Start zur Berner PolitBeizentour

Wirtshäuser für Fremde und Einheimische haben mich immer angezogen. Das realisierte ich spätestens während der Pandemie, als ich für rund zwei Jahre kaum mehr in einem Restaurant, geschweige denn in einem Hotel anzutreffen war. Denn Gaststätten, wie der allgemeine Begriff lautet, sind ursprüngliche Orte des Öffentlichen.

Dies ist umso mehr der Fall, als es in mittelalterlichen Städten wie Bern anders als klassischen keine Agora gibt, die als natürlicher Treffpunkt dienen könnte.
An die Hauptgassen des Durchgangsverkehrs schließen sich im Spätmittelalter Herbergen oder Tavernen für Fremde an. Aus den privaten Stuben der Berufsstände werden Zunfthäuser mit Zunftstuben, in Bern Gesellschaftshäuser und Gesellschaftsstuben genannt, wo man sich unter seinesgleichen überfamiliär trifft. Auch Pinten und Schenken, insbesondere Weinkeller gehören zur frühen öffentlichen Ausstattung.
Öffentlich meint zu Beginn noch nicht offen und frei. Vielmehr meint es im Auftrag der Obrigkeit geführt und mit einer Konzession versehen. Da spielte in vielfacher Hinsicht auch die soziale und rechtliche Kontrolle.
Vieles änderte sich mit der Liberalisierung im 19. Jahrhundert. Auch das Gastgewerbe unterlag nun schrittweise der kantonalen und nationalen Gewerbefreiheit. Das Restaurant und das Hotel als moderne Formen des Gastgewerbes erobern die Szenrrie. Die mischen Bars, Salons mit Speisesälen, und die ausgeschenkten Getränke variieren an einem Ort.
Das Bier, in Bern seit der Schließung der Klöster vom Wein verdrängt, setzt sich wieder an die Spitze der konsumierten Alkoholika. Kaffee, Tee, Schokolade und Tabak, die Drogen des frühen 18. Jahrhunderts, werden weitgehend frei konsumierbar.
Gasthäuser avancieren zu politischen Orten ersten Ranges. In Bern wird der Bundesstaat mit Verfassung im Äußeren Stand aus der Taufe gehoben und im Hotel de Musique wird die Parlamentseröffnung feierlich gegangen.
Auch die Arbeiterschaft, die 68er- und die Frauenbewegung schaffen sich ihre eigenen Zentren der Begegnungen und Versammlungen. Parteiveranstaltungen finden immer noch in Gaststätten statt.
So ist eine Stadtwanderung durch eben solche PolitBeizen stets auch eine Tour durch die Geschichte der verschiedenen Formen der Öffentlichkeit,
Heute Abend ist Start mit einer exklusiven Premiere für die Inlandredaktion von Radio DRS.
Weitere Wanderungen werden folgen.

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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