kaiser im tetrapack

italia, venzia, san marco, augusti, caesari … im tetrapack!

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tetrarchie: symbol für die vier-kaiser-herrschaft zu beginn des spätrömischen reiches

als ich noch ein kleiner junge war, gab es die milch im tetrapack. das sind vier dreiecke, die so miteinander verklebt sind, dass ein innenraum entsteht. in diesen fuellte man die milch, und wie auch immer man das tetrapack abstellte, es stand mit hoechster sicherheit.

in venedig gibt es kaiser im quasi-tetrapack. wenigstens als statuen. rechts der kirche von san marco befindet sich das kleine denkmal. galerius, constantinus, diocletianus und maximianus bildeten nach der grossen reichsreform von 285 die spitze des reiches. die beiden ersten trugen den titel eines caesars, waehrend die beiden anderen augusti waren. diese waren sie ranghoechsten in ost und west, jene ihre stellvertreter und designierte nachfolger. die doppelte doppelspitze war noetig geworden, denn am rhein lag man mit den germanischen staemmen im permanenten krieg und im alten perserreich hatten die parther die macht uebernommen und schnitten sie die roemer von welthandel ab.

die interpretation des denkmals in venedig unterschied zu meinen schulzeiten staerker zwischen ost und west. die beiden linke kaiser, die sich umarmen, waren, genauso wie die beiden rechten, die repraesentanten der reichtsteile, lernte ich im gymnasium. heute sieht man das anders, denn die vier symbolisieren gemeinsam das reich, und so umarmten sich die beiden augusti genauso wie die beiden caesari.

die vielen besucherInnen auf dem zentrale platz von san marco scheint das nicht gross zu kuemmern. sie ziehen die souvenirstaender moderner art vor, sie lauschen dem piano unter den arkaden, und sie trinken den suendhaft teuren cafe in einem der platzrestaurants. allenfalls fotografieren sie den dogenpalast, oder schauen ihren kindern zu, wie sie im hof von san marco tauben jagen.

dabei geht vergessen, dass die episiode, an die hier erinnert wird, fuer die entstehung venedigs von hoher bedeutung ist. denn die neuorientierung des roemischen reiches, urspruenglich auf rom konzentriert, veraenderte die einw welt, die man vormals war, grundlegend. der oestliche teil sollte den westlichen nicht nur ueberholen, weil er naeher am fernhandel aus dem osten war: er sollte ihn auch ueberleben, sodass das kaiserreich im osten bis zum osmanenanstrum im 15. jahrhundert hielt, waehrend es im westen angesichts der voelkerwanderung im 5. jahrhundert unterging. und an venedig war es, solange das mare nostrum das zentrum der welt war, den handel zwischen ost und west durch das mittelmeer zu organisieren. ohne diese aufgabe waere der reichtum am ende der adria , der san marco, aresenale, rialto und die 500 palazzi am canale grande schuf, nicht denkbar gewesen.

diocletianus, der schoepfer der reichsreform, war uebrigens aus der gegend. 305 trat er als kaiser zurueck, und ging er in seine geburtsstadt split an der adria. seine reform war durchaus als modernisierung im sinne der wirtschaftlichen erholung von den militaerischen bealstungen gemeint gewesen. denn die stellvertreter der erhabenen in ost und west sollten nach seiner reform keine verwandeten sein, sondern besonders befaehigte.

man weiss es, auch im tetrapack haelt die milch nicht ewig, und so geschah es auch mit der reichsreform an der wende vom 3. zum 4. nachchristlichen jahrhundert. denn kaum war der erste der kaiser im osten, diocletian, der dem sonnengott sol anhing, weg von seinem amt, startete constantinus, der sohn des christlichen statthalters in britannien, einen eroberungsfeldzug durch das westreich, der ihn an die spitze des spaetroemischen reiches brachte. sichtbarstes zeichen davon war, dass constaninus konstantinopel am bosporus gruendete und mit seinem soehen zum neuen rom auch fuer die christliche kirche machte. als byzanz sollte diese stadt ausgerechnet fuer venedig zur wichtigsten referenz werden. uns so macht es durchaus sinn, dass denkmal, das heute kaum jemand mehr erkennt, in der lagunenstadt an der adria steht.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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