kuhschweizer und sauschwaben

naja, auf berns gassen kann man allerhand hören. freundliches, mehr oder weniger freundliches und unfreundliches. wie in jeder stadt, ja, wie überall.

“kuhschweizer” und “sauschwaben” sind zwei beliebte ausdrücke, wie sich schweizer und deutsche ganz gerne austeilen, wenn sie sich lieber nicht begegnet wären. schnell gesagt ist es, aber woher kommt das, und was meint es?

“schweizer” ist zunächst ein fremd-wort, das die schwaben brauchten, um sich abzugrenzen. obwohl negativ gemeint, haben es die eidgenossen in ihr selbstverständnis übernommen und umgemüntzt. “kuhschweizer”, das ebenfalls im 15. jahrhundert entsteht, ist bis heute negativ konnotiert geblieben, und wird, von ausländerInnen verwendet, als beleidigung empfunden. jedoch ist die kuh im schweizbild der schweizer ausgesprochen präsent geblieben, und wir sie auch durchaus positiv verstanden, wie die fröhlichen marken des schweizer post zeigen.

blättern wird zurück: 1499 lagen sich die eidegenossen und die schwaben in den haaren. die militärische auseinandersetzung von basel bis chur entlang des rheins war heftig, so wie man es sich aus den zeiten der verschwindenden ritterschlachten nicht gewohnt war. vielmehr war es die zeit des fusssoldaten, die unerschrocken vorgingen. gewonnen haben die eidgenossen, die den sieg nutzen, um ihre autonomierechte im kaiserreich zu sichern, denn von der reichsreform, die maximilian 1495 gefordert hatte, hielten die eidgenossen nichts. steuern zahlen war nicht ihr ding, und das fehdeverbot, da hätte durchgesetzt werden sollen, behagte den kriegerischen eidgenossen gar nicht.

man weiss es: maximilian akzeptiert den sonderstaats der eidgenossenschaft, die man in anlehnung an ihre wortführer auf den schlachtfeldern, den schwyzern, jetzt schweizer nennt. anfänglich ist das negativ gemeint; ein sonderbares völkchen von verschworenen, das auf die eigenen vorteile aus ist, kein wort nicht hält und rücksichtslos kriege führt. so entsteht die schweizerische eidgenossenschaft, die 1648 dann ganz vom reich ausgenommen werden sollte.

die fortschreitende trennung, die ende des 14. jahrhundert mit den eroberungen gegen die habsburger begonnen hatte, setzte maximilian zu. von osten wurde er durch die türken bedroht, von westen durch die schweizer. das ist denn auch das klima, indem der verbale krieg geboren wurde. die störischen schweizer waren mit dem schweizerkrieg, wie ihn die habsburger nannten, zu kuhschweizern geworden, während die deutschen, im schwabenkrieg, wie das gleiche in der schweiz heisst, so zu sauschwaben mutiert sind.

damit waren auch handfeste vorstellungen verbunden: kubschweizer meinte nichts anderes, als dass es sich um ein volk von hirten handle, die im sommer mit ihren kühen auf den alpen hausten, und die es dort aus lauter langeweile mit den kühen treiben würden. sodomiten seien sie! mit sauschwaben wurde übrigens das gleichgewicht an stereotypen verbal injurien einfach ins umgekehrte gewendet.

das ganze hatte aber auch einen wirtschaftlichen hintergrund, denn mit ihrem sieg 1476 im burgunderkrieg waren die schweizer söldern begehrt geworden. die franzosen wollten, und auch der papst suchte sich mit schweizer zu verstärken. 1513 waren die schweizer auf dem höhepunkt der macht, hatten für den papst und seine heilige liga in oberitalien militärisch aufgeräumt, hielten dann aber nicht zusammen: der westliche teil zoge sich mit französischen zahlungen in der tasche zurück, der östliche teil blieb bis 1515 in mailand, verlor dann aber kläglich gegen die franzosen. 1516 war man dann ganz in französischer hand, und focht mit dem könig gegen die habsburger. 1525 siegte karl V., nahm françois I. gefangen, und eroberte rom, das unter französischen einfluss stand. da taten sich die deutschen landsknechte besonders hervor, die eine kopie der schweizer sölder waren. und man liess in dieser rauhen zeit nichts unversucht, sich auch ausserhalb des schlachtfeldes im realen und verbalen verdrängungswettbewerb schlecht zu machen. eben: als kuhschweizer und sauschwaben …

karl V. ging übrigens einiges später in pension (mit schweizer kühen vor seiner klause, denn er liebte ihre milch), francois I. erlaubte den berner noch, sich in der waadt auszubreiten, was sie mit einer anderen kultur, als der schwäbischen konfrontierte. der papst wieder musste auf seine militärischen eroberungen verzichten müssen, besitzt aber unvermindert seine (reduzierte) schweizergarde. und niemand weiss mehr, dass in diesem spaltungsprozess zwischen kaiserreich und schweizer eidgenossenschaft soviele schreckliche wörter entstanden, die man heute noch auf berns gassen hören kann.

wanderer
zwischen zürich (ehemals schwaben) und bern (ehemals burgund), gedanklich ein eidgenosse, aber kein kuhschweizer!

mehr dazu:
auslandschweizer
schweizer und deutsche

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

2 Gedanken zu „kuhschweizer und sauschwaben“

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