Start zur Berner PolitBeizentour

Wirtshäuser für Fremde und Einheimische haben mich immer angezogen. Das realisierte ich spätestens während der Pandemie, als ich für rund zwei Jahre kaum mehr in einem Restaurant, geschweige denn in einem Hotel anzutreffen war. Denn Gaststätten, wie der allgemeine Begriff lautet, sind ursprüngliche Orte des Öffentlichen.

Dies ist umso mehr der Fall, als es in mittelalterlichen Städten wie Bern anders als klassischen keine Agora gibt, die als natürlicher Treffpunkt dienen könnte.
An die Hauptgassen des Durchgangsverkehrs schließen sich im Spätmittelalter Herbergen oder Tavernen für Fremde an. Aus den privaten Stuben der Berufsstände werden Zunfthäuser mit Zunftstuben, in Bern Gesellschaftshäuser und Gesellschaftsstuben genannt, wo man sich unter seinesgleichen überfamiliär trifft. Auch Pinten und Schenken, insbesondere Weinkeller gehören zur frühen öffentlichen Ausstattung.
Öffentlich meint zu Beginn noch nicht offen und frei. Vielmehr meint es im Auftrag der Obrigkeit geführt und mit einer Konzession versehen. Da spielte in vielfacher Hinsicht auch die soziale und rechtliche Kontrolle.
Vieles änderte sich mit der Liberalisierung im 19. Jahrhundert. Auch das Gastgewerbe unterlag nun schrittweise der kantonalen und nationalen Gewerbefreiheit. Das Restaurant und das Hotel als moderne Formen des Gastgewerbes erobern die Szenrrie. Die mischen Bars, Salons mit Speisesälen, und die ausgeschenkten Getränke variieren an einem Ort.
Das Bier, in Bern seit der Schließung der Klöster vom Wein verdrängt, setzt sich wieder an die Spitze der konsumierten Alkoholika. Kaffee, Tee, Schokolade und Tabak, die Drogen des frühen 18. Jahrhunderts, werden weitgehend frei konsumierbar.
Gasthäuser avancieren zu politischen Orten ersten Ranges. In Bern wird der Bundesstaat mit Verfassung im Äußeren Stand aus der Taufe gehoben und im Hotel de Musique wird die Parlamentseröffnung feierlich gegangen.
Auch die Arbeiterschaft, die 68er- und die Frauenbewegung schaffen sich ihre eigenen Zentren der Begegnungen und Versammlungen. Parteiveranstaltungen finden immer noch in Gaststätten statt.
So ist eine Stadtwanderung durch eben solche PolitBeizen stets auch eine Tour durch die Geschichte der verschiedenen Formen der Öffentlichkeit,
Heute Abend ist Start mit einer exklusiven Premiere für die Inlandredaktion von Radio DRS.
Weitere Wanderungen werden folgen.

Das definitive Programm der heutigen #PolitBeizenTour

Ich freue mich riesig, heute mit meiner #PolitBeizenTour durch Bern starten zu können. Drei Monate Vorbereitung mit unzähligen Versuchen, aus den Teilen ein Ganzen zu machen, liegen hinter mir. Twitterkollege @KasparKeller berichtet exklusiv für die @bernerzeitung.

Hier das vierstündige Programm:

1. Kreuzgassbrunnen: Hinrichtungen im alten Bern und rituelles Besäufnis der Richter
2. Rathaus: Warum erstmals ein Kaiseranwärter in Bern war und wo er einkehrte
3. Gesellschaftshaus zum Distelzwang: Zünfte und Zunftstuben oder wo die erste Geburt der Gasthäuser war
4. Taverne (dann Hotel, heute Restaurant) Krone: Wo die zweite Geburt des Gasthäuser war
5. Klötzlikeller: beispielhafter Berner Weinkeller, die es ohne die Eroberung der Waadt und Ablösung der katholischen Kirche als Rebbaubesitzer nie gegeben hätte

gemeinsamer Apero im Klötzlikeller

6. Münsterplatz: Warum es hier … zum Teufel … keine einzige Beiz hat oder wie die Reformation das Leben in Pinten und Schenken zurückdrängte
7. Hotel de Musique: Wo das erste Kaffeehaus in Bern entsteht und vor allem Künstler und Kulturbefliessene anzieht
8. Zytgloggenturm: Kramgasse oder der Uebergang zu modernen Gastrowesen mit vorübergehend 200 Weinkellern
9. Restaurant Zimmermania: wo das erste Restaurant nach französischem Vorbild entstand und zum Treffpunkt für die Studenten wurde
10. Hotel zur Glocke: Berner Biergeschichte(n) oder wie aus dem Reichenbachbier das Oberländer Rugenbräu wurde
11. Restaurant (vormals Rathaus) zum Aeusseren Stand: Wo die liberale Berner Verfassung resp. Bundesverfassung entstanden
12. Volkshaus 1914 oder wo sich die gewerkschaftlich Arbeiterschaft versammelte
13. Restaurant Ringgenberg: vom Arbeiterlokal (“Gangihalle”) zum Speiserestaurant mit erlesener Küche

Gemeinsames Nachtessen

14. Café des Pyrénées («Pyri): Wo Polo Hofers Heimat war
15. Kulturzentrum Progr: Wo Helvetia ins Land ruft, um 2023 die Wahlen für die Frauen zu gewinnen

Anschliessend: Lehrerzimmer: Abendbier an der Bar
open end(e)

175 Jahre Bundesverfassung: Die informelle Seite der Verfassungskommission

Das Zunfthaus zu Schmieden an der Berner Marktgasse steht nicht mehr. An seiner Stelle ist hier und heute das Warenhaus Manor. Die jetzige Schmiedstube gibt auf die Zeughausgasse. Doch wurde im verschwundenen Haus vor genau 175 Jahren die entscheidende Frage für die erste Bundesverfassung verhandelt: Wie soll das neue Parlament aussehen?

Alle 23 Kommissionsmitglieder waren freisinnig. Aber sie kamen aus reformierten und katholischen Kantonen. Letztere hatten außer in Appenzell Innerrhoden nach dem Sonderbundskrieg eine freisinnige Regierung bekommen. Nicht überall waren die Wahlen dazu über alle Zweifel erhaben gewesen. Entsprechend wackelig war ihr Mandat und ihr Verhalten.
Die katholischen Freisinnigen versuchten die Radikalen aus Zürich, Bern und der Waadt zu mäßigen. Dafür versammelten sie sich regelmäßig im Sääli des Hotel zu Schmieden. So auch am Vorabend des 23. März 1848. Man erwartete die Entscheidung zur Parlamentsmehrheit.
Der Solothurner Joseph Munzinger, Sprecher der katholischen Freisinnigen, hatte die Schriften von Prof. Ignaz Troxler, Staatsrechtler an der Universität Bern, genau studiert. Die handelten vom amerikanischen Bundesstaat mit seinen zwei unabhängigen Kongress-Kammern. Das gefiel ihm besser als die Radikalen Vorstöße in der Kommission. Nochmals weibelte bei seinen Getreuen in Richtung Zweikammerparlament.
Tatsächlich entschied die Kommission am Nachtag im Salon Empire im ersten Stock des heutigen Restaurants zum Äußeren Stand in der wichtigen Sache, und zwar so, wie es die katholischen Freisinnigen in ihrem informellen Kreis vorgesprochen und abgemacht haben.
Bis heute ist an diesem zentralen Punkt der Schweizer Föderalismus nicht gerüttelt worden. Den die Schweiz hat bis jetzt ein perfekt ausbalanciertes Zweikammerparlament.
Ich freue mich außerordentlich, genau morgen an der Premiere zur Berner PolitBeizenTour im Äußeren Stand Halt zu machen und die Geschichte ausführlich zu erzählen!

Stadtwanderer

Stadtwanderung zum Tag der Republik am 12. April 2023

Der 12. April ist einer der grössten Einschnitte in der Schweizer Geschichte. Die Helvetische Republik wurde ausgerufen. Sie löste das Ancien Regime mit seinen Wurzel im Mittelalter ab.

Bild: Plan mit der (nicht realisierten) Erweiterung für die Hauptstadt der Helvetischen Republik von 1798, für die der Name New Washington ausgegeben wurde.

Die Helvetische Republik fand unter den Gewehren der französischen Revolutionären statt. Doch war die Fremdherrschaft auch ein Neuanfang. Erstmals hatte die Schweiz eine Verfassungen, eine einheitliche dazu. Sie garantierte Menschenrechte und Gewaltenteilung der Behörden. Ein Parlament wurde gewählt, eine Regierung und ein unabhängiges oberstes Gericht wurden eingesetzt.
Das alles fand in der Untertanenstadt Aarau statt, dem Hort der Revolution gegen Bern und seinen Verbündeten. Genau 225 Jahre danach führe ich für das Komitee, das den Tag der Republik aufleben lassen will, eine Stadtwanderung durch. Sie beleuchtet die Vorgeschichte des Umsturzes, die Geburt der Institutionen und verweist auf das, was mit dem Kanton Aargau daraus geworden ist.
Speziell räume ich nachträglich Francesca Romana von Hallwyl ihren Platz in der Revolutionsgeschichte ein. Sie war eine Adlige aus dem Aargauer Seetal, lebte lange in Wien am Kaiserhof, wurde von ihrem Cousin unehelich schwanger, flüchtete in die Schweiz und schloss sich in Aarau der Revolution an. Sie finanzierte unter anderem Heinrich Pestalozzi, den Bürger Frankreichs in der Schweiz, der mit neuartigen Schulprojekte die Veränderungen der Gesellschaft durch Bildung einleiten wollte. Daraus entstand unter anderem die Kantonsschule Aarau, das erste laizistische Gymnasium der Schweiz (das ich später besuchen sollte)!

Die Führung ist für jedermann und -frau offen. Sie findet am 12. April 2023 um 15 Uhr statt. Start ist vor der Alten Kanti, 5 Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Sie dauert bis 16 Uhr 45.

