der stadtauswanderer

the town rambler goes america! jawohl, ich wandere aus!

am 1. november 2008 gehe ich nach san francisco. ich lasse den europäer in mir zurück. mit ihm kippe ich gemeinschaftliche werte, den regulierenden staat und politische parteien als erbe gesellschaftlicher konflikte, die man bewältigen will. denn ich will wissen, wie öffentlichkeit funktioniert, wenn sie von der totalen personalisierung lebt. ich will sehen, wie politik gemacht wird, wenn man unbegrenzt an den markt glaubt. und ich erfahren, wie gerechtigkeit entsteht, wenn geld entscheidungen steuert.

arnold-schwarzenegger.jpg ich meine es ernst! es wird die radikale umkehr dessen sein, was ich bisher für gut befunden habe. und ich freue mich erst noch darauf!

vor allem bin ich gespannt, arnold schwarzenegger persönlich zu begegnen. dem ausgewanderten österreicher. dem sportlichen filmhelden. der gouverneur von kalifornien. und dem republikanischen fan der direkten demokratie.

so werde ich november als stadtauswanderer aus sacramento, aus denver und aus washington berichten. über politische kultur. über die vielen volksabstimmungen, die am 4. november 2008 stattfinden. und über die amerikanischen wahlen, die entscheiden werden, ob barak obama von den demokraten oder john mccain von den republikanern der neue präsident der amerikanischen politik wird.

keine buchrezensionen von amerikanischen autorInnen werde ich mehr schreiben. keine theorien aus ihnen werde ich mehr anwenden. denn ich habe mich entschieden: ich will amerikanische politik direkt erfahren, us-politikerInnen persönlich begegnen, und mich mit wissenschafterInnen und beraterInnen in der neuen welt unmittelbar auseinandersetzen.

in genau vier monaten ist es soweit: aus dem stadtwanderer wird der

stadtauswanderer!

ps:

damit keine voreilige vorfreude, und auch keine lähmende angst aufkommt: I’ll come back! aufs europäische festland, in die schweiz, nach bern! eine woche nur dauert mein tripp über den teich, denn ich mit joe mathews, korresponent der los angeles times, bruno kaufmann, journalist von schweizer radio drs, und einigen anderen interessierten an der politischen sache machen werde.

der scheinauftrag

das lirum-larum ist ein cafe an der berner kramgasse. mit bar, kleinen tischen und sitzgelegenheiten unter den lauben. gerade richtig, um an einem solch heissen samstag nach dem gang auf den markt an einem schattigen ort den morgenkaffee zu trinken und in der gemütlichen altstadt über die lage der nation nachzudenken.

bild-194.jpg

der augenblick

das gassengespräch an meinem tisch entwickelt sich rasch. denn die svp änderte gestern ihren europapolitischen kurs. “die opposition weicht der integration!”, weiss mein gegenüber. “ausgerechnet jetzt”, erwidert ihm der nachbar, “wo die svp ihre eigene integration der opposition opfert.”

bilanziere ich die standpunkte in der sache, die ich heute hörte, kann man ohne probleme verschiedener meinungen zum entscheid des parlamentes sein, die verlängerung und erweiterung der personenfreizügigkeit in eine vorlage zusammenzulegen: für die trennung hätte die tradition des schweizer abstimmungsgeschehens gesprochen, komplexe fragen soweit zu zerlegen, um einzelantworten zu sammeln und daraus den schluss zu ziehen. die zusammenlegung indessen folgt von beginn weg der sichtweise aufs ganze: wenn ein nein zur erweiterung ein ja zur verlängerung nachträglich in frage stellen würde, ist es besser, über beides in einem zu entscheiden, um eine interpretierbare entscheidung zu haben.

fasse ich die stimmung darüber hinaus zusammen, ist klar: entscheid ist entscheid! wer ihn nicht akzeptiert, stellt sich, nicht die sache ins zentrum. dazu zählt die svp, die sich seit langem im spagat zwischen wirtschaftsfreundlicher politik und antieuropäischer opposition zu profilieren versucht, um das ganze rechte spektrum dominieren zu können.

der rückblick

man erinnert sich: am 19. januar 2008 kehrte der abgewählte bundesrat christoph blocher aus den nachgouvernementalen ferien in die schweizer politik zurück. auf dem albisgüetli trat er vor dem parteivolk auf und erklärte der versammelten schweizer öffentlichkeit, was svp-opposition inkünfitg heisse:der auftrag, den man bei den wahlen 07 erhalten habe, bleibe der gleiche. wenn man ihn nun nicht in der regierung realisieren könne, mache man das aus der opposition heraus. und da schwadroniere man nicht; man ergreife die volksrechte, zum beispiel das referendum gegen die personenfreizügigkeit, falls die eu im steuerstreit nicht nachgäbe.

das tat die eu selbstredend nicht. doch die svp verzichtete als erstes auf die vermengung der beiden dossiers. als zweites lässt die parteispitze nun auch die referendumsdrohung fallen. um die eigene pirouette in einer kernfrage der partei zu kaschieren, diskrediert man in der bekannten propagandasprache den gegner: die dikatoren in der sp, cvp und fdp hätten in die trickkiste gegriffen, um das volk auszuschalten. da die gestellte frage nicht beantwortet werden könne, solle die svp die finger vom referendum lassen. während der unterschriftensammlung und im abstimmungskampf!

verschiedene krampftruppen, die sonst im windschatten der svp politisieren müssen, sehen das anders: die lega dei ticinesi allen voran, die das referendum lanciert hat; gefolgt von den schweizer demokraten, die schon unterschriftenbögen im bekanntenkreis verteilen; und der jungen svp, die sich irritiert gegen die vaterpartei stellt. entscheidend ist aber, dass auch die auns, sonst immer svp-treu, bei der euorpafrage nicht kneifen kann und beim referendum mitmacht, denn das bringt namhaft zugänge zu sympathisanten, die in solchen fragen immer unterschriftswillig sind.

der ausblick

es ist damit zu rechnen, dass zwischen dem 2. juli und 2. oktober die nötigen 50’000 signaturen zusammenkommen werden. denn die ausgangslage war schon einmal ähnlich: bei der einführung der personenfreizügigkeit war man seitens der svp auch eher passiv; man konzentrierte die aktivitäten auf das referendum gegen die abkommen von schengen-dublin!

damals wie heute wollte der wirtschaftsflügel der partei die differenzierung. das hielt jeodch nur solange, bis die referenden und die abstimmungskakade standen. danach entschied sich die svp, beides in einem zu bekämpfen, fürchtete sie doch die entstehung einer anti-europäisch gesinnten partei rechts von ihr. vor dem gleichen problem steht diesmal parteipräsident toni brunner, und zwar nicht zu knapp!

so werde ich ab oktober wieder ins lirum larum kaffee trinken gehen. um auf dem marktplatz der samstäglichen meinungen über die lage der nation nachzudenken. zum beispiel über scheinheilige, scheinflüchtlinge und scheinreferenden. aber auch über scheinopposition, scheinpräsidenten und den scheinauftrag.

stadtwanderer

foto: stadtwanderer

rot-grün-orangene welle

nein, das ist kein aufruf an reto nause von der cvp, bei den kommenden gemeinderatswahlen in bern das lager zu wechseln. es ist die schlichte feststellung, dass der wahlkampf der berner rot-grünen dank den holländern an der fussball-europmeisterschaften seinen höhepunkt erreicht zu haben scheint, bevor man damit angefangen hat.

681368_w2.jpg

alexander tschäppät sonnt sich gegenwärtig im erfolg seiner stadt als beste host city der euro ’08. sein wahlkampfslogan für den 30. november 2008 lautet wohl: “organen wirken wunder”. hinter vorgehaltener hand heisst es schon, er habe bei der sp und dem grünen bündnis angeregt, die parteikader sollten ab jetzt regelmässig den passantInnen auf der strasse eine organe in die hand drücken, um bis zur wahl in schönen erinnerungen schwelgen zu können.

erheblicher klimawandel

wer hätte das vor einem halben jahr gedacht? die rede war nur noch vom “6. oktober” und vom weltweiten imageschaden für die bundesstadt, den der stadtpräsident mitverantworte. die “weltwoche” rief schon zum den sturz der rotgrünen auf, und die nationalen medien verstärkten den tiefpunkt im nationalen wahlkampf, in die so viel jauche über die bundesstadt schütten wie schon lange nicht mehr.

und jetzt? da weiss man in ganz europa, dass bern das herz der fussballwelt ist, denn man hat gesehen, wie die kornhausbrücke die riesige menge der holländischen fans trug, ja fast schon in den fussballhimmel hievte. so ist auch die nationale medenstimmung zugunsten der stadt gekippt. “10vor10” verfolgte gestern das wieder auferstandenen stadtoberhaupt beim stadtwanderern unter den stadtlauben!

wahlkampf der neuen art

so wie die bürgerliche wende aus der untergangsstimmung des 6. obtobers heraus geboren wurde, so basieren die rotgrünen mehrheitsansprüche auf der orangenen revolutionsstimmung, die die holländer in die stadt gezaubert haben. politisch aktiv ist jedoch keiner der beiden blöcke. diese bühne überlasst man gegenwärtig ganz den optimistischen parteigründerInnen: zuerst den grünliberalen, die bei den stadtratswahlen die linke mitte abgedecken wollen; dann der bdp, für die ursula begert, die vor vier jahren geschasste svp-gemeinderätin, nun die werbetrommel in der rechten mitte rührt; und schliesslich der eingemitteten “mitte”, die seit gestern als bürgerInnen-forum zwischen den blöcken und parteien antritt, um den amtierenden, von der fdp nicht mehr nominierten stwphan hügli im wahlkampf beizustehen.

warnungen in drei richtungen

doch kann man sich des eindruckes nicht erwehren, das alles interessiere die grossen politischen formationen kaum, so dominant ist die gefühlslage in der stadt nach dem tschutti-event. deshalb spreche ich gleich gleich drei warnungen aus:

erstens, rot-grün will ich darauf aufmerksam machen, die grünliberalen nicht zu unterschätzen, denn bei den parlamentswahlen sprechen sie einen teil der wählerschaft an, der bisher faut-de-mieux links wählte, sich diesmal aber neu orientieren könnte!

zweitens, fdp, svp und cvp will ich daran erinnern, dass die dreierliste für den gemeinderat vor allem auf dem politischen reissbrett überzeugte. in der praxis werden die selbst produzierten herausforderer aus der mitte zwar wohl nicht gewählt, aber die wende abwenden. und wenn dies eintritt, treten beat schori und reto nause nicht mit, sondern gegeneinander an!

drittens, will ich alexander tschäppät warnen. selbst wenn man heute lesen konnte, mit seiner form könne er in den niederlanden in jeder stadt bürgermeister werden. das stimmt zwar wohl, aber nicht so, wie man meint. denn in den niederlanden wird man stadtpräsident via amtseinsetzung durch die nationale regierung.

hier muss man immer noch das volk überzeugen, von sich, von seiner politischen allianz und dem programm der zukunft! selbst wenn man sich dabei auf den rotgrünorangenen welle surfen kann …

stadtwanderer

im schlossgarten zu spiez

meine letzte führung durch die grossen burgunderausstellung im historischen museum zu bern ist vorbei. das kühle bier nach der kühnen führung war für alle wohl verdient. und wer die aus-führung-en noch verdauen muss, kann mal hier nachlesen.

bild-579.jpg

am nachmittag habe ich mich, nun ganz alleine, nach spiez aufgemacht, an den landsitz der familie von bubenberg. quirinius reichen, der konservative historiker aus frutigen, mit dem ich seinerzeit studiert habe, hat im idyllisch gelegenen schloss am thunersee eine ausstellung zu adrian von bubenberg konzipiert.

