jeder ein kleiner könig, jede eine kleine königin

früher ging ich mit meinen eltern in den süden in die ferien. das meer, der sand und die sonne lockten. doch die toiletten schockten. „abfahrer-schiissi“ nannte ich löcher, über man lange huren mussten, als würde man widersinnig mitten im sommer den sieg am lauberhorn anstreben. jetzt fahre ich mit meiner partnerin seit 10 jahren in den norden in die ferien. das mehr haben wir gegen den wald vertauscht, und die vielen beeren ersetzen uns den sand. geblieben ist nur die sucht nach der sonne. denn selbst mein staunen ueber die nordischen toiletten ist heute verschwunden.

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politische überzeugungen an den privatesten orten – typische für schwedens plumsklos ausser haus (foto: stadtwanderer)

ein schwedisches sommerhaus hat bis heute keine eigenes „wc“. dafür geht man in den wald, wo es, an einem stillen örtchen, nach gut altgermanischer sitte ein gemeinschaftsklo hat. eine kleine hütte reicht dafür, versehen mit einem brett, indem es ein loch hat. plumpsklo in freier wildbahn nennt man das wohl am besten.

und das ist in schweden fast schon kult! denn ein schwedisches plumpsklo ist nicht einfach ein plumpsklo. es ist wie eine kleiner thron. denn in schweden sind jede und jeder ein kleiner könig oder eine kleine könig. lässt man etwa die hüttentüre in der einsamkeit offen, sieht man in den wald, auf die wiese oder über den see. die ganze herrlichkeit der natur ist vor einem. was die götter den menschen geschenkt haben, gibt es in hülle und fülle um einen herum.

hie und da sterben ein paar der leibeigenen. so ist der zeiten lauf! dann werden sie, wie es sich gehört, der erde zurück gegeben. das ist keine klinisch saubere operation in einem emailierten labor. nein, es ist ein ganz normaler teil des lebens in natürlicher umgebung. und um den verwesung zu stoppen, gibt man den abgegangen noch etwas kalk und holzspäne mit auf den langen weg.

das ist nicht nur ein erfundener vergleich. unsere toilette im schwedischen wald, die ich nicht selber gemacht habe, ist, seit ich sie benutze, eine art thronsaal. links und rechts hat es überall bilder aufgehängt von der königsfamilie, die gut auf ihren untertanen achten!

anders als im süden, wo ich mich an die toilette nie gewöhnen konnte, finde ich die im norden zwischenzeitlich hygienisch sehr sinnvoll. vielmehr lässt mich, regelmässig bei unserer rückkehr in die schweiz staunen, dass man ein „wc“ in den eigenen vier wänden für ganz normal hält.

stadtwanderer

carro

die spannung war hoch. denn es war der letzte sprung der konkurrenz. würde die nummer 1 auch hier gewinnen, wie man es erwartete, oder wuerde sie tatsächlich nur zweite werden?

v_nde_och_vann_173167w.jpgdas publikum auf der tribüne klatschte rhythmisch. der star des abends war eben erst aufgestanden, hatte sich gegen die menschenmenge gerichtet, um es mit händen aufzufordert in den nächsten minuten gedanklich mitzuspringen.

je näher der sprung kam, desto lauter wurde nicht nur das klatschen. es schwoll auch die musik aus dem lautsprecher an, bis das das kleine stadion in karlstad zu platzen drohte.

dann nahm die gross gewachsene athletin aus dem schwedischen växjo ein letztes mal mass. mit ihren augen fixierte sie die sprunggrube. nur noch ein kleines, aber alles entscheidendes stück des weges trennte sie noch davon, als sie sich nach vorne bückte, sich in die anlaufbahn warf, um sie schnellen schrittes zu durchrennen.

einmal, zweimal, dreimal sprang sie, bevor sie ihre beine und arme entschieden nach vorne warf, um noch einige zentimeter in ihrem dreisprung hinzu zu gewinnen. selbst als als sie im sand gelandet war, blieb sie nicht still, juckte sofort wieder auf, hüpfte und tanzte, als wollte sie sagen: der war gut!

das publikum war bereits aus dem häuschen. die siegerin der herzen stand fest bevor die länge des sprungs fertig ausgemessen war.

der publikumsliebling aller leichtatheltikstadien in schweden schaute gespannt auf die anzeigetafel. sekunden des wartens vergingen, die wie jahre des lebens erschienen, bevor das ergebnis aufleuchtete.

begonnen hatte alles mit dem wohl ulkigsten dreisprung der saison. er war der grossen favoritin nach dem ersten sprung so gründlich misslungen, dass sie nur noch durch die sandgrube trockelte. am ende lachte sie über sich selber, und die leute rund um sie herum verziehen ihr die kapriole. im zweiten umgang stellte sie dann schon fast alles klar: stadionrekord und selbstredend die führung in der konkurrenz, war die antwort auf den verpatzten anfang. bis in die sechste runde behielt diese auch, ehe ein russin mit einem wirklich guten sprung, wie der stadionspekaer kommentierte, an ihr vorbeizog.

doch dann kam die erlösung!

carro, mit ganzem namen carolina klüft, wie man die 25 jährige olympiasiegerin schon mit verehrung nennt, sah ihr ergebnis aus dem letzten sprung. die 14 vor dem punkte hatte gereicht, um sie erneut tanzen und die arme jubelnd über dem kopf zusammenschlagen zu lassen. wäre sie noch einen kurzen fuss weiter vorne gelandet, hätte sie gleich auch ihren eigenen schwedischen rekord im dreispringen gebrochen.

