Teil 3 der Luzerner Stadtwanderung: der Rittersche Palast

Teil 3 der Luzerner Stadtwanderung

Der Rittersche Palast
oder
Luzern im Spannungsfeld von Kirche und Staat

Noch fehlt eine wichtige Reminiszenz zum kirchentreuen Luzern der Vergangenheit. Sie betrifft den Ritterschen Palast, das Prestigegebäude der Stadt im Stil der Renaissance.

Luzius Ritters Vermächtnis
Erinnert wird hier an Luzius Ritter, meist einfach Lux wie Licht genannt. Ursprünglich war er Sattler, dann Händler und Geldverleiher. Er stieg in der Luzerner Politik bis zum Schultheiß auf. Im Militär war er Oberst der französischen Armee. Der reichste und mächtigste Luzerner war Verteiler der königlichen Pensionen.
Das war kurz vor Ludwig Pfyffer. Anders als dieser hatte er jedoch keine Nachfahren, und so gibt es auch keine Ritter-Dynastie. Dafür gibt es den Ritterschen Palast! Er ist dem Medici-Haus in Florenz nachempfunden.
Für den Bau engagierte Ritter Hans Lynz. Der Steinmetz hatte sich in Zürich einen guten Namen als Baumeister gemacht.

Der Skandal
Kurz vor Bauende lud Lux Lynz im Beisein eines Geistlichen zum Mittagessen ein. Dabei bezichtigte er ihn, vor Ostern nicht gebeichtet zu haben, weil er dem falschen Glauben anhänge. Der Skandal war perfekt!
Lynz wurde in Ketten gelegt. Im Wasserturm verhörte und folterte man ihn. Als Ketzer wurde er aus der Stadt geführt und enthauptet.
Nur einen Tag danach starb allerdings auch Schultheiß Ritter. Offiziell erkrankte er; genaueres weiß man nicht. Selbst das Historische Lexikon der Schweiz schweigt sich dazu aus.

Verwendet von Jesuiten und Revolutionären
Beide Streithäne haben den fertigen Palast nie gesehen! Belebt haben ihn der Reihe nach die Ordensleute der Jesuiten, die Direktoren der Helvetischen Republik und die Regierunfügsräte des Kantons Luzern.
Mit den Revolutionären aus Frankreich kam auch die Idee des Laizismus in die Schweiz. Damit meinte man die aufklärerische Idee der strikten Trennung von Kirche und Staat. Vollständig gelungen ist das mit anerkannten Landeskirchen bis heute nicht.

Die aktuelle Volksabstimmung
Luzern erlebt das aktuell anhand einer Volksabstimmung. Am 25. September entschiedet der Kanton in einer Volksabstimmung, ob er 400000 CHF für den Kasernenneubau der Schweizergarde im päpstlichen Rom spenden soll – oder eben nicht.
Regierung und Parlament des Kantons Luzern sind dafür, die bürgerlichen Parteien unterstützen sie. Dagegen sind SP, Grüne und Grünliberale, tatkräftig angefeuert von den Freidenkenden. Das ist eine kirchenkritische Bewegung der Zivilgesellschaft, ganz im Sinne des Laizismus.

Wie Befürworter und Gegner argumentieren
Im Vatikan versteht man die Garde noch heute als Schweizer Institution. Deshalb müsse die Schweiz für den Kasernenbau in Rom aufkommen. Der Bundesrat hat 5 Millionen Franken gesprochen. Mithelfen sollen die Kantone, religiöse Vereinigungen und Private. Die Mehrheit der Kantone spendet, in der Regel eine Solidaritätsfranken pro EinwohnerIn.
Prominenteste Befürworterin ist Doris Leuthard, ehemalige Bundesrätin der CVP. Da Ja-Komitee betont den Nutzen der Garde für die Tourismusdestination Schweiz. Sie sei die beste Botschafterin der Schweiz in der ganzen Welt!
Die kirchenkritischen Gegner argumentieren, Luzern habe einschneidende Sparrunden hinter sich. Solidarität müsse man mit Minderbemittelten üben, nicht mit dem steinreichen Vatikan. Auf ihren Plakaten schicken sie ihrerseits Papst Franziskus auf Betteltour!
Am 25. September wissen wir mehr, wie der ausgerechnet Kanton Luzern dazu steht.

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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