Die Schweizmacher

Nicht einmal die SVP hat daran gedacht, dass am 16. November 1848 – also heute vor 174 Jahren – der erste Bundesrat der Schweizerischen Eidgenossenschaft gewählt wurde.
Eine eigene Regierung zu haben, stärkte das Selbstbewusstsein des ganz jungen Staates, sodass man sich sicher genug fühlte, den Bundesvertrag von 1815 auszusetzen, den der Wiener Kongress im Geist der Restauration erlassen hatte. Das war ein eigentlicher Akt der Souveränität.


Der erste Bundesrat vom 16. November 1848

Seit dem 12. September war die selbst verfasste, erste Bundesverfassung in Kraft. Für gültig erklärt hatte sie noch die alte Tagsatzung, noch bevor sie sich auflöste.
Das neue Grundgesetz bildete die Grundlage für die Ausschreibung der ersten National- und Ständeratswahlen. Auf 20000 Einwohner gab es einen Nationalrat. Zusammen vertraten 111 Personen das Volk (im damaligen Sinne) in der großen Kammer. In der kleinen waren es 44.
Die große Mehrheit unter ihren war freisinnig mit radikalen und liberalen Auffassungen. Sie konnte den Bundesrat nach ihren Vorstellungen ausgestalten.

Das wichtigste Traktandum der ersten Session waren die Bundesratswahlen. Bern, Zürich und Waadt bekamen einen festen Sitz in der neuen Regierung. Alle anderen Kantone mussten sich die vier verbleibenden teilen. Bedient wurden dabei Solothurn, Aargau, St. Gallen und Tessin.
Alle sieben damaligen Bundesräte waren Männer. Je einer kam aus den Sprachminderheiten. Zwei waren katholisch. Aber keiner war aus einem Sonderbundskanton. Denn die wollten sich 1847 mit vom Bund lossagen, einen neuen Teilungsplan der Schweiz verfolgten und riskierten dafür auch einen Bürgerkrieg, den sie verloren. Die Hypothek überschattete die Staatsgründung.

Die Lancierung einer neuen parlamentarischen Republik in der Schweiz war die einzig bleibende Staatsgründung von 1848. Alle anderen endeten bis Sommer 1849..
Dass der Bundesstaat als Ausnahme Bestand hatte, erklären sich Fachleute heute damit, dass die Idee der Republik seit dem 17. Jahrhundert bei uns Tradition hatte, Großbritannien das Projekt unterstützte, und mit der Bundesverfassung ein Kompromiss zwischen Demokratie und Föderalismus gefunden wurde, der generellen Fortschritt und autonome Entwicklungen zuließ. Priorität hatte die staatliche Überwindung des konfessionellen Gegensatzes durch Freisetzung einer wirtschaftlichen Entwicklung, die den Anschluss an das Eisenbahnzeitalter und damit die Industrialisierung zuließ.

In einem Jahr wird die Bundesverfassung, die unsere Institutionen begründete 175 Jahre alt – Grund genug, sich dann ausführlicher zu erinnern und zu überdenken, was davon noch zeitgemäß ist.

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