bewusste provokation, damit man merkt, was es geschlagen hat

man hat schon lange auf seine stimme gewartet. denn er ist einer der besten kenner der region bern. und er war in jeder diskussion darüber, ob bern ein metropolitanraum sei oder nicht dabei. nun hat er sich in der berner zeitung ausgiebig geäussert. kaum zur freude der berner regierungen, schätze ich. doch gerade das ist seine absicht.


paul messerli ist eher von kleiner statur. er wirkt eher ruhig. gerade deshalb sollte man ihn nicht unterschätzen: der geografieprofessor an der berner universität ist ein knallharter analytiker, ein exzellenter kenner der grossregion bern, und ein grosser geist oben drein.

nun hat er sich in einem grossen interview in der berner zeitung in die laufende debatte über die definition der metropolitanräume eingemischt. die gemüter in der berner stadt- und kantonsregierungen wird er damit nicht beruhigt haben; vielmehr dürfte die angeschobene debatte über die stellung berns in der schweiz und europas jetzt erst recht losgehen.

deshalb fasse ich die argumente messerlis hier schon mal zusammen:

erstens: metropolitanregionen sind stadtregionen, die als produkt der wirtschaftlichen globalisierung eine neue ebene von zentralität erreichen, die weit über die landesgrenzen hinausreicht. die schweiz hat wohl zwei solcher metropolitanregionen: jene zürichs und jene genfs. diskutabel ist, ob basel zu zürich zählt oder eine eigene metropolitanregion ist.

zweitens:
aus globaler perspektive wäre es ungünstig, wenn sich alle regionen in die gleiche richtig entwickeln. besser ist es, wenn jede seiner stärken bewusst wird und die pozenziale erkennt. der raumbericht des bundesamtes ist eine realistische auslegeordnung der räume und funktionen der schweiz.

drittens:
berns stärken liegen bei der politik und im verkehr. die schwäche sind bei der internationalen anbindung, den spezifischen diensten für wirtschafts-, finanz- und informationsflüsse und der innovationskraft.

viertens: der bericht ist jedoch unpräzise, sollte man die raumplanerische einteilung dazu benützen wollen, künftig unterschiedliche pro-kopf-finanzflüsse des bundes in die regionen zu leiten. da ist die aufregung unter den berner politikerInnen berechtigt.

fünftens: bern ist umgeben von einem kranz mittelgrosser städte. gemeinsam kann dieser raum ein wirtschaftlich und kulturell interessantes städtenetz sein. freiburg, neuenburg und solothurn können sich auch zu den nächstgelegenen metropolitanräumen orientieren. bern stünde dann als zentrum der ländlichen schweiz alleine da.

sechstens: bern hat das grösste interesse, die entwicklung des städtenetzes voranzutreiben, um nicht marginalisiert zu werden. bern muss nicht etwas hochreden, das nicht ist, aber seine hausaufgaben machen. dazu braucht es ein leadership, wie es etwa bei der durchführung der euro ’08 sichtbar wurde, in institutionellen fragen jedoch fehlt.

am schluss des interviews wird paul messerli konkret. er geht davon aus, dass das bundesamt für raumplanung bewusst provoziert habe, damit man in bern merke, was es geschlagen hat. genau daran strickt der renommierte geografieprofessor mitten im städtischen wahlkampf munter weiter.

stadtwanderer

bisherige beiträge in dieser sache:
die neue dynamik der städteregionen auch in bern vorantreiben
die definitionsmächten
völker, hört die signale
bern grollt

do you speak swiss?

„sprachenvielfalt und sprachenkompetenz in der schweiz“ war das thema des 56. nationalen forschungsprogramms, das der hiesige nationalfonds gefördert hat. ergebnisse aus den mehrjährigen arbeiten werden nun im bundeseigenen berner käfigturm vorgestellt und diskutiert. .

eröffnet wird die veranstaltungreihe am 21. oktober 2008 durch corinna casanova, der viersprachigen bundeskanzlerin der schweizerischen eidgenossenschaft. danach sind wissenschafterInnen und nutzniesserInnen der forschung gefordert aufzuzeigen, was man mit den erkenntnissen anfangen kann. die nachstehenden themen werden bis zum jahresende in einem fünfteiligen zyklus zur praxis der mehrsprachigkeit im schweizerischen alltag:

sprachengrenzen verwischen: anteile mit deutsch als muttersprache je schweizer gemeinde
sprachengrenzen verwischen: anteile mit deutsch als muttersprache je schweizer gemeinde

. können deutschschweizer überhaupt deutsch? dialekt und hochsprache im zusammenspiel.
. fussballnati, militärdienst, bundeshaus. ein mehrsprachiges mit- oder nebeneinander?
. erster schultag und die sprache ist fremd. kinder im mehrsprachigen umfeld und sprachförderung im vorschulalter.
. albanisch als 5. landessprache. sprachenpolitik in der migrationsgesellschaft.
. maîtrisez les langues et votre avenir est assuré. utilité économique des connaissances en langues étrangères.

die eintritte in die in sich geschlossenen abendveranstaltungen sind frei. die platzzahl ist auf 125 beschränkt; reservationen können nicht vorgenommen werden. man muss also jeweils rechtzeitig im berner käfigturm sein, wenn man sich zu einem der zentralen themen der schweizer kultur aufdatieren will. einer wird sich jeweils richten, nämlich der

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mehr zur veranstaltungsreihe

die kultur des vergessens

samuel schmid, unser verantwortlicher für die kollektive sicherheit, weiss nicht mehr, was er als bundesrat einmal über seinen eigenen generalstabchef wissen musste. das zeichnet ihn als tragischen helden der kultur der vergesslichkeit aus! doch mir geht es um mehr, denn auch pascal couchepin, unser gegenwärtig oberster verantwortlicher für das kollektive gedächtnis, ist nicht besser. er vergisst, was er, als freisinniger, einmal über das werden der schweiz gewusst haben muss.

die landesregierung teilte uns heute mit, wir schweizerInnen seien grossmehrheitlich gesund, der sprachentag des bundes sei erfolgreich verlaufen und unser land habe in strassburg einen neuen diplomatischen vertreter. alles paletti also?

nein!, muss ich einwenden. denn die schweizerische eidgenossenschaft, mit ihnen auch ihre spitzenrepräsentanten, vergassen heute, dass man geburtstag hatte. 160 wurden wir heute!

auf den tag solange ist es her, dass der moderne bundesstaat gegründet wurde, dass er eine gemeinsame verfassung hat, dass für alle in der schweiz die gleichen rechtsgrundsätze gilt. volk und stände, welche die 48er-verfassung erstmals verbindlich definitierte erliessen sie, und bundesversammlung, bundesrat und bundesgericht, die auf eben diesem gesetzeswerk basieren, werden in ihrem entscheiden darin gebunden.

einfach einmalig: ein demokratie vergisst die entstehung ihrer demokratischen grundlage! doch was bedeutet dies alles? dass wir an kollektiver altersdemenz leiden? dass es die schweiz gar nicht mehr gibt? dass wir, je mehr in abkommen, protokollen und verträgen festgehalten, das übersehen, was in geschichtsbüchern steht?

inszenieren wir unseren alltag tagtäglich in sms-mitteilung, email-subjects und kombox-sprüchen so intensiv mit banalitäten, dass wir das wesentliche dahinter gar nicht mehr sehen können? und nutzen die schlitzohrigen unser abgelenkt sein, um hinter der fehlgeleiteten öffentlichkeit ihre spiele munter im geheimen treiben zu können?

nochmals:sind wir schlicht overnewsed, but underoriented? – das alles fragt sich der stadtwanderer, nachdem er mit einem trüppchen anhängerInnen aus der suva durch die stadt marschiert ist, die nicht geringste anstrengung unternimmt, sich selber zu gedenken!

stadtwanderer

kurt imhof über qualität in der öffentlichkeit

man erinnert sich: kurt imhof, der soziologieprofessor an der universität zürich, bewies einmal mehr seine ausserordentliche interventionsgabe, als er – instant-mässig – die aufkommende botellones in einem interview für den tagesanzeiger prominent wie kein anderer analysierte, und damit der ganzen bewegung einen bisher nicht erwarteten dreh gab. das problem seien weniger die die massenbesäufnisse, sondern der umgang mit ihnen in der mediengesellschaft, war seine these.

ich habe kurt jüngst in zürich getroffen, und wir haben über den stadtwanderer, meinen artikel zu den botellones, und die nutzungsziffern gesprochen, die dank der diskussion seines interview kurzfristig stiegen. er hat in der folge den “stadtwanderer” den er nicht kannte, besucht, und mir dann, nach der sonntäglichen einkehr folgende anregung zum zusammenspiel von medien und politik und die frage, wie dabei die qualiltät in der öffentlichkeit gewahrt werden könne, geschickt. zwar kein direktes wanderer-thema, aber eines, das aus den diskussion über den stadtwanderer entstanden ist.