doch die zentimeter des weiten sprungs interessierte niemanden mehr. denn carro war siegerin. die nummer 1 trug sie schon die während des ganzen meetings auf ihrer brust. das war schon fast symbolisch, denn hier erwartet jeder und jede, dass carro in peking auch die nummer 1 sein wird, selbst wenn sie zur überraschung aller im siebenkampf ihren titel nicht verteidigen will. im weitsprung bestehen chancen, im dreisprung müsste sie wohl bis zum allerletzten über sich hinauswachsen.

doch das tat die schwedische musterathletin bisher eigentlich immer.

stadtwanderer

svenska …

schwedisch ist eine skandinavische sprache, die man spricht, schreibt und liest. sie ist dem norwegischen und dem dänischen verwandt, beschränkt auch dem isländischen. zusammen bilden sie die nordgermanischen sprachen. mit dem finnischen und samischen ergeben sich dagegen nicht, denn das sind keine indoeuropäischen sprachen.

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am einfachsten ist für uns die aussprache im schwedischen. mit wenigen ausnahmen stehen die buchstaben für die gleichen laute wie im deutschen. das ist nicht der fall für das „ü“, das man im schwedischen als buchstaben nicht kennt; für das helle „ü“ steht das „y“, für das dumpfe „ü“ das „u“. für unsern „u„ gibt es den buchstaben „o“. „o“ wiederum wird im schwedischen mit „å“ geschrieben, während „a“ „a“ ist. immerhin!

nicht mehr so einfach sind die wörter:“noll, ett, två, tre, fyra, fem, sex, sju, åtta nio, tio, elva, tolv“ sind für die zahlen von 0 bis 12 gewöhnungsbedürftig. das gilt auch einigermassen für „tjugo“, „zwanzig“, weniger aber für „hundra“ und „tusen“; da erkennt man die zahlen schon klarer.

bei den wörtern schliesslich ist die sache bisweilen kompliziert: „ost“ ist nicht das gegenteil von west, sondern „käse“. und „öl” ost nicht nicht-essig, sondern bier. manchmal hilft einem jedoch die schweizer mundart, um zu verstehen, was was ist. beispielsweis ist „gammal“ dem „vergammelten“ ähnlich und meint „alt“. viele der neuen begriffe sind importiert. eine schwedische „bank“ ist eine „bank“, eine „apotheke“ eine „apotek“. und beim „restaurang“ ist auch klar, was es meint, selbst wenn es ein „värdshus“ ist.

bis heute kann ich nicht eigentlich schwedisch reden, – ausser dem allernötigsten wie „jag talar bara litet svenska“, was man auch mit „do you speak english“ übersetzen kann. das schreiben würde mit viel mühe bereiten, aber einem fernsehfilm kann ich folgen. und einen zeitungsartikel korrekt zu verstehen gelingt mir auch immer häufiger.

die einflüsse zum englischen ergeben sich aus der aktualität. sie sind wachend. heute können auch die allermeisten schweden nebst ihrer eigenen sprache englisch, und so gibt es auch übertragung von der einen zur anderen sprache.

deutsch ist dagegen in schweden seit dem zweiten weltkrieg rückläufig. historisch gesehen ergeben sich aber viele übereinstimmungnen zum niederdeutschen, das man im norden spricht. sowohl die hanse, wie auch die schwedischen besitzungen auf dem kontinent haben hier das ihre beigetragen.

das schriftsprache entsteht schwedisch vielerorts mit der bibel. sie ist der lateinischen übersetzung ins deutsche, die luther verfasst hat, nachgebildet. Ladislaus petri, der bruder des reformators, hat auch das populäre schwedische kirchgesangbuch geschrieben.

die standardisierte form des schwedischen, die man schreibt, entspricht dem mittelschwedischen dialekt. der tönt schon einiges anders als der südschwedische, wo es viele einflüsse aus dem dänischen gibt, und den sprachen in den grenzgebieten wie in värmland oder dalarna, die dem norwegischen verwandt sind. die regiolekte sind für aussenstehende meist schwerer zu verstehen. sie wirken auch weniger artikuliert. ob es im schwedischen auch schichtbezogene soziolekte gibt, weiss ich nicht. angesichts des verbreitet gelebten gleichheitsideals in schweden, zweifle ich aber stark!

„tack“ für „danke“ verwende ich selber sogar in meinem alltag in der schweiz. eine szene in narvik, wo wir auf den zug nach kiruna wollten, kommt mit da unweigerlich in den sinn, standen doch zwei asiaten an der theke und bedankten sich für das bier, indem sie sich leicht verneigten und gemeinsam „tacky-tacky“ sagten.

mein lieblingswort im schwedischen ist übrigens „varsågod“, was bitte heisst. auch da hilft die mundard weiter: „beschsoguet“ ist fast wie „waschoguhd“.

hej da/o

stadtwanderer

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die suppe als lebenselixier

suppemachen ist für den waldmann nicht kochen. es ist eine art lebensphilosophie. der körper muss gestärkt werden, der poren sollen geöffnet werden, sodass sich der geist entwickeln kann. auf jede form von luxus ist aber zu verzichten, erzählt unser nachbar im schwedischen wald. 