anders als die kühne schau in bern ist sie ganz bernisch gehalten. hellebarden säumen den aufstieg in die ausstellung. karten aus der militärgeschichte erklären einem die allgemeinen und spezielle lage. der stammbaum der bubenbergs zeigt einem, wer von wem abstammt und wer mit wem für nachwuchs sorgte. und die biografie von adrian ist fein säuberlich aufgeführt.

doch das ist nicht schon alles: ganz spannend sind die ausführungen zu den ländereien der freiherren von spiez. wie die bubenbergs hier heissen. denn sie waren nicht nur im bernischen grossen- und kleinen rat, sondern seit dem laupenkrieg von 1339 grundherren am thunersee besitzungen.

bild-512.jpgbild-560.jpgbild-544.jpg

ihre ländereien bildeten allerdings klein ganzes, wie das karl der kühne mit den erweiterungen des herzogtum burgund gesucht hatte. vielmehr waren der boden, die rechte und leibeigenen der von bubenbergs breit zwischen jura und alpen zerstreut.

auch existierte keine straffe verwaltung, wie man sie in dijon aufgebaut und danach reihum kopiert hatten. der adrian von bubenberg-saal, wo das herz der administration lag, wirkt eher wie eine herausgeputzte bauernstube.

da liegt der schluss nahe: adrian von bubenberg verteidigte bern nicht nur aus ritterlicher ehre. es ging ihm auch um seinen besitz, als er murten besetzte, und als er nach der schlacht für den ausgleich mit savoyen besorgt war.

doch hat dies alles nichts genützt. die ausstellung in spiez hält lakonisch fest: die verwaltung des verstreuten erbes der freiherren von spiez fiel je länger je mehr schwer, und das war auch der grund für den niedergang der familie von bubenberg im aaretal. der bär an der wand hängt schon mal schief herum!

danke, quirinius, dass das alles, wenn auch bernisch verklausuliert, ganz gut sichtbar gemacht wird

so, jetzt ist aber genug mit den burgundergeschichten! ich bestelle in adrians schlosspark einen wein. gleich einen halben weissen bietet man mir ungefragt an. spiezer-, nicht burgunderumsatz soll man hier scheffeln …

stadtwanderer

fotos: stadtwanderer

rückblick auf den 22. juni 1476

(kurzfassung meiner ausführungen an der burgunderausstellung von heute)

ich begrüsse sie. seien sie an diesem wunderschönen und historisch bedeutsamen 22. juni 2008 meine gäste! denn heute vor 532 jahren fand die schlacht von murten statt, während der die eidgenossen die burgunder besiegten. und ich beabsichtige, sie genau heute durch die ausstellung “karl der kühne” in bern zu führen. ganz schön kühn, könnte man das sagen!

legenden und fakten in der schweizer geschichte

die schweizer geschichte, die man in der schule hörte, kennt zwei feinde: rudolf von habsburg und karl den kühnen. könig rudolf von habsburg, lernte man, habe die freiheit der innerschwyzer eingeschränkt und damit 1291 den rütli-bund provoziert. das habe zur gründung der eidgenossenschaft geführt, die fast zweihundert jahre später, 1475/6 vom grössenwahnsinnigen burgunderherzog karl ernsthaft in frage gestellt, von den wehrhaften eidgenossenschaft jedoch heldenhaft verteidigt worden sei. seither seien wir schweizer ein unabhängiges und freies land!

das alles ist legendenbildung!

schwiez1476.JPGdie schweizerischer eidgenossenschaft von heute wurden am 12. september 1848 gegründet. um dem ausgeprägt förderalistischen bundesstaat im zeitalter des aufkommenden nationalismus eine gemeinsame geschichte geben zu können, erfand man zwei generationen später “1291“. fakt ist jedoch, dass damals kein staat schweiz gegründet worden ist, sondern ein lokales bündnis zwischen uri und schwyz entstand, während der grossteil der heutigen schweiz diesem gar nicht angehörte. fakt ist auch, dass das konglomerat eidgenossenschaft, das sich zwischen 1350 und 1500 rasch ausdehnte, bis 1648 teil des heiligen römischen reiches deutscher nation blieb, wenn auch seit 1499 mit einem autonomiestatut.

keine legende ist der militärische sieg der vereinigten eidgenossen vom 22. juni 1476.

ins reich der rechtfertigungen gehört aber, die eigenossen seien von den burgundern angegriffen worden; sie hätten sich nur verteidigt. mitnichten! am 25. oktober 1474 erklärten die eidgenossen unter führung bern dem burgunderherzog karl den krieg. am 14. okobter 1475 erweiterte man diese kriegserklärung an die adresse der herzogin yolanda von savoyen, weil sich diese weigerte, mit den eidgenossen zusammen gegen burgund zu kämpfen. vorgängig hatte man bereits die burgundisch-savoyischen besitzungen in der freigrafschaft und in der waadt zerstört und geplündert.

anfangs 1476 schlug herzog karl zurück.

der herzog marschierte, von der belagerung der lothringischen haupstadt her kommend, durch die freigrafschaft und griff grandson an. den bernischen besatzern versprach er freies geleit, wenn sie sich ergeben würden. doch liess er die 400 mann hinrichten, als sie die schlossfestung verliessen. das hat ihm in bern den bleibend schlechten ruf eingebracht. danach konnte er aber, dem neuenburgesee entlang, nach bern vorstossen, wurde er indessen bei concise von den eidgenossen überrascht. die schlacht war kurz, denn die truppen des herzogs flüchteten vor den unritterlich laut vorpresschenden eidgenossen schnell. in lausanne rüsteten burgund und savoyen zu einem neuen anlauf, der auf bern zielte. die eidgenossen besetzten im gegenzug freiburg und murten, beide mit bern verbündet, aber in savoyischem besitz. herzog karl entschied sich, murten zu belagern, sodass es am 22. juni 1476 vor den toren der stadt zur grossen schlacht kam, in der reichste und mächtigste adelige seiner zeit gegen die vereinigten eidgenossen verlor. mehr als 10’000 menschen starben an diesem tag auf dem feld bei salvanach oder wurden im murtensee ertränkt. nur ein halbes jahr später, kam es erneut zu waffengewalt, nun zwischen dem herzog von lothringen, verstärkt durch 5’000 eidgenossen, und dem burgunder herzog. karl erlag in der schlacht von nancy an den folgen einer verletzung, und mit ihm verstarb der letzte der 4 grossen spätmittelalterlichen herzöge von burgund.

karl der kühne und die valois-herzöge von burgund

karl war nur 10 jahre, von 1467 bis 1477, herzog von burgund. und dennoch beschäftigt sich halb europa noch heute mit ihm. die franzosen und deutschen reagieren eher skeptisch auf ihn. für sie ist er ein grössenwahnsinniger geblieben. den engländern gilt er schon mehr, denn politisch waren die engländer stets auf burgund angewiesen. und für die hollander und belgier ist er so etwas wie der begründer des eigenen selbstbewusstsseins. zwar gelang es karl nicht, die unabhängigkeit der niederländischen handelsstädte vom kaiserreich durchzusetzen; das sollte erst wilhelm von oranjen gut 100 jahre nach karl erreichen. doch legte karl mit seinen lebensplan, zwischen dem heiligen römischen reich, dem kaiserreich, und dem französischen königreich, ein selbständiges königreich burgund zu begründen, das vom ärmelkanal am besten bis an mittelmeer und an die adria reichen sollte, die grundlage hierzu.

karl ist ein früher politikertyp. er dachte in historischen dimensionen, und er handelte aufgrund einer strategie.

402px-karte_haus_burgund_4.png20jährig sieht er, wie byzanz, die christliche kaiserstadt, in die hände des osmanischen sultans fällt, und er plant einen kreuzzug zur befreiung der heiligen stätten im nahen osten, den er aber nicht realisiert. 28 jährig muss er, der angehende herzog, der zu gerne französischer könig geworden wäre, mitereleben, wie sein verwandter, der mit ihm aufgewachsen war, als ludwig xi. den franzosenthron erbt; da beschliesst er, seinen könig hinfort zu bekämpfen. karl ist schliesslich 40, als er, nun schon reicher herzog von burgund, den kaiser friedrich iii. nach trier einlädt, um mit ihm über die erhöhung burgunds zum königreich zu verhandeln, und um mit dem habsburger über die nachfolge als kaiser zu pokern.

karl, der kühne, war der vierte und letzte valois-herzog am burgundischen hof. philipp der gute, sein vater, johann ohnefurcht, sein grossvater, und philipp der kühne, sein urgrossvater, hatten die ambitionierte politik der burgunder begründet. durch heirat, kauf und krieg hatten sie seit 1368 ihre ländereien rund um dijon erheblich erweitert erweitern können. die reichen städte in flandern, brüssel und brügge in brabant, die herzogtümer luxemburg und lothringen kamen wie die freigrafschaft am jura stück für stück zum herzogtum burgund. in mittelalterlichen kategorien gedacht, waren die burgunder vasallen des französischen königs wie des kaisers; in neuzeitlichen konzepten übersetzt, beherrschten sie ein territorium, das problemlos als königreich gelten konnte. kleiner als das königreich von england war das das herzzogtum von karl jedenfalls nicht.

mit diesem königreich versuchten die valois-herzöge an die lange burgundische tradition anzuknüpfen. burgund war schon zu zeiten der völkerwanderung im 5. jahrhundert ein königreich gewesen, das damals das rhone-, saone- und doubstal umfasste. auch beim untergang des fränkischen kaiserreiches im 9. jahrhundert entstand burgund als königreich erneut. dieses kam im 11. jahrhundert zum kaiserreich, ausser dem herzogtum burgund, das sich schon im 9. jahrhundert auf die seite der französischen krone schlug und dort überlebt, während das unselberständige königreich burgund nis 1378 in verschiedenste adels- und stadtherrschaften aufgelöst wurde.

das ende des feudalen mittelalters in frankreich und im kaiserreich

möglich geworden war der spektakuläre aufstieg der herzöge von burgund nur, weil die französischen krone im 100jährigen krieg mit der englischen geschwächt worden war. ausgebrochen war diese fehde, als 1337 der letzte kapetinger auf den französischen thron starb und kein eindeutiger nachfolger bestimmt werden konnte. schliesslich setzten sich die herzöge von valois als französische könige durch, brauchten aber 116 jahre, bis sie die englischen königsanwärter vom festland vertreiben konnten. ihre verwandten bestimmten sie zu herzögen von burgund, mussten aber zur kenntnis nehmen, dass diese im 100jährigen eine konsequent pro-englische und anti-französische politik betrieben. das erlaubte es den herzögen von burgund, stets recht unabhängig von französischen königshaus ihren geschäften und interessen nachzugehen.

bs1burgund.JPGum ihr unübliches herrschaftsgebiet sichern zu können, entwickelten die burgunderherzöge grundsätze der hierarchisch geführten verwaltung, beförderten sie den schriftverkehr in der politik, und vereinheitlichten sie steuern und rechte der städte im adeligen sinne. moderne kunst, im buchwesen, bei den tapisserien und in der malerei sollten von der neuen grösse zeugen, und mit der höfischen kultur und mode sollte sich neue lebensluste entwickeln.

das alles erlaubte es ihnen, auch auf herrschaften im kaiserreich überzugreiffen. das wurde nach 1437 namhaft möglich, als kaiser sigismund aus dem hause luxemburg-böhmen verstarb, ohne einen nachfolger zu hinterlassen. im kernteil des kaiserreiches begann nun der grosse aufstieg der habsburger, die bis 1806 ununterbrochen den kaiser stellen sollten. doch im süden und westen des reiches blieb ihr einfluss vorerst schwach, was anderen neue möglichkeiten eröffnete: den städten am rhein und am po, den burgundischen herzögen in dijon und dem französischen könig in paris.

nach 1450 entwickelt sich ein eigentlicher wettlauf um macht, geld und ehre.

anfänglich schienen die herzöge von burgund die nase vorn zu haben. die wende kam 1473 in der alten kaiserstadt trier, dicht an der grenzen zwischen burgund und kaisereich. da sich karl nur um den preis, seine einzige erbin, maria, mit den habsburgern verheiraten zu müssen, könig und kaiseranwärter werden konnte, winkte er ab. er vertauschte den prunkvoll gedeckten verhandlungstisch mit dem feldherrenstuhl. wie einst caesar, der den gallischen krieg gewann, um in rom alleinherrscher zu werden, aber auch wie karl der grosse, der die sachsen besiegte und zum neuen weströmischen kaiser avancierte, wollte karl herrscher über die rheinischen und am besten auch über die lombardischen städte werden. mit ihnen und ihrem reichtum wollte der das europäische kaisertum neu begründen.

der krieg der eidgenossen mit burgund und savoyen

der burgunderkrieg mit den eidgenossen begann 1474 mit einem erfolgreichen aufstand der breisgauer gegen den burgundischen vogt peter von hagenbach. dieser hatte ganz im sinne der burgunder versucht, eine generelle verwaltungsreform im elsass zu realisieren. basel, bis dahin im konflikt neutral, streckte herzog sigmund von vorderösterreich das nötige kleingeld vor, das man sich bei den burgundern geliehen hatte, sodass der einfluss von karl auf vorderösterreich schwand. burgund geriet in die defensive und sigmund konnte in seinem untertanengebiet eine aufstand gegen den herzog anzetteln.

