die folgenreiche spaltung des mittellandes im jahre 561

teil 6 der serie: “burgund in bern”

teil 5 der serie: “burgund in bern”
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teil 3 der serie: “burgund in bern”
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vorschau zur serie: “burgund in bern”

im 5. jahrhundert ging das weströmische reich schrittweise unter. nach 476 gab es nur noch im osten einen kaiser; im westen beanspruchte der papst die religiösen aufgaben des kaisers fortzusetzen, ohne dass es im westen eine macht gegeben hätte, die das im militärischen und staatlichen hätte leisten können. so machten sich germanische königreiche auf dem boden des weströmischen reiches breit, die in unterschiedlichen masse in die galloromanisch gebliebene kultur integriert waren. gemeinhin geht man davon aus, dass die spätantiken strukturen, die den weströmischen kaiser überlebt hatten, 561 gänzlich zusammenkrachten, und neuen, frühmittelalterlichen platz machten. das ist auch für das gebiet der schweiz nicht ohne folgen gewesen, denn die aare wurde damals zu einer grenzlinie zwischen ethnien, kulturen und herrschaften.


oströmisches kaiserreich im 6. jahrhundert und die rückeroberungen unter dem kaiserpaar justinian I. und theodora (527 beim regierungsantritt, 533 nach den ersten eroberungen (vandalen), 550 nach neuerlichen eroberungen (westgoten) und 553 nach abschluss der eroberungen (553)

die rückeroberung des westens durch kaiser justinian

am 1. august 527 wurde justinian I. mit seiner frau teodora in konstantinopel zum neuen kaiser, zur neuen kaiserin gekrönt. justinian sollte bis am 14. november 564, seinem todestag dieses höchste amt der antike bekleiden. und er sollte der letzte kaiser im gefolge augustus gewesen sein, der versuchte, die einheit des auseinander gefallen römischen reiches wieder herzustellen.

nach dem zerfall der imperialen macht im westen stiegen die völker der goten, der vandalen, der franken und der burgunder zu mehr oder weniger selbständig handelnden königreichen auf weströmischem boden auf. die franken und die burgunder waren dabei an ihrer spitze zum trinitarischen (oder katholischen) glauben übergetreten, der im römischen reich staatsreligion gewesen war und in den bischofsstädte das weströmischereich überdauert hatte. demgegenüber blieben die vandalen und die goten bei ihrem arianischen glauben, der spätestens 395 als ketzerbewegung von der kirche ausgeschlossen worden war.

justinian richtete seine rückeroberung, die 533 begann, genau gegen diese germanisch-arianischen königreiche. schnell besiegte er die vandalen in nordafrica, während er gegen die goten in italien und spanien jahrelang kämpfen musste und nie gänzlich beherrscht. durch seine machtverlagerung von konstantinopel nach westen, sahen sich die franken, die im ehemaligen gallien ihr zentrum hatten, bedroht, und sie nahmen als erstes burgund in ihren besitz.


fränkische expansion und reichsteilungen im 6. jahrhundert (bis zum tode von könig chlodwig, 511, 1. teilung unter seinen söhnen, 511, 2. reichsteilung unter den söhnen von chlothar I., 561)

die verschiedenen fränkischen teilkönigreiche

könig chlodwig, der die verschiedenen fränkischen stämme links- und rechts des rheins vereinigt hatte, hinterliess bei seinem tod 4 söhne aus zwei ehen. doch war nur der älteste sohn, der einzige aus der ersten ehe, war damals volljährig. er sicherte ihm die nachfolge in den rechtsheinischen gebieten als fränkischer unterkönig zu, während seine witwe, chlotilde die regentschaft links davon für ihr drei eigenen söhne übernahm.

rechts des rheins entwickelte sich die fränkische herrschaft in der folge relativ selbständig weiter: der sohn chlodwigs, theuderich, sein enkel theudebert und sein urenkel theudobald waren nacheinander fränkische unterkönige für die gebiete, die weitgehend germanisch geblieben waren.

