelle Sitz der Burgergemeinde.
Hier lässt es sich gut leben, über Mittag friedlich chillen und auch Feste feiern. Ich habe hier meinen 60. Geburtstag mit 100 WegbegleiterInnen verbracht.

Die Bernburger
Die Stadt Bern wurde legendär 1191 durch die Herzöge von Zähringen gegründet. Sie gehörte zum damaligen Kaiserreich. 1353 wurde sie auch Teil der Eidgenossenschaft. Diese wurde 1648 im Westfälischen Frieden vom Kaiserreich ausgenommen.
Genau deshalb brauchte es die Burgergemeinde als neue Organisationsform. Das Rote Buch nennt 360 Familien, eingeteilt in verschiedenen Statusgruppen eingeteilt: in „Hochedelveste“ wie die von Erlach und von Wattenwyl, „Edelveste“ wie die May, „Veste“ wie die Frisching, „Liebe und Getreüwe“ wie die Haller. Von allen werden wir hören.
Ihre Vorherrschaft über die Stadt beendeten die Franzosen. 1803 wurden Stadt und Kanton durch die Mediationsaktegetrennt. Die alte Republik ging in den neuen Kanton über; der Regierungspräsident ist rechtlich der Nachfolger des Berner Schultheissen. Die Stadt selber erhielt neue Behörden, heute mit einem demokratisch gewählten Stadtpräsidenten an der Spitze der Stadtregierung. Aktuell ein Bernburger übrigens!

Der Barock
Der Barock umfasst die Kunstgeschichte Europas im 17. und 18. Jahrhundert. Er hat unter anderem die Architektur dieser Zeit geprägt. Besonders bekannt dafür ist das Schloss Versailles.
Man bringt den Barock häufig mit der Rekatholisierung Des Kontinents, mit dem Absolutismus der Monarchen, aber auch mit der Aufklärung in Verbindung.
Doch der Berner Barock ist anders. Er wird durch die Nüchternheit der Reformation bestimmt. Er ist weniger hart als die Herrschaft der Monarchen, eher porös wie der Berner Paternalismus. Und es findet sich hier auch kein Zentrum der Aufklärung, nur die moderate Kritik eines Albrecht von Hallers war hier zuhause.
Immerhin, auch hier kennt der Barock Variationen, wie wir sehen werden. Denn es gibt den sterilen Frühbarock, der prächtigen Hochbarock und den speziellen Regence-Stil.
Das Burgerspital hier rundherum ist schliesslich Berner Spätbarock.

Die Bourbonen
Die Bourbonen stellen heute noch die Könige in Spanien. In Frankreich regierten sie von 1589 bis 1792 ununterbrochen, und dann nochmals von 1814 bis 1830.
Henri IV. war der erste Bourbone auf dem französischen Thron. Bis heute ist er der einzige Calvinist, der in Frankreich König wurde. All seine Nachfolger waren dann katholisch.
Die Hugenotten, wie die Calvinisten auch genannt wurden, kamen auch nach Bern. Nach ihren Plänen wurden die Schanzen gebaut, ein Verteidigungswall gegen das katholische Frankreich. Gebracht wurden sie dafür nie, nur gegen aufmuckende Untertanen aus dem Bernbiet.
Unter Louis XIV. wurde die Eidgenossenschaft an Frankreich angebunden. Zwar respektierten unsere Nachbarn die Eigenheiten des Landes und die Sitten der Berner. Doch kontrollierten sie über Marktzugänge und Soldregimente die hiesige Politik. Viele Burgerfamilien wurden so reich.
Nur die Revolution haben die Berner:innen nicht mitgemacht, weshalb man 1798 in einen Krieg mit dem Revolutionären Frankreich geriet. Das sollte das Ende des alten Bern sein.

Und los!
Meine Stadtwanderung nimmt sich der rund 150 Jahre vom Ende des 30jährigen Krieges bis zur Französischen Revolution an. Lange blieb mir diese Epoche fremd. Ich zog die Zähringer, das Spätmittelalter und die Zeit der Bundesstadt vor.
Doch habe ich in den letzten Monaten überraschend den Weg zu ihr gefunden. Ich habe mich in den Sandstein verliebt. Und seine eigenen Feinheiten kennen gelernt. Daraus entstand diese Wanderung.
Es wird immer wieder um Fassaden gehen.
Ich verspreche, es wird auch um das Leben und Sterben davor und dahinter gehen.

Das ist die Stadtwanderung zu Bernburgern, ihrem speziellen Barock und die mächtigen Bourbonen. Und bei sovielen „B“s bleibt nur eins:

Brechen wir auf auf!