593px-burgunderkriege.pngnun griff das bürgerliche bern in den jura aus, um sich einen weg durch burgundisches gebiete nach frankreich zu verschaffen. in héricourt besiegten die berner ein burgundisches heer. den französischen könig freute diese entwicklung, und er förderte die pro-französische stimmung in bern und in der eidgenossenschaft durch erhebliche geldzahlungen im dreimonatsrhythmus.

fast schon hätte der kaiser rechts des rheins den burgundischen einfluss rückgängig gemacht und der französische könig sich in der eidgenossenschaft ausgebreitet gehabt, sodass man ohne kampf zur tagesordnung hätte schreiten können. um diese vorzubereiten, vermittelte der französische könig 1474 erfolgreich die ewige richtung der eidgenossen mit habsburg, die sich 150 jahren in den haaren gelegen hatten.

doch wurde damit nicht ruhe geschaffen, sondern der eigentliche krieg vorbereitet. die eidgenossen nutzten nun den friedensvertrag mit dem erzfeind im nordosten in der hand, um im südwesten krieg zu führen. von den den kriegserklärungen an burgund und savoyen resp. vom vernichtungsschlage gegen die romandie war schon einleiteten die rede. doch der tagsatzung missfiel das eigenmächte verhalten der berner unter ihrem pro-französischen schultheissen von diesbach.

auch der bernische senat stellte sich quer, und adrian von bubenberg, im aaretal wie in savoyen begütert, meldete seine opposition an. da wurde er aus der berner politik ausgeschlossen, sodass er sich nach spiez auf seinen freiherrensitz zurückzog. dem siegreichen von diesbach sollte es aber noch schlechter gehen. auf einem feldzug nach pruntrut wurde er in blamont von einem pferd überrannt und erlag kurz darauf den folgen des unfalls.

für herzog karl, der an einem angriff auf die eidgenossenschaft nie besonders interessiert war, bot sich nun die gelegenheit, im führungslosen bern zu intervenieren. er arrangierte sich mit dem französischen könig und griff nun in der freigrafschaft und in der waadt ein. die geschichte kennen wir ja schon. sie muss aber um einen punkt ergänzt werden: nach dem überraschungstreffen in grandson, versuchte karl die habsburger auf seine seite zu ziehen. er willigte an ostern in lausanne in einen heiratsvertrag zwischen seiner tochter und erzherzog maximilian ein, denn er noch 1473 verweigert hatte. doch damit gewann er keinen einfluss, sondern sollte er nach seinem tod definitiv sein erbe verlieren.

die folgen für das europa der neuzeit

die eigentlichen erben der burgundischen erwerbungen unter den valois-herzögen von burgund wurden schliesslich die habsburger. maria, die neue herzogin von burgund, die in den niederlanden anerkennung fand, heiratete maximilian, verstarb aber früh. doch maximilian behielt insbesondere die reichen städte am ärmelkanal. und er heiratete als zweites mal, jetzt bianca sforza, die tochter des herzogen von mailand, und legte so seine hand auch auf die lombardischen städte. damit gelang ihm, was sein verstorbener schwiegervater karl stets wollte, wenn auch mit umgekehrten vorzeichen. maximilian stärkte mit seinen heiraten das reich und wurde auch nachfolger seines vaters friedrich iii. als kaiser, als karl längst tod war. 

der ehe zwischen dem habsburger und der burgunderin  waren mehrere kinder entsprungen, unter anderem auch philipp, später der schöne genannt, der zuerst gouverneur der niederlande war, dann ins spanische königshaus heiratete, dort aber früh verstarb. sein gemeinsamer sohn mit juanita, der spanischen königin, stieg als carlos i. zuerst zum ersten habsburger auf dem spanischen thron, dann unter dem namen karl v. als nachfolger von maxilian auf den kaiserthron auf. er regierte auch das neuentdeckte (mittel)amerika und die philipinen und sagt von sich, in seinem reich gehe die sonne nie unter.

europa_1500.jpgso mächtig habsburg aus dem erbe karls wurde, so enttäuschend blieb es für die kaiserfamilie, dass man das kernland, das eigentlichen herzogtum burgund um dijon, nie erhielt. auf dieses griff könig ludwig xi. erfolgreich zurück, als karl starb. niemehr sollte burgund in der folge von grossen politischer bedeutung mehr sein. einzig die katholische kirche hielt in den klöstern das burgundische erbe aufrecht, bis napoléon auch damit aufräumte, sodass nur noch die weinbauern aus burgund berühmt sind.

habsburg und frankreich einigten sich 1493 im friede von senlis über die teilung des burgundererbes und leiteten so den kampf um italien ein. das stand zwar mit der reanissance kulturell in seiner blüte, politisch war es aber äusserst instabil. vorerst rivalisierten die franzosen und der papst mit venedig, später der papst und der kaiser um die vorherrschaft auf der halbinsel. frieden schloss man erst 1555, und es siegte eigentlich der kaiser karl v., der den franzosenkönig und den papst in die schranken wies, durch die zwischenzeitlich ausgebrochene reformation jedoch geschwächt wurde und als kaiser schliesslich abdankte.

die folgen für die eidgenossenschaft

auch die eidgenossenschaft, 1476 grosser schlachtensieger, struktuierte sich in dieser phase neu. nach 1477 wurde die reisläuferei zur wichtigsten erbsquelle. vorerst interessierte sich der französische könig für die schweizer söldner, wie sie jetzt hiessen, später auch der papst. die hat er heute noch, allerdings nur noch in folkloristisch form, während jener seine schweizer in der französischen revolution verlor. 1478 akzeptierten die eidgenossen die von frankreich und habsburg verlangte versöhnungspolitik mit den nachbarn. die freigrafschaft wurde gegen geldzahlungen an habsburg abgegeben; einzig die burgundischen besitzungen in der waadt gingen an bern und freiburg. die ländereien der savoyer gingen auf französischen drucl an diese zurück, und das bündnissystem zwischen savoyen, bern und freiburg, das vor den burgunderkriegen bestanden hatte, wurde erneuert. 1536 sollte der franzosenkönig den bernern und freiburgern erlauben, die waadt erneut zu besetzen und mit der durchführung der reformationen dem katholischen savoyen definitiv zu entziehen.

seidgenossenschaft_13_ortige_1536_1798.JPGunter sich rangen die eidgenossen lange über ihre neue verfassungsform. entschieden wurde sie 1481. in den bund neu aufgenommen wurden freiburg und solothurn. mülhausen wurde zugewandter ort, während strassburg und konstanz, die sich ebenfalls interessiert hatten, fern bleiben mussten. überhaupt, die angst, die städte würden die aufstrebende eidgenossenschaft nun beherrschen, regierte die verhandlungen. schliesslich setzten sich, unter vermittlung von des obwaldners niklaus von der flüe, die kleinen durch. alle 11, später mit basel und appenzell, alle 13 vollwärtigen orte der eidgenossenschaft sollten bis 1798 gleichberechtigte glieder des bundes sein, egal ob sie gross oder klein waren. dieses bündnis, das im kaiserreich verblieb, setzte 1499 gegen maximilian, der dem reich eine grundlegende reform verordnete, einen autonomiestatus durch, der bis 1648 gültigkeit hatte, und die eidgenossenschaft von der weiterentwicklungen des rechts, der steuern und der verwaltung im reich nun ausnahm. wichtigste wirtschaftliche grundlage wurde nun die reisläuferei, die in italien vorerst zu grossen erfolgen führte, dann aber in der niederlage von marignano mündete und den weg für die reformation als (vorübergehende) anti-söldnerbewegung in der eidgenossenschaft ebnete.

bilanz

karl hat die burgunderkrieg nicht überlebt. niklaus von diesbach, sein grosser gegenspieler, auch nicht. adrian von bubenberg wurde als überlebender held von murten gefeiert. in bern wurde er rehabilitiert, und avancierte er zum dritten mal zum schultheissen der stadt. er war massgeblich an der vermittlung mit savoyen zuständig, verlor aber an einfluss auf die bürger- und söldnerbewegung, die nach dem schnellen geld aus dem reislaufen lechzte. 1479 starb er in bern an der pest. seine familie verarmte und verliess eine generation später alles, was man im aaretal hatte, in richtung savoyen.

“herbst des mittelalters” nennt der niederländische historiker johan huizinga, ein burgunderspezialist, die mit karl dem tollkühnen zu ende gehende epoche. melancholie sei das grundgefühl der zeit gewesen, das sich aus dem wissen ergab, das man die mittelalterlichen traditionen verlassen werde. doch das moderne, das neuzeitliche, sei damals noch bekannt gewesen, und die angst, sie beherrschen zu müssen, sei gerade am burgundischen hof durch prunksucht überspielt worden. die grossen ihrer zeit seien arbeitsame menschen gewesen, die voll von lebenslust waren, und sprunghaft zwischen beidem hin und her schwankten.

so wie ich, in meinen beurteilungen.
stadtwanderer

bubenberg partei schweiz (bps)

heute wird die berner bps, die kantonalpartei der kommenden bürgerlichen partei der schweiz gegründet. ob sie genau so heissen wird, ist heute noch offen. und das ist gut so, denn es lässt raum, um über den sinn der parteigründung und der parteibenennung nachzudenken: ich schlage vor, eine liberal-konservative “bubenberg partei der schweiz” zu gründen.

