C&A: Clemens & August Brenninkmeijer und ihr globales Erbe

Die Niederlande in Bern (Teil 8)

Nimmt man den Index der Globalisierung zur Hand, den die Konjunkturforschungsstelle 2019 publizierte, ist die Schweiz das globalisierteste Land der Welt. An zweiter Stelle liegt übrigens die Niederlande. Beide Länder kommen auf 91 von 100 möglichen Punkten.
Die C&A Mode KG ist da ein typisches Beispiel für ein Unternehmen in Zeit der Globalisierung. Gegründet wurde das Unternehmen 1841 in der niederländischen Gemeinde Sneek (heute Zuidwest-Friesland). Heute ist C&A in 24 Ländern mit mehr als 2000 Filialen präsent und beschäftigt alleine in der Produktion knapp eine Million Mitarbeitende.
Der Firmenname leitet sich von den Namen der Firmengründer ab, die Clemens und August hiessen, abgekürzt C&A. Gerade mal 20-jährig hoben sie das Unternehmen aus der Taufe. Bis heute entspricht die Firmenstruktur nicht dem, wie man sich ein globalisiertes Unternehmen gemeinhin vorstellt.
C&A ist bis heute ein Familienunternehmen. Wer Eigner werden will, muss zur Sippe der Brenninkmeijers gehören, einen niederländischen Pass besitzen und streng entsprechend dem römisch-katholischen Glaubensbekenntnis leben.
Zahlreiche Mitglieder der Unternehmensleitung leben in der Schweiz, beispielsweise in ländlichen Gebieten am Aegerisee oder am Albis, aber auch in vornehmen Agglomerationsgemeinden von Zürich oder Basel.
In den 1990er Jahre geriet das Unternehmen in die Krise und wurde diversifiziert. Dabei ging C&A in die Cofra Holding AG über, mit Sitz im steuergünstigen Zug. Zur Holding gehören auch Immobilien-, Finanzdienstleistungs- und Private-Equity-Firmen.
Der Wert der Holding soll heute mindestens 25 Milliarden Euro betragen. Damit gehören die Brenninkmeijers zu den reichsten Europäern überhaupt. Manager müssen sich mit 55 Jahren zurückziehen und Firmeneigner ihre Anteile mit 65 verkaufen. Seit der Restrukturierung in den 1990ern dürfen übrigens auch Frauen FirmeneignerInnen werden.
Immer wieder wird in der Öffentlichkeit, angeheizt durch NGOs, zu skandalträchtigem Verhalten der Unternehmen spekuliert. Das gilt etwa für die Verwendung waschaktiver Substanzen, die die Abwasser belasten, aber auch für den Einsatz von Kinderarbeit zur kostengünstigen Produktion. Mehrfach wurden dem Unternehmen auch vorteilhafte Rankings attestiert.
Unabhängig vom Aktienbesitz sind die Stimmenanteile unter den Teilhabern gleichmässig verteilt. Für uns von besonderer Bedeutung ist, dass die Entscheidungen stets im Konsensverfahren gesucht werden. Ziel ist es, Aufspaltungen der begehrten Firma zu vermeiden. Sollte es dennoch zu Streitigkeiten kommen, hat man ein eigenes Familiengericht.
Der Sitz von C&A in Bern ist durchaus interessant. Denn hier, wo wir jetzt stehen, stand dereinst das Restaurant Falken. An diesem Ort residierte vor der Reformation der Bischof von Lausanne. Bern gehörte kirchlich seit dem 13. Jahrhundert zu seinem Bistum und während er in Bern seinen Geschäften nachging, hatte er im Vorläuferbau des Restaurants Falken seinen festen Amtssitz.
In meinem früheren Leben als Meinungsforscher rund um Abstimmungen bin ich nach der Volksentscheidung über die Aufhebung der Pauschalbesteuerung von Ausländern von der Cofra Holding AG eingeladen worden, eine Abstimmungsanalyse zu machen. Die Brenninkmeijers tagten in den Zuger Firmenräumen und interessierten sich vor allem für meine Einschätzungen zu Steuerregimes in der Schweiz.
Meinerseits interessierte mich, ob die Brenninkmeijers gewusst hätten, dass sich ihre Berner C&A-Filiale just im früheren Amtssitz des Bischofs von Lausanne befindet. Sie waren ganz schön amüsiert, verneinten aber ein Vorwissen.
Mein Ausstieg aus der Geschichte zu den Niederlanden in Bern basiert also auf Zufall. Mit der geraden Linie von der Reformation in der Schweiz, zum Calvinismus in den Niederlanden, der Religionsfreiheit im nachrevolutionären Europa hin zum ausserordentlichen Traditionsbewusstsein niederländischer Katholiken ist es also nicht allzu weit her. Es wäre ja zu schön gewesen…
Fertig!
Foto: Stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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