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impression aus dem garten unseres nachbarn, jedem luxus abhold und voll aus selbstgemachte suppe eingeschworen (foto: stadtwanderer)

seit vielen jahren esse er eigentlich nur noch sein selbstgemachte fleischsuppe, erzählt h. an seinem küchentisch, und schenkt uns allen eine schale davon ein.

eineinhalb kilo schwedisches rindfleisch nimmt unser nachbar auf einmal. das brät er zuerst ganz heiss an. dann legt er es in den kühlschrank, denn kalt könne man es am besten schneiden. Schliesslich kocht er das klein geschnittene fleisch im wasser. am schluss kommen noch spaghettini dazu; fideli nennt er sie.

doch das geheimnis seiner suppe sind die kräuter. acht verschieden habe es darin. einzeln könne er sie nicht mehr nennen, antwortet der alte mann auf mein frage. doch dann steht er auf, schiebt im oberen küchenschrank die türe beiseite und zeigt uns voller stolz die vorräte seiner acht kräutermischungen. dazu komme noch schwarzer pfeffer, fügt er beim aber nur in ganzen körnern. und kein salz habe es in seine guten suppe.

wir rühren noch lange in unseren schalen, als er erzählt, denn die suppe ist noch ganz heiss. dann beginnen wir zu schlürfen. andere leute würde eine solche suppe nur ein oder zweimal essen, dann hätten sie genug. für ihn sei das 80 prozent seiner ganzen nahrung, seit mindestens 8 jahren, lässt uns h. wissen. Auf jeden fall sieht er nicht krank aus!

als wir uns für das lebenselexier bedanken wollen, weißt der alte mann die komplimente zurück. also verabschiede mich, indem ich mich ausdrücklich nicht bedanke. das sei gut so, ruft mir h. nach.

es ist wunderbar, so genährt, gewärmt und geweckt wieder nach hause zu gehen.

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viel holz vor dem haus

unsere schwedenofen heisst eichhörnchen. so wie die putzigen tierchen nüsse in die mund stopfen, füllen wir unseren ofen mit gespaltenem holz. und so schnell wie ein eichhörnchen seine nüsse zu verstecken weiss, verschwindet auch unser holz. einziger unterschied: gescheite eichhörnchen finden ihre vergrabenen nüsse wieder, während wir menschen unsere holzvorräte immer wieder selber auffüllen müssen.

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vollbrachtes tageswerk in der abendsonne als kleiner spiegel der kindheit (foto: stadtwanderer) 

genau das war heute angesagt. gesägt wurden die scheite ohne meine hilfe. diese beschränkte sich darauf, eine sinnvoll beige auf dem vielen vor dem haus aufzubauen. zu unters lagen deshalb flache bretter, die das holz vor feuchtigkeit schützen würden. dann kamen die längsten stücke holz, gefolgt von den mittleren. zuoberst stapelte ich dann, was an kleinholz noch übrig blieb.

als die beige fertig war, betrachteten wir unsere neuen vorräte. dieses jahr werden wir sie wohl nicht mehr gebrauchen, doch nächsten jahr gibt es bestimmt wieder kalte tage, und dann sind wir froh, vorbereitetes und gelagertes holz zu haben. holz vor dem haus zu haben, sind wird uns einig, gibt sicherheit, wärmt schon bevor es brennt und lässt einen ruhig schlafen.

nach unserem kurzen gespräch wurde ich unweigerlich an meine kindheit erinnert. auf der schulreise in der zweiten klasse, die uns auf einen aussichtsturm in othmarsingen im kanton aargau führte, wurden wir kinder am abend auf dem bauernhof der lehrerin abgeholt. die nachbarn reichten uns, weil sie einen grossen combiwagen hatten. da hatten alle kinder auf einmal platz.

auf der heimfahrt verhandelten der fahrer und der beifahrer die lehrerin, wie das einfach gestrickte männer so tun, wenn sie eine ihnen bisher nicht bekannte frau gesehen haben, und meinten, sie habe viel holz vor dem haus.

nichts ahnend, mischte ich mich in ihr gespräch ein, ich bestätigte ihre ansicht. es habe holz auf allen seiten des bauernhauses, hätte ich bei meinen erkundigungen gesehen.

doch die nachbarn lachten mich nur laut aus!

sie meinten, wenn die lehrerin „viel holz vor dem haus“ habe, sei das eine redensart für ihre oberweite. Ihre brüste seine wirklich toll.

ich war danach die ganze heimfahrt still und verlegen. und auch jetzt noch ein wenig, wenn ich meine holzbeige vor dem haus betrachtete, die ich nichts mehr ahnend aufgebaut hatte.

eichhörnchen haben es wirklich einfacher im leben!

stadtwanderer

alter ego

das andere ich in sich erfährt man erst, wenn man seine normale umgebung verlässt.

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nein, nein, zum ralleyfahren bin ich in schweden nicht geworden, zum autofahrer aber schon (foto: stadtwanderer) 

nach schweden zu gehen, ist zu allererst eine kulturelle erfahrung. man wechselt ja nicht von einer gewohnten in eine ungewohnte umgebung. das ginge ja noch, zumal in vielen teilen der schweizerischen wie auch der schwedischen kultur germanische elemente spuerbar sind. nach schweden aufs land zu gehen, ist vor allem ein gewaltiger zeitsprung, quasi eine reise in die anfänge der zivilisation.

die ersten 10 tage in den ferien sind der desozialisation gewidmet: man vergisst die erwartungen der gesellschaft sehr schnell, setzt sich selber normen, und vor allem sucht man seinen eigenen, natuerlichen rhythmus. du schläfst solange es nötig ist, du isst dann, wenn du hunger hast, und du sprichst nur dann, wenn es leute hat. und das ist eher selten.
also ist man, ohne narzistisch zu sein, stark auf sich konzentriert.

doch nicht nur das “ego” interessiert. man entdeckt so sein alter ego, das andere ich, das im sog. normalfall kaum platz hat, verdraengt wird oder abgespalten von einem weiter lebt!

