#Beizentour, 8. Station: Der Zytgloggenturm, Bern auf Wein und die Gastronomie im Jura

Mit der Helvetischen Republik von 1798 wurde das Gasthauswesen der ganzen Schweiz liberalisiert.
Spektakulär war in der Stadt Bern der Anstieg der Weinkeller. Mit dem Fall des Privilegs für Patrizierfamilien wuchs deren Zahl östlich und westlich des Zytgloggenturm auf der Hauptverkehrsachse auf bis zu 200 an.
Zum Zustand der Stadt gab es bald ein geflügeltes Wort: Venedig schwimme auf Wasser, Bern auf Wein!
Nur ein Jahr später erhob der klamme Staat eine Steuer auf Gastwirtschaften. Die war für die neuen Gasthäuser höher als für die alten. Das leite eine Selektion ein.

1803 entstand der Kanton Bern getrennt von der Stadt Bern. Im Kanton zählte man im Folgejahr 450 Wirtshäuser. Wie die reformierte Tradition noch war, merkte man 1815, als auf dem Wiener Kongress das ehemalige Fürstbistum Basel zum Kanton Bern geschlagen wurde. Das war selbstredend katholisch und hatte trotz vierfach kleinerer Fläche und Bevölkerungszahl mit 540 Gastwirtschaften einiges mehr als der alte Kantonsteil zu bieten.

Doch die Berner Administration griff durch: Die auberges wurden zu Herbergen, die cabarets zu Weinkellern, die bains zu Badhäuser. Die zahlreichen cafes belebten das junge Geschäft mit den Kaffeehäuser, wurden aber zu den Pinten gezählt. Für die Berner ganz neu waren die buchons. Das waren Vorläufer der Restaurants à la française. In der Hauptstadt kannte man nur Speisewirtschaften.
Bei Weitem nicht alle Gastwirtschaften überlebten die neue Einteilung ins bernische Verwaltungsdenken. Denn der Freistaat Bern, wie er sich nun nannte, schloss gleich die aller Hälfte der Gasthäuser im Jura.

Mit bleibendem Schaden für sein Ansehen!

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#Beizentour, 7. Station: Hotel de Musique, Maison du peuple und Kaffeetrinken

Man bezeichnet die zweite Hälfte des 18. und die erste des 19. Jahrhunderts als Sattelzeit, während der sich die Ständegesellschaft zur Bürgergesellschaft wandelt. In Bern kann man das an der Einführung von Kaffeehäusern und Theatersälen sehen.

Die erste Aktiengesellschaft Berns baute 1766 das repräsentative Hotel de Musique. Es sollte als Konzert- und Theaterhaus dienen. Die Stadtobrigkeit bewilligte Bau und Konzerte, nicht aber das Theaterspiel. Zu aufrührerisch!

Dafür wurde aus dem Konzertsaal das erste bernische Kaffeehaus, das Bestand hielt. An der Hotelgasse Nr. 10 schlürften nun Kulturbefliessene das fremde Getränk, um angeregt parlieren zu können, bevor sie sich der Musik zuwandten.

Derweil wurde im ersten Stock des Hotels politisiert. Da hatte sich der Cercle de la Grande Societe einquartiert. Partrizier und Bürgerliche erörterten nach niederländischem Vorbild gemeinsam, was die Weltlage für Bern bedeuten könnte – als Herrenclub hinter verschlossenen Türen.

1798 wollten die revolutionären Franzosen aus dem vornehmen Hotel eine Maison du peuple machen. Doch scheiterten sie grandios.
Der Cercle beharrte darauf, eine geschlossene Gesellschaft zu bleiben. Und das Cafe blieb erst einmal ein Ort für Künstler.
Nur das bürgerliche Theaterspielen kennt man seit der französischen Besatzung in Bern.

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