1.jpg

die ausgangslage

allgemein zeigt man sich skeptisch, ob es zwischen der svp einerseits, der fdp und cvp anderseits einen platz für eine weitere, national relevante partei hat. ehrlich gesagt, bin ich das auch ein wenig.

etwas weniger zurückhaltend bin ich, wenn man auf die mögliche wählerInnen-basis der bps schaut: die parteibindungen sind volatil; neue angebote haben so chancen. nicht-mehr-wählende, die sich von der svp angewandt haben, aber auch die anhängerInnen der svp-politikerInnen, die sich abgespalten haben, kommen da als potenziale in frage.

aktuell schätze ich, dass das national drei bis vier prozent wählende ausmacht. zum grösseren teil zulasten der svp, zum kleiner durch neumobilisierungen.

auf jeden fall ist das zu wenig, um 2011 den sitz von bundesrätin eveline widmer-schlumpf aus eigener kraft zu sichern. das wird nur möglich sein, wenn sich die neue partei über die kantone graubünden, bern und glarus hinaus ausdehnen kann. dafür muss die bps die öffentlichkeit mobilisieren können, muss sie die wirtschaft für sich gewinnen und muss sie im behördlichen willensbildungsprozess fürsprecher für bestimmte interessen werden.

der unterschied zur oppositionellen svp

programmatisch braucht eine bürgerlichen partei wohl drei unterschiede zur oppositionellen svp:

erstens, muss sie auf die permanente institutionenkritik verzichten. der rechtsstaat, die politikerInnen, und auch der respekt vor dem gegner gehören unabdingbar zur schweizerischen politischen kultur.

zweitens, der von der schweiz verlangte bilateralismus in der beziehung zur europäischen union ist keine entscheidung von fall zu fall, sondern eine gut abgestützte determinanten der aussen- und innenpolitik, die es mit all ihren vor- und nachteilen zu akzeptieren gilt.

und drittens kann es sich eine demokratisch gesinnte regierungspartei auf die dauer nicht leisten, sich wählerinnen-stimmen durch die diffamierung ausländischer bevölkerungsteile zu verschaffen, die hier arbeiten, steuern zahlen oder spitäler unterhalten.

so gibt es ein paar unterschiede zur ausrichtung der svp von heute, die zählen.

szenarien für 2011

ob die bps damit fit ist, die wahlen 2011 zu bestehen, ist heute noch spekulation. sinnieren kann man aber, unter welchen bedingungen die parteigründung relevant wird. zwei szenarien, sind denkbar:

einmal, gewinnt die svp die wahlen 2011 überlegen, und hat sie mit einem wunschpartner zusammen die absolute mehrheit in beiden kammer des bundesparlamentes, ist davon auszugehen, dass das angeschlagen konkordanzsystem kippt, mindestens national wohl auch in wichtigen kantonen. dann ist macht die bps keinen sinn.

sodann, verliert die svp die wahlen 2011, bleibt ihr nur die fortsetzung der opposition oder die rückkehr zur konkordanz. im bundesrat würde sie gemessen an ihrer parteistärke wieder vertreten sein. im besseren fall ist das mit zwei vertreterInnen ihrer wahl, im schlechteren jedoch nur mit einem, während der oder die andere aus der bps stammt.

theoretisch wird das schwierig zu begründen sein; praktisch nicht, so lange eveline widmer-schlumpf bundesrätin ist. wenn der pulverdampf des momentes verflogen sein wird, wenn christoph blocher als heimlicher parteipräsident abgedankt haben wird, wird man sehen, wie gering die programmatischen unterschiede zwischen ihr und einer liberal-konservativen rechtspartei in der schweiz sein wird.

adrian von bubenberg als vorbild
adrian von bubenberg war ein politiker dieses typs:

traditionell in seiner inneren verankerung, offen in seinen aussenorientierungen.
hart im kampf, aber verträglich in der verhandlung.
prinzipientreu in der politik, ohne durch das schnell verdiente geld und die fremd geliehen macht geblendet zu sein.

für von bubenberg hatte eigensinn jenen wert, den man heute so vermisst: das hat ihm zwar nicht immer nur erfolge gebracht, ihn aber auch vor dem hochmut bewahrt, der bekanntlich vor dem fall kommt. die geschichte jedenfalls hat ihm, nicht seinen widersachern recht gegeben.

also schlage ich vor, heute die bps, genauer gesagt die “bubenberg partei der schweiz” zu gründen, die genau die werte bubenbergs hochhält und sich der herausforderung stellt, die svp durch die formulierung einer alternative zur oppositions-svp wieder ins boot der verantwortungsbewusst politisierenden liberalkonservativen zurück zu zwingen.

stadtwanderer

http://www.svp.tv/

am sonntag um 10

bald ist es so weit: meine angekündigte führung durch die grossen burgunder-ausstellung in bern findet statt. der tag ist bewusst gewählt. es ist der schlachtentag, an dem die burgunder im menschengetümmel von murten untergingen …

770px-stumpf_chronik.jpg

johannes stumpf: chronik von 1554 über die schlacht von murten

doch will ich hier keine patriotische feier ankündigen, sondern eine museaumsführung durch kultur, politik und krieg in burgund. die sensationelle ausstellung in bern gibt uns anlass dazu!

das ganze erlaubt einen für die schweizerInnen unüblichen perspektivenwechsel: statt aus eidgenössischer sicht wird die geschichte aus burgundischer dargestellt!

hier schon mal das …

programm

kurz vor 10 00 besammlung vor dem historischen museum zu bern, bei schönem wetter warte ich draussen im park, bei schlechtem drinnen in der lobby.

10 00 kleine einführung in die geschichte burgunds und den herbst des mittelalters durch mich

10 15 beginn der führung zu den themen “kultur, politik und krieg der burgunder”

12 00 wir werden uns (hoffentlich pünktlich) am mittag im raum befinden, der die schlacht von murten beschreibt; die begann, auf die stunde genau, 532 jahre zuvor auf dem feld zwischen murten und salvenach.

12 30 ende der führung, für interessierte apéro im hof des museums

der eintritt kostet 24 chf, die führung selber ist frei. es komme, wer mag!jedoch bedenke man: es ist der 10000 rittertag! zieht also die alten rüstungen an, und sattelt euer pferd!

stadtwanderer

meine bisherigen beiträge zur schlacht von murten:

schlachtfeldbegehung anderer art

schlief adrian von bubenberg gut nach der schlacht von murten?

mit adrian von bubenberg duzis gemacht

die rückkehr des ausgeschlossenen bubenbergs

eigentlich wissen wir wenig über adrian von bubenberg. seit johannes von müller, der erste nationalhistoriker der schweiz, ihn am ende des 18. jahrhunderts als standfesten helden in der schlacht von murten verklärt hat, gibt es mehr geschichten, legenden und gerüchte über ihn, als gesicherte historische interpretationen. eine spurensicherung durch den stadtwanderer!

2591933225_db12738be8.jpgdazu passt, dass ein er als einer der wenigen grössen der stadt bern ein denkmal erhalten doch, dieses jedoch von der ersten stunden an umstritten war und selbst der standort im verlaufe der zeit gezügelt wurde. nicht einmal der berühmteste spruch, den man von ihm kennt, ist historisch: “solange eine ader in uns ist, gibt keiner nach”, wäre zwar nach dem desaster, das die kapitulierenden bernischen besatz von grandson erlebt hatten, ein durchaus nachvollziehbarer befehl gewesen, allein, der erste beleg dafür ist gut 300 jahre jünger als das ereignis.

dafür ist der hut echt, den adrian momentan trägt: er ist unfreiwillig zum held der niederländischen fussball-touristen avanciert, die in erklommen und sein haupt bedeckt haben.

die kontroverse zwischen von diesbach und von bubenberg

zu den historisch gut belegten teilen des lebens von adrian von bubenberg gehört dagegen seine rivalität zu niklaus von diesbach, weil sie sich selbst in den ratsprotokoll der bernischen regierung spiegelt. altersmässig waren beide vergleichbar. in die bernische politik stiegen sie gemeinsam ein. beide wurde bei pilgerfahrten in den nahen osten zu rittern geschlagen. beide brachten sie es mehrfach auf den stuhl des schultheissen. und beide spielten als heerführer in den burgunderkriegen eine wichtige rolle.

doch ihr herkunft war anders: die von bubenbergs gehörten zu den traditionsreichen adelsfamilien in bern, derweil bei den von diesbach das “von” nicht echt war. denn er war ein bürgerlicher. einer mit viel geld, das er im tuchhandel gemacht hatte und mit dem er sich in die politik eingekauft hatte, während die von bubenbergs, überall verschuldet, ihre rechnungen meist anschreiben liessen, bis es wirklich nicht mehr ging. der eigentliche gegensatz äusserte sich in ihren aussenpolitischen beziehungen: niklaus von diesbach war dem frankenkönig ergeben, während adrian von bubenberg mit den burgundischen herzögen verhängt war.

zum eigentlichen eklat zwischen beiden kam es, als der königliche stand bern dem benachbarten herzogen von savoyen 1474 den krieg erklärte. schultheiss niklaus von diesbach fühlte sich nun frei, offensiv zu handeln. er wollte seine mission im dienste des französischen königs möglichst ungehindert realisieren. dazu war er zu allem bereit. ganz anders war kleinrat adrian von bubenberg disponiert. er suchte den konflikt auf die savoyischen besitzungen einzugrenzen und eine ausdehnung auf burgund zu verhindern. er wirkte vermittelnd, war zu allerlei kompromissen bereit.

der eklat: von bubenbergs ausschluss

als die tagsatzung das aggressive vorgehen von diesbachs 1475 im jura und in der waadt kritisierte, hätte die stimmung zugunsten von bubenbergs kippen können. doch der mächtige schultheiss von diesbach setzte sich in seiner vaterstadt durch. er inszenierte eine handfeste intrige gegen seinen widersacher, isolierte diesen und scharte den handlungsunfähigen kleinrat um sich.

adrian durfte sich vor seinen regierungskollegen nicht einmal verteidigen. er wurde auf antrag des schultheissen direkt aus der regierung und aus der politik ausgeschlossen.

niklaus von diesbach bezahlte seinen griff nach den sternen kurz danach mit dem leben.

der triumph: von bubenbergs rückkehr

adrian von bubenberg, der ausgestossene, schmollte noch eine zeit in seinem spiezer schloss. als bern im burgunderkrieg ernsthaft in die bedrouille kam, rief man den ausschlossenen, aber wohlverdienten altpolitiker wieder an die aareschlaufe zurück. dem erfahrenen feldherr wurde die ehrenvoll aufgabe übertragen, murten zu besetzen und gegen alle angriffe zu verteidigen.

man weiss es: das gelang adrian von bubenberg, selbst wenn er damit seinen jugendfreund karl den kühnen ins verderben stiess.

adrian von bubenberg wurde danach rehabilitiert, stieg nochmals ins amt des schultheissen auf und unternahm in savoyen und frankreich vermittelnde missionen gegenüber berns nachbarn. er starb später an pest. doch solange eine ader in ihm war, gab er nicht nach!

stadtwanderer

niklaus der kühne

wenn es um den 16. oktober 1475 in der murtener geschichte geht, überbieten sich die berichterstatter mit unüblichem: die neuenburger chronik hält fest: ” le discord fut si grand, qu’on ne savoit connoître de quel parti il en avoit le plus.” was war geschehen?

pers034.jpg

1473 einigten sich der kaiser friedrich iii., ein habsburger, und der burgundische herzog, karl der kühne, nicht auf die wiedergeburt des burgundisches königreichs, das 1378 untergegangen war. ein solcher titel hätte karls position gegenber dem französischen könig gestärkt, jedoch auch gegenüber dem kaiser. friedrich wusste darum und verlangte als preis, dass karl einzige erbin, seine tochter maria, den sohn des kaisers heiraten müsse.

karl entschied sich, den durchbruch auf den schlachtfeldern zu suchen. um ihn zu schwächen, befriedete das haus habsburg, vermittelt durch den französischen könig, den seit 1315 wiederkehrenden zwist mit den eidgenossen.

schultheiss niklaus von diesbach

zentrale figur der eidgenossen war der berner schultheiss niklaus von diesbach. seine familie war als tuchhändler reich geworden und in die berner politik eingestiegen. dabei nutzte man die alten handelsbeziehungen an die europäischen königshöfe, um jetzt diplomatie zu betreiben. niklaus von diesbach war 1465 erstmals berner schultheiss geworden. keiner war so jung wie er in dieses amt aufgestiegen. und das machte ihn bei den alten eliten, den traditionellen junkern wie adrian von bubenberg, von anfang an verhasst.

