wenn das neue von gestern heute nicht mehr interessiert

peter hogenkamp twittert beinahe schneller, als die referenten sprechen. auf #smf12 kann man das geschehen verfolgen, die kommentare sind häufiger als die fragen aus dem publikum. es ist swissmediaforum, wo es darum geht, was das publikum von heute interessiert.


gastgeber patrick müller am swissmediaforum zu neuen sozialen medien – bei der morgendlichen zeitungslektüre

real findet das geschehen im luzerner kkl statt. das swiss media forum 2012 bildet den rahmen. thema sind, wie heute so oft, die neuen sozialen medien und ihre auswirkungen auf die gesellschaft.

hängengebliebene kernbotschaften des ersten tages waren: erstens, daten sind das oel der zukunft. zweitens, china ist heute schon der grösste markt für neue soziale medien. und drittens, online-medien, die nicht rentieren, gehören der vergangenheit an.

das beste des tages war ein podium mit online-macherInnen beim spiegel, bei der nzz, bei tamedia und le temps. paywall war das zentrale stichwort. der spiegel will nicht, die nzz schon, einige andere zögern (noch). denn es geht um die frage, verlieren die plattformen 100, 99, 98 oder 97 der bisherigen nutzerInnen, wenn man für information bezahlen muss. und entgehen ihnen damit die werbeeinnahmen.

dem widersprach die chefin der new york times, jill abramson, in ihrem einführenden referat. sie zeigte sich überzeugt, egal ob print, elektronisch oder web, für qualitätsjournalismus bezahlen die interessierten. für schlechten journalismus gibt es aber kein geld – nirgends mehr! die erfahrungen der nyt seien ermutigend: nach einem anfänglichem rückgang nehme die nutzung kontinuierlich zu, wenn man konstant mehrwert biete.

die anwesenden verleger hörten das sehr wohl. für die einen, wie bei der nzz, im sinne der chance. für andere, wie bei letemps, als längst existierende realität. offiziell zögerlich zeigte sich peter wälty vom newsnet: als erstes müsse man die arbeitsbedingungen der journalistInnen verbessern, damit sie mehr als ein jahr bei einem online-mediumbleiben würden; chancen zum aufstieg gäbe es in den internet-medien genug.

das zeigte mir auch ein blick beim morgenessen im luzerner waldstätterhof. bei meiner kalten schoggi beobachtete ich die vielen forumsgäste, die dort übernachtet hatten und nun an einzeltischen frühstückten. einige träumten um sieben noch vor sich hin, andere fingerten liebevoll an ihrem streicheltelefon. nur die beiden zwei anwesenden chefredaktoren lasen noch eine tageszeitung. so auch organisator patrick müller vom “sonntag”. wohl um zu sehen, ob das neue von gestern heute überhaupt noch interessiert …

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

5 Gedanken zu „wenn das neue von gestern heute nicht mehr interessiert“

  1. Salut Stadtwanderer, danke für die Zusammenfassung! Wäre irgendwie gerne an diesem Anlass, gleichzeitig weiss ich nicht, ob ich schon wieder so ein Diskussionsding über “Wie die Sozialen Medien unsere Welt verändern” ertragen könnte. 😉
    Die Paywall-Sache finde ich aber wirklich interessant, aber eher dann, wenn bekannt ist, welche Auswirkungen das in Realität haben wird. Ich finde es aber sehr plausibel, dass sich die ganze Sache künftig analog zur NYT entwickeln wird: anfänglicher Rückgang sowohl von Leserzahlen wie auch Werbeeinnahmen, und dann bald darauf wieder ein Anstieg von allem, nachdem das Online-Abosystem ausgeklügelt genug ist. Ich werde ja tatsächlich nicht auf 20 Minuten Online wechseln, nur weil bei der NZZ eine Paywall sein wird. Irgendwann werde auch ich bereit sein, für NZZ Online zu bezahlen…

  2. hej sarah
    lange nichts mehr gehört, schöne, dass die diskussion über nsm und wieder verbindet.
    ich bin ja nicht so toll drin im thema wie du, deshalb fand ichs ganz interessant.
    am zweiten tag top war john della volpe, der poster der harvard university, der über nsm im amerikanischen wahlkampf berichtete.
    seine these zum thema war vereinfacht: identify, empower, ask. schaffe identitäten, verlagere die schwung an die basis, und frage. das hat mir (in der amerikanischen einfachheit) noch ganz eingeleuchtet.

  3. Ja, Della Volpe hat was zu sagen und ich bin einverstanden, dass NSM im Wahlkampf einiges bewirken können. Aber aus meiner Sicht fast eher bezüglich Image und dem Dialogangebot als wegen tatsächlich stattfindendem Dialog…
    Im Moment scheint mir insgesamt sehr viel Fokus auf diesen NSM angesichts der Tatsache, dass Massenmedien m.E. nix an Relevanz eingebüsst haben. Zudem geht regelmässig die ganze “long tail”-Sache vergessen: dass nur ein ganz kleiner Teil der absolut unüberschaubaren Inhalte im Social Web von einer grossen Anzahl wahrgenommen wird.
    Aber die Diskussion scheint nach wie vor zu interessieren. Auch ein Mediensymposium im November setzt sich mal wieder mit der Thematik auseinander: http://www.foeg.unizh.ch/forschungsbereich/veranstaltungen/mediensymposium/call_for_papers_2012.aspx

  4. Wenn die Unwahrheit von gestern das Unwissen von morgen ist, und übermorgen polemisiert wird …

    Würden die Medien für die Verbreitung von Lügen und Halbwarheit zur Rechenschaft gezogen, wäre die Welt wohl einiges besser.

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