“Geniale Seite! Eine richtige Ideen- und Wissensgrube. Erstaunlich wie die Leute reagieren und Anregungen geben.

Ausserdem: Bin über das Wochenende kurz in mich gegangen (immer gefährlich), um nachher sofort eine Flasche aufzumachen. Mich ärgert diese universitäre Sozialwissenschaft.

Kaum einer wagt sich zu exponieren. Die Intervention, die eine Koproduktion mit Constantin Seibt war, geschah (bei gutem Wein und experimentierfahrlässig) vor dem Hintergrund der Erfahrungen von
2007 als die unheilige Allianz medienpopulistischer Eventberichterstattung über Seebach etc. mit dem politischen Populismus der SVP bez. ausländischer Jugendkriminalität dieses Jugendzerrbild hervorbrachte, das sich dann so dominant im ‘Sorgenbarometer’ vom August 2007 spiegelte und mithalf die 29,4% SVP-Stimmen herbeizuzaubern. Ich vermutete und vermute mit Harmos dasselbe Szenario (wenn auch kaum mit demselben Erfolg).

Nach dieser Provokation war ich schwitzend und stinkend darauf angewiesen, dass die leichgerichteten Nachrichtenwertfetischisten auch wirklich gleichgerichtet reagieren, damit ich die elektronischen Foren hatte, um dem Zerrbild entgegenzutreten. Die ganze Chose hätten auch hintenraus gehen können.

Was mich ärgert: Man hört nix, von den Kommunikationswissenschaftlern, nix von den universitären Politikfritzen, nix von den Pädagogen, nix vom Rest der universitären Soziologie. Die Kritik am Zusammenspiel von Politik und Medien bleibt in der politischen Öffentlichkeit weitgehend unterbelichtet.

Versuche nun eine Stiftung Öffentlichkeit und Qualität hochzuziehen um die Mittelbeschaffung zu vereinfachen.

Herzlich

Kurt (Imhof)”

nun seid ihr, meine lieben leser- und kommentatorInnen, gefragt, euch zur these des genialen interventionisten wider den zeitgeist zu äussern.

stadtwanderer

going west

nun ist es public: das gratisblatt “.ch” meldete heute morgen, dass ich in die usa gehe und unter anderem arnold schwarzenegger (“the terminator”), den gouverneur von kalifornien treffe (regelmässige stadtwanderer-leserInnen wissen das schon lange!). vorort werde ich vor allem das campaigning in den usa studieren, und zwar zur heissesten zeit: den präsidentschaftswahlen. in kalifornien werde ich mich, mit 9 mitstreiterInnen aus der ganzen welt, jedoch vor allem um die zahlreichen volksabstimmungen kümmern, die gleichentags wie die entscheidung zwischen mccain und obama, stattfinden.

der stadtwanderer als der mann dahinter, suggeriert die bildmontage von \".ch\" heute

bildmontage im heutigen gratisblatt “.ch”, die suggeriert, der stadtwanderer sei der mann dahinter. dabei fragt der sich, was den mann davor so interessant macht.

der heutige artikel in .ch ist für den boulevard geschrieben. toll aufgemacht, wie er war, kam er an. meine mitarbeiterInnen waren am morgen ganz stolz (einer der nie gelacht hat bis jetzt, schmunzelt vor sich hin), ich bekomme den ganzen tag mails (von “super” bis “bin erstaunt”), und ich wurde am mittag, beim sinnieren in der stadt angehauen (“du grüsst nicht mehr, seit du bei schwarzeneggers gastierst”).
das ist mir aufgefallen. arnold schwarzenegger lässt kaum jemanden kalt. viele haben seine filme gesehen, und haben eine (meist positive) einstellung dazu, selbst wenn sie keine macho-typen sind. fast alle beginnen zu erzählen, wenn nur schon hören, mit wem ich es bald zu tun haben werde.
woran das liegen mag, dass der rambo-mann, der republikanische politiker, der gatte einer kennedy-nachfahre, einer der 100 einflussreichsten auf der welt und der berühmteste verfechter der direkten demokratie querbeet so gut ankommt?, fragt sich der

stadtwanderer

von rektoren und kanzlern im schweizerischen bildungswesen …

die herbstsaison des stadtwanderns in bern begann letzten donnerstag mit einem abwechslungsreichen abendspaziergang bei spektakulärem wetter. die sonne hatte tagsüber die stadt wunderbar erwärmt, und sie erhellte uns fast auf dem ganzen weg die strassen. das beförderte die tour zum angenehmen bildungserlebnis, – auch für den vom publikum herausgeforderten stadtwanderer von bern.

die vorgabe
die besetzung der ersten herbstwanderung war prominent. organisiert von der cohep nahmen rektoren der schweizerischen hochschulen und ihre wichtigsten stabsmitarbeiterInnen am spaziergang teil. natürlich liess ich mir bei diesem publikum die pointe nicht nehmen, die etablierung des präsidiums/kanzleisystems in der schweiz in meine ausführungen speziell miteinzubauen.

1803, bei der mediation durch napoléon bonaparte zwischen dem progressiven und reaktionären lager in der helvetischen republik bestimmte le premier consul à paris, dass die schweiz einerseits einen landammann bekommen solle, der identifikation stiftend, aber jährlich ausgewechselt werde, derweil der kanzler dahinter still und dauerhaft agieren müsse – wenn auch am jeweiligen wohnort des landammanns.

das wirkte hierzulande stilbildend, indem die stabilität der politisch-administrativen systeme in der schweiz durch die arbeit im hintergrund gewährleistet wird, während personen im vordergrund ihr amt auf zeit inne haben, sich eine weile darin sonnen dürfen, dann aber wieder abtreten müssen. eine eigentlich demokratische tugend mit vordemokratischer verstärkung!

der einspruch
fast schon eine kleine trübung der tollen atmosphäre provozierte ich – wenigstens bei einem teil meiner gäste – mit meine aussage, die universitätsgründungen in zürich und bern 1833 resp. 1834 hätten um den anspruch gebuhlt, die erste nicht-feudale hochschule der welt zu sein. denn vorher hätten alle universitäten entweder unter den fittichen der kirche, eines monarchen oder des adels gestanden.

die kleinstkontroverse im werdenden schweizerischen bildungswesen von damals, die bekanntlich zugunsten von zürich und zuungunsten von bern ausging, rief selbst im jahre 2008 die anwesenden basler auf den plan: das sei alles nur legendenbildung durch das rektorat in zürich, erklärte man mir eilenden schrittes durch bern, die jüngst entstanden sei, um die 175 jahrfeier in zürich medial aufzuwerten. in tat und wahrheit, beschied mir ein hochrangiger generalsekretär, sei basel die erste nicht-feudale universitätsgründung der welt, denn als das konzil von basel 1449 zu ende ging, sei das gewerbe arbeitslos gewoden, sodass man sich mit der gründung einer universität 1460 neue arbeit verschaffen wollte.

der widerspruch
so ganz überzeugt hat mich das argument bis jetzt noch nicht. zwar ist unbestritten, dass die basler universität zu einem frühen zentrum des buchdruckergewerbes wurde, welche die basis für den humanismus, die reformation, später auch für die chemie und pharma legte. doch geht mindestens die formale gründung der ältesten hochschule auf dem boden der heutigen schweiz auf die bulle von papst pius ii. aus dem jahre 1459 zurück und funktionierte die bildungsstätte danach administrativ fest an den basler bischof angebunden. das wenigstens ist bei den liberalen hochschulgründungen der 1830er jahre in schweiz klar. sie waren antiklerikal, wollten gar nichts vom papsttum in rom wissen, frönten dem wissenschaftlich-wirtschaftlichen fortschritt, suchten professoren in deutschland und hatten einen weltlichen kanzeler, der das ganze im hintergrund führte.

