espace bilingue

das haus der kantone in bern war überbelegt. so mussten sich gleich zwei der vier arbeitsgruppen, die sich heute trafen, um über agglomerationspolitik im raum von grossbern zu diskutieren, in einem engen raum tagen. eingeladen hatte die tripartite agglomerationskonferenz, eine plattform für bund, kantone, städte und gemeinden.

48_agglomerations
die agglomerationen der schweiz, räume des urbanen lebens, das mehr und mehr zwischen globaler und lokaler ausrichtung polarisiert wird, brauchen neue brückenschläge


potenciel!

“espace bilingue”, nannte jemand aus der runde das noch schwer fassbare gebilde, das aus den agglomerationen bern, thun, interlaken, burgdorf, solothurn, grenchen, biel/bienne, neuenburg, la chaux-de-fonds, fribourg und bulle besteht.

denn die zweisprachigkeit im herzen des raums wird als eine der chancen angesehen, eine nationale, vielleicht auch übernationale austrahlung neben den eher aussenorientierten, potenziell auch auseinander driftenden metropolregionen zürich, basel und arc lémanique zu erhalten.

wenn es gelingt, die mehrsprachigkeit, bestehend aus deutsch, französisch und englisch an den schulen zu verankern, in der politik zu leben und im öffentlichen leben zu pflegen, würde man einen teil der brüchigen schweizer identität pflegen und den zusammenhalt fördern, hiess es heute. biel/bienne macht das vorbildlich, jedoch ohne andere überzeugen zu wollen. fribourg/freiburg folgt aus eigenem antrieb, wenn auch zögerlich. stadtagglomerationen wie die von bern, deren mehrsprachigkeit weitgehend verloren gegangen ist, müssten jedoch mitziehen, oder wie die von neuenburg, wo man deutsch kaum mehr sprechen wolle.

politik als dienstleistung entwickeln, wurde als eine der zentralen aufgaben der region auf nationaler ebene angesehen. dabei ist die hauptstadt das zentrum. ein teil der verwaltung ist in die region ausgelagert worden, und verschiedene regiebetriebe sind in einige subzentren angesiedelt. drei universitäten, zahlreiche fachhochschulen, und zahlreiche spitäler finden sich in diesem raum; sie alle müssten besser koordiniert werden, um lokale bedürfnisse abzudecken, dank dem verbund aber einen mehrwert für die grossregion zu erzeugen. gerade weil es keinen nennenswereten flughafen hat, erschien der runde die zukunft des berner bahnhofs, die nummer 2 in der schweiz, als dreh- und angelpunkt, der sowohl die nord/süd-, aber auch die ost/west-ausrichtung der grossregionen gewährleitsten müsse, wichtig.

limites?
an diesem punkt setzte heute die kritik an. der raum dies- und jenseits der sprachgrenze müsse sich wirtschaftlich entwickeln, forderten verschiedenen vertreter von unternehmen, denn er lebe zu stark von öffentlich finanzierten projekten und vom subventionsausgleich aus anderen regionen.

sichtbar wurde in der expertenrunde auch, dass trotz nationalen projekte wie die expo 2002 in diskutierten gebiet keine gemeinsame identität entstand, die national oder gar international ausstrahle. einzelne städte, tourismuszentren oder herausragende unternehmen, die man kennt gibt es sehr wohl, doch wirkt alles als ausgesprochene aktion von einzelgängern.

bei diesen stichwort kam auch einige kritik gerade an bern als stadt und kanton auf. zu sehr throne man in der mitte des raumes, setzte darauf, dass man in die aarestadt müsse, um politische fragen zu klären. doch verhalte man sich wenig visionär, um auch ein eigentlicher magnet zu sein, der über pendlerströme hinaus eine eigentliche anziehungskraft im ganzen espace bilingue entwickle.

à faire …
wer macht den ersten schritt auf dem weg einer weiten wanderung?, dachte ich mir, als ich das haus der kantone wegen anderweitiger verpflichtungen leider verlassen musste …

stadtwanderer

stadtwandern zu “50 jahre nach der geburt der zauberformel”

die stadtwanderer-saison 2009 hatte ich eigentlich schon abgeschrieben. doch nun kam heute eine überraschende anfrage. und so wird es am 17. dezember noch eine überraschungstour geben.

SCHWEIZ GESAMTBUNDESRAT 1959details verrate ich noch nicht. hintergründe, warum ich zugesagt habe, aber schon: am 17. dezember 1959 waren bundesratswahlen. jene, die zur zauberformel führten, der zusammensetzung des bundesrates aus dem damals vier grössten parteien, die bis 2003 unbestritten blieb, und indirekt bis heute nachwirkt.

wählerstärkste politische kraft war 1959 die sp mit 26 prozent, gefolgt von der fdp mit 24 prozent, der kk (heutige cvp) mit 23 prozent und der bgb (heutige svp) mit 12 prozent.

