Teil 1 der Luzerner Stadtwanderung: Die Pfyffers von Altishofen

Der Schweizerkönig und das exklusivste Patriziat der alten Eidgenossenschaft


Bild 1: Ludwig Pfyffer von Altishofen
Bild 2: Der Schrecken der Schlachtfelder im 16. Jahrhundert von Urs Hofer
Bild 3: Chimäre des Soldwesen von Niklaus Manuel
Bild 4: Löwendenkmal in Luzern, gestiftet von der Familie Pfyffer

Die Schweiz war nie ein Königreich. Doch gab es immer Figuren, die man „Schweizerkönige“ nannte. Gemeint waren damit Quasi-Monarchen.
Einer davon war Ludwig Pfyffer von Altishofen, und er wohnte in Luzern!
Die Britannica, die britische Enzyklopädie der Welt, schreibt über Pfyffer: „Swiss military leader, spokesman for Roman Catholic interests in the cantons, and probably the most important Swiss political figure in the latter half of the 16th century.“
Kenner wissen: Wenn man beim Nachnamen wie „Pfyffer“ einen Zusatz wie „von Altishofen“ führt, dann ist man ein Adeliger aus Luzern (gewesen).
Doch Ludwig war mehr! – Er war Patrizier, ja, er war der Begründer des Luzerner Patriziates.
Bezeichnet wird in der Geschichte eine Gruppe von Familien, die politische Macht unter sich aufteilten. Zürich hatte das in vermodernder Zeit, Bern, Solothurn, Freiburg und Genf auch.
In Luzern bestimmten knapp 30 Familien nach 1571 die Stadtpolitik bis die revolutionären Franzosen kamen.

Militärunternehmer Pfyffer von Altishofen

Ludwig war Militärunternehmer meist in französischen Diensten. Seinen unsterblichen Ruf begründete er 1567, als er Frankreichs König Karl IX. und seine Mutter Katharina dei Medici, sicher von Meaux nach Paris geleitete. Davor waren sie von hugenottischen Truppen eingekesselt worden.
Ludwig stieg mit dieser Aktion zum Obersten der französischen Königsgarde auf. Zwei Jahre später sollte sich das auszahlen.
Frankreich befand sich im Bürgerkrieg zwischen Katholiken und Calvinisten. Schrecklicher Höhepunkt war, vor genau 450 Jahren, die Bartholomäus-Nacht – ein mörderischer Flächenbrand gegen die Hugenotten, der einen Versöhnungsversuch vereitelte. Denn der Hugenotten-Führer Henri hatte die Schwester von Karl IX. heiraten können, was die katholische Kirche und das Haus Valois auf dem Thron bedrohte.

Die Verschwörung im Luzerner Rat

Im Luzerner Rat war eine Verschwörung im Gang. Zwei Sippen, eine davon die Pfyffers, schlossen sich zusammen, um sich der großzügigen Geldzahlungen aus Frankreich zu bemächtigen. Doch wurden sie verraten und zu happigen Geldbußen verurteilt – allen voran Jost Pfyffer, Ludwigs Bruder und amtierender Schultheiß, der die Stadt verlassen musste. Auch Ludwig bekam eine saftige Busse, durfte aber bleiben.
Frankreichs Königs vereitelte Schlimmes, indem er höchst persönlich in Luzern intervenierte. Er stellte Ludwig einen lobenden Adelsbrief aus. Wohl war auch ein Check dabei!
Denn nur zwei Monate später war Ludwig Nachfolger seines Bruders Schultheiß von Luzern. Und er sollte es bis zu seinem Tod fast ein Viertel Jahrhundert bleiben.

Patronage und Soldhandel

Was der König betrieb, war Patronage. Er war der Patron, Ludwig der Klient. Im positiven Sinne war der König ein Gönner, im negativen schuf er so Günstlinge. Vetternwirtschaft nennt man das auch, und es war damals die Regel.
Der Klient musste nur dafür sorgen, dass seine Sippe über Generationen an der Macht war und blieb. Denn seine Leistung bestand in der Sicherung. On Soldtruppen. Nationale Armeen gab es noch keine. Aber Nachfrager und Anbieter von privaten Armeen.
Der Papst, Könige und Herzöge waren die prominentesten Nachfrager. Und Luzern war der prominenteste Anbieter.
Man schätzt heute, dass zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert 50000 Luzerner Jungs als Söldner verkauft wurden. Die meisten kamen vom Land, hatten keine Aussicht auf einen Bauerhof und erhofften sich so Einnahmen. Zwei von fünf kamen nicht mehr zurück. Und war wieder zu Hause war, war nicht selten verkrüppelt.

Wirtschaftssystem in der Kritik

Die Reformatoren wandten sich gegen den mörderische Soldhandel. Nach der Niederlage der Eidgenossen in Marignano 1515 schlug ihre Stunde. Doch selbst in reformierten Städten wie Zürich und Bern kehrte man nach einigen Jahrzehnten zum Soldhandel zurück.
In Städten wie Luzern stießen sie auf ein gut organisiertes Wirtschaftssystem. Banken liehen den Militärunternehmern Kredite. Damit rekrutierten und bezahlten sie Truppen. Waren sie siegreich, gab es reichlich Geld. Die Gewinne blieben bei den Militärunternehmern, die sich damit ein gutes Leben in den Städten leisteten und Politik betrieben.
Abgesichert durch ein Patriziat, das den Zugang zu den Einkünften klein hielt. Noch heute verklärt das Löwendenkmal in Luzern, gestiftet von einem Nachfahren Ludwigs, den Blick auf den Soldhandel.

Zwischenbilanz

Der Titel «Schweizerkönig» war zu hoch begriffen. Denn weder die Eidgenossenschaft noch Luzern waren je ein Königreich. Doch kannte man aristokratische Strukturen. Dabei galt Luzern als das exklusivste Patriziat in der Eidgenossenschaft.
Man herrschte autokratisch, und man war höchst anti-demokratisch!