und trotzdem: ein bildungserlebnis für den stadtwanderer, und hoffentlich auf für seine gäste!

stadtwanderer

foto: sonja rosenberg

den pass abgeben

ich habe meinen schweizer pass abgegeben. den alten wenigstens. und einen neuen bekommen, den amerika-tauglichen biometrischen. allerdings nicht ohne umstände!

kernstück des neuen passes ist die biometrisch geeignete passfoto. wenn sie im erfassungszentrum (in bern) gemacht wird, schaut man in einen spiegel, der kopfhaltung und augenposition vorgibt. denn das garantiert, dass die alles entscheidende iris meiner augen ins richtige licht gerückt wird.

um diese neuartige foto zu erhalten, muss man vorerst eine normale passfoto von sich selber machen lassen. am besten bei der einwohnerkontrolle der wohngemeinde. denn nur diese stellt das passgesuch mit allen formalitäten an das regionale erfassungszentrum aus. dort muss man sich jedoch selbständig melden, wenn man behandelt werden will. und eine kontrolle über sich ergehen lassen, ob man in der wohngemeinde vorkontrolliert worden ist.

in meinem fall ging das schlecht aus, denn meine wohngemeinde hatte mich unter einer falschen nummer registrieren lassen. und so wollte man mich im erfassungszentrum vorerst nicht fotografieren.

warum es zu diesem fehlermeldung kam, weiss ich nicht. dafür ist mir unvergesslich, welcher streit zwischen mir und meiner gemeinde dem ganzen vorausgegangen war. denn die wohngemeinde hatte darauf bestanden, meinen alten pass in wohlen entwerten zu lassen, obwohl man den neuen pass nur in bern beziehen kann. da ich mich schlicht weigerte, abschliessend noch einmal vor der einwohnerkontrolle wohlens zu erscheinen, schlug man mir vor, meinen pass sofort entwerten zu lassen. allerdings entnahm ich dem ausgehändigten formular, das man mir ausgehändigt hatte, dass ich keinen anspruch habe, vor 30 arbeitstagen den neuen pass zu erhalten.

also hätte ich meinen schweizer reisepass effektiv abgegeben!

meinen verweis, dass ich dann eigentlich passloser bürger der schweiz, des kantons bern und der gemeinde wohlen gewesen wäre, der vielerorts gar nicht hätte einreisen können, konnterte man in wohlen mit dem vorschlag, ich könnte, nun wiederum in bern, für diese einen notpass beantragen gehen.

meine grimasse verriet ganz offenbar, dass ich demnächst mit oder ohne pass abheben würde, sodass man sich stillschweigend darauf einigte, per fax ein gesuch von wohlen nach bern, von der gemeinde an den kanton, von der einwohnerkontrolle an die erfassungsstelle zu senden, mit der höflichst-untertänigen bitte, meinen pass, ausnahmeweise!, im berner erfassungszentrum zu entwerten.

was schliesslich auch anstandslos geschah, als man mein falsch gemeldete erfassungsnummer korrigiert hatte, ich in bern erschienen war, mich hatte fötelen und biometrisch registrieren lassen, und 7 tage auf die ausstellung des so heiss begehrten neuen dokumentes gewartet hatte!

so sieht mein alter pass nun wie eine kreuzung aus emmentaler- und edamerkäse aus: aussen rot, innen gelöchert. der rest vergelbt!

ich wiederum sehe im neuen pass so schrecklich wie noch nie in einem pass aus. farblos war man ja schon immer in amtlichen dokumenten. neuerdings bin ich aber auch ganz falsch belichtet abgelegt, und habe ich wegen der verlangten augenpositionen einen ganz steifen blick. im vorauseinlenden gehorsam ist mir dabei das lachen vergangen …

ich habe zwar meine reisefreiheit wieder! ich bin um 260 franken ärmer, aber um eine grenzerfahrung reicher. doch repräsentiere ich ab sofort für alle grenzbeamtInnen jene spezies schweizerInnen, die so lange wie ein tölpel behandelt wurden, bis sie unweigerlich auch so aussehen!

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der ursprung der geschichte

arena relounch 2008

am 27. august 1993 ging die erste arena-sendung des schweizer fernsehens über die bühne. moderator filippo leutenegger und chefredaktor peter studer freuten sich damals über die gelungene fernsehinnovation, die aus der ewr-streitkultur herausgewachsen war und zum flaggschiff der politsendungen in der (deutschsprachigen) schweiz avancierte. “arena-tauglich” wurde schnell zum eigentlichen qualitätssiegel für politikerInnen, expertInnen und bürgerInnen, die sich bekannt machen und durchsetzen wollten. der am häufigsten geladenen gast war dabei ueli maurer, der erfolgreiche svp-parteipräsident; als quotenträchstigsten duell entpuppte sich die debatte zwischen bundesrätin eveline widmer-schlumpf und ihrem amtsvorgänger bundesrat christoph blocher, als sie über die einbürgerungsinitiative ihrer partei debattierten. die geschichte der arena in der schweiz ist denn auch die geschichte des aufstieg der svp in der politlandschaft.

ruedi äschbacher, früher zürcher schwellen-ruedi, heute evp-nationalrat, war an der gestrigen geburtstagparty überigens der einzige politiker der allerersten arena-sendung, der auch persönlich anwesend war. er feierte im studio 1 nicht nur 15 jahre politshow, denn am morgen des ersten arena-abends heiratete er auch, und so war das gestern gleichzeitig auch hochzeitstag für ihn und seine frau.

den rückblick über 15 jahre massenmediales politainment im landsgemeindering am leutschenbach hielt ingrid deltendre, die fernsehdirektorin, für die die sportlichkeit der olympioniken das vorbild für die politikerInnen der schweiz sein sollte. wettbewerb, leistungswille und respekt waren ausgwählte stichworte, die sie gerne in der politischen arena der gegenwart vermehrt realisiert sehen möchte. ueli haldimann, seines zeichens chefredaktor von sf, zeigte auf, wie die fernseharena der zukunft in diesem umfeld positioniert sein wird. moderation, konzept und erscheinungsbild wurden in diesem sommer durchgängig modernisiert. unabhängiger, kritischer und fairer journalismus zum vorrangigen wochenthema sei unverändert gefragt. dabei sollen alle relevanten standpunkte zugespitzt geäussert werden können, denn das rechtfertige auch inskünftig den luxus, am freitag abend zur besten zeit eine sendung zur schweizer politik zu machen.

anschilessend konnten die 150 geladenen gäste (darunter auch der stadtwanderer, der bei der gepäckaufbewahrung die nummer 1 als quittung erhielt!) das neue arena-studio erstmals besuchen. schon auf den ersten blick wirkt es heller, farbiger und leichter. es ist auch transparenter, flexibler und kleiner als das bisherige, und es soll, von marianne gilgen geführt, reto brennwald die plattform für den politischen hosenlupf der woche bieten. das publikum wird näher am geschehen sitzen, aussenstehende können zugeschaltet werden, und auf der arena-website wird man nach der sendung, die weiterhin 75 minuten dauern wird, das thema weiterdiskutieren und mit eigenen videobotschaften anreichern können.

die ganz grossen streithähe der jüngsten vergangenheit in der schweizer politik fehlten gestern. christoph blocher, vreny spärri, peter bodenmann und franz steinegger kamen nicht zum relaunch der sendung, die ihre populärität gestärkt hatte. dafür wirkt die feier in den abgedunkelten, mit vielen blumen geschmückten studiohallen fast schon familiär. für erheiterung sorgte art furrer, der den journalismus mit dem wein verglich. es sah nur gemeinsamkeiten: ist er gut, findet er automatisch nachfrage. bietet man indessen nur fusel an, braucht man weder das ein noch das andere!

na denn, adieu alte arena, prost neue arena!

