Die Geburt der bernischen Militärunternehmer

Gestern war ich spontan, aber mit Absicht im Aargauischen Schenkenbergertal. Das liegt zwischen Juraketten, es beginnt auf der Staffelegg oberhalb von Aarau und endet bei Schinznach.

Schloss Kasteln

Barock-Schloss Kasteln im Schenkenbergertal

Lange war die Burg Schenkenberg der markanteste Punkt über dem Tal. Errichtet von Dienstmannen der Habsburger bei Brugg, war es später Sitz des Landvogtes. Der verliess die 1720, weil sie baufällig war und das Geld für die Renovation fehlte.
Ganz anders bei Schloss Kasteln am Taleingang. Es ist eines der ältesten Barock-Schlösser der Schweiz, das heute dem Kanton gehört. Erbauer war Johann Ludwig von Erlach, der «Guisan» während dem 30jährigen Krieg (1618 – 1648). Denn von 1633 bis 1636 war er der General der eidg. Truppen

Von Johann Ludwig von Erlach zu Jean Louis d’Erlach

Johann Ludwig von Erlach wurde 1595 in eine angesehene Adelsfamilie geboren. Er lernte als junger Page die reformierten Höfe Europas kennen und machte danach erfolgreich Politik in seiner Vaterstadt. Die war gerade dabei, die Schanzen zu bauen, um für einen Krieg gewappnet zu sein.
Johann Ludwig wurde zuerst von der Stadt Bern damit beauftragt, das Wehrwesen neu zu organisieren. Es folgte ein gleicher Auftrag von der Tagsatzung für das eidgenössische. Das empfahl ihn, als General im Aargau eingesetzt zu werden, als sich die schwedische Armee dem Fricktal näherte.
Die Tagsatzung entschied, im grossen Krieg neutral zu sein. Damit begründete sie eine grosse Tradition. Damals war es noch etwas Besonderes. Denn man gehörte formell noch zum Kaiserreich, auch wenn sich die reformierten Orte innerlich längst abgewendet hatten.
Die kaiserlichen Truppen machten von Erlach bald den Vorwurf, mit der schwedischen Armee unter Bernhard von Sachsen-Weimar zu sympathisieren. Seine Verteidigung vor der Tagsatzung scheiterte, sodass er den Dienst quittieren musste.
Von Erlach zögerte danach nicht lange, schloss sich dem General der Reformierten im Kaiserreich an, wurde Gouverneur von Breisach und stieg zum Testamentsvollstrecker von Bernhard von Sachsen-Weimar auf. Nach dessen Tod verhandelte von Erlach mit Frankreich, übergab das Gebiet um Breisach den Franzosen. Dafür wurde er mit einem tollen Titel in die französische Armee aufgenommen, und er nahm die französische Staatszugehörigkeit an. Fortan hiess er Jean Louis d’Erlach.
Bei seinem Ausscheiden aus der Armee erhielt von Erlach eine hohe Summe als letzten Sold. Damit baute er Schloss Kasteln, dessen Vorläuferbau er 1634 von seiner Mutter, Katharina von Müllinen, geerbt hatte. Meist lebte er in Breisach, zeitweise auf Schloss Kasteln. Anfangs 1650, als der Bau des Barockschlosses fast fertig war, starb er in Breisach. Sein Leichnam wurde nach Schinznach überführt, wo er bis heute in der reformierten Kirche begraben liegt.

Grabstätte in Schinznach

Was die Geschichtsforschung sagt

Von Erlach war zu Lebzeiten eine schillernde Figur. Sein Ruf ist bis heute geteilt. Für die einen ist er der zweite General in der Schweizer Geschichte überhaupt, der beim Westfälischen Frieden 1648 half, die Unabhängigkeit vom Reich durchzusetzen. Im süddeutschen Raum, der damals kaiserlich blieb, erinnert man sich namentlich an die «Blutschande von Laufenburg», bei der von Erlach katholische Geistliche hinrichten liess. Die junge Aargauer Militärhistorikerin Agnes Meier Wiederkehr nennt von Erlach schelmisch einen «ziemlichen Vogel», der ans Reislaufen im Mittelalter erinnere, dabei aber persönlichem zu Ruhm gekommen sei.
Auch die heutige Geschichtsforschung hat sich von Erlach angenommen. Der Berner Historiker Benjamin Ryser sieht in von Erlach einen Prototyp des aufkommenden Militärunternehmers, der ohne ethische Prinzipen (erfolg)reich werden wollte. Ihn kümmerte wenig, wem er seine Kompetenzen zur Verfügung stellte. Hauptsache war, die Kasse stimmte.
Nur 15 Jahre nach dem Krieg ordnete König Louis XIV. das Verhältnis zur Eidgenossenschaft neu. Die Berner Söldner waren nicht mehr nur Hilfstruppen im Dienste Frankreichs. Sie formierten ab 1673 ein eigenes Regiment, das den stolzen Namen «von Erlach» trug. Der französische König betrieb auf diesem Weg seine geschickte Günstlingspolitik.. Solange seine Klienten dem Patron diente, sicherte er auch dem Berner Nachwuchs Arbeit. Allerdings etablierte sich so auch eine Franzosen-Partei in der Berner Politik, was wegen der Allianz mit einem katholischen Monarchen nicht ohne Probleme bleiben sollte. Denn ein Teil der Militärunternehmer spaltete sich ab und diente fortan den Niederlanden. Bis Frankreich und die Niederlande gegeneinander Krieg führten, und es für Bern zum Desaster kam.

Neue Stadtwanderung
Doch davon später! Denn Johann Ludwig von Erlach spielt in meiner kommenden Stadtwanderung «Burger, Barock und Bourbonen» eine zentrale Rolle. Start in rund einem Monat.

Die Ausschreibung folgt am 5. April.