1474 ist niklaus von diesbach auf der höhe seiner macht. zuerst bindet er bern mit einem bündnis an den französischen königshof, dessen kammerherr er geworden war. dann überzeugt er den habsburgischen herzog für vorderösterreich, mit den eidgenossen einen dauerhaften frieden, die sog. ewige richtung, abzuschliessen. die niedere vereinigung rund um basel schoss zudem dem habsburger geld vor, um ihn aus der burgundischen umklammerung zulösen. schliesslich erklärt der berner schultheiss der herzogin von savoyen und deren stellvertreter, jakob von savoyen, graf von romont, am 14. oktober 1474 den krieg. das sollte nicht ohne folge bleiben, den savoyen war mit burgund verbündet.

die besetzung murtens durch bern und freiburg

noch bevor die tagsatzung das bündnissystem akzeptierten, liess niklaus von diesbach murten besetzen. nur zwei tage nach der kriegserklärung an den savoyischen hof, verlangten berner und freiburger vom savoyischen städtchen unmissverständlich, dass es seine tore öffnen müsse. das löste die unordnung in der stadt aus. die murtener chronik hält fest:

“Gross war die Gährung der Gemüther; tumultuarisch die Berathungen. Selbst die Weiber nahmen Parthey.”

doch die savoyerpartei unterlag: der schultheiss, humbert de lavignies, flüchtete aus der stadt, und der bürgermeister, richard rossel, starb, wie es heisst “aus verdruss”.

der wilde krieg gegen burgund

niklaus von diesbach erhielt für seine aktion vom französischen könig 20’000 livres, was dem staatsetat berns von einem jahr entsprach. die hälfte floss in die familienkasse, die andere hälfte wurde unter den günstlingen von diesbachs verteilt. ein teil der berner kam so zu viel geld, genau das, was den alten junkern fehlte.

mit seinen getreuen unternahm der berner schultheiss 1475 eigenmächtig einen angriff auf die burgundischen truppen, die in pruntrut berner eingekesselt hatten. gleichzeitig griffen die berner und freiburger in diesem sommer plündernd und mordend die waadt an.

die tagsatzung verurteilte das eigentmächtige und brutale vorgehen, und auch adrian von bubenberg opponierte im berner kleinrat. doch gelang es niklaus von diesbach, sich in bern durchzusetzen. adrian von bubenberg wurde auf treiben von diesbachs hin aus dem kleinrat ausgeschlossen und zog sich auf sein landgut in spiez zurück.

nun wollte niklaus von diesbach definitiv zum grossen gegenspieler von herzog karl werden. das war kühn, ja tollkühn. in blamont, in der nähe von pruntrut wurde er nur wenige tag nach seinem sieg in der politik von einem pferd tödlich verletzt.

doch bern befand sich in einem selbstgewollten krieg, ohne vom kriegstreiber geführt zu werden.

à suivre

stadtwanderer

 
   
   
   
   
   
   
   
   
   

der fall der murtener mauer

heute war in murten alles still. die sommerliche abendstimmung lockte die menschen auf die strasse. ein pianist spielte unter den lauben. alles war friedlich.

bild-192.jpg

nichts, aber auch gar nichts erinnerte einen an den fall der murtener mauer heute vor genau 532 jahren!

damals, am 18. juni 1476, kam es zum heikelsten moment für murten vor der grossen schlacht. in der stadt waren seit dem 8. april 1500 berner, die unter adrian von bubenberg das kleine murten vor möglichen angriffe schützten. überall wurde fleissig gearbeitet, denn vor der stadt lagerten seit 9 tagen die truppen des burgunder herzogs karl.

adrian von bubenberg hatte sein hauptquartier dort, wo heute noch das rathaus von murten steht. von hier aus sandte er signale und boten über den see, die in bern bericht nach bern machten. anfänglich dominierte zuversicht. dann merkte man, dass die anspannung unter den belagerten stieg. doch die eidgenossen konnten sich nicht entscheiden, die stadt mit einem energischen angriff auf die burgunder zu entlasten.

es war ein dienstag, als die burgunder aus richtung muntelier angriffen. die mauer, erst wenige jahre zuvor neu erbaut, wankte zwischen der kirche und dem unteren tor, heute berentor. schon stürzten teile unter dem beschuss der burgundischen artillerie, als jakob von savoyen, graf von romont, 1471 als herr über murten von der murtener bevölkerung gefeiert, abends nach sechs hoffte, die stadt mit grossen getöse einnehmen zu können.

doch der angriff misslang auf mirakulöse art und weise. nach murtener quellen sollen die burgunder an diesem abend mehr als tausend mann verloren haben. über die eigenen verluste gibt es keine angaben. die zerstörte mauer wurde in der nacht notbehelfsmässig repariert, denn man wusste, die burgunder würden nicht locker lassen.

das sollten sie dann am samstag drauf effektiv tun, allerdings nicht mehr vor der stadt, sondern oberhalb gegen salvenach zu, wo die eidgenossen dann effektiv für entlastung sorgten und die schlacht mit weitreichender bedeutung schlugen.

bild-207.jpg

der fall der murtener mauer mobilisierte die eidgenossen definitiv. die zürcher, die lange warteten, setzten zu einem dreitägigen gewaltsmarsch an, um gerade noch rechtzeitig dabei zu sein, als es auf dem schlachtfeld losging.

vielleicht interessiert das, ausser den stadtwanderer, heute niemand mehr in murtens gassen. bei einem bier sagt man mir, das murtenschiessen sei am sonntag; vom mauerfall wissen die meisten nichts mehr. und so sage ich mir auf dem heimweg: wenn die leute aus allen ländern heute so friedlich beeinander sind, ist das ein gutes zeichen!

stadtwanderer

bilder: stadtwanderer

bild 1: noch heute typisch, die savoyisch anmutenden rundtürme in den mauern um burgen oder städte

bild 2: unverändert sichtbar, wo die mauer vor 532 schweren schaden gelitten hatte.

der aufstieg murtens ins zentrum des weltinteresses

wer nach murten geht, vergisst die lauben und die mauern rund um die mittelalterliche stadt nicht. beides erinnert an den aufstieg der stadt unter den herzögen von savoyen, bis es 1475/76 in murten zu weltpolitischen entscheidungen kam.

bildmurten-148.jpgalles beginnt mit der feuersbrunst

murten wurde in der zweiten hälfte des 12. jahrhunderts von den herzögen von zähringen gegründet und gefördert. nach deren aussterben war man vorübergehend reichsstadt, bis 1255 die grafen von savoyen hand auf die stadt legten, und diese bis 1475 dor behielten.

der eigentliche aufstieg der savoyischen provinzstadt beginnt 1414. die bauern im ganzen dreiseengebiet begehren auf. sie wollen die herrschaften in den burgen und städten stürzen. und sie zünden an, was brennt. so auch murten. die holzstadt von damals wird opfer der flammen.

könig sigismund, auf dem zug von avignon nach konstanz, mit dem ziel, die unübersichtlichen verhältnisse im papsttum neu zu ordnen, teilt die ehemals hochburgundischen gebiete, über die sein vater, kaiser karl iv. noch könig gewesen war, auf: die grafen von savoyen werden herzöge mit zentrum in chambery; die stadt bern wird reichsstadt und darf damit über untertanen aus das blutgericht sprechen. schliesslich akzeptiert sigismund, dass die herzöge von burgund in dijon die herren über freigrafschaft am jura bleiben, obwohl die lehensherren des französischen königs damit imperiales territorium beanspruchen.

bild-212.jpgunter den savoyischen herzögen

herzog amadeus viii. besucht das niedergefackelte murten 1416. als wiederaufbaumassnahme befreit er die stadt für 15 jahre von allen abgaben an seinen hof. zudem dürfen die murtemer nun auf dem lokalen wein eine eigene steuer erheben. 1430 ist es soweit: murten hat sich finanziell erholt, und ist dabei, die stadt neu zu bauen.

wer nun auf strohdächer verzichtet, kann subventionierte ziegel beziehen. und wer vor dem haus keinen vorgarten mehr hat, dafür den raum mit lauben überdeckt, erhält von der stadt verbilligten kalk. damit ändert sich das bild rasant: das holz gehört der vergangenheit an, arkaden mit verputzem gemäuer und häuser mit richtigen dächer beginnen die stadt zu prägen.

bild-215.jpgunter europäischer aufsicht

seit 1353 war murten nicht nur savoyisch, sondern auch zugewandete stadt der 8örtigen eidgenossenschaft. diese eidgenossenschaft war seit 1439 im ersten bürgerkrieg untereinander. zürich wollte sich ab und wieder habsburg zuwenden. das tolerierten die übrigen verbündeten nicht, und sie besiegten die stadt zürich. dabei stieg bern zum eigentliche vorort in der eidgenossenschaft auf.

am ende des zürichkrieges veränderte bern auch die verhältnisse im habsburgischen freiburg: der schultheiss wilhelm von avenches wurde gestürzt, und murten nutzte die gelegenheit, offene rechnungen mit dem alten rivalen zu begleichen. zwischen den beiden städte entstand 1448 eine eigentliche fehde mit verwüstungen rund herum, bis die grossen der umgebungen in die unruhen eingriffen:

der könig von frankreich, 1444 sieger über die eidgenossen an der schlacht von st. jakob an der birs, die herzog von burgund, die stadt basel und die eidgenössischen orte erzwangen friedensverhandlungen, die am 16. juli im murtener wirtshaus adler besiegelt wurde. zuerst savoyen, dann aber auch bern und freiburg ratifizierten das schriftstück, ohne dass damit der status von murten zwischen savoyen und eidgenossenschaft genau geregelt worden wäre.

zusehends polarisierte sich die situation: bern, führend über das savoyisch geworden freiburg, beanspruchte nun auch murten zu bestimmen.

bild-239.jpgunter dem einfluss der herzöge von burgund

1469 lag es an amadeus ix., bei seinem besuch in murten, die stadt aufzufordern, mit dem wiederaufbau der stadtmauern aus dem 13. jahrhundert, die bei der feuersbrunst ebenfalls gelitten hatten, zu beginnen. finanziell wollte er sich auch an diesem werk beteiligen. den mauerbau selber erlebte er nicht mehr direkt, litt er doch chronisch an epileptischen anfällen. deshalb über trug er seiner frau yolante die geschäfts des herzogtums. diese wiederum berief 1471 jakob von savoyen, einen verwandten des herzogs, zum grafen von romont und herrscher über die savoyischen gebiete in der waadt. murten huldigte jakob, als die mauern fertig gebaut waren.

doch nicht nur die murtemer bürger interessierten sich nun für den neuen machthaber aus romont. auch der herzog von burgund, karl, wandte sich 1473 an ihn. um seinen plan, könig von burgund, ja kaiser des römischen reiches zu werden, realisieren zu können, suchte er einen sicheren weg vom ärmelkanal nach rom. und der führte idealerweise bei pontarlier über den jougnepass und bei martigny über über den grossen st. bernhard. romont lag da strategisch günstig dazwischen. und so befördert herzog karl den savoyer jakob, graf von romont und herr über das aufstrebende murten, zu seinem grossmarschall und damit zu seinem stellvertreter am burgundischen hof.

bis die städte bern und freiburg dagegen intervenierten … mehr dazu später!

stadtwanderer

fotos: stadtwanderer

bild 1: pitoreskes murten heute

bild 2: laubenimpressionen heute

bild 3: hotel adler heute

bild 4: mauerbau heute

die krux grosser parteien in der schweiz

das neue thema kündigt sich an: die fussball-europameisterschaft. meine prognose für den final: frankreich-kroation, und frankreich gewinnt. ich gebe allerdings zu, dass ich gar nichts verstehe von fussball. das ist ja in der politik nicht ganz der fall. und diese woche war politisch, wie kaum eine zuvor. deshalb meine ernsthafter gemeinte einschätzung zur politischen entwicklung, die ich als historiker mache.