stadtwanderer

foto: stadtwanderer

die definitionsmächtigen

nicht ganz zuunrecht fragt fabian schäfer in der heutige berner zeitung nach, wie man eigentlich zur einteilung von metropolitanregionen kommt. nicht ganz überraschend stellt er bei seiner recherche fest, dass es nur weiche kriterien gibt. den fachleute ist das schon länger klar, denn sie wissen um die definitionsmacht von architekten, raumplanern und politikern bei ihren planspielen. eine rekonstruktion der so entstandenen realitätsdefinitionen durch den stadtwanderer.

die verschiedenen modelle der metropolitanregionen

23. september 2005: man trifft sich in biel/bienne. die einladung hat espace mittelland verschickt. zwei sachen werden diskutiert: aus dem kantonsverbund zwischen bern, solothurn, freiburg, waadt und wallis, den elisabeth zölch als regierungsrätin lanciert, aber nie zum funktionieren gebracht hatte, wurde ein einfacher verein interessierte fachleute, interessen- und kantonsvertreter. und genau dieser verein. tatkräftig koordiniert durch christian cappis, lancierte vor drei jahren die debatte über metropolitanregionen.
die diskussion der verschiedenen modellüberlegungen zeigte damals, dass es verschiedene definitionen und indikatoren gibt, die zu unterschiedlichen schlüssen führen. so vertrat der münchner professor alain thierstein eine restriktive definition. er kam zum schluss, dass sich aus europäischer sicht in der schweiz zwei metropolitanregionen herausbilden, die nordostschweiz und den arc lémanique. er verwies darauf, dass der berner espace zwischen beiden zerrieben werde, weil er in verschiedener hinsicht nicht das gleiche potenzial aufweise. die gegenteilige position nahm hansjörg blöchlinger von bak economics ein, der für avenir suisse die föderalismusstudie verfasst hatte. er identifizierte mit anderen mitteln in typisch schweizerischer art und weise gleich sechs metropolitanräume in der schweiz: zürich, basel, bern, genf, lausanne und lugano.
nur schon diese gegenüberstellung zeigt, dass experten, die zum gleichen arbeiten, mit unterschiedlichen hilfsmitteln zu gegenteiligen schlüssen kommen, jedenfalls was die einteilung und zuordnung von lausanne, basel, bern und lugano betrifft.
die vom bundesamt für raumplanung bevorzugte variante, die notabene der gleiche verein espace mittelland anfangs 2008 noch vor ihrem erscheinen diskutierte, gleicht auffällig einer dritten grundlage. der gemeinde/städtebericht, den ein interdisziplinäres forschungsteam, inspiriert von den stararchitekten herzog&demeuron, ablieferte. diese lagen in ihrer diagnose näher bei tierstein als bei blöchlinger, unterschieden aber drei metropolitanräume. basel trennten sie von zürich ab und erhoben es zur eigenen zentralregion.

die ketzerische frage
22.august 2008: die berner öffentlichkeit wird ziemlich genau drei jahre nach den expertendiskussionen im raum bern über den raum bern durch die veröffentlichung von bundesbern überrascht.
ich war es nicht, und stelle deshalb eine ketzerische frage: wenn es keine situations- und personenunabhängigen kriterien gibt, wie man das besagte konzept operationalisieren kann, geht es automatisch um die einflüsse interessengeleiteter deutungen. und da ist auffällig, wie sich die studie der basler stars unter den städte- und gebäudebauer und mit ihr die profilierung basels durchgesetzt hat.
oder anders gesagt: fehlt es in bern an grossartigen vordenkern, die frühzeitig spüren, wenn neue konstruktionen der realitäten entstehen, sie massgeblich prägen und die behördliche willensbildung dann auch prägen können? das muss man den baslern schon mal neidlos zugestehen: die definitionsmächtigen der gegenwart hatten sie in dieser sache klar auf ihrer seite!

rekonstruktion durch dekonstruktion von konstruktionen
das jedenfalls konstatiert der stadtwanderer, der sich gelegentlich zeit nimmt, die sachen zeurst vor ort zu erkunden, dann in den modell der experten nachzuvollziehen, und um über die folgen solche analysen für das leben vor ort informiert zu sein.
rekonstruktion von realitäten durch dekonstruktion von konstruktionen nennt sich diese neue disziplin des stadtwanderns!

stadtwanderer

bern grollt

die publikation des raumberichtes durch das bundesamt für raumplanung diese woche versetzt bern in schrecken: die schweiz habe drei metropolitanregionen, hiess es da. zürich, basel und genf gehörten dazu, nicht aber bern. das werde konsequenzen bei überregionalen investitionen haben, suggerierte der bericht. und das liess die kantonsregierung nicht kalt; sie interventierte umgehend beim bundesrat.

metropolitanregionen der schweiz, gemäss bundesamt für raumplanung (2008)
metropolitanregionen der schweiz, gemäss bundesamt für raumplanung (2008)

der eiertanz, eine eigene metropolitanregion zu werden
um es gleich klar zu machen: auch ich zweifel ein wenig, ob bern eine metropolitanregion von europäischen zuschnitt ist. dafür fehlt es geografisch gesprochen einfach an einer stark verdichteten grossagglomeration! bern ist für mich eher ein städtenetz, mit der kantonshauptstadt als grossstadt im zentrum, einer reihe vom mittelstädten in der näheren umgebung (biel/bienne, fribourg/freiburg, solothurn und thun), die ihre jeweiligen regionen bestimmen, aber kein übergeordnetes ganzes bilden. die bedeutung der grossregion bern ergibt sich daraus, sitz der hauptstadt und damit das politische zentrum zu sein.

die bisherigen klassifikationsversuche führten für die schweiz zu zwei, drei und fünf metropolitanräumen. je nachdem ist der raum bern dabei oder eben nicht. die offensichtliche schwäche der grossregion ist die internationale vernetzung. bern fehlt es an einem flughafen. das hat für die lebensqualität bisweilen vorteile, für die überregionale wirtschaftsentwicklung ist es aber sicher nachteilig. entsprechend fehlt es in bern an eine wirklichen potenzial für ökonomische innovationen, die von einer produktiven universität mit weltweit hohem renomée getragen würden. einiges davon spricht für einen vorrang zürichs, basels oder genfs.

andere indikatoren, die zur bestimmung von metropolitanregionen beigezogen werden können, sprechen aber eher von bern: die politischen kontrollen, die von der bundesstadt und der hauptstadt des zweitgrössten kantons ausgehen, sind höher, als in genf oder basel, deren regionale territorialbildung historisch gesehen misslang. zudem verfügt bern über zahlreich sportliche und kulturelle zentren, welche die grossregion attraktiv machen. stade de suisse und paul klee museum lassen seit einigen jahren grüssen.

die schweiz: eine metropolitanregion ohne wirkliche metropole

je nach gewichtung solcher definitionsmerkmals fallen die klassifikationen der schweizerischen räume anders aus, als es die raumplaner des bundes tun. sie selber scheinen zu schwanken, führen sie doch nebst den städtenetzen wie jene der ost- oder zentraleschweiz resp. am jurabogen für bern eine eigenen kategorie ein: das städtenetz der hauptstadtregion.

die kritik an solchen typisierungen kann man sogar soweit treiben, die nützlichkeit des konzepts, das von deutschland aus in die schweiz drängt, für unser land ganz zu hinterfragen. wahrscheinlich ist die schweiz eine einzige metropolitanregion, deren besonderheit es ist, keine wirkliche metropole zu haben!

städtenetze der schweiz, gemäss bundesamt für raumplanung (2008)
städtenetze der schweiz, gemäss bundesamt für raumplanung (2008)


die undiskutierte politische implikation

angesichts unklarer eignung und umstrittener einteilungen überrascht die knallharte politische schlussfolgerung des berichts erheblich. sie unterstellt, dass nur noch dem gegeben werden sollen, der schon habe. sicher ist es richtig, die grossregionen der schweiz anzuhalten, ihre hausaufgaben selber zu machen, das heisst für innere dynamik und für wachstum besorgt. doch wirkt der schluss, nur dort zu investieren, wo es genuine prosperität gibt, fast schon unschweizerisch: wären wir ein land, das zehn mal grösser wäre und nur drei zentren hätte, würde der ansatz der raumplaner noch eher nachvollziehbar.