Anmeldungen via Messenger sind erwünscht, aber nicht zwingend!

Stadtwanderer aka Claude Longchamp

Das Berner Diesbach Haus



Die Familie soll burgundischen Ursprungs gewesen sein, im Mittelalter Dienstmannen für verschiedenste Herren gestellt haben und die Herrschaft mit gleichem Namen (heute Oberdiessbach bei Thun) besessen haben.
1414 ist der Stammvater der Berner Diesbacher, Goldschmid Niklaus, genannt Clewi, urkundlich bezeugt. 20 Jahre danach erhält er von Kaiser Sigismund einen Adelsbrief, was ihm Kontakte zum europäischen Adel eröffnet.
Mit dem St. Galler Kaufmann Hugo von Watt gründet er die Diesbach-Watt-Gesellschaft, die zwischen 1430 und 1460 erfolgreich im europäischen Tuchhandel zwischen Krakau in Polen und Valenzia in Spanien tätig ist.
Hauptsitz des führenden „multinationalen Handelshauses“ (Historisches Lexikon der Schweiz) ist das Diesbach Haus an der Berner Münstergasse.
Allerdings ist es damals noch der Vorläuferbau des jetzigen Eckhauses, das 1716 neugebaut Sitz des reformierten Familienteils wird, während der katholisch verblieben Teil in Fribourg residiert.
1899 verkauft Friedrich von Diesbach, der in Schlesien lebte, das stattliche Patrizierhaus dem Kanton Bern, der es seither als Direktionssitz für Justiz und Inneres heute mit RR Evi Alllemann als Vorsteherin nutzt.
Diesen Morgen hatte ich das große Glück, eine Besichtigung aller Stockwerke machen zu dürfen. Denn ich rekognosziere für meinen Stadtrundgang mitder Ostschweizer Regierungskonferenz, die sich in Bälde in der Bundesstadt auf Spurensuchen der Ostschweiz in Bern machen wird.

Bilder
1 Frontansicht
2 Regierungsrätlocher Ausblick
3 und 4 Innenhof zum Haus an der Kramgasse 1

Die entscheidenden Tage 1848

Seit dem 18. Februar 1848 tagte die Verfassungskommission mit 23 Mitglieder, welche die erste selber gestaltete Verfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft erlassen sollte. Nach 51 Tage und 312 Sitzung war sie fertig, und in der Vernehmlassung wurde nur noch wenig geändert. Die Arbeiten wurden in vier Arbeitsgruppen vorbereitet. Am 3. März, heute vor 175 Jahren, begannen die Verhandlungen der AG Institutionen. Es sollten die entscheidenden 3 Wochen sein, in denen die Grundstruktur des damaligen politischen Systems festgelegt wurden.

“Am 3. März 1848, in der 12. Sitzung der Verfassungskommission, wurde erstmals die Revision der Bundesbehörden thematisiert. Kern und Druey schrieben zum Grundsatz, an dem sich die Kommission bei der Reform der Institutionen orientierte: «Kein Rückschritt, aber auch keine Sprünge. Wenn es einen Zustand der Dinge gibt, in welchem sich die Schweiz nicht mehr befindet, so gibt es auch einen andern, in welchem sie zur Zeit noch nicht ist.»
Die Schweiz war nicht bereit für einen umfassenden Zentralstaat, doch sollte die neue Verfassung im Gegenzug mehr als nur einen losen Zusammenschluss souveräner Kleinstaaten begründen. Für diese Konstellation mussten die passenden Institutionen gefunden werden.
Am 3. März wurde vom St. Galler Wilhelm Matthias Näff vorgeschlagen, die Tagsatzung beizubehalten, deren Geschäfte aber aufzuteilen. Verhandlungen, die Einfluss auf die Kantonalsouveränität haben konnten, sollten weiterhin an Instruktionen gebunden sein. Bei anderen Gegenständen, «bei welchen die Kantone als solche nicht besonders interessiert wären», sollten die Gesandten der Kantone frei und ohne Instruktion beraten können.
Die Anzahl der Repräsentanten sollte aufgrund der Einwohnerzahl des Kantons ermittelt werden. Der Waadtländer Henri Druey brachte dagegen einen viel weiter gehenden Vorschlag ein: «Die ganze Schweiz, ohne Rücksicht auf die Kantone», sollte in Wahlkreise eingeteilt werden. Die Instruktion der Parlamentarier sollten ganz wegfallen.
Auch die Beibehaltung der Tagsatzung, wie sie im Bundesvertrag von 1815 niedergelegt war, stand durchaus noch zur Debatte.
Furrer brachte in der Sitzung vom 6. März das Zweikammersystem ins Spiel. Er selber war im Grunde dem System Drueys zugeneigt, erkannte aber, dass die Beschränkung auf eine Kammer, welche die bisherige Kantonalrepräsentation vernachlässigte, keine Chance haben würde. Denn über die konservativen Gruppierungen beider Konfessionen hinaus gab es auch zahlreiche Radikal-Liberale, die möglichst starke föderalistische Strukturen forderten. An Escher schrieb Furrer nach den Verhandlungen: «[…] ich halte diese Zweykammersysteme im Allgemeinen für unpraktisch, allein, wenn man ändern will in der Repräsentation, so wird kaum irgend ein andres System durchgehen […].» Er vertrat in der Kommission die Ansicht, dass man nicht zuviel fordern solle, da damit die gesamte Verfassungsreform gefährdet werden könnte: «Wenn man dasjenige über Bord werfe, was viele Kantone als das heiligste zu betrachten gewohnt seien, so lasse sich für das ganze Projekt nur eine ungünstige Stimmung besorgen […].»
Nach einer langen Debatte über Vor- und Nachteile der einzelnen Vorschläge kam es zu einer ersten Abstimmung. Für die Beibehaltung der bisherigen Kantonalrepräsentation – der Tagsatzung – sprach sich eine starke Minderheit von neun Teilnehmern aus. Elf stimmten für die Abänderung «in irgend einer Weise».
Der Gegenstand wurde zur Beratung an die erste Sektion überwiesen, in welcher unter anderem Furrer und Ochsenbein ihre Ideen einbrachten.
In der Sitzung vom 19. März 1848 stellte die erste Sektion ihre Vorschläge zur Revision der Bundesinstitutionen vor. Die Bundesversammlung sollte aus zwei Kammern bestehen, hier noch Repräsentantenrat und Tagsatzung genannt. Kontrovers wurden nun die provisorischen Artikel diskutiert, Veränderungen beantragt, immer wieder Abstimmungen über einzelne Passagen vorgenommen. Am Ende der Sitzung vom 23. März 1848 hatte man sich auf einen Entwurf geeinigt. Das Zweikammersystem, wie es im Grunde bis heute Geltung besitzt, hatte sich durchgesetzt.
Furrer gab zu Protokoll, dass er seine Zustimmung nicht erteilt habe, und schrieb kurz darauf an Escher: «Es sind alle möglichen Systeme und Projekte der Bundes-Organisation unter Eis gegangen; und das Zweykammersystem hat gesiegt, dasjenige, welches mir immer das widerwärtigste war; indess bey der bedeutenden Umgestalt[un]g der Tagsatzung kann ich mich ziemlich dabey beruhigen.»
Der «Neuen Zürcher Zeitung» liess Furrer einen Bericht über den Fortgang der Kommissionstätigkeit zukommen, in dem er erklärte, dass das Zweikammersystem angenommen worden sei, weil «für die Gegenwart kaum etwas anders ausführbar sei, indem jedes andere System sowohl auf der nationalen, als auf der kantonalen Seite sehr bedeutenden Widerstand finden würde».
Weit weniger Anlass zu Kontroversen bot die Diskussion über die Gestaltung der eidgenössischen Exekutive. Die Kommission entschied mit einer klaren Mehrheit von 21 Stimmen, einen Bundesrat einzusetzen, der aus fünf Mitgliedern bestehen sollte. Über Amtsdauer, Wahlmodus und Kompetenzen der Behörde einigte man sich schnell, und die Formulierungen für den Verfassungsentwurf standen bereits nach einer Sitzung fest.
Abgesehen von der Erhöhung der Anzahl der Bundesräte von fünf auf sieben wurde der Text nach der Vernehmlassung auch keinen grösseren Anpassungen mehr unterzogen. Die Abschaffung des Vororts als eidgenössisches Exekutivorgan stiess auf keinen Widerstand.”

Quelle: https://www.briefedition.alfred-escher.ch/kontexte/uberblickskommentare/Bundesrevision

#Beizentour, 3. Station Tavernen und Pinten lassen die Oeffentlichkeit aufleben

Wir schreiben das Jahr 1426. An der Aabergergasse wird der “Hirschen” eröffnet. Er gilt als erste Taverne oder Herberge der Stadt. 1445 geht die Krone in der Gründungsstadt auf. Am Ende des 15. Jahrhunderts kommt das “Weisse Kreuz” am östlichen Stadteingang hinzu, da wo seit 1762 heute das Hotel Adler steht.


