wie nach dem 30jährigen krieg

als ich ganz unten stand und nach oben schaute, stutzt ich gewaltig. hätte man mich damals gefragt, ob ich da hinauf wolle, ich hätte mit bestimmtheit “nein” gesagt.

doch ich war oben! und ich bin froh darum …


trosky, die ruine, auf dem zerfallenen vulkankegel im böhmischen paradies (foto: stadtwanderer, anclickbar)

das tschechische paradies

wer durch cesky raj, das tschechische paradies, zwischen jicin und turnov fährt, wird sich sicher eines ortes erinnern. er gilt als weltweites unikum: er besteht aus einem erloschenen vulkan. der hat aber, anders als gewohnt, nicht eine kegel, sondern zwei spitzen. es sind die ränder des kegels, die unvollstaendig geblieben sind. und auf diesen beiden spitzen thront eine burgruine mit zwei türmen.

baba ist die grossmutter. es ist der kleinere turm. panna ist die jungfrau. dabei handelt es sich um den grossen turm. es sind, mit ausnahme einiger mauerteile dazwischen, die einzigen resten der burg, die heute noch stehen. doch sie bieten ein willkommenes ambiente für einen kleinen kiosk, eine wildvogelzucht und eine kleine bühne. im vorhof kann man bogen schiessen, und vor der bühne wartet ein pferde, mit einem kleinkind auf dem rücken ein paar runden zu drehen. links und rechts davon hat es treppen. die “jungfrau” besteigt man durch einen turm. ganz hinauf kommt man indessen nicht, ohne die unterirdischen gänge zu kennen. auf die grossmutter steigt man über eine nachträglich angefertigte aussentreppen. ein wenig schwindlig wird einem schon, aber man kommt bis zur obersten schiessscharte hinauf.

von oben hat man einen wunderbaren überblick über das böhmische paradies. die landschaft ist lieblich, einige weiter vulkankegel erspäht man am horizont. sonst hat es vor allem hügel. meist sind sie bewaldet. hie und da gibt es ein landgut oder eine kapelle, verbunden mit wenigen, unaufdringlichen strassen.

am auffälligsten ist hruba skala, der “grosser fels”. es besteht aus herausragenden basaltfelsen; 400 hat es davon. einzelen überragen die landschaft vielleicht um 100 meter. und der komplex diente schon der keltischen bevölkerung als oppidum. heute hat es ein schloss auf den höchsten felsen. und dort kann man gut heiraten …


impressionen von der zerfallenen burg trosky (fotos: stadtwanderer, anclickbar)

der bau der burg

die burg trosky entstand in den 1380er jahren. es war die zeit von könig wenzel iv. sein vater, karl iv., hatte böhmen zum zentrum des kaiserreiches gemacht. machtmässig, vom reichtum her, aber auch kulturell und intellektuell war man jetzt wer.

wenzel wurde 1378 könig. er blieb es bis zum ausbruch der hussitenkriege 1419. unbestritten war er nicht, über alle zweifel erhaben auch nicht. doch der adel profitierte während seiner herrschaft vom böhmischen aufstieg. denn auch er stieg auf. im wahrsten sinne des wortes. die familie von vartenberg bestieg die besagten zwillingsfelsen des längst erloschenen vulkanes.

wie man da oben eine burg bauen konnte, ist mir eigentlich schleierhaft. die anfahrt ist wenig einladend, waldig, stellenweise sogar leicht sumpfig. der weg ist bisweilen echt ruppig. auf dem hügel rund um die vulkanspitzen ist kaum platz. gleich kommt der olivinstein, auf den hinaus man 50, 60 meter klettern musste, um mit dem bau des burgfrieds zu beginnen.

man sagt, erfahrene burgenbauer ihrer zeit, hätten einen festen plan gehabt, wie man vorzugehen habe. davon seien sie normalerweise nicht abgewichen. in trosky aber hätten sie sich nicht stur daran gehalten. vielmehr sei man bestrebt gewesen, das beste aus der umgebung zu machen.

der burgenbau muss nicht ohne probleme gewesen. als der bau fertig war, lag der besitzer flach. er hatte sich hoch verschulden müssen, um zu seinem prestigeobjekt zu kommen. könig wenzel zog darauf die burg ein, als pfand für das viele geld, das er geliehen und wohl nie zurück erhalten hatte.

das ende der burg

die burg wechselte noch mehrfach den besitzer, bis sie 1620 an die familie von waldstein kam. ihr eigentliches schloss liegt ebenfalls im böhmischen paradies, und die stadt jicin, das vewaltungszentrum ist nur einige dutzend kilometer entfernt.

albrecht von wallenstein bewohnt die burg nie; sie war ihm zu wenig konfortabel. im 30jährigen krieg bildete sie aber ein wichtiges angriffsziel. wer sie hatte, konnte sich zur not dorthin zurückziehen. zuerst kamen die schweden. ihre truppen stürmten trosky. zimperlich dürften sie nicht vorgegangen sein; jedenfalls soll sie erheblichen schaden genommen haben. doch man war damit im besitz einer weiteren festung des feindes. dieser liess sich indessen nicht vorführen. auch die habsburger griffen die besetzte burg an, brannten sie nieder um machten sie zudem, wie sie heute heisst. denn trosky ist nichts anderes als das wort für ruine.

so auffällig der doppelte vulkankegel in der landschaft steht; so präsent sind hier auch die folgen des 30jährigen krieges bis in die gegenwart.


impressionen des stadtwanderers im spätmittelalter (fotos: stadtwandererInnen, anclickbar)

dem himmel so nah

auf dem abstieg von trosky machen wir halt. eine einzige abwechslung hat es nicht. eine kleine gartenwirtschaft steht ausserhalb des ruinenbezirkes.

es gibt frischen saft. während ich mich damit erfrische, merke ich wie stolz ich bin, mich überwunden zu haben. ich war oben. ich habe das böhmische paradies wie vom himmel aus gesehen.

doch ich wusste zu jeder zeit, dass der himmel auch hier, nur auf einem vulkanfelsen thront, der menschen aller art anzieht. gipfelstürmer, belagerer und brandstifter gleichermassen. denn sie alle werden von irrationalem getrieben, um ihrem himmel nahe wie möglich zu sein. und das fuehrte zuletzt zum schrecklichsten krieg in europa, dessen spuren man im tschechischen paradies noch heute so gut sieht, wie den vulkan aus uralten zeiten.

stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

Ein Gedanke zu „wie nach dem 30jährigen krieg“

  1. Herr Stadtwanderer,
    Alexander von Humboldt, der grosse Gelehrte in Berlin, bezeichnet die Burg auf dem Vulkankegel als \\\"achtes Weltwunder\\\"! Es wäre jammerschade gewesen, Sie wären da nicht ganz bis nach oben gestiegen.

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