die schweiz hat ihren international hohen standard in der wirtschaftswelt und der wissensgesellschaft nicht dadurch erreicht, auf ein national überragendes zentrum zu setzen. vielmehr hat man historisch betrachtet immer versucht, die kleinheit der verhältnisse zwischen boden- und genfersee auszunutzen, um im verbund der vielheiten stärken zu entwickeln, die einander ergänzen und wegen den geringen distanzen meist auch einfach untereinander ausgetauscht werden können. gerade die vernetzung ist es denn auch, welche die schweizer metropolitanregionen kennzeichnen: der raum lugano ist hochgradig in die metropole mailand integriert, oder basel lebt davon eine der oberrheinischen region mit strassburg in der mitte zu sein.


provokation nicht defensiv abwehren, sondern offensiv verarbeiten

in bern sollte man die provokation der raumplaner produktiv aufnehmen: als zeichen dafür, dass kantonspolitik nicht einfach innerkantonaler interessenausgleich sein darf. dass stadtpolitik nicht einfach im spiegel der umliegenden 30 kilometer beurteilt werden kann. vielmehr gilt es zu fragen, welche potenziale wie die universität und die fachhochschulen fitter gemacht werden müssten, um mehr für die entwicklung der grossregion, ihre positionen im wettbewerb mit andern zu stärken und die internationale ausstrahlung zu erhöhen. es müsste gezeigt werden, was die zusammenarbeit verschiedenartiger städte dies- und jenseits der sprach- und kulturgrenze für integrationsvorteile gerade in einer zeit hat, in der man auf multikultur setzt. und es gilt sich auf stärken wie die politische administration zu besinnen, die durch die anbindung europäischer institutionen in bern aufgewertet werden, und so zum cluster ausgebildet werden könnte, den man nicht einfach mit einem federstrich relegieren kann!

briefe schreiben ist das eine, perspektive aufzeigen und umsetzen das andere. bern rollt statt bern grollt, ist das zukunftsmotto!.

stadtwanderer

was nur geht bei einem botellon ab?

wir hatten jüngste eine intensive und hochstehende diskussion über die ausdehnung des privaten in den öffentlichen raum. meine innere enge bot anlass dazu. mischa, titus, tine, und auch bidu und lisa n. haben sich daran beteiligt.

nun haben wir die fortsetzung geschichte serviert bekommen: das öffentliche besäufnis das für den 30. august 2008 auf dem bundesplatz angekündigt worden ist.

stapi tschäppät hat rasch reagiert: gesundheits- und imageschädigend sei das sog. “botéllon”. die stadt und die teilnehmerInnen würden negativ beeinflusst. das ganze sei bewilligungspflichtig und werde wohl abgelehnt. das demo-reglement reiche wohl, und wenn nicht könne man den notfallartikel bemühen, um die räumung durch die polizei zu mobilisieren.

einen vorwurf kann man den berner stadtbehörden nicht machen. sie haben auf die lancierung des ereignisses rasch und deutlich reagiert. dennoch frage ich mich, was hier sache ist:

. was eigentlich ist ein botellon?
. warum entsteht es?
. was sind die ursachen?
. wer sind die teilnehmenden?
. was sind die motivationen?
. welche erfahrungen hat man andernorts damit gemacht?
. welche umgangsformen der behörden haben sich bewährt, welche nicht?

all diese fragen stellen sich, um das phänomen, das jedenfalls für mich neu ist, überhaupt zu begreifen. denn ohne das fällt es mir schwer zu entscheiden, was ich machen würde, wenn ich stapi wär …

ich meine das ernst!

denn ich erinnere mich, dass man auch bei der euro 08, den gästen aus aller welt, nicht zuletzt aus holland den vorwurf gemacht hat, das sein nicht mehr als ein öffentliches besäufnis. denn ich weiss um die diskussionen über die streetparade, die zwischen öffentlicher verblödung und stadtmarketing hin und her oszillierten. und ich habe ja selber darauf aufmerksam gemacht, dass öffentliches essen und trinken in bern immer beliebter, ja, teilweise sogar politisch gefördert wird, wenn es der gastronomie umsätze bringt.

wer also hilft dem stadtwanderer, sein koordinationsystem zu jugendlichen eskapaden neu aufzuspannen und das neue phänomen “botéllon” kulturell, psychologisch, soziologisch und ökonomisch und marketingmässig zu deuten?

stadtwanderer

der stedtlibrand

in aarberg ist die welt noch in ordnung. eine stadt ist man nicht, nur eine kleinstadt. und städtli nennt man sie nicht, sondern ganz im regionalen dialekt stedtli. und wenn man in aarberg etwas zum feiern hat, ist das ein stedtlifescht. wie jenes von heute zum stedtlibrand vor 150 jahren.


unter hilfsbereiten kameraden (fotos: stadtwanderer)

geschichte und gegenwart

viel prominenz war gekommen, um an die grösste katastrophe in der stedtligeschichte zu erinnern. so der seeländer bundesrat samuel schmid, aber auch die regierungspräsidentin des kantons, barbara egger-jenzer, waren anwesen.

vorgefahren wurden die ehrengäste in einer kutsche – bis auf den stedtliplatz. ihnen folgten spritzwagen aus früheren zeiten, teils von pferden, teils von traktoren gezogen.
im festzelt musste das organisationskomitee vor dem mehrheitlich einheimischen publikum nicht lange rechtfertigen, warum man zu einem unglück eine feier verstalte. weil man sich für die vorbildliche unterstützung danach allseits bedanken wolle, lautete die präsidiale begründung.
da hackte yvonne pfäffli, eine junge historikerin, welche die spenden von damals aufgearbeitet hatte, schon kritischer nach. nicht alle, die damals ein haus verloren hätten, seien gleichmässig entschädigt worden. so habe der schlosser, der keine werkstatt mehr gehabt habe, 400 mal mehr erhalten als die magd, die nach der feuersbrunst ohne bleibe gewesen sei.
barbara egger zog es vor, über die solidarität von heute zu sprechen. wie werde man die solidarität mit den hochwassergeschädigten der letzten jahre beurteilen, sollte man in knapp 150 jahren auch hierzu eine gedenkfeier veranstalten, wollte sie wissen. an ihr solle es jedenfalls nicht liegen, zu einer positiven bilanz zu kommen, erklärte die sozialdemokratische baudirektorin.
und auch samuel schmid beschäftigte sich mit der gegenseitigen hilfe, die unser staatswesen begründe. feuerwehr, polizei, sanität und zivilschutz seien bei unfällen für die schnelle hilfe zuständig. die armee greife dann ein, wenn das ausmass der schäden gross oder der hilfsbedarf anhaltend sei. der auftrag der armee sei im übrigen entgegen allen kritiken durch zeitgenossen klar, fügte der bdp-bundesrat an. er gelte auch in zukunft, falls man ihr die nötigen mittel hierfür zur verfügung stelle, schob er rasch nach, denn er wusste: im seeland muss er nicht deutlicher werden, da versteht man seine botschaft parteiübergreifend.

das erfolgserlebnis von sämi schmid

richtig stimmung im festzelt kam jedoch erst auf, als sämi, “üse sämi”, wie die meisten in aarberg bundesrat schmid nennen, das manuskript zur seite legte, sich umdrehte, und zu den drei katastrophenhunden samt ihren betreuern sprach, die im hintergrund spalier standen. seine sechs “kameraden”, erläuterte der verteidigungsminister hätten, soeben an der armeeweltmeistschaft die goldmedaille in einzel- wie im teamwettkampf der katastrophenhunde gewonnen. dafür spendiere er schon mal cervelats, wenigstens für die hunde. die überraschend herbei geschafften nationalwürste fütterte der bundesrat den braven armeeangehörigen zur gaudi des publikums gleich selber. sichtlich entspannt genoss der magistrat unter vielseitigem druck die unterstützung, die er in seinem heimspiel erfuhr. nach dem strengen sommer, mit teilweise dünner luft, mochte man ihm die verschnaufpause fast schon gönnen!

unterstützungswelle auch für die bdp?

politisiert wurde am stedtlifescht nicht wirklich. getuschelt wurde aber schon: denn “üse sämi” wurden den ganzen tag “vo siner noie chefin” im stedtli begleitet. beatrice simon, gemeindepräsidentin im benachbarten seedorf und seit kurzem erst kantonalpräsidentin der bügerlich-demokratischen partei, fuhr schon mal keck auf einem der alten spritzwagen sitzend in aarberg ein, fast so, als wolle sie sagen: jetzt bin ich der feuerwehrkommandant, der unterstützung weitherum braucht. 2010, bei den nächsten grossratswahlen, wird man sehen, ob es einen stedtlieffekt im ganzen kanton gibt.

stadtwanderer

weitere informationen hier.

tag des genusses

jack lang ist ein geniesser. der politologe war professor in nancy und paris, bevor er in die französische politik einstieg. er schloss sich dem parti socialiste an und bekleidete mehrfach das amt des ministers für bildung und kultur in linken regierungen. als solcher schaffte er 1984 in frankreich die “Journées Portes ouvertes monuments historiques”, – eine idee, die 1991 der europarat, das kulturgewissen europas, aufgriff, um die “European Heritage Days” in leben zu rufen. seither gibt des “tage des denkmals” rundherum. 2003 nahmen erstmals alle 48 mitgliedstaaten des europarates an an der neuen kulturbewegung teil.