Burgunderzüge der Eidgenossen gegen den Herzog Karl der Kühne
Das 15. Jahrhundert ist das Jahrhundert der weltlichen Herbergen. Das sind gemäss Historischem Lexikon Wirtshäuser mit Speisungs- und Beherbergungsrecht für Personen und ihre Pferde, die von Aussen kamen. Uebernachtet wird in grossen Sälen, während Essen und Trinken in Gaststuben stattfindet. Gastzimmer kommen erst im 18. Jahrhundert auf.
Von Tavernen unterscheiden sich Pinten oder Schenken, die Wein, Brot und Fleisch an bestimmten Plätzen oder festen Häusern abgeben, aber keine Uebernachtungen anbieten dürfen.
Tavernen und Pinten sind der zweite Ursprung des Wirtshauswesen in der Stadt Bern. auf dem Land kennt man sie seit dem 13. Jahrhundert, wo sie mit den Pilgerfahrten aufkommen. In der Stadt verhindern die Klöster das vorerst.
Ihre Entstehung ist nicht zufällig. Im 15. Jahrhundert lösen sich die 8 eidg. Orte aus ihrem mittelalterlichen Umfeld heraus. 1450 werden feste Bündnisse mit Adeligen untersagt. Dafür entsteht ein Heer aus den verbündeten Orten, das auf den europäischen Schlachtfeldern erfolgreich ist. Zu den Voraussetzungen gehört das aufblühende Wirtshauswesen.
Betrieben werden Tavernen als sog. Ehafte. Das sind bis ins 19. Jahrhundert Gewerbebetriebe samt Boden und Gebäude, die dem Gemeinwesen unentbehrliche Dienste leisten. Mühlen und Schmieden, aber auch Bäckereien, Metzgereien, Gerbereien, Färbereinen und öffentliche Bäder gehören dazu. Sie bilden die Frühform der Oeffentlichkeit.
Wer mit der Führung betraut wird, zahlt eine Konzession und wird mit Rechten ausgestattet. Der Inhaber ist direkt der Obrigkeit verpflichtet. Ein Wirt hat zudem vor Ort für Ordnung zu sorgen, einfache Verstösse direkt zu ahnden und schwerwiegende zu melden.
Für den Erfolg einer Taverne oder eine Pinte sind zwei Faktoren entscheidend: die Lage an einem Durchgangsort und ein Wirt, der willens und fähig war, zwischen Obrigkeit und Gästen zu vermitteln.
In Bern erfüllt die Krone an der Märtigasse diese Bedingungen. Sie entwickelt sich schnell zum zentralen Treffpunkt der Stadt. Es wird getrunken, Karten gespielt. Seit den 1470er Jahre werden da auch Söldner insbesondere für die Burgunderkriege rekrutiert. Das floriert.
Wirt Hans Jakob, aus Freiburg kommend, heiratet in die vornehme Berner Familie Lombach. Er übernimmt die Krone, und er macht damit ein gutes zweites Geschäft. Bald ist er Wirt und Soldhändler zugleich einer der reichsten Berner überhaupt.
Mit seinem Vermögen betätigt er sich als Geldverleiher und finanziert so weitere Söldnertruppen, die jetzt in Italien kämpfen.
Den Lombachs hat es gedient. Sie steigen im Berner Patriziat weit auf. Im Münster haben sie eine eigene Kapelle, in der Nomenklatur gehören sie zu den Edelfesten, der zweithöchsten Stufe in der fein gegliederten Berner Gesellschaft des 18. Jahrhunderts.

#beizentour, 2. Station: Die Stuben der Gesellschaftshäuser als Anfänge des weltlichen Wirtshauswesens in Bern

Im 15. Jahrhundert erfährt die Berner Märitgasse (heute Gerechtigkeitsgasse/Kramgassse) eine erste gründliche Umgestaltung. Denn die neuen Gesellschaftshäuser gruppieren sich mit Vorliebe um den Richtstuhl. Ursprünglich versammelten sie sich in den Stuben der reichen Mitglieder. Mit dem Bau von eigentlichen Gesellschaftshäusern verwendet man den Namen für das Versammlungslokal.
Die erste Gesellschaft an der Märitgasse ist der Distelzwang. Seit 1420 besitzt sie das Haus auf der südlichen Seite des Richtstuhls. Das ist auch Programm: denn man versammelt als einzige Gesellschaft die Elite der junkerlichen Familien: Kleinräte, Stadtschreiber, Kleriker und Offiziere. Die Exklusivität steigt, als man mit der Narrengesellschaft fusioniert.
Die Bedeutung erkennt man am Umzug beim Blutgericht. Die Schuldigen werden im Rathaus eingekerkert, vor dem Richtstuhl verurteilt und ins Münster zur Beichte geführt, während sich die Richter in der Narrengesellschaft zum Besäufnis versammelten.

Vier Handwerkervereinigungen gelingt es trotz Politikverbot in die Politik einzusteigen: Die Gesellschaften der Bäcker, Metzger, Gerber und Schmiede übernehmen die vier Quartierverwaltungen und stellen je einen Venner im Kleinrat. Sie nennen sich Vennergesellschaften und grenzen sich so von den übrigen Gesellschaften ab. Schiffsleute, Zimmermänner, Steinmetze, Schneider und Weber haben alle auch ein Gesellschaftshaus an der Märitgasse, aber keine Aufgaben in der Stadtverwaltung. Verschiedene davon erkennt man heute noch an ihren Gesellschaftshäusern als traditionellen Standort.
Die Gesellschaftshäuser sind der erste Ursprung das Wirtshauswesen. Ursprünglich fand man sich in der Stube eines prominenten Mitglieds. Nach dem Bau der Gesellschaftshäuser behält man den Namen für das Versammlungslokal bei.
Geführt werden die Stuben von einem Wirt, der aus den Mitgliedern stammt, der Stadtobrigkeit aber untersteht. Er hat für Ordnung zu sorgen. Verpönt ist es, seine Rechnung nicht zu bezahlen oder vorzeitig nach Hause zu gehen.
Beliebt sind die Treffen zu hohen Festen wie Neujahr oder Ostern. Sie erstrecken sich über mehrere Tage. Die Einkaufslisten lassen mehrtägige Gelage erkennen, bei denen reichlich gegessen und getrunken wird. Je Teilnehmer rechnet man mit 4 Liter Wein.
Und ja, es waren durchwegs Männergesellschaften. Bedient werden sie von feschen Mädchen, denen die Gesellschaftsmannen ganz gerne unter den Rock greift.

#Beizentour: 1. Station oder der Staatsbesuch als Initialzündung für das weltliche Gaststättenwesen in Bern

1405 brennt die Stadt Bern. In einer Nacht gehen ein Drittel der Häuser in Flammen auf. Die Stadt muss danach neu aufgebaut werden. Das Münster und das Rathaus entstehen. Dieses wird 1414 eingeweiht.


Bild 1: König Sigismund besucht Bern, macht sie zur Reichsstadt und weiht das Rathaus ein.

König Sigismund von Ungarn, der Kaiseranwärter, kommt persönlich vorbei. 1400 Ritter sind in seinem Gefolge. So etwa was hat die Stadt in ihrer über 200jährgen noch nie gesehen.
Sigismund macht Bern auch zur Reichsstadt. Man ist jetzt im Reichstag vertreten. Man darf selber über Krieg und Frieden entscheiden und über Leben und Tod richten.
An der Spitze der Stadt steht seit dem 13. Jahrhundert ein Schultheiss, umgeben von einem Kleinrat. Dazu gehören der alt-Schultheiss, der Säckelmeister und vier Venner als Quartiermeister. Im Grossrat sitzen mindestens 200 Burger, ausgewählt in den vier Stadtquartieren.
Noch nennt man das Rathaus Richthaus. Hier werden Fälle, die dem Blutgericht unterstehen, verhandelt und entschieden. Mitgeteilt wird das Urteil dann mitten in der Stadt, da wo sich die langgezogene Märitgasse und die kurze Kreuzgasse schneiden.

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Bild 2: Bern im 16. Jahrhundert mit heutigem Rathaus im Hintergrund, Richtstuhl und altem Kreuzgassbrunnen als Herrschaftszentrum

Da gibt es einen zentralen Brunnen und einen Richtstuhl. Vorerst ist beides aus Holz, dann geht man zu einem Bau aus Stein über. Der Richtstuhl wird 1762 abgerissen, der Brunnen steht versetzt heute noch und heisst Kreuzgassbrunnen.
Bern hat nie einen Marktplatz gehabt, dafür eine unüblich breite Märitgasse. 60 Fuss oder 26 Meter misst sie. In ihrer Mitte fliesst der Stadtbach. In Schalen, das sind Gebäude ohne Dach quer über die Strasse, verkauft man täglich frisches Brot und Fleisch. In einem weiteren Gebäude auf der Strasse stellen Gerber ihr Leder her. Und an verschiedenen Stellen findet eine Korn-, Gemüse- oder Viehmarkt statt.
Das heutige Restaurant Commerce steht da, wo die städtische Bäckerei war, aus der das Brot, das in der Schal verkauft wurde, stammt.

Der Staatsbesuch wird zu Initialzündung für das private Gaststättenwesen Berns. Noch übernachtet man im Dominikanerkloster und bei den Kleinräten privat.
Das entpuppt sich als riesige Herausforderung. Die Stadt zählt vielleicht 4000 Einwohner, 1500 Gäste kommen für 10 Tage dazu. Sie alle verlangen Futter für ihre Pferde sowie Essen und Trinken für sich selber. Nach der Verköstigung geht die Gäste rudelweise ins Bordel am heutigen Ryffligässlein (wo jetzt bezeichnenderweise das Kino6 steht).
Alles wird königlich beglichen. Das befördert Ideen, mehr für den Fremdenverkehr zu tun. Herbergen sollten bald folgen.

Das an der zweiten Station.

Bild 1: König Sigismund besucht Bern, macht sie zur Reichsstadt und weiht das Rathaus ein.
Bild 2: Bern im 16. Jahrhundert mit heutigem Rathaus im Hintergrund, Richtstuhl und altem Kreuzgassbrunnen als Herrschaftszentrum

Stadtwanderer-Saison 2023, 1. Jahreshälfte

Ich habe mich von meiner Grippe erholt und freue mich auf meine Stadtwanderer-Saison 2023!


Figur Kopflos von Luciano Andreani

Für die erste Jahreshälfte stehen die folgenden neun (Gruppen)Führungen fest. Zudem habe ich die Fenster für zwei bis 4 weitere Führungen bezeichnet; drei Anfragen sind noch in Bearbeitung.
Das Programm füllt sich also!
Am 1. Juli mache ich zudem eine offene Stadtwanderung zur 175 Jahr-Feier der Schweizer Bundesverfassung. Sie findet am Nachmittag um 16 Uhr statt, dauert 1,5 Stunden und wird mit einem Apéro, bei dem auf die Schweiz angestossen wird, abgeschlossen. InteressentInnen können sich direkt bei mir melden.