meine diesjährige erfahrung mit dem alter ego betrifft das autofahren. in der schweiz bin ich fast 30 jahre nicht mehr hinter dem steuerrad gesessen. meine vagen erinnerungen reichen in die späten 70er des 20. jahrhunderts im vorringen jahrtausend zurueck …
selber habe ich mir immer eingeredet, ich könne das nicht (mehr), schlafe viel zu einfach ein, um auto zu fahren, das sei zu gefährlich, und natuerlich verschmutze man dabei die umwelt unnötig.

hier, wo die distanzen ganz anders und die angebote des oeffentlichen verkehrs auf dem lande unvergleichlich schlechter sind, muss man sich fast zwangsläufig umbesinnen. man hat letztlich keine frei wahl!

und siehe da: nun sitze ich wieder im auto, drehe den zuendschluessel, lege gänge ein, gebe gas und rudere mit dem steuerrad durch die gegend, wie wenn nie etwas dazwischen gewesen wäre …

ach, selbstverständlich bin nicht ich das, der auto fährt, sondern mein alter ego!

hej då

stadtwanderer

smaklig maltid!

die schwedische küche geniesst international keinen ganz so guten ruf wie etwa die französische. dafür ist die qualität im alltag nicht sinkend, sondern steigend. ausserhalb stockholms, wo sich die moderne trendküche entwickelt, bleibt die traditionelle husmanskost im schwang.

imgp1937.JPGkleine speisen
nichts ist so schwedisch an der schwedischen küche wie smörgasbord. wörtlich genommen ist es ein „butterbrottisch“. Doch keine angst: auch in schweden ist man kein birkenholz!

vielmehr meinte man damit ursprünglich den reichlich gedeckten nebentisch. die heutige wortverwendung bezieht sich nicht mehr auf das unterholz, sondern auf die vielen blätter: smörgasbord meint am ehesten ein buffet mit belegten broten mit gesalzener butter, bestrichen mit leber-pastej oder garniert mit karnelen, kaviar oder lachs, ausgekleidet mit salaten, gewürzt mit dill und mit den unverwechselbaren süss-sauren schwedischen gurken angerichtet.

fisch und fleisch
das warme hauptessen besteht ueblicherweise aus fisch oder fleisch. hecht und zander, ganz besonders aber hering und lachs sind am beliebtesten, während elch und rentier zu erlesensten gehört. klar besser als in der schweiz  ist rindfleisch, das ebenfalls häufig gegessen wird. klassisch wie bei allen germanen ist schweinefleisch, selten verspiesen wird dagegen (ganz zu meinem leidwesen) lammfleisch.

wenn das fleisch nicht am stück serviert wird, dann gibt’s fast sicher sköttbullar, gehacktes, das gut gewürzt zu kleinen klössen geformt gegessen wird. schwedisch ist es, dazu eine sämige sauce mit pilzen und preiselbeeren zu servieren, in der auch die ausgezeichneten schwedischen kartoffeln baden.

all diesen leckereien zum trotz ist pytt i panna mein lieblingsrgerichtin schweden. wenn es kalt ist und man keine lust hat, gross zu kochen, empfiehlt es sich, kartoffeln klein gewürfelt zu schneiden, den resten gemüse oder wurst in feine scheiben zu schnitzen und ein ei darüber zu geben. denn schon ist das feine gericht gemacht.

süssigkeiten
bei der nachspeise dominiert eindeutig der wald: beeren aller art sind in, am liebsten natürlich heidelbeeren. und wenn es ganz hoch kommt, dann serviert man den schmaus auf waffeln.

zum kaffee (“verunstalte ihn nicht mit zucker!“) bevorzugt man wie überall süsses. kanelbullar ist hier der eigentliche favorit der schweden. das sind kleine schnecken aus hefeteig mit einer festen füllung, angereichert mit zimt. ueberhaupt, zimt wird viel mehr verwendet als bei uns. so ist immer ein wenig wie im tiefen winter.

milch und brot
brot gibt es in allen sorten. dunkler roggenbrot ist verbreitet, aber auch halbweises wird gegessen. häufig haben die brote schon konfitüre in sich, zur stärkung, aber nicht zu meiner freude. denn ich ziehe den butterweichen svenk honung, den schwedenhonig, als aufstrich klar vor.

natürlich darf das knäckebröd wasa nicht unerwähnt bleiben. die vielen arten, die es in schweden gibt, beschreiben zu wollen, ist allerdings sinnlos. ich bevorzugt „ekologiskt“ mit vollkorn! Bei uns weniger bekannt, im norden aber beliebt ist tunnbröd, ein ganz dünnes knäckebrot, das unter alles gelegt werden kann.

speziell erwähnt werden muss die milch. erstens ist sie sehr gut, und zweitens vielseitiger als wir es uns gewohnt sind. normale milch ist mjölk, ganz speziell ist filmjölk (eine mischung aus yogourt und sauermilch). reichlich ist die auswahl an käse, doch verbessert sich die originalität erst in jüngster zeit. ganz speziell sind die geissenkäse.

saft, bier, aber keinen wein
getrunken wird saft, erstellt mit allen früchten. man kann sagen, dass das das älteste und natürlichste getränk ist. es ist quasi heidnischen ursprungs. christlichen ursprungs ist in schweden das bier, das vormals in den klöstern produziert wurde. heute ist es fest in dänischer hand. getrunken wird es dafür in reichlichen mengen, denn es ist dünner als bei uns üblich. und weil die römer nie in schweden waren, hat sich bis heute der wein nicht richtig durchgesetzt. lange zeit gab es wein nur in speziellen staatlich geführten läden (systembolaged), die am ehesten einer drogenabgabestelle bei uns glichen.

das galt übrigens auch für schnäpse. dennoch gibt’s die in jedem haushalt. aquavit ist natürlich am beliebtesten, und wohl auch am besten. „O.P Anderson“ ist mein klarer favorit, zu dem man vor und nachdem essen nur „skål“ (sprich: skol) sagen kann!

hej då

stadtwanderer

victoria!

victoria feierte an diesem 14. juli ihren 31. geburtstag. doch die schwedische kronerbin hat es nicht leicht: sie ist unverheiratet, und wird es, wenn man den adeligen sitten folgen sollte, auch bleiben. denn sie liebt einen bürgerlichen, und sie ist gewillt, diesen und nur zu ehelichen!