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das berner schwellenmätteli, symbol für die architektur des genusses, ist bestandteil des denkmaltages 2008 (foto: d. uldry)

der idee zündete auch in der schweiz. bald schon wird man langs lebensmotto geradezu wörtlich nehmen: einen “tag des geniessens” ruft die national informationsstelle für kulturgüter-erhaltung für das wochenende vom 13. und 14. september 2008 aus. die stätten des genusses und ihre sinnliche seite sollen am diesjährigen denkmaltag im mittelpunkt steht.

in hautrive am neuenburgersee geht es um die küche in der bronzezeit, die heute archäologisch rekonstruiert wird. im bären von münsigen kann man die gastronomie besichtigen, welche die reformation schuf. in fribourg wird man ins refectorium des augustinerklosters gelassen, wo man das himmlische deckengewölbe sehen kann, das die möchne vom essen beflügelte. auf dem brienzersee wiederum kann man den raddampfer “lötschberg” geniessen, der als luxusschiff unmittelbar vor dem ersten weltkrieg in see ging. schliesslich geht es im berner restaurant schwellenmätteli um die architektur des 21. jahrhunderts und ihre einflüsse auf das wohlbefinden der gäste.

in bern findet am abend des 13. septembers auch eine sonderveranstaltung zum 25jährigen bestehen des unesco-weltkulturerbes statt. versprochen wird, dass man einen blick hinter 25 portale der altstadt werfen kann, die sonst für die öffentlichkeit verschlossen sind.

selbstverständlich wird der stadtwanderer dann unterwegs sein. eines will er sicher nicht vergessen: ganz im sinne von jack lang kultur bewusst zu geniessen!

doch was das heisst, um sich zwischen den landesweit rund 100 möglichen angeboten  zu entscheiden, weiss er noch nicht.

weiss ihm jemand rat?

stadtwanderer

 

schweden und die schweiz

gerade wenn man sich der unterschiede zwischen schweden und der schweiz bewusst wird, sollte man eine wichtige gemeinsamkeit nicht vergessen: wie frankreich steht auch das königreich schweden am anfang der völkerrechtlichen unabhängigkeit der eidgenossenschaft vom kaiserreich. aus eigener kraft wäre das nicht geschehen, nur dank der hilfe zweier monarchien, die den kaiser schwächen wollten, erinnert sich der stadtwanderer an diesem regnerischen sonntag, über seinem historischen atlas des nordens brütend.

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1648 ging der 30jährige krieg zu ende, in dessen verlauf zuerst böhmen, dann dänemark, schliesslich schweden und frankreich gegen den kaiser antraten. der krieg, der in prag auf der burg mit dem fenstersturz der habsburgertreuen verwalter begann, endete nur wenige kilometer davon entfernt auf der karlsbrücke der böhmischen metropole mit einem vergleich: der kaiser blieb nominell oberhaupt des reiches, faktisch beschränkte sich sein einfluss hinfort aber auf die habsburgischen erblande, während sich in den übrigen reichsgebieten eine vielzahl von fürsten mit unterschiedlichsten titeln durchsetzten. auf druck von frankreich und schweden, die den verheerenden 30jährigen bis zum letzten geführt hatten, wurden auch die grenzen des „heiligen römischen reiches deutscher nation“ neu geregelt.

während die spanische niederlande, lothringen, das elsass, die freigrafschaft und mailand im reich, aber unter verwaltung des spanischen königs blieben, wurde die eidgenossenschaft dank der unterschrift der französischen und schwedischen verhandler und des basler bürgermeisters aus dem reichsverband ausgegliedert. sie sollte von nun an als eigener staatenbund der 13 orte und ihrer verbündeten bestehen, den die tagsatzung führte. nur wenige gebiete in der eidgenossenschaft, namentlich katholische klöster wie engelberg, verharrten bis zum wiener kongress von 1815 beim reich.

der einfluss der beiden garantiemächte auf die eidgenossenschaft entwickelte sich in der folge unterschiedlich. das königreich schweden, welches damals das heutige finnland und die baltischen staaten umfasste und beim heutige norwegischen trondheim kurz auch an den atlantik grenzte, konzentrierte sich auf seine grossmachtpolitik von frankfurt bis konstantinopel und kiev. es wurde zuerst von russland, das unter peter dem grossen aufstreben sollte, militärisch besiegt, bevor ihr kriegerkönig karl xii. in norwegen den tod fand. Damit endete die schwedische grossmachtpolitik auf dem kontinent anfangs des 18. jahrhunderts weitgehend.

frankreich wiederum rückte unter karls xii. zeitgenossen könig ludwig xiv. seine grenze immer mehr nach osten. so kamen die freigrafschaft, das elsass und lothringen unter die französische krone. auch die eidgenossenschaft blieb von dieser verlagerung nicht unbeeinflusst: geschwächt durch den grossen bauernkrieg im mittelland, aber auch durch die erneute niederlage der reformierten gegen die katholischen orte in der ersten schlacht von vilmergen, geriet sie immer mehr in den französischen einflussbereich. höhepunkt dieser französischen ansprüche war der soldvertrag von 1667, der in paris abgeschlossen wurde und als ausrichtung der eidgenossenschaft auf die französische krone gelten kann, die bis zum wiener kongress gültigkeit behalten sollte.

am anfang der unabhängigkeit vom reich steht jedoch der westfälische friede von 1648, der mitunter wegen der schwedischen kontinentalpolitik zustande kam. heja, sverige!

hej då,

stadtwanderer

bubenberg partei schweiz (bps)

heute wird die berner bps, die kantonalpartei der kommenden bürgerlichen partei der schweiz gegründet. ob sie genau so heissen wird, ist heute noch offen. und das ist gut so, denn es lässt raum, um über den sinn der parteigründung und der parteibenennung nachzudenken: ich schlage vor, eine liberal-konservative “bubenberg partei der schweiz” zu gründen.

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die ausgangslage

allgemein zeigt man sich skeptisch, ob es zwischen der svp einerseits, der fdp und cvp anderseits einen platz für eine weitere, national relevante partei hat. ehrlich gesagt, bin ich das auch ein wenig.

etwas weniger zurückhaltend bin ich, wenn man auf die mögliche wählerInnen-basis der bps schaut: die parteibindungen sind volatil; neue angebote haben so chancen. nicht-mehr-wählende, die sich von der svp angewandt haben, aber auch die anhängerInnen der svp-politikerInnen, die sich abgespalten haben, kommen da als potenziale in frage.

aktuell schätze ich, dass das national drei bis vier prozent wählende ausmacht. zum grösseren teil zulasten der svp, zum kleiner durch neumobilisierungen.

auf jeden fall ist das zu wenig, um 2011 den sitz von bundesrätin eveline widmer-schlumpf aus eigener kraft zu sichern. das wird nur möglich sein, wenn sich die neue partei über die kantone graubünden, bern und glarus hinaus ausdehnen kann. dafür muss die bps die öffentlichkeit mobilisieren können, muss sie die wirtschaft für sich gewinnen und muss sie im behördlichen willensbildungsprozess fürsprecher für bestimmte interessen werden.