März
23.3. Radio SRF Inland: Beizentour
29.3. Ostschweizer Regierungskonferenz, Auf den Spuren der Ostschweiz in Bern

April
Platz für eine weitere Führung
20. April: Feierabendtreff Bern, Jugend und Politik
29.4. Rotary Club Zürich, Ochsentour

Mai
4.5. Polizei Bern, Barock, Burger und Bourbonen
7.5. Pro Ticino, Ochsentour
10.5. Heinrich-Böll-Stiftung (D): Direkte Demokratie in der Schweiz
29.5. Freidenkende Schweiz: Schweizer Demokratie

Juni
Platz für eine oder zwei weitere Führung(en)

Juli
1.7. Offene Führung Ochsentour zu 175 Jahre Bundesverfassung

ab 3. Juli ist Sommerpause bis Ende August, danach sind einige Touren in Planung, zum Lobbying und zum Kirchenfeld

Stadtwanderer

#Beizentour: Das Programm der Premiere am 23. März 2023

Die Premiere findet exklusiv für die Inlandredaktion von Radio SRF statt, begleitet von einer Reportage der BernerZeitung. Weitere interesserte Gruppen melden sich wie DM Stadtwanderer,

18 Uhr 00
Start, Zähringerbrunnen: Berns Geschichte im Schnelldurchlauf

18 Uhr 10
Kreuzgassbrunnen: spätmittelalterlichen Anfänge der Berner Gaststätten oder wo sich stolze Junker (Gesellschaftshaus zu Distelzwang), reiche Soldhändler (Restaurant Krone, vormals Taverne), und einfache Burger (Klötzlikeller, ursprünglich Weinkeller) aufhielten, wo sie spielten und lachten und vor allem viel tranken

18 Uhr 30
gemeinsamer Apero im Klötzlikeller

19 Uhr 00
Spaziergang zum Hotel de Musique, Zytgloggenturm und Restaurant Zimmermania: Die Sattelzeit: der Wandel der Gaststätten von der Stände- zur Bürgergesellschaft (1760-1830) oder vom Wein zum Bier

19 Uhr 30
Restaurant (vormals Hotel) zum Aeusseren Stand; wo die liberale Verfassung des Kanton 1831 resp. die Bundesverfassung 1848 geschrieben wurden resp. wo das Bürgertum die politische Oeffentlichkeit schuf

19 Uhr 45
Volkshaus 1914 oder wo sich russische Revolutionäre, Berner Sozialisten und politisierte Handwerker ungestört trafen und Politik betrieben

20 Uhr 00
gemeinsames Nachtessen im Volkshaus

21 Uhr 00
Spaziergang zum «Pyri» Café des Pyrénées: Polo Hofers Heimat und Universität zugleich oder wo die Alternativbewegung 1971 politisch wurde

21 Uhr 15
Spaziergang zum Propr, wo aus einem Gymer ein Kulturzentrum wurde und Helvtiaruft! zur Feminisierung der Schweizer Politik auffordert

21 Uhr 30 gemeinsames Abendbier

22 Uhr 00 Ende

Weitere Beizentouren sind ab April 2023 möglich. Interessierte Gruppen melden sich beim mir via Messenger!

Stadtwanderer

#Politprominenz: Ostschweizer Spuren in Bern

Am 29. März 2023 geht eine Stadtführung der neuen Art auf die Piste. Thema ist “Ostschweizer Prominenz in Bern“.
Ich führe eine Delegation der Ostschweizer Regierungskonferenz durch die Bundesstadt. Erwartet werden eine stattliche Zahl an RegierungsrätInnen aus den Kantonen Graubünden, Glarus, St. Gallen, aus beiden Appenzell, Thurgau und Schaffhausen.


Bild: Uni Tobler, wo ich vor wenigen Jahren unterrichtete, vor 30 Jahren einen schrecklichen siebenfachen Beinbruch hatte, aus dem mein Stadtwandern als Therapie entstand.

Die Vernetzung findet an drei exemplarischen Orten statt:
. In der Altstadt anhand des Diesbach-Hauses: Der Vorläuferbau an der Münstergasse war Sitz der legendären Diesbach-Watt-Gesellschaft, die im 15. Jahrhundert als bernisch-sanktgallisches Handelshaus insbesondere den Tuchhandel zwischen Polen und Katalanien betrieb. Heute ist das Haus die Direktion für Inneres und Justiz des Kantons, geführt von Regierungsrätin Evi Allemann, die uns empfangen wird.
. Im Regierungsviertel anhand des Bernerhofes: Im 19. Jahrhundert war er ein Nobelhotel, heute ist er Sitz des Finanzdepartementes. 15 Bundesräte und 3 Bundesrätinnen kamen bis jetzt aus der Ostschweiz. Wir lassen sie kurz Revue passieren, endend mit Bundesrätin Karin Keller-Sutter, EFD-Chefin, die auch anwesend sein wird.
. In der Länggasse anhand der Uni Tobler: Wir besuchen die Uni Tobler, die auf dem Areal der ehemaligen Schokoladenfabrik steht. Johann Jakob, genannt Jean, Tobler war Zuckerbäcker aus Lutzenberg (AI), der 1899 die „Fabrique de Chocolat Berne, Tobler & Cie“ gründete, wo ab 1908 die Toblerone – die weltweit bekannteste Schweizer Schoggi – hergestellt wurde.

Die Ostschweiz und Bern hätten in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht noch mehr zu bieten. Doch dieser Streifzug durch Geschichte und Gegenwart muss diesmal genügen.
Ich freue mich ausserordentlich, die Politprominenz aus der Ostschweiz durch die mittelalterliche, industrielle und politische Stadt Bern führen zu dürfen und sie so mit der Bundesstadt zu vernetzen.

Claude Longchamp

#Beizentour: Die Gastroketten in Bern

Bern hat heute 760 Gaststätten. Das berichtet die Berner Zeitung.Auffälligstes Merkmal ist die Bildung von Ketten, die sich spezialisieren, was den Einkauf, das Marketing oder die Personalführung erleichtere. Die 15 wichtigsten Ketten führen knapp 10 Prozent aller Gaststätten in der Stadt und ihrer nahen Umgebung. Die Pandemie hat einiges durcheinandergewirbelt. Als Aufsteiger wird Burkhalter Gastro geführt, verloren hat der Zürcher Frauenverein. Und es gibt Newcomer!


Quelle: BernerZeitung

Das ist die geraffte Uebersicht:

Burkhalter Gastro (7 Gaststätten)
Tobias und Nilgün Burkhalter, Präsident Gastro Bern
Bekannte Gaststätten
• Hotel Goldener Schlüssel (Rathausgasse)
• Della Casa (Schauplatzgasse)
• Zunft zu Webern (Gerechtigkeitsgasse)
• Hotel Sternen (Köniz)
• Hotel Schloss Ueberstorf
• Chez Edy (Kirchenfeld, Beteiligung)
Jüngster Abgang: Restaurant Schmidstube

Bindella (7)
Gegründet 1909 durch Jean Bindella Weinhandlung
Bekannte Gaststätten
• Kornhauskeller (Kornhausplatz)
• Ristorante Piu (Kornhausplatz)
• Spaghetti Factory (Kornhausplatz)
• Lorenzini (Hotelgasse)
• Du Theatre (Hotelgasse)
• Verdi (Gerechtigkeitsgasse)

Sportgastro
Tochtergesellschaft des SCB
Bekannte Gaststätten
• Stadiongastronomie (Wankdorf)
• Beef Steakhouse (Kramgasse)
• Lago (Hinterkapellen)
• Bärentower (Ostermundigen)
• Allmend (vormals Henris, Bern-Expo-Hallen)
Abgang:
• Mappamondo (Länggasse, seit Pandemie zu)

Zürcher Frauenverein (ZFV)
1894 als Frauenvereini für Mässigkeit und Volkswohl gegründet, vor allem im Grossraum Zürich tätig, seit 2000 via UBS auch Personalrestaurants in Bern
Bekannte Gaststätten
• Kantine (Bundeshaus)
Jüngste Abgänge
• Henris (Bern-Expo Hallen, an Sportgastro)
• Restaurant Schöngrün (Paul Klee Zentrum)
• Restaurant zum Aeussern Stand

KG Gastrokultur (5)
Quartierbeizen und Kulturanlässe von Igor Gaic, Marc Häni, Regula Keller, Michel Gygax
Bekannte Gaststätten
• Restaurant zum Schloss (Köniz)
• Le Beitzli (Vidmarhallen Köniz)
• Restaurant Eiger (Eigerplatz)
• Du Nord (Lorraine)
Jüngster Abgang: Marzer (Marzili)

Taberna Gastro-Kultur (5)
Uebernahme von Lokalen der Contexta und Donald Hess durch Michael Herberger und Stefan Ruprecht
Bekannte Gaststätten
• Ringgenberg (Kornhausplatz, mit Ringgenpärkli im Sommer)
• Cafe des Pyrénées (Kornhausplatz)
• Kunsthallenbar (Eigerplatz)
• Marzilibrücke (Marzili)
• Restaurant Dampfzentale (Marzili)

Newcomer (Auswahl)
Irene und Lukas Uehlinger
Bekannte Lokale
• Brasserie Obstberg (Obstbergquartier)
• Cafe Fédéral (Bärenplatz)
• Demnächst Restaurant Nido (im Warenhaus Loeb)

Mischbar Gastro GmbH
Bekannte Lokale
• Provisorium 45
• Fabrique 28 (Eigerplatz)

Remimag
Bekannte Lokale
• Röstigrabe (Bärenplatz)
• Güggelibeiz (Marzili)
• Schwellenmätteli (Marzili)
• Toi&Moi (Bahnhofplatz)

Kurt Dallmeier
Bekannte Lokale
• Beaulieu (Länggasse)
• Il Grissino/Olive (Weisenhausplatz)
• Demnächst Uebernahme Harmonie (Hotelgasse)

#Beizentour: 10 erhellende Bruchstücke der Gasthausgeschichte (Berns)

Quelle: Das Gasthof- und Wirthshauswesen der Schweiz in älterer Zeit
Bemerkung: Die Schreibweisen vom Ende des 19. Jahrhunderts wurden durchwegs belassen.

