#Stadtwanderung: Trennung von Kirche und Staat – woher und wohin?

Das Thema der neuen Stadtwanderung lautet: “Trennung von Kirche und Staat”. Ich führe den Anlass für die Freidenkenden Schweiz am kommenden Samstag durch.

Theorie
In der Staatstheorie können vier Verhältnisse unterschieden werden:
. die Identität von Kirche und Staat
. die formelle Trennung mit ausgebauter Kooperation
. die strikte Trennung im Sinn des Laizismus und
. der atheistische Staat.

Eine kurze Geschichte
Vor der Reformation gab es in der Eidgenossenschaft nur die Papstkirche mit ihren Orden (Station 1). Danach setzte sich in Bern das evangelisch-reformierte Staatskirchentum durch (Station 2). Wer Berner war, musste sich zum reformierten Glauben bekennen. Das folgte alles dem ersten Modell.
Die liberale Bewegung der 1830er Jahre entwickelte neue Vorstellungen. Landeskirchen entstanden, die sich in die entstehenden Demokratien einfügen mussten, dafür aber privilegiert behandelt wurden (Station 3).
Mit dem Bundesstaat von 1848 blieb das Kirchenwesen in den Händen der Kantone. Religionsfreiheit wurde mit Ausnahmen gewährt (Station 4). Kirchen beider Konfessionen entstanden in den meisten Kantonen (Station 5). Die Juden wurden 1874 den Christen gleichgestellt (Station 6).
Der Bund verhielt sich zusehends konfessionell neutral. Auch die Hochschulen und gewerblichen Schulen folgten diesem Vorbild (Station 7). Eine strikte Trennung von Kirche und Staat wurde aber nicht vollzogen. In einer eidg. Volksabstimmung 1980 lehnte das die grosse Mehrheit der Stimmenden ab.

Wo stehen wird heute?
Von den vier oben erwähnten Modellen entwickelte sich die Schweiz also vom ersten zum zweiten, kam aber schon beim beim dritten nicht an.
Das dritte Modell verfolgt Frankreich seit der Französischen Revolution (Station 8 ). Der Versuch, das in der Schweiz mit der Helvetischen Republik einzuführen, scheiterte schon früh. Auch der Bundesstaat wehrte sich nach 1848 laizistisch zu sein. Nur der Druck Frankreichs, der Niederlande und der USA mit einem angedrohten Wirtschaftskrieg führte dazu, dass die jüdische bis 1874 wie die christliche Bevölkerung behandelt wurde.

Weiterentwicklungen
Heute gibt es aber Tendenzen, dass die Privilegien der Landeskirchen verringert werden. Diskutiert wird, kantonal verschieden, vieles: von der strikten Trennung im Sinne des Laizismus bis zu neuen Anforderungen an die Kirchen, um sie zu entgelten. Verhandelt werden auch neue Ideen, dass beispielsweise alle zivilgesellschaftliche Organisationen solche Aufgaben übernehmen könnten und dafür entschädigt würden. Damit würde das Privileg von Landeskirchen fallen.
Das besprechen wird dann auf einem Podium in der Cinematte mit illustren Gästen.

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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