der unterschied zur oppositionellen svp

programmatisch braucht eine bürgerlichen partei wohl drei unterschiede zur oppositionellen svp:

erstens, muss sie auf die permanente institutionenkritik verzichten. der rechtsstaat, die politikerInnen, und auch der respekt vor dem gegner gehören unabdingbar zur schweizerischen politischen kultur.

zweitens, der von der schweiz verlangte bilateralismus in der beziehung zur europäischen union ist keine entscheidung von fall zu fall, sondern eine gut abgestützte determinanten der aussen- und innenpolitik, die es mit all ihren vor- und nachteilen zu akzeptieren gilt.

und drittens kann es sich eine demokratisch gesinnte regierungspartei auf die dauer nicht leisten, sich wählerinnen-stimmen durch die diffamierung ausländischer bevölkerungsteile zu verschaffen, die hier arbeiten, steuern zahlen oder spitäler unterhalten.

so gibt es ein paar unterschiede zur ausrichtung der svp von heute, die zählen.

szenarien für 2011

ob die bps damit fit ist, die wahlen 2011 zu bestehen, ist heute noch spekulation. sinnieren kann man aber, unter welchen bedingungen die parteigründung relevant wird. zwei szenarien, sind denkbar:

einmal, gewinnt die svp die wahlen 2011 überlegen, und hat sie mit einem wunschpartner zusammen die absolute mehrheit in beiden kammer des bundesparlamentes, ist davon auszugehen, dass das angeschlagen konkordanzsystem kippt, mindestens national wohl auch in wichtigen kantonen. dann ist macht die bps keinen sinn.

sodann, verliert die svp die wahlen 2011, bleibt ihr nur die fortsetzung der opposition oder die rückkehr zur konkordanz. im bundesrat würde sie gemessen an ihrer parteistärke wieder vertreten sein. im besseren fall ist das mit zwei vertreterInnen ihrer wahl, im schlechteren jedoch nur mit einem, während der oder die andere aus der bps stammt.

theoretisch wird das schwierig zu begründen sein; praktisch nicht, so lange eveline widmer-schlumpf bundesrätin ist. wenn der pulverdampf des momentes verflogen sein wird, wenn christoph blocher als heimlicher parteipräsident abgedankt haben wird, wird man sehen, wie gering die programmatischen unterschiede zwischen ihr und einer liberal-konservativen rechtspartei in der schweiz sein wird.

adrian von bubenberg als vorbild
adrian von bubenberg war ein politiker dieses typs:

traditionell in seiner inneren verankerung, offen in seinen aussenorientierungen.
hart im kampf, aber verträglich in der verhandlung.
prinzipientreu in der politik, ohne durch das schnell verdiente geld und die fremd geliehen macht geblendet zu sein.

für von bubenberg hatte eigensinn jenen wert, den man heute so vermisst: das hat ihm zwar nicht immer nur erfolge gebracht, ihn aber auch vor dem hochmut bewahrt, der bekanntlich vor dem fall kommt. die geschichte jedenfalls hat ihm, nicht seinen widersachern recht gegeben.

also schlage ich vor, heute die bps, genauer gesagt die “bubenberg partei der schweiz” zu gründen, die genau die werte bubenbergs hochhält und sich der herausforderung stellt, die svp durch die formulierung einer alternative zur oppositions-svp wieder ins boot der verantwortungsbewusst politisierenden liberalkonservativen zurück zu zwingen.

stadtwanderer

http://www.svp.tv/

endlich hauptstadt

wie nur hat bern gelitten, dass es 1848 sitz der bundesbehörden wurde, ihr aber der titel der hauptstadt der schweiz verweigert wurde. bundesstadt ist sie seit dem, denn offiziell hat die schweiz gar keine hauptstadt. diesen titel teilen sich inoffiziell verschiedene städte: zürich sei die hauptstadt der wirtschaft, heisst es. genf jene der internationalen beziehung, und basel ist die hauptstadt der kultur in der schweiz, kann man hören.

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jetzt aber ist alle klar. bern ist endlich hauptstadt. hauptstadt des europäischen fussballs. nirgendswo sonst geht die post während der laufenden europmeisterschaften so toll ab, wie in bern. bern ist quais über nacht zum epizentrum der der fussballemotionen. dank den holländern, welche die stadt vollständig in beschlag genommen haben, und, je mehr sie mitfavoriten auf den em-titel entzaubern, die stadt bern verzaubern.

fast schon glaubt man bernerdam seit 2008 zur neuen hauptstadt von holland geworden!

stadtwanderer

bildquelle

die merkwürdige geschichte der schweizer landeshymne

die schweiz wähnt sich, seit dem 1. august 1291 zu bestehen. eine eindeutige und offizielle nationalhymne hat sie aber erst seit seit dem 1. august 1981. dabei greift sie auf ein lied zurück, dass es schon gab, als die “schweizerische eidgenossenschaft”, der bundesstaat von heute noch gar nicht existierte.

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1961 legte der bundesrat fest, der sog. schweizerpsalm sei die provisorische landeshymne. er reagierte damit auf die im häufiger gewordenen verwechslungen zwischen der britischen und der schweizerischen nationalhymne, die damals noch zur gleichen melodie gespielt wurden. in grossbritannien lief der text seit 1745 unter „god save the queen“ (populärer in der schweiz als „god shave the queen“), derweil in der schweiz das lied „rufst du mein vaterland“ 1811 von johann rudolf wyss getextet wurde.

nach dreijähriger probezeit konnten sich die kantone 1965 zur provisorischen landeshymne vernehmen lassen, und sie taten es so, wie man es von ihnen erwartete: 12 waren dafür, 6 dagegen, und 7 votierten für die verlängerung des provisoriums, – ein nullentscheid! die suche nach einer neuen landeshymne, die eingeleitet wurde, führte jedoch nicht zu einem höheren konsens, sodass der bundesrat 1981 der unwürdigen übung ein ende setzte und den schweizerpsalm eigenmächtig zur unverwechselbaren offiziellen landeshymne erklärte.

erstmals veröffentlicht wurde das lied 1843. der text stammtevon leonhard widmer, während die melodie alberich zwyissig kompoiniert hatte. dieser war bis zur aufhebung des zisterzienserklosters wettingen im jahre 1841 daselbst mönch gewesen und hatte den schweizerpsalm an der kirchweihe in wettingen 1835 vorgestellt. das lied selber, das heute bei sportanlässen und staatsempfängen zu ehren der confoederatio helvetica gespielt wird, ist damit älter als der bundesstaat, der erst 1848 gegründet wurde.

1894, auf dem höhepunkt der nationalen welle in der schweiz, wurde das sakral anmutende lied als schweizer nationalhymne vorgeschlagen. doch der bundesrat lehnte dies wiederholt ab. er war der auffassung war, eine nationalhymne müsse sich in der volksabstimmung durch die kehlen durchsetzen, nicht durch ein staatliches dekret. so existierten längere zeiten mehrere versionen der schweizer nationalhymne, wobei „rufst du mein vaterland“ lange populärer war.

heute wirkt der schweizerpsalm mächtig antiquiert. in der regel kann man den text nicht auswendig. an bundesfeiertagen hilft man sich deshalb mit handzetteln aus, selbst wenn das nicht besonders überzeugend wirkt. bei länderspielen würde das aber definitiv blamabel wirken, wenn die jungs von köbi kuhn vor dem dem anpfiff die nationalhymne ablesen würden.

das hat übrigens nichts damit zu tun, dass viele von ihnen secondos sind. auch die meisten schweizer können den text nicht, und summen aus anstand maximal mit.

der versuch, die nationalhymne, pardon, landeshymne, wie man das in der schweiz nennt, auf eine zeitgemässe basis zu stellen, den die nationalrätin margret kiener nellen 2004 unternommen hatte, versandete nach einigen jahren in den mühlen des parlaments.

und so hören wir bald zum letzten mal den schweizerpsalm an der euro 08, ohne etwas besseres in aussicht zu haben.

stadtwanderer

wasserballeuropameister

2569733063_26159ac843.jpgwas trauert ihr? – wir sind auf dem besten weg, europameister im wasserball zu werden. das ist doch schon mal was, um sich ein klitzekleines bisschen zu freuen. zeigt euch nicht nur als schönwetter-europäerInnen. seid abgehärtete und beständige schweizerInnen. ein kleines völklein, das sich vor allem in widerlichen klimatischen situationen durchzusetzen weiss!

stadtwanderer

die krux grosser parteien in der schweiz

das neue thema kündigt sich an: die fussball-europameisterschaft. meine prognose für den final: frankreich-kroation, und frankreich gewinnt. ich gebe allerdings zu, dass ich gar nichts verstehe von fussball. das ist ja in der politik nicht ganz der fall. und diese woche war politisch, wie kaum eine zuvor. deshalb meine ernsthafter gemeinte einschätzung zur politischen entwicklung, die ich als historiker mache.

parteien, die auf nationaler ebene 28 prozent erreichen, haben mühe, das auf die dauer zu halten oder gar zu steigern, sie neigen dazu, durch neue parteien konkurrenziert zu werden.