1. Was ist ein Wirth oder eine Wirtin?
“eine Person die ihre Nahrung mit Beherbergung, Futter und Mahl für fremde Leute, für billige Vergeltung sucht und dafür Dienste leistet, den Gebrauch ihrer Zimmer auf kurze Zeit verstattet, und allerhand Bequemlichkeit verschafft, und endlich Essen und Trinken verkauft.” (Georg-Heinrich Zinke 1750)

2. Stifte, Klöster und Bischöfe
«Mit der Zeit der Städtegründungen in Helvetien, etwa im Jahre 1000, beginnt die Periode der Wirtshaus-Industrie, und sonderbarerweise sind es Stifte und Klöster, welche es nicht verschmähen, selbst auf dem Lands Wirtshäuser und Ställe zu errichten und gegen Zins auszuleihen – zum allgemein Besten. im 13. Jahrhundert finden wir vorerst in den Städten die aus den sogenannten Ellenden-Herbergen sich entwickelnden Gasthäuser mit Beherbergungsrecht. ”

3. Der Falken in Bern
“Noch im Jahr 1534 besass der Bischof von Lausanne das Wirthshaus zum Falken in Bern und wurde vom Rathe der Stadt ersucht, dasselbe mit einem tüchtigen Wirth zu besetzen. «

4. Hohe Besuche
“Als man in Bern König Sigmund im Jahre 1414 in Silber servieren wollte, lehnte des Königs Hofmeister das mit den Worten ab: “Es wurd bald verstohlen!”. So trank der König mit seinem ganzen Gefolge, das auf 800 Berittene belief … “us dünnen Glesern*. Und doch kam dieser Besuch die Stadt mit den Auslagen für “Zerung, Schmide, Sattler, die Besuche bi den schönen frouwen im Gesli (das heutige Ryffligässli, cl)”, und den Geschenken an die Pfeifer, Trompeter, Thürhüter, Metzger und Köche des Königs auf 2000 Pfund Pfenning zu stehen.”

5. Verschiedenartige Gasthäuser
“Weitaus in den meisten Orten der Schweiz unterschiede man in alter Zeit nur Tavernen mit Beherbungsrechten, Wein- und Bierhäuser. Zu den Weinhäusern gehörten die Zunftstuben in der Stadt und Gesellenhäusern im Dorf,”

6. Weinhäuser
Die Weinhäuser, in der französischen Schweiz caves, cabarets, in den ennetbirgischen Vogteien locande, battale, taverne oder osterie, auch cantine genannt, waren Schenkhäuser ohne Beherbungsrecht. In älterer Zeit durften diese in der Regel nur einerlei oder zweierlei Wein auf Lager halten und den Gästen nur Brod und Käse aufstellen. Allein vielerorts, namentlich in Bern und Genf, waren Weinhäuser weit mehr besucht, als die eigentlichen Wirtshäuser.»

7. Wirtshausschilder
“Die ältesten Wirtshausschilde hatten eine symbolische Bedeutung; sie erinnerten an den Kirchenpatron des betreffenden Ortes. …
An Zunfthäusern brachte man die Bilder eines Ochsen, Stiefel, Hufeisen, Lamm, Fisch, Salm, Hecht, Traube, Anker, Rebstock an.
Oft wurde das Wappen des Gerichts- und Landesherren, der Stadt oder des Ortes zum Wirthshausschilde gewählt: … der Löwe in habsburgischen und kyburgischen Landen, der Adler in froburgischen, der Kranich in der Landschaft Greyerz, der Bär in den Gebieten von Bern, St. Gallen und Appenzell.”

8. Kaffeehäuser
«Schon 1550 in Konstantinopel importiert, war der Kaffee bei den Türken bald beliebt. Wegen der belebenden Wirkung auf die Denkkraft ausübt, nannte man in Konstantinopel die Kaffeehäuser Schulen der Erkenntnis. Weise und Dichter sprachen sich da so offen aus, dass Murad II. die Kaffeegesellschaften, die in der Neuzeit einen so unschuldigen Charakter angenommen haben, als staatsgefährlich verbot.» … “1640 wurde Kaffee in Venedig eingeführt und zuerst nur in Apotheken als Heilmittel sehr theuer verkauft.”

9. Hugenotten bringen das Kaffeehaus nach Bern
«Französische Flüchtlinge (in den 1680er Jahren, cl) errichteten in Bern die ersten Kaffeehäuser, die 1693 geschlossen wurden, weil in denselben über Tagesneuigkeit gesprochen wurde.»
Noch 1783 durfte in Basel im Kaffeehaus keine weibliche Bedienung gehalten werden, sondern nur Kaffeejungen.”

10. Das Restaurant in Paris
«Es war im Jahr 1765, als der Pariser Wirth Boulanger an seiner Gaststube die Inschrift anbrachte: ” Vernite ad me omnes qui stomacho laboratis et ego vos restaurabo” («Kommet zu mir, die ihr Magenprobleme habe und ich werde euch wiederherstellen”) Seither nannte man jene Wirtschaften ohne Beherbungsrecht Restaurants. Diese neue Kategorie von Wirthschaften machte sowohl den alten Tavernen-Wirthen als den Bäckerstuben Concurrenz.”

Stadtwanderer

#Beizentour: Die grosse Modernisierung des Gastgewerbes

Die Geschichtsschreibung fasst die europäische Zeit zwischen 1750 und 1850/70 gerne als «Sattelzeit» zusammen und meint damit den Uebergang von der ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft. Jene war in Gruppen organisiert, dies via Individuen. Generelle Ursache des damaligen Wandels war die Industrialisierung mit Auswirkungen auf die Demografie, was sich in einer Verkehrsrevolution aber auch neuen Konsum- und Kulturformen ausdrückte.



Oben: Hotel de Musique im Saal des Cercle de la Grand Societé, unten Progr mit Helvetiaruft!

Typisch für den Uebergang ist in Bern ist das “Hotel de Musique” an der Hotelgasse, das auch “Du Theatre” genannt wird. Gebaut wurde es 1766 von einer Aktiengesellschaft, und es beherbergte von Beginn den Cercle de la Grande Societé. Das war noch ein gediegener und geschlossener Club mit den Eliten der Patrizier und Bürger, der als Ort der innen- und aussenpolitischen politischen Auseinandersetzung diente. Einer generellen Oeffnung, wie es die französischen Besatzer 1798 verlangten hatten, widersetzte man sich erfolgreich. Immerhin steht das heutige Restaurant “DüTü” allen offen, und es ist eine beliebter Treffpunkt für gehobene Politik.

Uebergang zur Gastgewerbefreiheit
1848 führte die erste Bundesverfassung die Handels- und Gewerbefreiheit ein. Doch setzte sich die nicht automatisch durch. Gerade für das Gastgewerbe war die zweite Bundesverfassung wichtiger. Sie brachten Marktöffnung und Diversifizierung. Dafür hatten die Gastwirtschaften keine amtlichen Aufgaben mehr, wurden aber von Inhabern eines Patentes mit minimaler Ausbildung betrieben.
Namentlich der Einfluss von Tourismus und Verkehr hatte das Aufkommen zweiter neuen Typen, der Hotellerie und dem Restaurant zur Folge. Von dieser Modernisierung lange nicht betroffen blieben eigentlich nur die Gastwirtschaften auf dem bäuerlich geprägten Land.
Der Begriff des “Hotels” wurde aus dem Vokabular der repräsentativen Bauten der aristokratischen Städte übernommen. Noch heute nennt man Rathäuser auf französisch “Hôtel de Ville”. Gemeint waren neu aber modernisierte Herbergen für die Uebernachtung neuer und alter Oberschichten oder ausländischen Gäste. Typischerweise hatten Hotels dafür Einer- und Doppelzimmer, Speisesäle für gepflegte Dinners und eine Bar mit Thekenausschank.
In der Stadt Bern löste die Wahl als Bundesstadt 1848 einen Hotelboom aus. Dazu gehörten namentlich der frühere Bernerhof oder das Bellevue Palace, wo sich nationale Politiker, Beamte und Diplomaten tummelten.
Vom “Restaurant” sprach man in Paris seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert, wenn Gäste tagsüber und auch des Abends kulinarisch bedient wurden. Es bürgerten sich kleine Tische für vier oder zwei Personen ein, die auf einer Menükarte auswählen konnten, was sie besonders begehrten. Besonderen Wert legte man darauf, dass sich die Gäste erholen und gesund weiterziehen konnten. «Restaurer» führte denn auch zum neuen Namen.
In der Schweiz dauerte es rund 100 Jahre länger, bis sich Begriff resp. Phänomen durchsetzten. Das Spektrum an Formen blieb gross. Denn Cafes oder Brasserien gab es seit dem frühen 19. Jahrhundert: Sie hatten die Vorherrschaft der Weinkeller abgelöst. Nun vermischte sich alles die mit den Speiseangebot in Restaurants. Restaurants haben sich eigentlich im ganzen Stadtgebiet, also auch in den Quartieren durchgesetzt.
Typisch für Restaurants dieser Zeit sind im Berner Zentrum der Aeussere Stand, das Zimmermania, das Café fédéral oder das Café de Commerce. Alle hatten sie eine ausgesprochen politische Vergangenheit.

