sunrise in the nature

lange schon wollte ich wissen, wie sie stimmung ist, wenn elche ins bett gehen. und so stehe ich heute ganz unüblich früh aus meinem auf.

es ist vier uhr, als ich die kanadagänse störe, die ganz in unserer nähe übernachtet haben. als sie mich erspähen, zieht die leitgans ohne zu zögern davon, und die anderen acht tiere folgen ihr in einer eindrücklichen v-formation. die bilden sie automatisch, ohne einen laut von sich zu geben. bald schon werden sie darauf angewiesen sein, dass der verbund klappt, um gemeinsam über den atlantik zu fliegen.

so früh am morgen ist es im schwedischen urwald ganz still. dazu passt, dass der himmel in grauen schwaden schläft. genauso wie die beiden boote, die man vor langer zeit hier parkiert hatte. das eine war noch gewendet worden; sein bauch ist schon mit moos überzogen; dass andere versinkt im schweren wasser, dass sich in eben diesem bauch sammelt, stück für stück.

erst wenn die sonne ihre ersten strahlen schickt, erwacht der himmel in allen farben. direkt über über den hügeln dominiert weiss, dann folgt fahles hellblau, schliesslich glänzendes blau. die wolken der nacht haben sich aufgelöst, was bleibt, wirkt wie der letzte schlaf im gesicht eines kindes.

über dem see bilden sich die ersten nebelschwaden. sie steigen auf, vielleicht einen meter hoch. es ist, als würden sie auf der bühne aus wasser tanzen. so bleibt nur ein schluss:

der tag ist da!

jetzt schimmert das erste gelb der sonne vom horizont. die leuchtende kugel geht direkt über einer baumgruppe auf einer kleinen insel im see auf. sie wirkt unheimlich kräftig, scheint ganz güldern.

es will mir scheinen, dass die seerosen ihre köpfe recken. auf dem schilf funkeln die tropfen des taus, und die birkenblätter glitzern im ersten wind.

der see gleicht einem erleuchteten spiegel. jeden baumwipfel sieht man in ihm verdoppelt. und jede wolke bekommt ihr geschwister. selbst einen zweiten mond hat die erde jetzt. nur das holz, das im wasser schwimmt, findet sich am himmel nicht. das ist gut, denn so weiss man unverändert, was oben und unten ist, wenn die natur einem den kopf verdreht.

von den alten völkern im norden sagt man, sie glaubten, die toten vorfahren im wasser würden in solchen momenten auferstehen und nachsehen, was ihre nachfahren aus dem wald gemacht haben. wenn es gut war, schickten sie wärme, luft und regen, sodass alles weiter gedieh. wenn es jedoch schlecht war, zogen stürme, blitze und donner auf, vor denen niemand sicher sein konnte.

heute glaubt man nicht mehr an solche geschichten. mystisch ist die stimmung während der geburt eines neuen tages trotzdem. unweigerlich streckt man die arme in die höhe, um die kraft des morgens in sich aufzunehmen!

doch fährt das erste auto voll von waldarbeitern vor, sodass die waldtauben erschreckt davon fliegen. für mich ist es zeit, ins hüttchen zurückzukehren. eine schale ekologiskt cornflakes aus dem ica mit frischer milch samt banane gibt es noch, bevor ich wieder unter die decke krieche.

genauso wie sich die elche in ihre büsche zurückziehen, bis sich das spektakel unter dem sonnenlicht wieder legt.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

4 Gedanken zu „sunrise in the nature“

  1. lieber harald
    danke, die fotos kommen dennoch, nur, ich habe das falsche kabel dabei, um sie runter zu laden …
    wegen dem erdbeben: ich glaube, das moos unter meinen morgendlichen füssen erreichte auf der naturskala eine vier, sodass alle erdbewegungen, die schwächer waren, abgefedert wurden. gemerkt haben wir in holzhausen jedenfalls nichts davon, bis wir deinen link lasen!

  2. Ganz hingerissen von diesem Text malte ich in Gedanken ein Bild, ein Bild das nur die Natur geben kann, ein Bild, dass Du so wunderbar in Worten widergegeben hast.
    Ein Bild das es wert ist es in Gedanken zu behalten.

    Ja, ich weiss schon, aber das Lob gilt trotzdem Dir, denn Du machtest es uns zugänglich.

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