parteien, die auf nationaler ebene 28 prozent erreichen, haben mühe, das auf die dauer zu halten oder gar zu steigern, sie neigen dazu, durch neue parteien konkurrenziert zu werden.

tagi.gif

quelle: tages-anzeiger, 2.6.08

man errinnert sich: die svp war im vergangenen oktober mit 28,9 prozent wählerInnen-anteil und 62 nationalratsitzen nicht nur wahlsiegerin; sie erreichte damit ein für schweizerische verhältnisse einmaliges ergebnis in der volkskammer.

die bisherigen erfahrungen mit grossen parteien

bisherige leaderin war die fdp, die 1919 auf 60 sitze und 28,8 prozent stimmen kam. das leitete sich vor allem aus den zeiten ab, als noch das majorzwahlrecht galt, währenddem die fdp die parlamentswahlen klar dominierte, danach sank die fdp fast kontinuierlich ab, konnte sich nur 1951 und 1971 wieder steigern, und ist sie heute bei den bekannten 15.8 prozent.

unter proporzbedingungen schaffte es die sp 1928 auf 27.2 prozent und 56 sitze, und erreichte sie 1955 27 prozent bzw. 55 nationalratsmandate. nach 1928 konnte sie das politisch nicht ummünzen, nach 1955 schon. vier jahre später stieg die damalige oppositionspartei mit 2 bundesräten in die oberste liga der schweizerischen parteien auf. doch gelang es ihr danach nie mehr, als ihre elektorale stärke ganz anzuknüpfen, obwohl sie sich zwischen 1995 und 2003 stets verbessert. der hauptgrund liegt darin, dass sie konkurrenz im eigenen lager bekommen hatte, zuerst durch die neue linke, dann durch die grünen resp. grünliberalen, die ihr aus der opposition wählerInnen streitig machten.

die cvp wiederum hatte ihr historisches hoch unter proporzbedingung 1963 mit 23.3 prozent wähleranteil und 48 nationalratssitzen. sie profitiert damals von der neuen dynamik, die sich aus der zauberformel für den bundesrat ergeben hatte. doch kippte diese recht rasch ins gegenteil, und die cvp erhielt mit dem ldu vorübergehend eine erhebliche konkurrenz in der politischen mitte, die nicht nur gemässigte zentrumswähler, sondern auch aufkommende nonkonformisten zwischen den blöcken ansprach. sie versuchte sich mit einem volksparteienkonzept 1971 neu zu plazieren, was ihr bis ende der 70er jahren auch gelang. wie die fdp leidet sie seit her jedoch an innerer demobilisierung und an der konkurrenz der svp.

die herausforderungen für die svp

diese wiederum schien dem bisherigen gesetz der grösse von parteien unter proporzbedingungen 2007 entrinnen zu können. mit ihrem starken mobilisierungsfähigkeit, die sich durch abgrenzung gegen über den anderen parteien, aber auch den massenmedien ausdrückte, die personell und thematisch stark zugespitzt agierte und die auf einer recht eisernen parteidisziplin von oben her geführt basierte, schaffte sie bei den letzten nationalratswahlen, was bisher niemandem gelungen war.

doch nun zeigen sich, für den historiker, nicht überraschend die grenzen der grösse. der druck von oben funktioniert nur, solange man erfolg hat. diese sind mit dem offiziellen oppositionskurs schwieriger zu erreichen, denn die inneren widersprüche der partei zeigen sich auf kantonaler und lokaler ebene deutlicher als auf der nationalen. sie führen zu richtigungskäpmfen zwischen national- und liberalkonservativ geprägten exponenten, die sich an der frage der regierungsbeteiligung einerseits, des politischen umgangs mit dem gegner anderseits entzündete. dies weitet sich aktuell in den bekannten ausschlüssen aus, denen wiederum spaltungstendenzen folgen.

der stand der dinge

gegenwärtig sind vier positionen zu erkennen:

erstens jene von bundesrätin eveline widmer-schlumpf und der bündner svp, die mit der vaterpartei gebrochen haben und entschieden sind eine neue zukunft suchen,

zweitens jene von bundesrat samuel schmid, der gruppen bubenberg, die eine liberale svp ausserhalb der schweizerischen svp wollen, aber zögern, mit ihr zu brechen, solange die position der basis nicht bestimmt ist,

drittens jene von peter spuhler, der in der breit verankerten svp thurgau gelernt hat, dass in einer volkspartei verschiedene meinung platz haben müssen und das als erfolgsrezept auch der svp schweiz empfiehlt, und

viertens jene der parteileitung und insbesondere christoph blochers, die weder inhaltlich noch stilistisch kompromisse eingehen will und durchhalteparolen herausgibt, weil sie das als abkehr vom bisherigen konsequenten kurs, der die partei nach vorne gebracht hat, betrachtet.

noch ist offen, was daraus wird. zwischen ende des aufstiegs und sturm im wasserglas scheint einiges möglich.

zunächst wird sich die partei selber finden müssen. sie wird damit zeichen setzen, die bei den anderen parteien, bei den wirtschaftsverbänden, in den medien und in der öffentlichkeit gelesen werden und so mitbestimmen werden, wie sich die elektorale kraft der svp inskünftig entwickelt. parteien. die wählerschaft zeigt zunehmend gegenreaktionen und grenzt sich bewusster von der oppositionspartei svp ab.

der blick nach vorne: ab jetzt nur noch fussball

das ist zwar keine handfeste prognose, wie beim tschutten, die auch bald auf ihre richtigkeit überprüft werden kann. es ist aber eine historisch genährte einschätzung der gegenwärtigen entwicklungen, die der stadtwanderer mal so stehen lässt. und sich freut, wenn frankreich im em-final gewinnt …

stadtwanderer

undemokratisch?

ich tagi von gestern stand folgender, bemerkenswerter leserbrief:

undemokratisch.gif

quelle: tages-anzeiger, 3. juni 2008

über die schlussfolgerung will ich mich hier nicht äussern. wir machen weder für noch gegen parteien werbung. der erste satz indessen ist bemerkenswert.

der souverän ist der inhaber der obersten staatsgewalt. in monarchien ist das der könig. in republiken indessen ist es das volk.

die schweiz ist seit 1848 eine republik. die staatsgewalt ging damals vom volk (der nation) und von den kantonen (den staaten) aus, und sie verband sich im bundesstaat.

in repräsentativen demokratien bestimmt der souverän über die verfassung, und er nimmt die wahl der organe wahr, die demokratisch legitimiert sind. in der schweiz ist der souveränitätsbegriff seit 1874 weiter entwickelt. denn volk und stände müssen auch über einzelne verfassungsänderungen resp. -zusätze entscheiden, und das volk kann auch über gesetzesänderungen abstimmen, wenn es will.

wenn sich der souverän bei den abstimmung vom wochenende in undemokratischer art und weise über den volkswillen hinweg gesetzt hätte, hätten sich die stimmenden, die kantone und ihre aktiven bürgerInnen, die den souverän bildeten, mit ihrem direktdemokratischen akt über den volkswillen hinweg gesetzt. doch der volkswille wird in direkten demokratien nicht anders als mittels volksabstimmungen bestimmt. das kann nicht undemokratisch sein!

logisch gesehen geht das also nicht auf. es gibt meines erachtens nur zwei möglichkeiten, dem problem zu entrinnen:

erstens, die stimmbürgerInnen, die sich in volksabstimmungen äussern, und die Kantone, die sich so auch vernehmen lassen, wären nicht mehr souverän.

oder zweitens, der volkswille wird mittels einer neuartigen, mir weiters nicht bekannten form bestimmt.

bin gespannt, wer mir das problem löst!

stadtwanderer

fragen über fragen

wenn ich meine reaktionen sammle, die ich seit dem sonntag beim wandern, in cafes und bei der arbeit zur lage der schweiz bekomme, merke ich so richtig, wie viele fragen sich plötzlich auftun. nicht nur für mich, auch für die menschen rund um mich herum, für viele menschen vielerorts.

2320880157_b064f8cc36.jpg

deshalb meine nachfragen:

was ist eigentliche geschehen, und wie könnte es weiter gehen?

ich liste mal fragen auf, und sie alle, die regelmässig oder gelegentlich hier beim “stadtwanderer” vorbei schauen, sind gebeten, ihre anworten zu geben. und zwar zu:

erstens, was ist seit dem abstimmungswochenende vom 1. juni 2008 anders? wie waren die unüblichen ergebnisse, namentlich zur einbürgerungsinitiative möglich? die nein-kampagne zur einbürgerungsinititive kann es ja nicht gewesen sein – doch was dann hat die wende ins nein bewirkt?

zweitens, was geschieht mit der svp? war sie nur konsequent, oder hat sie einfach übertrieben? kommt blocher zurück, oder scheidet er aus der politik aus? gelingt der svp gang in den jungbrunnen der opposition, oder ist es ein marsch in die bedeutungslosigkeit? hat die svp eigentlich eine oppositionsstrategie, oder reagiert sie nur noch auf ereignisse, die ihr bisher fremd waren?

drittens, entsteht eine neue bürgerliche regierungspartei, regional oder nation, die mit anstand, sachbezogen und dossierfest politisieren und so auch überzeugen kann? gibt es eine thematische nische, um sich unverwechselbar zu etablieren? wer wären die personen, die das in der führung und kommunikation leisten könnten?

viertens, sind die verbliebenen regierungsparteien in der lage, der svp in der opposition stirn zu bieten? gibt es eine gemeinsame strategie zwischen sp, fdp/lp und cvp/evp/gfl? braucht es einen einbezug der grünen? oder soll man bei der nächst möglichen gelegenheit einen aus der svp reihen in den bundesrat aufnehmen? und was ist das regierungsprogramm, über das 2011 angerechnet werden soll?

fünftens, jetzt, wo wir grosse regierungs- und grosse oppositionsparteien haben, haben wir da auch ein passendes politisches system dazu? ist die konkordanz am ende, weil weder die inhaltliche noch die arithmetische konkordanz funktionieren? müssen die svp-kommissionspräsidenten im eidg. parlament jetzt zurücktreten, und werden svp-bundesrichter noch durch parteikollegen ersetzt? und brauchen wir einen koalitionsvertrag der regierungsparteien, gegen den sie kein referendum ergreifen dürfen?

sechstens, steuern wir auf gute oder schlechte zeiten zu? ist die abstimmung über die personenfreizügigkeit die grosse weichenstellung? oder warten wir einfach, bis neuwahlen kommen, auch wenn das erst in drei jahren ist?

siebtens, hat die schweiz heute visionen, gestalter und treiber, die sie fortbewegen können? was ist ihr inhalt, und wer ist ihr bester kommunikator?

ich freue mich auf antworten, auch wenn sie nur eine oder einige der fragen über fragen aufnehmen!

stadtwanderer

bild: flickr

albertus tee

der tag war hart. viele eindrücke. aber kaum sonnenschein. ich habe im studio gearbeitet, und das wandern sich auf einige meter zwischen computer und analysepult. doch gegen schwache nerven und fehlenden schlaf gibt es ein untrügerisches rezept: den albertus tee!

p6020024.JPG

am morgen mochte ich fast nicht aufstehen. ich war noch so verschlafen, als der wecker um 6 uhr zur tagwacht blies. und im zug nach zürich habe ich gleich wieder geschlafen. schade für den café latte, den ich auf der berner welle erstanden hatte. in zürich war er kalt.

der paukenschlag des abstimmungstages war deutlich. um viertel vor zehn orientierte uns eine mittelgrosse stadt in der innerschweiz über den stand der dinge aufgrund der schriftlichen abstimmung. da war mir alles klar. das gibt neineinein! unsere eigenen erhebungen bestätigten und verfeinerten dies bis 14 uhr. 36-25-31 sind die neuen masse des svp-modells.

jetzt mag ich fast nicht ins bett gehen. der tag ist noch weitgehend unverarbeitet. er dreht und dreht sich in mir. ich hatte eben noch eine feine unterhaltung mit der slowakei. das dortige radio vermeldete das hauptergebnis des tages in den 6 uhr schlagzeilen: die schweiz verschärft das einbürgerungsrecht nicht!

um mich doch noch zu beruhigen, habe ich zwei mittel: ein wenig bloggen, und einen albertus tee, aus dem klostergarten. guet nacht!

stadtwanderer

was sie morgen in der bz lesen – und worüber sie übermorgen nachdenken sollten!