Bürgerliche und proletarische Oeffentlichkeiten
Namentlich die industrielle Arbeitswelt mit Frauenerwerbsarbeit bedingte zunehmend auswärtige Verpflegung. Während Kosthäuser für Arbeiter einer bestimmten Fabrik eingerichtet waren, standen die Speisewirtschaften nach 1850 für alle offen.
Aus dem gemeinsamen Kampf der gemeinnützige Frauenorganisationen und der Abstinenzbewegung gegen den Alkoholismus entstanden ab den 1890er Jahren die alkoholfreien Gaststätten. Auch die alkoholfreien Soldatenstuben des Schweizer Verbands Volksdienst , die Kantinen, Wohlfahrtshäuser und vegetarischen Gaststätten waren der Volksgesundheit verpflichtet.
In Bern zählt namentlich die «Spysi» in der Altstadt dazu.
Die soziale Differenzierung in Bürgertum und Arbeiterschaft in den Städten führte im frühen 20. Jahrhundert zu Gastwirtschaften in Bürgerhäuser mit gutbürgerlicher Küche resp. zu Volkshäusern mit einfacher Küche zu Volkspriesen. In Bern stehen dafür exemplarisch das “Bürgerhaus” an der Neuengasse, wo es einst auch ein grosses Restaurant gab, resp. das “Volkshaus 1914”, das seit 1893 existierte, in seinem Konzept aber mehrfach geändert wurde. Für für sie war, dass es das Gastgewerbe in weitere gesellschaftliche Tätigkeiten integrierte. Bis heute gewährt sie politischen Organisationen wie der FDP resp. der SP Platz.

Konsumangebote an Verkehrsadern
Die Anbindung an den öffentlichen Verkehr war für die Wirtshäuser im 20. Jahrhundert stets eine Erfolgsgarantie, brachte aber auch neue Konzepte mit sich-. Mit der Eisenbahn resp. Bahnhöfen verbunden sind Buffets, Speisewagen, neu auch Bistrobars und zirkulierende Minibars.
An Nationalstrassen kamen ab den 1960er Jahren Raststätten mit leichten Mahlzeiten, Schnellimbissen und Selbstbedienung auf. Dank der zunehmender Motorisierung der Nachkriegszeit eerleben auch ländliche Ausflugsrestaurants eine (Wochenend)Blüte.
In den letzten 50 Jahren setzten einheimische und ausländische Verpflegungsketten wie Mövenpick und McDonald’s den Trend zum Fastfood fort. Neue Dienstleistungsangebote wie der Party-Service und der Take-Away-Betrieb kamen hinzu. Stets standen Konsumbedürfnisse im Vordergrund, politische Identitäten bildeten sich hier nicht mehr aus.
Ein Gang durch das Untergeschoss des Berner Bahnhofs reicht, um zu verstehen, was gemeint ist.

Die Repolitisierung der Gastronomie als Teil der neue politischen Kultur
Nicht Quantität, sondern Qualität prägt den jüngsten Trends mit Spezialitätenrestaurants, die Emotionen vermitteln. Einst für Fisch oder Fondue reserviert, bietet man heute südländische, europäische und fernöstliche Gerichte ab. Globalität geht hier durch den Magen und schärft das Bewusstsein. Sie findet sich in neuen Treffpunkten für Kultur und Kunst, wo, wie in der “Reitschule” oder dem “Progr”, wieder heftig Politik gemacht wird. Das kulinarische Angebot ist multikulturell und trifft auf ein diversifiziertes, teils auch genderspezifisches Publikum.

Stadtwanderer

#Beizentour: Wie die frühe städtische Oeffentlichkeit mit dem traditionellen Gastgewerbe entstand

Ich habe meine ersten Probeführungen für die neue Beizentour gemacht. Sie fanden durchwegs Anklang. Sie haben mir auch gezeigt, was ich noch verbessern sollte. Vor allem wurde mir klar, dass ich die Begriffe zum Gastgewerbe für den historischen Ueberblick im Voraus klären muss.


Das Janusgesicht des Wirts. Aquarell von Hieronymus Hess, 1830, Quelle: HLS

Vom Kloster zum Gasthäuser und Schenken
Heute dominieren das Restaurant und das Hotel als Begriffe. Doch sie stammen bei uns beide aus dem 19. Jahrhundert. Davor unterschied man primär zwischen Gasthäusern und Schenken.
Das Historische Lexikon der Schweiz schreibt, erstere hatten ein Beherbungsrecht für Mensch und Pferd, durften Speis und Trank ausgeben, und sie übten öffentliche Funktionen aus, die man dank obrigkeitlicher Konzession betreiben durfte. Zweitere durften kein Nachtlager anbieten, waren bei den Speisen meist auf kalte Platten beschränkt und hatten seltener öffentliche Funktionen.

Beginn der städtischen Oeffentlichkeit
Mit Gasthäusern entsteht in der mittelalterlichen Welt ein Ort der Oeffentlichkeit, der nicht mehr wie in der Antike an einen zentralen Platz mit Tempeln und Markthallen gebunden war. Nun entsteht sie verteilt mit speziellen Gebäuden.
“Ehaften” ist der alte Begriff dafür. Gemeint sind damit obrigkeitlich Oertlichkeiten mit öffentlich relevanten Aufgabe. Dazu gehörten Mühlen, Bäckereien, Metzgereien, Gerbereien und Schmieden. Und eben Gasthäuser.
Ueber die neue, mittelalterliche Oeffentlichkeit bestimmten die kirchlichen oder weltlichen Grundherren resp. die Städte. Ein Eid der konzenssionierten Inhaber band sie an die Obrigkeit.
Gasthäuser garantierten die kontrollierte Unterbringung in Friedenszeiten von Auswärtigen, aber auch von Geiseln, Häftlingen und Verwundenten in Kriegszeiten. Sie waren waren verpflichtet, alle aufzunehmen, die bar bezahlen konnten und nicht rechtens ausgeschlossen waren wie Unehrliche, Geächtete oder Randständige.
In der frühen Neuzeit waren Gaststätten auch bevorzugte Orte für Gerichte. Denn die Beratung über Recht und Unrecht verlagerte sich markanten Orten im Freien in Gasthäuser, die dafür Gerichtsstuben einrichteten.
Das Gesellschaftshaus zu Distelzwang war in der Stadt Bern ein typischer Ort dafür.
Wer eine öffentliche Aufgabe wahrnahm, zahlte eine einmalige Gebühr resp. eine jährliche Abgabe. Konzessionsnehmer waren verpflichtet, ihnen bekannte Rechtsverstösse zu melden.
Ein besonderer Fall ist Bern war der Falken, später das Gesellschaftshaus zu Mittellöwen, das heute vom C&A bevölkert wird. Bern nahm ihn nach der Reformation dem Bischof von Lausanne ab und förderte ihn zum vorherrschenden Gasthaus, wo die hohen Gäste vom Kaiser bis Schriftsteller abstiegen.
Aehnliche Aufwertungen geschahen auch mit der Krone und dem Schlüssel. Damit wollte man dem Wildwuchs an Schenken, die gasthausähnliche Aufgaben übernommen hatten, Einhalt gebieten.

Wirtshäuser und Stuben ohne öffentliche Aufgaben und eingeschränkten Rechten
Die aufgeführten öffentlichen Aufgaben unterschieden Gasthäuser nicht nur von Schenken, sondern auch von Trinkstuben der Zünfte oder Gesellschaften, die im 15. Jahrhundert meist aus Privathäusern heraus entstanden und nur für Mitglieder bestimmte Gruppen wie Kaufleute oder Handwerker und Gesellen zugänglich waren. Sie bilden den zweiten Strang, aus dem heraus traditionelle Gasthäuser entstehen. Die Zünfte und Gesellschaften bildeten eigene Gemeinden, und die Zunftmeiste oder ähnliche Organe mit der niederen Gerichtsbarkeit ausgestattet.
Besonders erwähnen muss in Bern auch die Weinkellereien, die häufig zu einer Schenke gehörten. Gereicht wurden hier einfache Platten und vor allem viel Wein. Denn Bier war in die Mitte des 19. Jahrhunderts weitgehend unbekannt. Und Kaffee- oder Teehäuser gab es im alten Bern nicht.
Der Wein kam zuerst aus den Untertanengebiete am Bieler- und Murtensee. Nach der Eroberung der Waadt wurde das Gebiet entlang dem Genfersee zur Quelle der Weinversorgung. Parallel dazu wurden die Weinkellereien zahlreicher, ja zur vorherrschenden Form der einfachen Wirtshäuser.
Einer der wenigen Nachkommen davon ist in Bern der städtisch betriebene “Klötzlikeller”. Denn die meisten Weinkellereien sind in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eingegangen.

Lage und Person als Erfolgsfaktoren
Der ökonomische Erfolg der Gasthäuser hing sowohl von der Person des Wirts als auch vom Standort ab: Geschäftsfördernd waren Lagen an Transitrouten, an Wallfahrts-, Markt- und Messeorten, in städtischen und dörflichen Zentren nahe von Kirche und Markt sowie die Verbindung mit Bädern.
In Bern kennt man eine Häufung entlang der alten “Märitgasse” (heute Gerechtigkeits- und Kramgasse), aber auch der Aarbergergasse. Zudem gab es in der Matte mehrere Gasthäuser, die zum Badbetrieb gehörten.
Der Wirt entsteht als markante Figur zwischen Obrigkeit und Bevölkerung. Beide waren Männer. So wie die Wirte und die Wirtshausbesucher auch,
Geschlafen wurde in Herbergen lange in eigens eingerichteten Sälen. Gegessen in der Gaststube an langen Tischen. Gereicht wurde für alle das gleiche Essen.

Vom Busch zum Schild
Zur Kennzeichnung von Gasthäuser und Schenken schmückte man sie mit Büschen, Kränzen oder Reifen, was sich bei Schenken lange hielt, bei Gasthäusern durch Schilder und Namen abgelöst wurde. Beliebt waren Namen Kirchenpatrone, aber auch Wappen der Landes- oder Stadtherren.
In Bern ist hier insbesondere der Adler bekannt, der nach dem Neubau ein prächtiges Wirtshausschild bekam.
Aber auch die “Wäbere” gehört dazu. Schliesslich fällt eine auch die Gesellschaft zu Mittellöwen ein, die den Falken übernahm mit mit einem Roten Löwen versah, den es heute noch gibt.