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daniel westling ist ein gut aussehender fitness-lehrer in stockholm. und er hat wachsende aussichten, der nächste könig von schweden zu werden. denn seit acht jahren lieben sich victoria und daniel, allen hindernissen der herkunft zum trotz.

lange zeit war ihre liebe unbekannt. dann wurde sie zum grossen thema der klatschpresse, wenn auch eher der deutschen als der schwedischen. und mit ihm verband sich die frage: sollte ein bürgerlicher die nachfahren einer fernen verwandten von kaiser napoléon die zukunft als schwedischer könig sichern?

diesen sommer ist man der antwort auf die frage ein stück näher gekommen. mit einwilligung des könig carl xvi. gustav mietete sich daniel für 500 euro monatlich im roten gärtnerhaus des schloss drottningholm im stockholm ein. und seither darf spekulatiert werden: ist das nun schon eine art verlobung? hat papa carl endlich sein ja wort zur ehe zwischen dem sportlichen daniel und seiner koketten victoria gegeben? und hat er die nötige zustimmung des bürgerlichen ministerpräsidenten schon eingeholt?

die royalistisch gesinnten kritiker sehen schon den letzten, entscheidenden schritt im niedergang des schwedischen königtums kommen, der im 19. jahrhundert begann, als die familie von jean baptiste bernadotte, dem schwager des bruders von napoléon bonaparte, schwedischer könig wurde. seither hat schweden norwegen vorloren, ist die macht des schwedischen könig sukzessive verringert worden. seit 1971, als der sozialdemokratische ministerpräsident olof palme mit der grossen regierungsreform dem könig seine verfassungsgebende macht entzog, ist man in schweden nicht eine repräsentative monarchie.

für die mehrzahl der schwedInnen ist das kein nachteil. Sie stehen zu ihrem könig carl gustav („ich kann nicht wirklich schreiben“) und seiner silvia („eine gebürtige deutsche“). Mit dem strengen gustav vasa, dem begründer der schwedischen erbmonarchie haben sie schon längst nichts mehr gemeinsam, wenn er mit kapitänsmütze und sie mit deux-piece den kamera zu lächlen. Und so wird die heirat zwischen victoria und daniel weder das schwedischen königshaus beenden, noch ein wirkliche bruch darstellen. vielmehr wird man darin genauso die zeitgemäss fortsetzung der monarchie für bauern, arbeiter und bürger sehen, wie für zeitgemäss leben frauen und männer.

hej då

stadtwanderer

besuch bei der grossen alten dame

mårbacka ist in schweden ein häufiger ortsname. doch marbacka bei sunne in värmland ist für die schweden einmalig. 5 millionen gäste waren in den letzten gut 50 jahren hier. denn diese mårbacka ist der ort, von dem aus selma lagerlöf geschrieben hat.

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selma lagerlöf, das ist zuallerst nils holgerson, der kleine junge der auf einer gans durch ganz schweden fliegt, um alle wunderbaren orte des landes kennen zu lernen. elma, die ausgebildete lehrerin, hat das buch für den geografieunterricht geschrieben, und es ist zu einem der erfolgreichsten jugendbücher des 20. jahrhunderts geworden. debütiert hatte sie mit göste berlings saga, einem roman, der in der umgebung von mårbacka spielt. für dieses, in der schwedischen literatur bahnbrechende buch hat sie 1909 als erste frau überhaupt den literaturnobelpreis bekommen.

1858 wurde die kleine selma in mårbacka geboren, 1940 verstarb sie im gleichen haus, in dem sie auch die meiste zeit gelebt hatte. der familienbesitz war immer schon stattlich, und er ist während und nach selmas wirken angewachsen. heute umgeben ein grosser park mit seltenen vögeln und alten pflanzen, mit einem teich, gartenwirtschaft und einer bücherbutik das lebenszentrum der vielfach übersetzen und ausgezeichneten schriftstellerin aus värmland.

im sommer kommen die leute gerne hierher aufs land hinaus, um zu sehen, wo die beliebte selma gewirkt hatte. wer den weg in die hügeligen moorlandschaft nicht scheut, kommt auf seine rechung. denn das haus wurde in der form und in dem zustand belassen, indem es war, als die produktive hausherrin verstarb.

die kundige führung beginnt unten im haus. gezeigt werden der öffentliche bereich mit dem salon, dem esszimmer und der küche, indem auch die gäste waren. dann steigt man die treppe hoch, in den privateren bereich. Man sieht die bibliothek, das schlafzimmer, um endlich in die schreibstube der schriftstellerin zu treten. ganz hinten, an einem hellen ort, steht unverrückt ihr pult. der kalender zeigt noch immer märz 1940. und selbst ihr gehstock liegt noch griffbereit neben der schreibfläche. dazwischen findet sich ein schreibblock und die alte adler-schreibmachine, auf der die grosse dame der modernen schwedischen literatur schrieb.

der einblick in das leben der grossen schwedischen schriftstellerin endet mit einer tonbandaufnahme ihrer kurzen rede, die sich zu ihrem 80.geburtstag im nationalen radio hielt. sie dankt darin allen schweden und ihren kindern, die ihr so viel geschenkt haben, und sie wünscht sich, dass ihr andenken weiter geht, auch wenn sie den weg in ihre tod gegangen sein werde.