“Immer, wenn Bern in Schwierigkeiten steckt, ruft es Adrian von Bubenberg zu Hilfe.” so eröffnet der historiker-journalist stephan von bergen in der morgigen “bz” seine berühmt-berüchtigte “zeitpunkt”-beilage. und er spart nicht mit seitenhieben in die gegenwart und vergangenheit, an die geschichtsschreiber und politiker, wie der stadtwanderer heute schon weiss!

adi3.gif

der vordergründige aufhänger ist klar: am sonntag eröffnet das schloss spiez seine “bubenberg-ausstellung“. es sieht fast ein wenig nach trotz-reaktion aus. denn jetzt, wo karl der omnipräsente post festum das mittelländischen bern in beschlag genommen hat, scheint adrian von bubenberg von seinem unbekannten grab wieder auferstanden zu sein, um wenigstens seinem rittersitz am oberländischen thunersee aufrecht zu verteidigen.

doch stephan von bergen wird uns morgen nicht nur diese pointe präsentieren. vielmehr nimmt er den jüngst erfolgten aufruf der liberalen in der berner svp, ihren stammplatz in der schweizer politik aufrecht gegen christoph den omnipräsenten verteidigen zu wollen, zum anlass für einen grossen artikel über meinen “ädu“.

zu viele legenden rankten um das wirken von adrian von bubenberg, seit ihn historiker und politiker für alles mögliche modelliert hätten, ist von bergens these. und: als urvater der aufrechten tauge er nichts, modelliert der polithistoriker mit blick auf die “operation bubenberg” der liberalen svpler gleich weiter! warum das nach ansicht der bz so sei, kann man, wie gesagt, morgen nachlesen.

und bis dann mache man sich bittschön gedanken zu meiner these: zu wenig weiss man über das reale wirken der “operation bubenberg” in der berner svp, die zu einer neuen politischen partei in der schweiz führen soll, um sich wirklich ein bild der gegenwärtigen vorgänge in der schweizer politik machen.

in der hoffnung, die bz vom übernächsten samstag trage etwas dazu bei, um die legendenbildung in dieser sache genauso kompetent wie morgen aufzudecken, sage ich: stephan von ber(ge)n übernehmen sie!

stadtwanderer

hier noch der ganze artikel aus der bz.

lob der wildsau!

wohin auch immer ich heute trat: ich suhlte mich in herumliegenden gratiszeitungen. nicht nur 20 minuten lang. nicht nur zur besten news-zeit. und auch nicht nur, um in der schweiz mal einen punkt zu setzten. und alle hatten sie ähnliche titel. von wildsäuen war die rede. doch wie lieblos wurde da berichtet. wie kenntnisschwach waren die texte! gerade so, dass ich mich zu einem exkurs in der soziobiologie der wildschweine-wildsäue veranlasst sehe.

829040160_bf11eff2e7.jpg

quelle

migrationshintergründe

was oft verschwiegen wird: viele der heutigen wildschweine-wildsäue haben migrationshintergrund. früher einmal, da waren die urchigen tiere in fast ganz eurasien verbreitet. dann kam es überall zur verstädterung der gegenden, zur intensiviereung der landschaften, und die verbreitung der wildschweine-wildsäue ging fast überall zurück. nicht zuletzt weil auch andere grosstiere ihren lebensrau zu bedrängen begannen.

was nun alle wissen: die tiere sind intelligent und standhaft! wildschweine-wildsäue können sich wehren, denn auch sie sind gross und stark. wer sie ernsthaft bedroht, kann schon mal ihre hufe zu spüren bekommen.heute erobern sie verloren geglaubte territorien auf dem ganzen kontinent zurück: bis in die hauptstädte europas dringen sie vor!

man hat wildschweine-wildsäue jüngst in berlin gesichtet, und neuerdings trifft man sie regelmässig auch in bern an. in zahlreichen städten entdeckt man dieser tage ihre spuren. die wildschweine-wildsäue-zählerInnen gehen schon von einigen tausend exemplaren – nur im deutschsprachigen raum – aus. verunsicherten stadtregierungen diskutieren denn auch schon intensiv, ein striktes fütterungsverbot für die wildschweine-wildsäue zu erlassen.

in den weltoffenen vereinigten staaten werden wildschweine-wildsäue gar aktiv eingebürgert. sie sollen andere, vom ausstreben bedrohte tierarten stärken! sie mischen sich schon ganz toll, und neuartige rassen entstehen, sodass die wildschwein-wildsäue-hüterInnen immer wieder unterarten entdecken und registrieren müssen. ein buntes treiben ist das!

man stelle sich nur vor, das würde auch hierzulande schule machen: mischlinge, die sich verbreiten würden, gingen ja noch. doch könnten auch abartige wesen entstehen, verunglückte wildschweine-wildsäue-klone, die alles traditionelle berohen würden wehret den anfängen, höre ich da schon lauthals rufen!

gegen schlammschlachten gefeit

man vergesse nicht: wildschweine-wildsäue sind ausgesprochen überlebensfähig. selbst dort, wo die erde karg ist, finden sie nahrung. denn sie können, besser als alle anderen tiere, selbst härteste böden knacken. mit ihrem kräftigen gebiss sind sie sogar in der lage, kokosnüsse aufzubrechen. kein widerstand ist ihrer ungebändigten kraft zu hart. und wenn es um wildschweine-wildsäue mal so richtig kalt wird, stellen sie ihr fell, und legen sie ein wenig schutzspeck an. bis dass der sturm vorbei ist!

schlammschlachten jeglicher art können wildschweinen-wildsäuen nichts mehr antun. denn sie haben gelernt, damit umzugehen: je mehr schlamm, desto hartnäckiger werden sie! sie suhlen sich darin, sie lassen ihn trocken werden, denn dann schützt er am besten vor unliebsamen sticheleien lästiger insekten. und wenn deren saison dann wieder vorbei ist, reiben sich die wildschweine-wildsäue an bäumen, um den dreck zu entfernen. frisch geputzt machen sie sich dann zu neuen taten auf.

unterschiede zwischen wildschweinen und wildsäuen

wildschweine – und jetzt spreche ich ganz bewusst nur von ihnen – lieben männchenkämpfe. wo auch immer sie beute wittern, ergeben sich ausgiebige hierarchiekämpfe. denn wildschwein kennen überläufer. das sind solche, die meinen, zum zuge zu kommen, bevor sie etwas für die gemeinschaft geleistet haben. verhindert werden muss solches in der wildschwein-gesellschaft!

das imponiergehabe der männchen ist schon fast ein ritual. man scharrt mit den hinterbeinen, und man wetzt den kiefer! eckzähne werden gezeigt, ober- und unterkiefer werden zugeschlagen, sodass es fürchterlich kracht. und es werden die borsten am kamm gestellt, bis sich jeder im weiteren umkreis vor dem angreifer fürchtet. wenn zwei spitzen-männchen miteinander rivalisieren, kann nur einer überleben. ihr schulterkampf ist unerbitterlich. selbst vor blutigen verlusten schrecken sie nicht zurück. denn die schlacht setzt sich solange kompromisslos fort, bis einer aufgibt, freiwillig flüchtet oder ausgestossen werden kann!

wildsäue – und auch da sprechen ich bewusst nur von ihnen – sind da besonnener. sie denken weniger an sich. vielmehr ist ihnen die zukunft ihrer art wichtig. sie bauen sorgfältig ihr nest und schauen darauf, dass die sonne es wärmt. wenn wildsäue werfen, gibt’s gleich viele. sieben ist die regel! die aufzucht erfolgt dann in mutterfamilien. bisweilen bleiben die wildsau-töchter bei der mutter, auch wenn sie selber nachwuchs haben. in dieser einzigartigen form des aufkommenden wildsau-matriarchats haben wildschweine nichts mehr zu suchen. begegnen sich verschieden wildsau-mutterfamilien, wahren sie respekt voreinander! denn ihr gemeinsames fortkommen ist ihr lebensziel. und genau das lob ich mir hier!

stadtwanderer

schweiz-österreich: wie es vor genau 700 jahren zum grossen krach kam

1308_mord_albrecht1.jpggegenwärtig machen allen in der schweiz und in österreich auf fussballerischen schmusekurs. dabei ergisst man den realen hintergrund für die langjährige feindschaft zwischen den eidgenossen und habsburg, deren ursache sich dieser tag zum 700. mal jährte. ein unzeitgemässer rückblick.

albrecht I., römischer könig in den deutschen landen, hatte es nicht leicht. 1291, bei der wahl eines nachfolgers für seinen verstorbenen vater, könig rudolf von habsburg, wurde er übergangen. erst 1298, als könig adolph von nassau, der an seiner stelle gekürt worden war, zu stark mit den städten und zu wenig mit dem kirchlichen und weltlichen adel packtierte, beförderte man albrecht, damals noch herzog von österreich, zum deutschen gegenkönig. noch im gleichen jahr schlug er bei göllheim adolph auf dem schlachtfeld, sodass er hinfort einziger deutscher könig war. selbst papst bonifaz anerkannte ihn in dieser funktion, was ihm den anspruch auf den kaisertitel gab. doch war der preis hierfür so horrend, dass albrecht schliesslich selber auf den kaisertitel verzichtete.

der aufstand von 1291 gegen herzog albrecht von österreich

albrecht war erpressbar. denn die herrschaftsverhältnisse des herzogs von österreich blieben im schwäbischen westen geklärt. 1282 war er, gemeinsam mit seinem bruder, nach dem sieg seines vaters rudolf über den böhmischen könig ottokar II. herzog von österreich geworden. sie sollten die ländereien des reichs, die der böhme für sich beansprucht hatte, gemeinsam verwalten. doch schon kurz danach entschied sich der vater, nur albrecht als statthalter in wien zu belassen und mit sohn rudolf neue pläne zu schmieden. er sollte in denalten stammlanden der habsburger, vor ordnung sorgen und das zerfallene herzogtum schwaben neu ordnen diese jedoch misslangen, und sohn rudolf verlor dabei ausgerechnet im gleichen jahr wieder vater rudolf das leben.

darum wusste man, als albrecht 1291 nach dem tod seines vaters nach der königskrone griff. vor allem im herzogtum schwaben, das sein bruder aufbauen wollte, war man gegenüber der machtballung in den händen von albrecht skeptisch. der bischof von konstanz, unterstützt vom st. galler abt, den rapperswilern, den nellenburgern, den laufenburgern und den savoyer adeligen erhoben sich gegen den habburger, unterstützt von den städten zürich, bern und luzern sowie den ländern uri und schwyz gegen den österreicher. sie alle wollten verhindern, dass albrecht neben dem titel eines herzogs von österreich auch herzog von schwaben werden würde. ihr widerstand zerbrach erst, als sich 1292 die zürcher, vom könig gelagert, einen vergleich schlossen.