ursprünglich bestand der bundesrat aus lauter freisinnigen. 1891 gaben sie, zwischenzeitlich zur fdp mutiert, einen sitz der kk ab, 1919 einen zweiten an diese partei und 1929 einen auch an die svp. die absolute mehrheit verlor die fdp 1943, als man erstmals auch die sp im bundesrat berücksichtigt wurde. doch trat ihr einziger vertreter 1953 zurück, sodass während 6 jahren die zusammensetzung nicht eindeutig war. meist regierten in dieser übergangsphase je drei vertreter der fdp, der kk und ein mitglied der bgb die schweiz.

die bgb war zwar im bundesrat nicht nötig, doch brauchte es sie, um im parlament mehrheitsfähig zu sein. mit drohungen im parlament auszuscheren, konnte die bgb immer wieder ihre sonderinteressen für das gewerbe oder die landwirtschaft durchsetzen. so hielt die kleine partei die grossen in schach.

um daraus ausbrechen zu können, schmideten kk und sp einen plan für die aufnahme der linken in den bundesrat. die katholisch-konservativen verzichteten auf einen ihrer sitze. gemeinsam machte man in der folge der fdp einen solchen streitig, sodass die neuen formel “2:2:2:1” entstand und konkordanz nun parteipolitisch übergreifend verstanden wurde.

man weiss es: diese formel brachte der schweiz politische stabilität. für sachpolitische entscheidungen brauchte es zwei der drei grossen parteien, ohne dass immer die gleichen allianzen entstehen musste, was die politik flexibel hielt. und in der variablen arithmetik für mehrheiten hatte erstmals in der geschichte des bundesstaaten die kk die schlüsselposition inne.

erst mit dem erstarken der svp, die in den 90er jahren den erstarkenden nationalkonservatismus in der bevölkerung in sich aufnahm, veränderte sich das parteipolitische gefüge grundsätzlich. 2003 wurde die zauberformel gesprengt. die cvp verlor ein mandat an die svp, die wahlarithmetische gründe geltend machte. doch scheiterte 2007 die wiederwahl christoph blochers, und seither sind zahlenmässige begründungen durcheinander geraten. immerhin, 2009 kehrte man wieder zur rechnerischen verteilung nach wählerprozenten zurück, als die cvp versuchte, der fdp einen sitz streitig zu machen.

genau 50 jahre nach der grossen weichenstellung in der bundesratswahlgeschichte freut es mich, eine ganz spezielle stadtwanderung machen zu können, welche der entstehung der voraussetzung politischer konkordanz mit politprominenz nachgehen wird.

ohne zweifel, das wird ein anlass zum nachdenken sei, wo die schweiz heute steht, und wie es weiter gehen könnte. mehr dazu später!

stadtwanderer

zwischentöne nicht überhören

gut, das wochenende war streng. besonders streng. deshalb habe ich die letzten tage hier kaum mehr gebloggt. doch das soll sich wieder ändern. ich beginne, mit einem rückblick – in eigener sache.

bernheute wurde ich beim stadtwandern von einem jüngeren mann angesprochen. es ging – natürlich – umso wochenende. warum sei die prognose so falsch gewesen, habe er sich gefragt. gestern nun habe er via 10vor10 eine teilantwort erhalten: weil man in der schweiz die letzten zwei wochen vor einer volksabstimmung keine umfragen hierzu machen dürfe.

ich war erleichtert, das zu hören. denn die reaktionen gerade am montag waren nicht immer gleich interessiert und angenehm. gut, ich habe mir das scheinbar selber eingebrockt. mit meiner sog. prognose.

es sei nein: 37 prozent dafür, 53 prozent dagegen. damit sei alles klar!

mintnichten! interessanterweise zitiert niemand meine wirkliche prognose; sie war 10 tage vor der abstimmung: “Momentan ist die Ablehnung der Minarett-Initiative wahrscheinlich. Doch der Trend geht ins Ja, was jede Prognose unsicher macht.”

hätte ich das am tag vor der abstimmung mit einer umfrage vom freitag gemacht und wäre es dann anders heraus gekommen, wäre ich am sonntag zurecht ein erledigter berufsmann gewesen, sagte ich meine unbekannten. doch die hohe politik will die sperrfrist und es halten sich die umfrageinstitute halten daran, fahre ich fort. so sind die umfragen samt produktions- und analysezeit effektiv rund 17 tage alt, wenn abstimmung ist. wenn in dieser zeit nichts geschieht, könnte man die letzte umfrage mit einer prognose gleichsetzen.

klar, sagt mein gegenüber, während wir, angesichts der wachsenden länge unseres gespräches unter den lauben schutz vor dem mittagsschnee suchen. soll man da nicht auf umfragen verzichten?, werde ich gefragt. nein, gebe ich zur antwort, aber mobilisierungseffekte, meinungsbildungen in letzter minute, und selbst meinungswechsel nicht ausschliessen. weder als forscher, noch als konsument entsprechender produkte.

wir haben uns im direkten kontakt verstanden, merke ich und schliesse: wenn zahlen, trends, analyse und erfahrungen eine klare richtung aufweisen. wenn nicht, werde ich das ein ander mal noch deutlicher machen.

was dabei herauskommt, kann ich aber nicht prognostieren. gerade deshalb war mir das gespräch wichtig. denn auch die zwischentöne kommen so richtig rüber.

stadtwanderer