weniger als 2 jahre danach verstarb selma lagerlöf. sie erlebte noch den anfang des zweiten weltkrieges, der in schweden mit dem krieg zwischen russen und finnen verbunden war. selma stiftete, das sie gerade kein kleingeld übrig hatte, ihre goldmedaille, die sie bei der überreichung des literaturnobelpreises bekommen hatte. später wurde aus der region das geld gesammelt, um das gedenkstück zurückzukaufen, und um es in wirklichen mårbacka auszustellen.

hej då

stadtwanderer

bild: ausblick aus dem garten von selma lagerlöf über die ebene von marbacka, foto: stadtwanderer

wenn der kampf ums überleben erst mit dem tod endet

es brennt der wald. es lodert das feuer. es krachen die bäume, und es riecht nach verbranntem. man wähnt sich mitten in einer katastrophe. doch man ist in der eingangshalle des finnskogen-museum, dem zentrum für finnische forstkultur im schwedischen torsby, das an das leben und sterben der finnischen waldnomaden in värmland erinnert.

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der stolze anfang

der einstieg in die ausstellung ist dramatisch und typisch zu gleich: dem urwald menschliches leben abzugewinnen, ist ein knallharter überlebenskampf. er beginnt mit rodungen des unendlichen waldes, die in den wind gelegt werden muss, damit sie sich nicht unkontrolliert ausbreiten. derkampf setzt sich mit der aussaat des roggens fort, der in die noch heisse erde gestreut wird. geerntet werden kann er erst im übernächsten herbst. dafür ist sein wachstum siche, sodass nahrung für den übernächsten winter in aussicht steht, und auch das nur einmal. schwendewirtschaft nennt man das schrittweise vorgehen beim getreideanbau bis heute, das für die finnischen siedlerInnen in den mittelschwedischen wäldern lange zeit charakteristisch war.

die angepasste waldkultur

die volkskundliche ausstellung über das leben der finnischen siedlern im schwedischen wald zeigt nebst den rodungen auch den hausbau und den volksglauben den waldfinnen, die im 16. jahrhundert erstmals von könig gustav wasa aus karelien geholt wurden, um den urwald im schwedischen hinterland zu erschliessen. die schliesslich rund 20’000 menschen zogen namentlich im 17. jahrhundert schichtweise rodend und hausend bis in die norwegische berge. niedergelassen haben sich die meisten von ihnen im nördlichen teil der heute schwedischen provinz värmland, wo auch das städtchen torsy ist.

die finnenhöfe unterscheiden sich von den typisch schwedischen bauernhäuser. zunächst sind sie kleiner und einfach, dann auch in andere haustypen aufgeteilt. im zentrum steht das wohnhaus, rauchstube genannt. das ist durchaus ernst gemeint: denn der lebensmittelpunkt besteht aus einem ofen ohne abzug. die rauchentwicklung ist gewollt, denn sie hält die wärme länger als sonst in der holzhütte. nach dem gleichen prinzip funktioniert das erste nebenhaus, das der hygiene gewidmet und bei uns als sauna bekannt ist. im zweiten nebenhaus, der darre, wird das getreide getrocknet.

eine eigentliche landwirtschaft, die nicht auf neue rodungen setzte, entstand bei den waldfinnen erst im 18. jahrhundert, als die besitzer mächtiger eisenhütten ebenfalls anspruch auf den wald erhoben. viehzucht und ackerbau, der mit einfachsten mitteln im steinigen gelände betrieben wurde, bildeten nun nebst der waldwirtschaft die grundlage der existenzsicherung.

die waldfinnen wurden erst im 19. jahrhundert christianisiert. sie blieben aber auch danach waldmystiker, die im einklang mit der natur lebten, denn gutes wetter, reiche ernten, jagd- und fischerglück bestimmten seit jeher das fortkommen der waldmenschen. weisse magie schützte sie selber und ihre tiere, schwarze bekämpfte ihre feinde. originelle gesänge und beschwörungen mit eigenem versmass wurden hierfür entwickelt, welche die forscherin kajsa henriksson vilhuinen in der ersten hälfte des 20. jahrhunderts ausführlich dokumentiert hat.

die assimilierung in schweden

1608 föderte der schwedische könig karl ix. die ansiedlung der waldfinnen mit privilegien. wer den wald bewirtschaftete, wurden vorerst von steuern befreit. jedoch nur wer einen eigenen hof hatte, konnte in der neuen umgebung gleichberechtigt mit den einheimischen bauern leben, und musste dafür steuern bezahlen. im 20. jahrhundert schickten die sesshaft gewordenen waldfinnen ihre kinder in schwedische schulen. ihre sprache durfte sie nicht mehr sprechen; auch neue namen bekamen sie, sodass die ausstellung am ausgang sie als erwachsende, vollwertige schweden anspricht.

das bittere ende

das ist wohl richtig und dennoch traurig: in den 60er jahren des 20. jahrhunderts verliessen die letzten waldfinnen ihre siedlungen mangels nachwuchs. der kampf ums überleben im wald war gewonnen, wenn auch mit dem sozialen tod bezahlt. seit 1988 unterhält man die schönsten verbliebenen gebäude als besucherattraktionen im wald und klärt man über die verloren gegangene kultur in der ausstellung von torsby auf.