der verhinderte erbe als königsmörder

1298, als herzog albrecht tatsächlich deutscher könig wurde, setzte er die rückführung von krongut, das sich im 13. jahrhundert angesichts der krisen im reich verselbständigt hatte, energisch durch. das hat ihm gerade im südwesten des reiches den bleibenden ruf eines habgierigen und deshalb unbeliebten landesherren eingetragen. 1308 kulminierte dieser konflikt. johannes, sohn von albrechts bruder rudolf und seiner böhmischen gemahlin, graf von habsburg, der sich auch herzog von schwaben nannte, forderte den erbteil seines verstorbenen vaters für sich. entweder sollte er herzog von österreich werden oder finanziell entschädigt werden. so oder so warf er ein auge auf das reiche böhmen, das der könig jedoch für seine eigenen kinder freihalten wollte. entsprechen zögerte der königliche onkel; er zeigte beim gemeinsamen familientreffen in baden kein gehör für das ansinnen. vielmehr machte er sich erhaben auf den weg, um seine gattin elisbeth, die in rheinfelden in kur war, zu treffen.

nun versammelte johannes mitverschworrene freiherren aus seiner grafschaft. rudolf von balm, walter von eschenbach und rudolf von wart, alles kleinadelige aus dem zürcherischen und luzernischen, waren mit von der partie. sie waren zu allem entschlossen: der verhasste könig, dessen macht auf einem illegitimen erbe beruhe, solle sterben!

anfangs mai 1308, als albrecht bei brugg, nahe dem stammschloss der habsburger die reuss überquerte, setzten sich die verschworenen in seine fähre, und johannes erschlug der wehrlosen könig beim aussteigen. als johann parricida, der verwandtenmörder, ging er in die geschichte ein. er versuchte nach pisa in italien zu flüchten, verstarb aber unterwegs. rudolf von wart wurde auf einer reise nach avignon verhaftet, nach brugg gebracht und dort gerädert. walter von eschenbach starb als schäfer im schwarzwald, während man von rudolf von balm nur weiss, dass er sich in konversenhaus in basel verstecken und dort unerkannt weiter leben konnte.

die rache der habsburger begründet die rache der eidgenossen begründete die rache habsburgs begründete …

an der stelle, an der könig albrecht I. erschlagen wurde, gründete die verwitwete königin elisabeth 1310 ein doppelkloster, je eines für frauen, in das sie selber eintrat, und eines für männer. noch heute sind die gebäude von königsfelden im aargauischen wasserschloss sehenswert. sie stehen aber auch für den ersten und gescheiterten versuch der habsburger, das deutsche königtum als erbmonarchie zu begründen. denn als nachfolger von albrecht wurde heinrich VII. deutscher könig und begründete die grosse zeit des hauses luxemburg-böhmen.

albrechts nachfahren rächten sich nicht nur an den königsmördern, sondern auch an ihrem anhang blutig. erst als das schlachten vorbei war, verhängte man die reichsachte über die aufständischen und legitimiert man so der rachefeldzug nachträglich. genau dieses vergossene blut sollten der kleinadel und die bauern in alemannien nicht vergessen. 1315 war der auftakt der schlachtenserie der eidgenossen gegen habsburg, die erst 1499 ihr ende finden sollte.

genau siebenhundert jahre ist die ursprüngliche bluttat her, welche das haus habsburg in eine tiefe krise stürzte, und zur formierung der eidgenossenschaft als bündnis aus städten und ländern gegen die herzöge von österreich führte. ich erinnere daran, nicht weil ich den fussballbegeisterten schweizern und österreicher die suppe versalzen will. ich finde vielmehr, man hat 1991 viel zu aufwendig fragwürdige siebenhunderjahrfeste gefeiert, während man heute viel zu leicht vergisst, was der geschichtliche hintergrund des grossen krachs zwischen den habsburgern und ihren untertanen ist.

denn der königsmord an albrecht bildet den realen hintergrund für die geschichten über die gründung der schweiz, die uns in der schillerschen version noch man heute gegenwärtig sind.

stadtwanderer

adelheids historische tat

p5070477.JPGich weiss, niemand ausser mir hat heute an kaiserin adelheid gedacht. und alle ausser mir haben ihre grosse historische leistung, die sich heute jährt, vergessen. doch ich lass nicht locker: ich kämpfe unverändert für die späte, aber berechtigte einkehr der grossen frau aus bümpliz in unser geschichtsbild!

das erbrecht der fränkischen sippen

das weiss man aus dem geschichtsunterricht: als kaiser karl der grosse, der mit dem fränkischen reich im jahre 800 das weströmische kaisertum wieder aufleben liess, dauert edie freude nicht lange. nach karls tod begannen die querelen unter seinen enkeln, die 843 zur grossen teilung des kaiserreiches führten, und 888 im untergang des karolinigische kaisertums endeten.

eine ursache dafür war, dass die franken kein zeitgemässes erbrecht entwickelt hatten. sie gingen wie zu zeiten der völkerwanderung davon aus, dass eine sippe die königsherrschaft inne habe und in der sippe alle legitimen männlichen nachfahren des königs ein anrecht hätten, seine nachfolge anzutreten. wenn es mehr als einen anwärter hatte, teilte man das königreich in unterkönigreiche auf, die sich nicht selten unter einander bekämpften. so endeten die versuche der franken, dauerhaftes zu schaffen, meist schon schnell.

das neue erbrecht der kaiserlichen familie

962 machten sich die sachsen im norden, vertreten durch ihren könig, otto I., und die langobarden im süden, vertreten durch die königswitwe adelheid, die 951 gemeinsam geheiratet hatten, daran, das neue kaiserpaar zu werden. doch die germanischen sachsen hatten ein ähnliches erbrecht wie die germanischen franken, und die gefahr, dass unter den brüdern und nachfahren von otto I. ein eigentliche sippenstreit um die macht im könig- und kaiserreich entstehen würde, sollte otto bei seinem italienfeldzug umkommen, war real.

adelheid, die burgunderin, kannte seit den zeiten ihres grossvaters ein anderes erbrecht, das auch bei den langobarden fuss gefasst hatte. nur einer, der älteste sohn, sollte erbe des königs und damit auch des kaisers werden können. so vertrat sie auch bei den sachsen die auffassung, dass nur der erstgeborene legitime sohn von otto I. ein anrecht habe, könig der sachen und franken und damit nachfolger von otto I. als kaiser zu werden.

so wurde der kleine otto, vor der abreise seiner eltern nach rom zur krönung, der damals gerade mal 6 jährig war, zum neuen könig der sachsen und franken gekrönt. für den fall, dass otto I. sterben sollte, hätte adelheid als erste frau seit römerzeiten die regentschaft für den minderjährigen könig übernommen; für den fall, dass otto II. beim tod von otto I. volljährig sein sollte, wäre er direkt nachfolger seines vaters geworden.

die grosse bewährungprobe

in der tat kam es dicker als erwartet. otto I. verstarb, bevor otto II. volljährig war. und otto II. verstarb ebenfalls, bevor sein sohn otto III. volljährig war. im ersten fall war es adelheid, welche die regentschaft über das ganze kaiserreich übernahm. im zweiten fall war es ihre schwiegertochter, theophanu, die frau von otto II., die gleiches tat. und weil auch sie früh starb, wurde die schon gealterte kaiserin adelheid noch ein zweites mal regentin, um ihrem enkel otto III. die königs- und die kaiserkrone zu sichern.

damit setzte sich das dynastieverständnis im westlichen kaisertum durch, das nicht mehr auf der sippe, sondern auf der familie angelegt war. und es etablierte sich der friedlicher eübergang von einem herrscher zu andern, als dies noch in den wilden zeiten der fränkischen mero- resp. karolinger der fall war. nur dank der doppelten standfestigkeit von kaiserin adelheid.

vater eines destabilisierte resp. mutter eines stabilisierten europas

in den schule lernt man, karl den grossen, als begründer europa, zu verehren. doch ihm gelang es nicht, eine rechtsordnung zu schaffen, die das kaisertum auf dauer sicherte. es war eigentlich adelheid, welche mit ihrer heirat nach sachsen, den römischen gedanken der geregelten nachfolge unter herrschern in die sitten der germanischen franken einbrachte. eigentlich sollte sie als garantin stabiler strukturen in europa geehrt werden.

und anlass dafür wäre heute gewesen. denn den entscheidenden schritt tat die grosse burgunderin am 7. mai 961, als sie die krönung ihres minderjährigen sohnes otto zum einzig legitimen könig von sachsen und franken durchsetzte. nicht schlecht, für meine vorzeige-bümplizerin! aus dank dafür gehe ich grad ins alte schloss bümpliz ein bier kippen, das an der stelle steht, wo früher die burgundischen pfalz war, in der adelheid möglicherweise geboren wurde.

stadtwanderer

serie über die kaiserin adelheid

wir sind viele!

“wir sind viele?” das war die zentrale botschaft der heutigen sympathie-kundgebung für bundesrätin eveline widmer-schlumpf, eine eigentlich republikanischen manifestation der verschiedensten gesinnungen.


“so nicht!”, motto, das das volk auf dem bundesplatz einte

die mitteilungen

mindestens wenn man die kurzfristig aufgestellte infrastruktur als massstab nimmt, müssen die organisatorinen aus der alliance f mit deutlicher weniger teilnehmenden gerechnet haben. mikros und lautsprecher waren nämlich völlig ungenügend, um die mehrere tausned menschen, die sich trotz strömendem regen in bern versammelt haben, akustisch zu erreichen.

wer mitten auf dem platz stand, höre die stimmen auf den kleinen bühne genauso wenig, wie er oder sie die rednerInnen sehen könnte. doch hörte man das periodische klatschen, dass sich von den bühnennahe menschen wie eine lola über den ganzen bundesplatz bis in die seitengassen ausbreitete. am lautesten war es wohl, als judith stamm, alt-nationalrätin und selber einmal bundesratskandidatin klar und deutlich sagte: “es gilt, die wahl zu akzeptieren, ohne wenn und aber!”.

ansonsten verstand man heute vor allem die sprache der vielen körper. von regenschirmen gedeckt, in regenmäntel eingehüllt, von dicken pullovern in allen farben gewärmt, kommunizerten sie gemeinsam: “so nicht!”. gemeint waren die anmassungen der letzten tage, die mobilisiert hatten. eveline widmer-schlumpf erhielt, viel persönlich gemeinten zuspruch, “das” durchzustehen. eingie der mitgebrachten transparente waren politischer und hegten offenen zweifel an der demokratischen gesinnung des gegners.

die mitteilenden

am anfang erschrak man noch, als ballone in allen partei- und lebensfarben im gedrängte krachten. angst, es könnte scharfmacher in der masse haben, schwang mit. doch dann wurde klar: das publikum, das aufmarschiert war, war ausgesprochen friedlich, sodass die polizei, rund um den platz aufgestellt, soweit feststellbar nicht eingreifen musste.

“gottseidank”, dürften sich alle auf dem bundesplatz gesagt haben. einige der anwesenden waren es gewohnt, an politischen demonstrationen anwesend zu sein. zu ihnen zählten bekannte parlamentarierInnen auf bundes- und kantonsstufe, und auch einige mitglieder von heutigen und früheren städtischen exekutiven wurden persönlich gesichtet. für die meisten der heutigen kundgebungsteilnehmerInnen war das erlebnis indessen wohl weniger vertraut: junge frauen, die selbstbewusst, aber unpolitisch auftraten, standen neben landleute, die vom leben gebückt in ihrem hohen alter einfach da standen, und gemeinsam republikanischen geist gegen machtansprüche aller art verkörperten.

höhepunkt war ohne zweifel, als sie, die neue bundesrätin selber auf den platz kam, und sich, in ihrer direkten, menschlichen art für die sympathie und unterstützung bedankte.

was bleibt

das publikum an der heutigen grossdemonstration war ausgesprochen gemischt, um wohl eines ausdrücken: wir sind viel, die im regen standen, um frau widmer-schlumpf und die demokratie nicht im regen stehen zu lassen!

stadtwanderer

mehr fotos in meinem flickr-album