wenn wählerInnen wandern

ich war diese woche nicht sehr aktiv, mit bloggen als stadtwanderer. denn ich war beruflich stark beschäftigt, mit den wanderungen der wähler und wählerinnen in der schweiz.

es gehört zu den üblichsten politanalysen: wenn bei wahlen eine partei gewinnt, und gleichzeitig eine andere verliert, dann ist klar, wer auf kosten vom wem gewonnen hat.

doch das muss nicht so sein. es könnte auch sein, dass die partei, die gewinnt, bisherige nichtwählerInnen mobilisieren konnte, während die gruppierung, die verliert, solche an die nichtwählenden verloren hätte, ohne dass von allen anderen auch einer die partei gewechselt hätte.

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für eine besser auflösung klicke man hier die datenbank an und schaue dann unter “wählerstromanalysen” nach.

das instrument, um das zu überprüfen, heisst wählerwanderungsanalyse. es funktioniert, nicht nur, aber ganz ordentlich mit umfragen, bei den wählerInnen selber auskunft geben, wenn sie das letzte mal gewählt haben, wen diesmal, allenfalls wen sie das nächste mal wählen würden.

und das sind die ergebnisse meiner beobachtungen zum wählerInnenwandern seit 2007:

die neuen parteien, die glp und die bdp ziehen bisherige nicht wählerInnen an. die sp profitiert ein wenig von den bundesratswahlen, welche ihre denkbaren wählerInnen mobilisiert hat. bei der svp, den grünen und der cvp verlaufen die wanderungen umgekehrt. ein teil der wählerschaften von 2007 ist, wenigstens für den moment, demobilisiert.

die glp ist auch für wechselwählerInnen attraktiv. sie gewinnt zu lasten der grünen, der sp und der fdp. sie ist die einzige partei, die damit lagerübergreifend bisherige wählerInnen für sich gewinnen kann. das gilt bei der bdp nur eingeschränkt, die cvp, fdp und svp unzufriedene wählende anspricht. die cvp kann das etwas neutralisieren, weil sie von der fdp dazugewinnt, diese wiederum, weil sie gegenüber der svp zulegt. alles andere ist kaum nachweisbar.

die dicke der pfeile zeigt an, wie welche veränderungen grösser und welche kleiner sind. generell kann man festhalten: die mobilisierungseffekte sind zwischenzeitlich wichtiger geworden als die auswirkungen durch das wechselwählen.

nun sind wählerwanderungen alles andere als stabil. man kennt letztlich zwei muster von wanderungen: der trend zu mitte und die polarisierung. bis 2007 herrschte letzterer vor, seit einiger zeit, ist er nicht mehr einfach gesetzt. das bild das wir hier haben, gleicht eher dem trend zur mitte, wobei nicht die cvp die attraktivste partei, sondern die neuen angebote mitte/rechts und mitte/links dies sind.

das alles wird durch kampagnen, der themenwahl, den medialen auseinandersetzungen und den personenangeboten beeinflusst. über letzteres weiss man noch sehr wenig, den medienwahlkampf ist schwer vorherzusehen, während bei den themen alle parteien darauf setzen, jene zu lancieren, von denen sie sich am meisten versprechen.

wanderkarten der wählerInnen, die daraus entstehen, werde ich weiter skizzieren, noch sechs solche, wie hier abgebildet, sind bis zu den nationalratswahlen in einem jahr vorgesehen.

so, jetzt ist aber meine deformation professionell aber definitiv wieder vorbei!

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

5 Gedanken zu „wenn wählerInnen wandern“

  1. Was mir an der Grafik sehr gefällt ist ihre absolute Klarheit. Die beiden extreme Links und Rechts bilden die SP und die SVP. Dazwischen liegen die anderen Parteien. Von Links nach Rechts sieht das wie folgt aus: Rechts von der SP die GPS, etwas mehr rechts die GLP, noch etwas rechter(und absolut in der Mitte)ist die CVP, dann folgen die BDP und die FdP (genau gleich rechts) und am rechten Rand die SVP.
    Nur was heisst eigentlich “Links” und “Rechts”. Gibt es dazu eine klare und aktuelle Definition.

  2. Die Grafik zeigt meiner Meinung nach schön auf, dass es bei der eher tiefen Wahlbeteiligung in der Schweiz weniger darum geht, den anderen Parteien ihre Wähler abspenstig zu machen, als das eigene Wählerreservoir voll auszuschöpfen. Etwas, das in den vergangenen Jahren der SVP am besten geglückt ist.

  3. Auch das tönt sehr schön. Doch auch hier die Frage, was ist “das eigene Wählerreservoir”. Diese doch etwas martialische Sprache – man/frau stelle sich dieses Revervoir, in dem die wählerinnen und wähler stehen, liegen oder sonstwie eingepfercht sind einmal bildlich vor – ist nicht gerade sie auch ein grund für die tiefe wahlbeteiligung.

  4. Ich glaube, die Mobilisierung der SVP komt noch. Sie weiss sich jeweilen rechtzeitig ins Szene zu setzen.

  5. Diesen Glauben dürfen sie gerne haben.
    Bei dieser Kurzanalyse geht es jedoch nicht um eine Glaubensfrage, sondern um eine Feststellung, was ist.
    Ich sage damit nicht, was kommt, sondern sie die WählerInnen-Wanderungen heute wären, würde gewählt werden.
    Ich halte auch fest, dass sie sich bis zu den Wahlen ändern können, ja fast sicher ändern werden, denn sie sind nicht unabhängig vom Zeitpunkt, spricht von den Ereignissen, den Positionierung der Parteien, den Wahlkämpfen und der medialen Berichterstattung.
    Es ist sogar gut möglich, dass die festgehaltene Demobilisierung bei der SVP mit ihrem Wahlkampf ändern wird. Die Mobilisierung 2007 entstand ebenfalls als Folge der Wahlkampagne.
    Da ich diese aber nicht kenne, wage ich keine Vorausschau.

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