so dramatisch die ausstellung beginnt, so melanacholisch verlässt man sie. sie ist lebensnah und ganzheitlich gemacht. die texte sind spärlich, aber mehrsprachig, das gezeigte steht im dunkeln, erhellt aber das leben im finnskogen. das visuelle führt einen durch die exposition, doch prägend sind die töne. so bleibt einem der laute der kantele, dem traditionellen saiteninstrument in den finnenwäldern, auch in erinnerung, wenn man vom gang durch die vergangenheit wieder in der gegenwart angekommen ist.

hej då

stadtwanderer

mehr dazu
http://www.finnkulturcentrum.com/

foto: stellvertretend für das das einfache leben der waldfinnen im finnskogen, bild: stadtwanderer

schweden und die schweiz

gerade wenn man sich der unterschiede zwischen schweden und der schweiz bewusst wird, sollte man eine wichtige gemeinsamkeit nicht vergessen: wie frankreich steht auch das königreich schweden am anfang der völkerrechtlichen unabhängigkeit der eidgenossenschaft vom kaiserreich. aus eigener kraft wäre das nicht geschehen, nur dank der hilfe zweier monarchien, die den kaiser schwächen wollten, erinnert sich der stadtwanderer an diesem regnerischen sonntag, über seinem historischen atlas des nordens brütend.

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1648 ging der 30jährige krieg zu ende, in dessen verlauf zuerst böhmen, dann dänemark, schliesslich schweden und frankreich gegen den kaiser antraten. der krieg, der in prag auf der burg mit dem fenstersturz der habsburgertreuen verwalter begann, endete nur wenige kilometer davon entfernt auf der karlsbrücke der böhmischen metropole mit einem vergleich: der kaiser blieb nominell oberhaupt des reiches, faktisch beschränkte sich sein einfluss hinfort aber auf die habsburgischen erblande, während sich in den übrigen reichsgebieten eine vielzahl von fürsten mit unterschiedlichsten titeln durchsetzten. auf druck von frankreich und schweden, die den verheerenden 30jährigen bis zum letzten geführt hatten, wurden auch die grenzen des „heiligen römischen reiches deutscher nation“ neu geregelt.

während die spanische niederlande, lothringen, das elsass, die freigrafschaft und mailand im reich, aber unter verwaltung des spanischen königs blieben, wurde die eidgenossenschaft dank der unterschrift der französischen und schwedischen verhandler und des basler bürgermeisters aus dem reichsverband ausgegliedert. sie sollte von nun an als eigener staatenbund der 13 orte und ihrer verbündeten bestehen, den die tagsatzung führte. nur wenige gebiete in der eidgenossenschaft, namentlich katholische klöster wie engelberg, verharrten bis zum wiener kongress von 1815 beim reich.

der einfluss der beiden garantiemächte auf die eidgenossenschaft entwickelte sich in der folge unterschiedlich. das königreich schweden, welches damals das heutige finnland und die baltischen staaten umfasste und beim heutige norwegischen trondheim kurz auch an den atlantik grenzte, konzentrierte sich auf seine grossmachtpolitik von frankfurt bis konstantinopel und kiev. es wurde zuerst von russland, das unter peter dem grossen aufstreben sollte, militärisch besiegt, bevor ihr kriegerkönig karl xii. in norwegen den tod fand. Damit endete die schwedische grossmachtpolitik auf dem kontinent anfangs des 18. jahrhunderts weitgehend.

frankreich wiederum rückte unter karls xii. zeitgenossen könig ludwig xiv. seine grenze immer mehr nach osten. so kamen die freigrafschaft, das elsass und lothringen unter die französische krone. auch die eidgenossenschaft blieb von dieser verlagerung nicht unbeeinflusst: geschwächt durch den grossen bauernkrieg im mittelland, aber auch durch die erneute niederlage der reformierten gegen die katholischen orte in der ersten schlacht von vilmergen, geriet sie immer mehr in den französischen einflussbereich. höhepunkt dieser französischen ansprüche war der soldvertrag von 1667, der in paris abgeschlossen wurde und als ausrichtung der eidgenossenschaft auf die französische krone gelten kann, die bis zum wiener kongress gültigkeit behalten sollte.

am anfang der unabhängigkeit vom reich steht jedoch der westfälische friede von 1648, der mitunter wegen der schwedischen kontinentalpolitik zustande kam. heja, sverige!

hej då,

stadtwanderer

monarchie und republik im alltag

schweden ist ein land mit 21 provinzen, die wiederum in 289 kommunen aufgeteilt sind. die schweiz ihrerseits hat 26 kantone, aber 2700 gemeinden. schweden ist rund 10 mal so gross wie die schweiz, hat aber nur unwesentlich mehr einwohnterInnen. damit hat ein mensch in schweden etwa 10 mal so viel auslaufmöglichkeiten in seinem alltag wie in der schweiz. eine schwedische kommune, die im mittel 10 mal mehr einwohnerInnen hat als eine schweizer gemeinde, ist deshalb im schnitt so gross wie 100 mittlere schweizer gemeinden zusammen.

das prägt!

keine dorfrepubliken

dabei ist zu erwähnen, dass eine kommune in schweden nicht das gleiche ist wie eine gemeinde in der schweiz. eher noch erinnert sie an die bezirke, ja an amtsbezirke aus den zeiten des ancien regimes: jede schwedische kommune hat ein einziges verwaltungszentrum, das die kommunalen aufgaben für mehrere (klein)städte, dörfer und höfe gemeinsam übernimmt. darin sind sich alten monarchisten und die neue politkerInnen in schweden bis heute weitgehend einig!