überragende figur war könig theudebert, der zwischen 533 und 548 von reims aus regierte und zum eigentlichen gegenspieler von justinian aufstieg. er unterwarf die thüringer, die immer ausserhalb des römischen reiches gestanden hatten, die alamannen, die bis zum gotenkrieg des kaisers den schutz der ostgoten genossen hatten, und die rätier, die so erstmals nicht nach süden, sondern nach norden eingebunden wurden. er prägte auch, was vor ihm niemand gewagt hätte, eigene münzen, die den handel mit dem slwaischen osten befördern sollten.

unter theudeberts herrschaft wurden die alamannen, die nie ein eigenes königreich gebildet hatten, nach süden gedrängt, und überschritten dabei erstmals wieder seit ihrer verdrängung in den schwarzwald mitte des 4. jahrhunderts nei zurach den rhein. aareaufwärts begannen sie das vormals römische, dann burgundische herrschaftsgebiet in beschlag sukzessive zu nehmen.


die verdrängung der alamannen unter könig theudebert I. (anclickbar)

das schicksal der burgundia

die burgundia wurde 534 bei ihrer eroberung durch die franken in zahlreiche gaue aufgeteilt. die meisten davon wurden dem fränkischen könig chlodomir, der in orléans redisierte zur verwaltung übergeben. nicht so verfuhr man indessen mit der alten sapaudia, dem hinterland von genf. dieses kam jetzt unter die herrschaft der könige von reims, was der regermanisierung durch die alamannen tür und tor öffnete.

561 war es dann soweit: könig chlothar I., der während knappen 6 jahren als letzter für lange zeiten alle fränkischen gebiete in personalunion regiert hatte, starb. mit ihm, kann man sagen, ging gallien im römischen sinne definitiv unter. die spätantiken verwaltungsstrukturen, die chlodwig und gundobad noch übernommen hatten, waren obsolet geworden. geblieben waren davon noch die bischofsstädte und das fränkische königtum.


merowingische dynastie bis zur grossen krise von 613

die reichsteilung von 561

561 teilte man die fränkische welt unter chlothars söhnen, wiederum vier, neu auf: sigibert wurde fränkischer könig von austrasien, das die gebiete am rhein umfasste. charibert wiederum wurde könig von neustrien, im wesentlichen das gebiet von paris, während chilperich die fränkischen stammland im norden des heutigen frankreichs erhielt, und gunther fränkischer könig des wieder hergestellten bugund wurde.

durch die ethnische aufteilung des schweizerischen mittelland zwischen burgundischen und alamannischen einwanderern nach 534 wurde das gebiet zwischen jura, oberrhein und alpen nun herrschaftlich geteilt:

erstens, die gebiete links der aare blieben burgundisch, jene rechts davon wurde nun austrasisch.

zweitens, links siedelten die romanisiserten und christianisierten burgunder, rechts hatten sich die alamannen, die germanisch geblieben waren, breit gemacht und mit ihnen wurden das land auch wieder repaganisiert.

drittens, 561 wurde das mittelland aber auch herrschaftlich geteilt. rechts der aare herrschte ein dux, ein herzog, über den ducatus alemanorium, der gefolgsmann von könig sigibert wurde. das gebiet links der aare nannte man bis auf die jurahöhe von nun an ducatus transioranourum, die transjurassischen gebiete, die dem fränkischen könig von burgund mit sitz in orléans unterstellt wurden.


die aare als grenzlinie nach 561 wurde erst mit dem handeln der burgundischen könige 917 wieder überwunden; erst städte wie bern, 1191 gegründet und 1254 mit einer brücke versehen, reintegrierten die landstriche und beiseits langsam und bauten die kulturellen gegensätze langsam ab.

die bleibende teilung

kommt ihnen das nicht unbekannt vor? die kelten, die keine grenzen kannten hätten den kopf geschüttelt ob der neuerung. die römer, die gerne schnurgerade grenzen hatten, wären nie auf die idee gekommen, die aare zur grenze zu machen. sie liessen das land helvetiens in den voralpen einfach auslaufen, hielten aber mit ihren strassen von genf bis arbon das mittelland zusammen.

die germanen nun, die in unterschiedlichem massen römische traditionen aufgenommen resp. abgelehnt hatten und die seit dem 6. jahrhundert das mittelland bevölkerten, teilten dieses erstmals. mit der teilung entwickelten sich nicht nur zwei verschiedene völker weiter, sondern auch zwei kulturen und zwei herrschaftsgebiete.

erst mit dem zerfall der fränkischen macht im 9. jahrhundert sollte sich eine neu perspektive entwicklen, die gegensätuzlich gewordenen teile des heute schweizerischen mittellands mit mitteln der adeligen konkordanz wieder zusammen wachsen zu lassen.

bis es jedoch dazu kam, brauchte es nicht nur zeit, sondern auch noch eine phase der diskonkordanz: den krieg zwischen den burgundern und den alemannen, angestachelt durch rivalisierende fränkische adelige.

davon später mehr …

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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