von urbanen halb- und hauptkantonen

die städte sollen via ständerat nicht besser in den willensbildungsprozess des bundes einbezogen werden, sagt die staatspolitische kommission des nationalrats. sie will keine städtischen halbkantone schaffen, schreibt im medienkommunique aber, sie wolle nicht, dass urbane “hauptkantone” entstünden …

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schweizer städte – ohne direkte vertretung in eidgenössischen parlament

die geschiche der städte in der (schweizerischen) eidgenossenschaft ist bewegt. im bündnissystem der alten eidgenossen spielten sie keine besondere rolle, konnten doch landgebiete, flecken und städte orte sein. mit der reformation änderte sich das schrittweise, denn diese reform hatte vor allem im urbanen gebiet von zürich, bern, basel, lausanne und genf erfolge, isolierte die städte aber von den katholischen umländern, später auch von den eigenen landgebieten. erst im 18. jahrhundert wurden bei konfessionen gleichgestellt, was den höhepunkt der städte im gefüge der alten eidgenossenschaft einleitete.

hätte sich die französisch inspirierte helvetische republik durchgesetzt, wäre die schweiz ein zentralistisch geführtes land mit städten als basis geworden. man weiss es: es kam anders, die liberalen bewegungen des 19. jahrhunderts waren von den kleinen städten und den landschaften getragen, vereint durch den willen, die vorrechte der städte zu brechen. sie prägten unsere gemeindevorstellung: egal ob es sich um einen weiler oder um eine stadt handle, alle seien sich gemeinden, die gleich behandelt werden sollten. der staatsaufbau seither ist föderalistisch: von der gemeinde, zum kanton, und vom gliedstaat zum bundesstaat, bestehend auf volk und kantonen, die gleichberechtigte sind, wobei das nicht nur auf die beiden institutionen angewendet wird, sondern auch auf alle 23 kantone, egal wie gross sie sind, und wann sie entstanden sind.

mit diesem system möchte der historiker hansjürg fehr, schaffhauser sozialdemokraten und seit vielen jahren im nationalrat erneut brechen. mit einer parlamentarischen einzelinititive verlangt er, dass die städte mit mehr als 100’000 einwohnerInnen neu den status von halbkantonen bekommen, und bei den volksabstimmungen als halb standesstimmen gezählt werden. zürich würde so zu 2 neuen ständerätinnen gelangn, nämlich zwei wie bisher für den kanton, und je einen für zürich und winterthur. der kanton würde gleichfalls zwei standesstimmen erhalten. eine für den kanton wie gehabt, und je eine halbe, welche die beiden genannten grossstädte determinieren würden. in bern, baselstadt, der waadt und genf gäbe es eine analoge veränderung, wenn auch moderater.

nun hat die staatspolitische kommission des nationalrats, die gestern tagte, diesem vorschlag eine absage erteilt. mit 17 zu 9 stimmen beantragt sie, der initiative keine folge zu leisten. anders als es die vertreter der metropolitanregionen sehen, die vor allem auf die demographische wie auch wirtschaftliche bedeutung der urbanen räume insistieren, welche politisch nicht repräsentiert seien, hält die vorbereitenden gruppe der volksvertretung fest, “dass dadurch das Gleichgewicht des schweizerischen Föderalismus gestört würde. Dieser beruht auf einem dreistufigen Aufbau von den Gemeinden über die Kantone zum Bund. Der direkte Einbezug der Städte in den bundespolitischen Entscheidungsprozess würde neue Ungleichheiten schaffen.”

das sind die offiziellen begründungen. staatspolitisch streng durchdacht, um vom bewahrenden geist geprägt. in der medienmitteilung schimmert an einer stelle aber die als angst durch, welche die diskussion wohl hintergründig blockiert – und zwar in einem hübschen tippfehler. denn, so steht geschrieben, würden die grossen städte neu nicht als “halbkantone” gezählt, sondern als “hauptkantone”.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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