Claude Longchamp

Stadtwandern für ausländische ExpertInnen der Raumplanung

Das wird morgen eine Herausforderung: Für eine internationale Delegation, die sich im Bundesamt für Raumplanung trifft, mache ich eine Stadtwanderung. Wir werden gegen den Winter kämpfen!

Der Typ der Führung ist bekannt: Beleuchtet werden die drei Ebenen des schweizerischen Staatswesens mit je einer Station zum Bund, den Kantonen und den Gemeinden/Städten. Dafür Besuchen wir das Bundeshaus, das Berner Rathaus und den Erlacherhof.
Dazwischen gibt es spezifische Exkurse zur Geschichte der schweizerischen Staatsentwicklung resp. zu direkten Demokratie als herausragendem Merkmal des Politsystems. Sie finden am Eingang zur Berner Altstadt resp. über der Plattform beim Münster statt.
Ich hoffe, wir sehen so etwas auch von der Agglomeration, denn die Fachleute aus dem Ausland sind für das Studium der hiesigen Raumplanung da.
Angenehmer Nebeneffekt: Die Führung findet auf französisch statt, was mir Gelegenheit gibt, das Vokabular von “Hotel de Ville” für Rathaus bis “tendences centrifugales“ für den aktuellen Zustand der Politik zu memorieren.
Auf den Winter haben ich mich eingestellt. Und meine Gäste sind vorgewarnt! Schnee wird es auch morgen auf jeden Fall haben. Vielleich zeigt sich Bern im weissen Zuckerguss – oder dann halt im Grau der trüben Januartage.

Bern Tourismus

#Beizentour: spätmittelalterliches Stadtleben in Bern

Zu den Besonderheiten der mittelalterlichen Stadt Bern zählte das Fehlen eines eigentlichen Marktplatzes. Die Berner retten sich normalerweise mit dem Hinweis, stets eine breite Hauptgasse gehabt zu haben, die als Ersatz diente. Doch wo war das politische Zentrum?


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Quelle: Berns mutige Zeit. Das 15. Jahrhundert neu entdeckt

Die Quartiere der Gründungsstadt
Die Gründungsstadt war perfekt in die Aareschlaufe eingepasst. 1218 ging sie bis zum heutigen Zytgloggenturm. 1255 reichte sie bis zum Käfigturm, und 1346 war sie mittelalterliche Stadt fertig gebaut. Sie endete beim westlichen Stadttor mit dem hl. Christopherus, im Bereich des heutigen Bahnhofplatzes.
Charakteristisch waren die Gassen in den Ost/West-Richtung, wobei die mittlere, damals durchgehend Märitgasse genannt, die markanteste war. Quer zu ihr war in der Gründungsstadt die Kreuzgasse. Beide zusammen begrenzten die vier ursprünglichen Stadtquartiere.
Die Kreuzung in der Gründungsstadt ist denn auch das eigentliche Zentrum, das die vier Enden verband.

Herrschaftszentrum im Kreuz
Im Kreuz stand seit 1433 der Kreuzgassbrunnen. Der heutige ist der vierte mit diesem Namen. Seit dem dritten Brunnen, also seit 1657, steht er leicht westliche der Kreuzung, davor leicht östlich.
Die Wichtigkeit des Kreuzes zeigt, was um den Kreuzgassbrunnen war. Auf der westlichen Seite stand der steinerne Richterstuhl, auf der östlichen der Schandpfahl, wo Verbrecher dem Spot der Passanten ausgesetzt wurden.
Beides waren höchste herrschaftliche Symbole, denn die Stadt Bern besass seit 1415 das Recht, selber über Leben und Tod zu entscheiden. Vollstreckt wurden die Todesstrafen ausserhalb der Stadt. Verurteilt wurden die Delinquenten in der Stadtmitte.
Das Rathaus, seit 1415 nur ein paar Schritte nebenan, ergänzte die Szenerie. Auch es hatte zu Beginn keinen Platz davor. Das wertete das Kreuz mitten in der heutigen Altstadt nochmals auf.

Kein Marktplatz aber eine Märitgasse
Die Märitgasse war nicht nur herrschaftlicher Sammelpunkt. Es fanden an mehreren Stellen auch spezialisierte Märkt statt. Am östlichen Stadtende der Ankenmarkt (Buttermarkt), gefolgt vom niederen Viehmarkt, dem unteren Kornmarkt, dem oberen Viehmarkt und dem Gemüsemarkt.
Die Märitgasse fasst das problemlos, denn sie war für eine mittelalterliche Stadt unüblich breit. Ursprünglich wurde sie auf 60 Fuss oder 26 Meter angelegt. Selbst nach dem Bau der Lauben im 15. Jahrhundert mass sie noch 20 Meter. 2 davon gingen an den Stadtbach. Damit blieben je 9 Meter links und rechts davon.
Mitten auf der Märitgasse standen über dem Stadtbach auch die Schal, an denen Brot und Fleisch verkauft wurde. Sie waren ummauert und ohne Dach. Im Innern waren Bänke, auf denen die Waren feilgeboten wurden. Weiter östlich gab es zudem noch die Gerberhäuser. Da wurde mit auf der Strasse Leder hergestellt.

Gentrifizierung des Stadtzentrums
Alle Handwerker schlossen sich seit dem späten 14. Jahrhundert entlang ihrer Tätigkeit zu Gesellschaften zusammen. Zuerst traf man sich in der Stube des wichtigsten Berufsmannes.
Im 15. Jahrhundert beteiligten verschiedene Gesellschaften an der repräsentativen Umgestaltung der Berner Hauptschlagader, indem sie spezielle Gesellschaftshäuser mitten in der Stadt eröffneten. Die Bäcker und Metzger dominierten die untere Stadt, die Gerber und Schmiede die oberen Quartiere. Sie lösten die alten Quartierverwaltungen unter einem Venner ab.
Man kann auch ab 1450 von einer Art frühen Gentrifizierung der Stadt sprechen.
Im Zentrum waren die Gesellschaften der Politik, peripheren die Handwerksorganisationen. Verdrängt wurde so auch der Markt, der sich nach Westen verlagerte, als die Verkaufsstellen für Fleisch und Brot zwischen 1468 und 1488 abgebrochen wurden und die Lederproduktion in die Matte verlagert wurden. Der Name Märitgasse änderte allmählich in Gerechtigkeits- resp. Kramgasse, getrennt durch die Kreuzgasse. Die Marktgasse ist heute ausserhalb der Gründungsstadt.
Speziell waren zwei weitere Gesellschaften: Der Gesellschaft zu Distelzwang, ursprünglich Narren und Distelzwang geheissen, gehörten ab 1420 vor allem der Stadtadel und der Klerus der Reichsstadt an. Und in der Gesellschaft zu Mittellöwen waren die Fernkaufleute organisiert, die im 15. Jahrhundert bis nach Spanien und Polen aktiv waren.

Auch keine Zünfte, sondern Gesellschaften
In Bern waren Zünfte Verboten, es herrschte die Stadtaristokratie alleine, ähnlich wie etwa in Lübeck oder Venedig. Die Junker, wie sich die besseren Stadtberner im Mittelalter nannten, standen den Handwerker skeptisch gegenüber. Ihre Zusammenkünfte galten als Orte der Unruhe, weshalb man sie streng kontrollierte und vom Regiment ausschloss.
So hatten die Gesellschaften keinen direkten Zugang zum Rat. Dch bildeten sie keine Einheit: Die Vennergesellschaften, der Distelzwang und der Mittellöwen organisierten nicht nur Berufsleute, sie waren auch für Menschen offen, die eine Behördenlaufbahn anstrebten. Denn der Posten des Venners, dem Quartiermeister in militärischen und polizeilichen Fragen, versprach auch einem Metzger, Bäcker, Schmied oder Geber eine politische Karriere. Schuhmacher, Weber und Schiffleute hatten dagegen kam Chancen.

Gesellschaftshäuser als Geburtsstätten der Weinschenken
Welche Rolle die Weinschenken spielten, die zuerst in den Gesellschaftsstuben entstanden, erzähle ich im nächsten Post. Vorerst nur so viel: Der Wein floss reichlich!

#Beizentour: eine kleine Geschichte der Wirtshäuser in und um Bern

1975 publizierte die «Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde» einen Abriss zur Geschichte der Berner Wirtschaften. Er war zwar schon 100 Jahre alt. Doch gab und gibt er eine geraffte Uebersicht über die Entwicklung der Gastgewerbes von 1415 bis zum Ende des 19. Jahrhundert, die ich als Basis für meine Beizentour hier gerne zusammenfasse.


Links: Restaurant Zum Aeusseren Stand Bern. Rechte Bären Münsingen
Quelle Wikipedia

Anfänge bis zur Reformation

Bern wurde 1415 Reichsstadt. Man war das unbestrittene Zentrum im Aaretal. Das Handwerk in der Stadt aufblühte auf. Organisiert war es in Gesellschaften (Zünfte), die sich Gesellschaftshäuser oder geschlossene Vereinigungsorte hielten.
In diesen Gesellschaftshäusern entwickelten sich die ersten Weinschenken. Sie war jedoch nicht zwingend an ein Lokal gebunden. Denkbar war auch ein Platz oder ein Veranstaltungsort. In aller Regel war damit verbunden, nebst Wein auch Brot und Fleisch feilzubieten. Ein solcher Ort war in der Stadt Bern am oberen Ende der heutigen Gerechtigkeitsgasse.
Für Reisende entstanden separat Herbergen und Tavernen, auch Gasthöfe resp. Gasthäuser genannt. Gasthöfe habe es in Bern im 15. Jahrhundert nur zwei, den abgegangenen Hirschen an der Aarbergergasse und die immer noch bestehende Krone an der Märitgasse (heute Gerechtigkeitsgasse).
Auf dem Land waren die adeligen Grundherren für die Bewilligung zuständig. In der Stadt machten das die Behörden, welche die Gasthöfe mit Privilegien förderte.
Gegen Ende des 15. Jahrhunderts nahm das Gastgewerbe raschen Aufschwung und entwickelt sich ziemlich unkontrolliert.

