1806: Die Niederlande wird monarchistisch, die Schweiz bleibt republikanisch

‪Niederlande in Bern (Teil 5):‬
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‪Mit der französischen Revolution ändern sich aber die Verhältnisse grundlegend: Aus den Niederlanden wird eine Monarchie, die Schweiz bleibt eine Republik.‬
‪Napoleon hatte ein unbekümmertes Verhältnis zu Grösse. Unterworfene Staaten nannte er nach ihren mythischen Ursprungsvölkern. Aus den Niederlanden wurde die Batavische Republik, aus der Eidgenossenschaft die Helvetische Republik. Beides erinnerte an keltisch-germanische Stämme, die nach der Eroberung durch die Römer in einer neuen fränkischen Gesellschaft aufgingen. ‬
‪Die Batavische Republik wurde allerdings nur 11jährig; sie dauerte von 1795 bis 1806. Am Anfang stand ein von Frankreich diktierter Friedenvertrag. Er auflegte den neuen «Bataviern» 100 Millionen Gulden Kriegsschulden, und sie mussten 25000 Soldaten für die französischen Armee stellen. Beide Staaten gingen dafür eine umfassende Militärallianz ein, vor allem gegen Grossbritannien, aber auch gegen Oesterreich gerichtet. ‬
‪Die Staatsform war nun eindeutig zentralistisch. Die frühere Konföderation mit der Provinz Holland als «Vorort» wurde überwunden. Realisiert wurden mit dem neuen Regime Ansätze der Menschenrechte und der Demokratie. Zu ersteren gehörte die neu eingeführte Religionsfreiheit. Um die demokratische Entwicklung zu beschleunigen, kam es 1798 zum ersten Staatsstreich; dessen Errungenschaften wurden jedoch 1801 im zweiten Staatstreich wieder zurückgenommen. ‬
‪1806 beendete er das republikanische Experiment ganz, indem er seinen Bruder Louis als neuen König von Holland einsetzte. Damit war auch die Spur hin zur bleibenden Monarchie gelegt, wie wir heute wissen. Der Wiener Kongress schuf 1815 einzige eine grössere Monarchie mit dem heutigen Belgien, das sich aber 1830 bereits wieder abtrennte.‬
‪1795 verfolgte das regierende Direktorium in Paris noch die Absicht, der modernen Republikform als Alternative zu den vorherrschenden Monarchien den Durchbruch zu verschaffen. Entstehen sollten revolutionäre Tochterrepubliken. Das wollte Napoleon auch, als er 1798 die Eidgenossenschaft besetzen liess. Wiederum sollte eine zentralistisch gesteuerte Tochterrepublik entstehen. Frankreich war auch auf der Siche nach militärischen Verbündete, diesmal allerdings mehr gegen Oesterreich und Russland gerichtet.‬
‪Mit der Helvetischen Republik gingen auch demokratische Neuerungen einher. Alle Erwachsenen Männer der Helevtischen Republik erhielten nun das Wahlrecht. Die Behörden konnten sie zwar nicht direkt wählen, aber Wahlmänner, die ihrerseits das Parlament wählten. ‬
‪Widerstand erfuhr Frankreich bei den «Helvetiern» bei der Realisierung der Religionsfreiheit. Das Parlament der Republik entschied sich, eine christliche Nation zu sein, was sich direkt gegen die Gleichstellung der Juden richtete. ‬
‪In der Helvetischen Republik wurde wie in der Batavischen „geputscht“, hier gleich vier Mal. Am Ende eskalierte alles in einen Bürgerkrieg. Der entzündete sich ausgerechnet an der ersten Verfassungsabstimmung in der Schweiz. Mit der wollte Napoleon einen Ausgleich zwischen Zentralismus und Regionalismus schaffen, erfolglos! Nötig wurde eine weitere Verfassung ohne demokratische Legitimation einzuführen. ‬
‪In der Schweiz wurde das revolutionäre Projekt bereits 1803 nach nur sechs Jahren beendet. Geschaffen wurde jetzt ein Bundesstaat mit ausgedehnten Kantonsrechten. Zu den 13 alten Orten kamen neu auch sechs «napoleonische» Kantone hinzu. Der Wiener Kongress fügte 1815 drei weitere Kantone hinzu und legte erstmals die Grenzen der «Schweizerischen Eidgenossenschaft» fest. ‬
‪Zwangsläufig war die so gefestigte republikanischen Grundstruktur allerdings nicht. 1806, als Frankreich das Königreich Holland schuf, spekulierte man auch damit, ein Königreich Baden aus dem Grossherzogtum Baden im heutigen Südwesten Deutschlands und der deutschsprachigen Schweiz zu schaffen. Diese wäre so in die zähringische Wiege zurückgelegt worden. ‬
‪Nicht auszudenken, was mit uns passiert wäre, wenn dieser Fusionsplan geschaffen worden wäre!‬

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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