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quelle: tages-anzeiger, 2.6.08

man errinnert sich: die svp war im vergangenen oktober mit 28,9 prozent wählerInnen-anteil und 62 nationalratsitzen nicht nur wahlsiegerin; sie erreichte damit ein für schweizerische verhältnisse einmaliges ergebnis in der volkskammer.

die bisherigen erfahrungen mit grossen parteien

bisherige leaderin war die fdp, die 1919 auf 60 sitze und 28,8 prozent stimmen kam. das leitete sich vor allem aus den zeiten ab, als noch das majorzwahlrecht galt, währenddem die fdp die parlamentswahlen klar dominierte, danach sank die fdp fast kontinuierlich ab, konnte sich nur 1951 und 1971 wieder steigern, und ist sie heute bei den bekannten 15.8 prozent.

unter proporzbedingungen schaffte es die sp 1928 auf 27.2 prozent und 56 sitze, und erreichte sie 1955 27 prozent bzw. 55 nationalratsmandate. nach 1928 konnte sie das politisch nicht ummünzen, nach 1955 schon. vier jahre später stieg die damalige oppositionspartei mit 2 bundesräten in die oberste liga der schweizerischen parteien auf. doch gelang es ihr danach nie mehr, als ihre elektorale stärke ganz anzuknüpfen, obwohl sie sich zwischen 1995 und 2003 stets verbessert. der hauptgrund liegt darin, dass sie konkurrenz im eigenen lager bekommen hatte, zuerst durch die neue linke, dann durch die grünen resp. grünliberalen, die ihr aus der opposition wählerInnen streitig machten.

die cvp wiederum hatte ihr historisches hoch unter proporzbedingung 1963 mit 23.3 prozent wähleranteil und 48 nationalratssitzen. sie profitiert damals von der neuen dynamik, die sich aus der zauberformel für den bundesrat ergeben hatte. doch kippte diese recht rasch ins gegenteil, und die cvp erhielt mit dem ldu vorübergehend eine erhebliche konkurrenz in der politischen mitte, die nicht nur gemässigte zentrumswähler, sondern auch aufkommende nonkonformisten zwischen den blöcken ansprach. sie versuchte sich mit einem volksparteienkonzept 1971 neu zu plazieren, was ihr bis ende der 70er jahren auch gelang. wie die fdp leidet sie seit her jedoch an innerer demobilisierung und an der konkurrenz der svp.

die herausforderungen für die svp

diese wiederum schien dem bisherigen gesetz der grösse von parteien unter proporzbedingungen 2007 entrinnen zu können. mit ihrem starken mobilisierungsfähigkeit, die sich durch abgrenzung gegen über den anderen parteien, aber auch den massenmedien ausdrückte, die personell und thematisch stark zugespitzt agierte und die auf einer recht eisernen parteidisziplin von oben her geführt basierte, schaffte sie bei den letzten nationalratswahlen, was bisher niemandem gelungen war.

doch nun zeigen sich, für den historiker, nicht überraschend die grenzen der grösse. der druck von oben funktioniert nur, solange man erfolg hat. diese sind mit dem offiziellen oppositionskurs schwieriger zu erreichen, denn die inneren widersprüche der partei zeigen sich auf kantonaler und lokaler ebene deutlicher als auf der nationalen. sie führen zu richtigungskäpmfen zwischen national- und liberalkonservativ geprägten exponenten, die sich an der frage der regierungsbeteiligung einerseits, des politischen umgangs mit dem gegner anderseits entzündete. dies weitet sich aktuell in den bekannten ausschlüssen aus, denen wiederum spaltungstendenzen folgen.

der stand der dinge

gegenwärtig sind vier positionen zu erkennen:

erstens jene von bundesrätin eveline widmer-schlumpf und der bündner svp, die mit der vaterpartei gebrochen haben und entschieden sind eine neue zukunft suchen,

zweitens jene von bundesrat samuel schmid, der gruppen bubenberg, die eine liberale svp ausserhalb der schweizerischen svp wollen, aber zögern, mit ihr zu brechen, solange die position der basis nicht bestimmt ist,

drittens jene von peter spuhler, der in der breit verankerten svp thurgau gelernt hat, dass in einer volkspartei verschiedene meinung platz haben müssen und das als erfolgsrezept auch der svp schweiz empfiehlt, und

viertens jene der parteileitung und insbesondere christoph blochers, die weder inhaltlich noch stilistisch kompromisse eingehen will und durchhalteparolen herausgibt, weil sie das als abkehr vom bisherigen konsequenten kurs, der die partei nach vorne gebracht hat, betrachtet.

noch ist offen, was daraus wird. zwischen ende des aufstiegs und sturm im wasserglas scheint einiges möglich.

zunächst wird sich die partei selber finden müssen. sie wird damit zeichen setzen, die bei den anderen parteien, bei den wirtschaftsverbänden, in den medien und in der öffentlichkeit gelesen werden und so mitbestimmen werden, wie sich die elektorale kraft der svp inskünftig entwickelt. parteien. die wählerschaft zeigt zunehmend gegenreaktionen und grenzt sich bewusster von der oppositionspartei svp ab.

der blick nach vorne: ab jetzt nur noch fussball

das ist zwar keine handfeste prognose, wie beim tschutten, die auch bald auf ihre richtigkeit überprüft werden kann. es ist aber eine historisch genährte einschätzung der gegenwärtigen entwicklungen, die der stadtwanderer mal so stehen lässt. und sich freut, wenn frankreich im em-final gewinnt …

stadtwanderer

undemokratisch?

ich tagi von gestern stand folgender, bemerkenswerter leserbrief:

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quelle: tages-anzeiger, 3. juni 2008

über die schlussfolgerung will ich mich hier nicht äussern. wir machen weder für noch gegen parteien werbung. der erste satz indessen ist bemerkenswert.

der souverän ist der inhaber der obersten staatsgewalt. in monarchien ist das der könig. in republiken indessen ist es das volk.

die schweiz ist seit 1848 eine republik. die staatsgewalt ging damals vom volk (der nation) und von den kantonen (den staaten) aus, und sie verband sich im bundesstaat.

in repräsentativen demokratien bestimmt der souverän über die verfassung, und er nimmt die wahl der organe wahr, die demokratisch legitimiert sind. in der schweiz ist der souveränitätsbegriff seit 1874 weiter entwickelt. denn volk und stände müssen auch über einzelne verfassungsänderungen resp. -zusätze entscheiden, und das volk kann auch über gesetzesänderungen abstimmen, wenn es will.

wenn sich der souverän bei den abstimmung vom wochenende in undemokratischer art und weise über den volkswillen hinweg gesetzt hätte, hätten sich die stimmenden, die kantone und ihre aktiven bürgerInnen, die den souverän bildeten, mit ihrem direktdemokratischen akt über den volkswillen hinweg gesetzt. doch der volkswille wird in direkten demokratien nicht anders als mittels volksabstimmungen bestimmt. das kann nicht undemokratisch sein!

logisch gesehen geht das also nicht auf. es gibt meines erachtens nur zwei möglichkeiten, dem problem zu entrinnen:

erstens, die stimmbürgerInnen, die sich in volksabstimmungen äussern, und die Kantone, die sich so auch vernehmen lassen, wären nicht mehr souverän.

oder zweitens, der volkswille wird mittels einer neuartigen, mir weiters nicht bekannten form bestimmt.

bin gespannt, wer mir das problem löst!

stadtwanderer