Die Reformation und ihre Folgen

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts hatte das Gastgewerbe raschen Aufschwung genommen und sich ziemlich unkontrolliert entwickelt. Damit macht die Reformation 1528 Schluss. Gasthäuser galten nun als Orte des Verderbens, wo Männer Hab und Gut verprassten und Frau und Kind in Not stürzten.
Der reformierte Staat baute die Wirtschaftspolizei aus, hielt bindende Tarife für Essen und Trinken fest und verbot gleich alle Neben- oder Winkelwirtschaften. Wer keinen Zins entrichtete, wurde geschlossen. Ausserhalb der Stadt beliess man in der Regel ein Wirtshaus je Dorf.
Ab 1546 verkaufte die Stadt ihre Wirtshäuser und Herbergen, so zum Beispiel den legendären Falken, der später zum Gesellschaftshaus zu Mittellöwen wurde, aber auch die Krone und den Schlüssel, damals führende Gasthöfe.
1628 und 1688 drohte man allen neu entstandenen Tavernen auf dem Land mit der Schliessung. Nur wer einen geregelten Betrieb garantieren konnte, hatte Bestand. 1628 waren das in der Republik 185 Tavernen, 4 Pinten und 4 Bäder. 1688 wiederholte man die Aktion, beliess 192 Tavernen, 41 Pinten und 13 Bäder. 50 Wirtschaften wurde geschlossen.
In der Stadt kam es von 1637 bis 1713 fünfmal zu Verboten vor allem von Gesellschaftshäusern, die wie Herbergen funktionierten und unerlaubt Mahlzeiten reichten, Reisenden Zimmer anboten und ihre Pferde unterbrachten.
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts gab es die ersten zu Lockerungen der protestantisch geprägten Wirtschafsethik, allerdings verbunden mit neuen Zinszahlungen, die sich nun nicht mehr nur auf die Nutzung des Bodens, sondern auch der Wirtshäuser selber bezogen.

Die kurzlebige Helvetische Republik

Die Helvetische Republik brachte einen massiven Einschnitt in die gewachsenen Strukturen und langlebigen Traditionen. 1798 deregulierte man das Gewerbe in drei Schritten. Generell galt nun Gewerbefreiheit, auch Gastgewerbefreiheit-
Doch bereits im Herbst 1799 gab es eine hefitge Gegenreaktion gerade aus dem Gastgewerbe. Behördlich eingeführt wurden nun hohe Patentgebühren, welche die neuen Wirtshäuser zahlen, während die alten nur eine einfache Taxe errichten mussten.
Ein halbes Jahr später wurde die Zahl neuer Patente zuerst beschränkt, weitere sechs Monate wurde später ganz untersagt. Das rasche Wachstum der Branchen kam zu einem jähen Ende.

Neuordnung mit dem Kanton zu Beginn der Mediation

1804, bereits zu Zeiten der Mediation, ordnete der neue Kanton Bern das Gastgewerbe neu. Nun unterschied man Tavernen oder Gasthöfe (286), Pintenschenken/Weinkeller (111) und Bäder mit einer Wirtschaft (39). Das blieb bis Ende der Restauration 1831 so.
Doch stellte sich 1816 eine neue Herausforderung, als das Fürstbistum Basel (Jura) dem alten Kantonsteil angeschlossen wurde. Das brachte dem Kanton auf einmal 531 neuen Wirtschaften. Zudem waren sie in auberges, cabarets, bouchons, cafés et bains unterteilt. 291 davon hob man gleich auf, 240 Teile man den bestehenden Tavernen, Pintenschenken/Weinkeller und Bäder zu. Freunde verschafften man sich damit im neuen katholischen Kantonsgebiet nicht!

Der Durchbruch in die liberale Moderne
Der liberale Kantons Bern einigte sich 1833 auf ein neues Patentrecht für Wirtschaften. Zwar brauchte es noch eine längere Zeit, bis es sich gegen die alten Rechte und Strukturen durchgesetzt hatte. Aber es regelt das Wirtschaftsrecht neu.
Man kann es auch als Durchbruch in die liberale Moderne nennen. Denn das Angebot vervielfältigte sich. Das war die neue Einteilung mit den neuen Definitionen:

Gasthöfe: Gäste bewirten und beherbergen sowie Pferde und Fuhrwerke aufnehmen
Gesellschafts- oder Stubenwirtschaften: Gäste bewirten, egal ob sie auch beherbergt werden
Pintenschenken oder Kellerwirtschaften: Gäste mit kalten Speisen zu bewirten und Feste bedienen
Badwirtschaften: Badegäste während einer beschränkten Zeit bewirten oder beherbergen
Pensionshäuser: ordentliche Kostgänger bewirten und möblierte Zimmer vermieten
Leistwirtschaften: Mitglieder geschlossener Gesellschaften bewirten
Speisewirtschaften (Traitorien): ordentliche Tafel halten, Gäste zu allen Stunden des Tages bewirten
Kaffeewirtschaften: Kaffee, Schokolade, Tee, Erfrischungen, Flaschenweine, Bier und andere geistige Getränke ausschenken
Bierwirtschaften: Bier und gebrannte geistige Getränke ausschenken und verkaufen

Die erste Zählung auf dem Stadtgebiet von 1836-8 zeigte 260 Wirtschaften. 100 davon waren im Radius von 100 Metern rund um den Zytgloggenturm, viele von ihnen waren Weinkeller.
Doch sollte sich die Struktur mit der Moderne rasch ändern, denn bis am Ende des 19. Jahrhunderts verschwanden fast alle der Weinkellereien in der Stadt. Entweder wurde aus ihnen eine Speisewirtschaft, oder sie gingen ein – bis auf den Kornhauskeller und den Klötzlikeller, welche die Stadt zur Erinnerung an eine typische Form der Berner Wirtschaften unterstützte.

Noch fehlten Restaurants und Hotels. Sie kamen mit dem Tourismus auf, und mit Bern als Bundesstadt. Dazu später mehr!

Stadtwanderer

Quellen:
https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=zgh-001%3A1975%3A37%3A%3A199
https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=zgh-001%3A1977%3A39%3A%3A168

#Beizentour: erste Caffees in Bern

Caffeewirtschaften, wie es das Amtsdeutsch nennt, kamen in Bern erst spät auf. Gasthöfe, Stubenwirtschaften, Weinkeller, Pinten und Badwirtschaften sind älter.
Wohl entstanden die Caffees unter französischem Einfluss während der Helvetischen Republik (1798-1803) oder kurz danach. Die erste städtische Übersicht über Wirtschaften mit einem Patent in Bern erwähnt für die Zeit 1836/8 gerade mal 10 Caffees auf 260 Wirtschaften.
Gemäss Gesetz von 183374 hatten sie das Recht, Kaffee, Schokolade, Tee, Erfrischungen, Wein (in Flaschen), Bier und geistige Getränke anzubieten.
Eines dieser Caffees war das der Witwe Thalmann an der Münsterhasse 22. Heute ist es ein Teil des traditionsreichen Restaurants Harmonie an der Hotelgasse, das Fritz (Jimmy) Gyger führt. Geblieben ist der Eingang mit der Türe der Harmonie zur Münstergasse.
Ich war da heute wie einmal Mittagessen. Ganz bewusst im alten Caffee-Abteil.
Es war, wie immer, fein!

PS:
Weitere frühe Caffeewirtschaften in Berns Altstadt: Das erste Verzeichnis der Wirtschaften in Bern, das ich bereits für den vorangegangenen Beitrag benutzt habe, erschließt einem nach dem Caffee Thalmann auch acht weitere Caffeewirtschaften, die Ende der 1830er Jahren Bestand hatten. Ob eine von ihnen die älteste ist, weiss ich nicht. Es könnte aber gut sein!
Das ist das Ergebnis meiner Recherchen zu den Fotos vor Ort.

Foto 1 Hotelgasse 10, damals Münstergasse 22, Caffee Ludwig Rouillet (Patent von 1836), heute Nebeneingang zum Restaurant Du Theatre.

Foto 2 Münstergasse 78, Caffee Rodolphe Jaccard (1836), heute Interieur Möbelgeschäft

Foto 3 Junkerngasse 58, Caffee Carl Zetzendeker (1838), heute Nebeneingang eniline GMbH, Restaurant, Bar, Styling Modeberatung

Foto 4 Gerechtigkeitsgasse 74, damals Caffee Fornallaz (1837, ab 1838 Speisewirtschaft F.)), heute Restaurant (Café) du Commerce

Foto 5 Rathausgasse 50, damals Caffee Abraham Neuhaus (1838), heute leer stehend

Foto 6 Kramgasse 26, damals Caffee Witwe Giudice (1836), heute O. Scherer Antiquitäten

Foto 7 Käfiggässlein 8, damals Caffee Gypsermeister Giobbe (1836), heute Hintereingang Restaurant Santa Lucia

Foto 8 Neuengasse 44, damals Caffee Friedrich Wagner (1838), heute Burger King Bern an der Genfergasse 4

Demnach sind mit dem Caffee Thalmann 6 im Gastgewerbe geblieben (wenn auch keines mehr als Caffee bezeichnet werden kann, 2 haben die Branche gewechselt und ein Lokal steht leer .

Die 10. Caffeewirtschaft, welche die städtische Statistik erwähnt, habe ich übrigens noch nicht gefunden. Sachdienliche Hinweise können gerne hier abgegeben werden!

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