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angesichts der bevölkerungsdünne in schweden ist der gedanke der kommunalisierung von siedlungen, wie er in der schweiz schon früh einsetzte, im 19. jahrhundert aber voll durchschlug, in schweden weitgehend fremd geblieben. die dorfbewohnerInnen schwedens verstehen sich entsprechend nicht als angehörige von kleinstrepubliken, die sich gemeinsam raufen, wenn sie voneinander steuern erheben, miteinander strassen bauen oder arme unter sich unterstützen müssen.

man ist in schwedens alltag nicht republikanisch geworden geworden, sondern nachbar geblieben, die gerne etwas auf distanz bleiben. selbstverwaltung findet nicht in der gemeinde, eher noch in der familie, im haus oder hof statt. wer ein grundstück betritt, durchschreitet gerade auf dem dünn besiedelten land häufig ein tor, das nach germanischer manier markiert: ab hier gilt das hausrecht. ausserhalb das jedermannsrecht.

jedoch nicht republikanisches dorfrecht.

hej då

stadtwanderer

bild: zentrale verwaltung der torsby kommun (foto: stadtwanderer)

falu röd (falun rot)

dass blau und geld die schwedischen farben seien, könnte man angesichts der nationflagge meinen, die man bei winter- und sommersportanlässen regelmässig sieht. doch wer in schweden selber ist, der oder die weiss, dass dem nicht so ist: rot ist die häufigste kunstfarbe, wenn man in die landschaft sieht.

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lange konnte man zwei begriffe in einem Zug nennen: kupfer – falun. 1687 entstand durch einen einsturz die grosse grube, aus der in den besten zeiten zwei Drittel des weltweiten kupferabbaus gewonnen wurden. das UNESCO weltkulturerbe erinnert einen daran.

noch heute liefert das rötliche erz den farbstoff, den man braucht, um falu röd herzustellen. wenn man auf dem land nicht aus der norm fallen will, bemalt man mit dieser farbe sein landhaus.

wo auch immer man hinsieht: ferienhäuser im wald, bauernhöfe auf der ebene und kirchen auf hügeln, tragen, wenn sie aus holz sind, das unverwechselbare rot, das in der sonne herrlich glänzt, am schatten jedoch matt wirkt, sich vom weiss der meisten fenster und vom grau der dächer deutlich abhebt. es hält in der regel viele jahre jedem wetter stand, bevor es die holzbauten von neuem bestrichen werden müssen.

die rote farbe ist fast schon ein kult. nicht, dass sich darin der schwedische uebereifer der sozialdemokraten zeigen wuerde. nein, falun röd ist unvergänglich aktuell und wird immer noch geschaetzt. selbst auf flickr gibt es liebhaber der farbe, die ihre bilder untereinander austauschen und vergleichen, damit keine noch so feine nuance des schweden-rot vergessen geht.

stadtwanderer

bild: stadtwanderer (freilichtmuseum von ekshärad)

falu röd auf flickr:
Hälsingland Wooden Theatre

marco polo

nun also sind wir gereist. beinahe 2000 kilometer. wären wir in den osten gegangen, hätte das bis athen, bucarest oder vilnus gereicht. im westen wären wir in cordobaz gelandet und im süden schon längst in der sahara.

holzhausen, irgendwo in schweden

wo genau ich in schweden bin, bleibt mein geheimnis; ich verrate nur soviel: dort, wo der längste fluss in schweden in den grössten see in schweden fliesst, ist die nächst grössere stadt. sie ist 400 jahre alt und war mal sitz eines herzogs. sie fungiert heute als hauptstadt eines mittelschwedischen landes. von da aus sind es nach holzhausen, wo ich meine ferien verbringe, 200 kilometer ins landesinnere, über hügelige landstriche, durch langezogene täler, in dichten wäldern bis hin zu einem der vielen tausend seen, die es in schweden gibt.

kulturvermittlung gefragt

mein reiseführer 2008 heisst “marco polo”, in erinnerung an den italienischen kaufmann, der im 13. jahrhundert asien erkundete, erst nach vielen jahren nach venedig zurückkam und soviel neues zu erzählen hatte, dass man es ihm gar nicht glauben wollte. heute steht marco polo nicht für kulturschocks, sondern für kulturvermittler. das taschenbuch hat in jeder reisejacke platz und ist deshalb stets griffbereit. und das ist gut so: „bloss nicht“ ist beispielsweise die rubrik ganz am schluss, die einen vor den gröbsten fehlern warnt, die man in schweden machen kann:

. ein privathaus mit schuhen betreten
. elchschilder abmontieren
. die schwedische ordnungswut kritisieren
. den schwedischen wohlfahrtsstaat in frage stellen
. schweeden siezen!

höhen und tiefen des hüttenlebens

verfasst hat die schweden-ausgabe des reiseführers aus deutschland der schweizer bruno kaufmann, als nordlandkorrespondent von radio drs und des tages-anzeigers ein begriff. bruno hat seit jahren seinen lebensmittelpunkt im schwedischen falun, ist aber selber ein kleiner marco polo. seine grüsse erreichen einem aus der ganzen welt. Ich hoffe, ihn und seine familie auch dieses jahr an ihrem feriensitz in argoba zu treffen.
den stadtwanderer hat bruno übrigens schon mal im schwedenführer verewigt. meine berichte aus dem mittelschwedischen wald, insbesondere vom grossen waldfest „tiomilaskogen“, haben ihm so gefallen, dass er mein blog unter den 6 deutschsprachigen „tagebücher“ aufführt; einer der bekanntesten blogger der schweiz, der berner publizist c.l., beschäftige sich darin mit seinen höhe und tiefen seines hüttenlebens im 10 meilenwald an dergrenze zwischen värmland und dalarna.
doch wo genau holzhausen im 10-meilen-wald liegt, verrate ich wie gesagt nicht.

stadtwanderer

marco polo schweden online:
http://www.marcopolo.de/reise_und_freizeit/schweden