ins – ein dorf mit bewegter geschichte

bis jetzt war ins das dorf, aus dem monia kam. ich habe es am sonntag erstmals bewusst besucht – und gleich mit der recherche begonnen: ganz schön spannend!

für die einwohner ist ins “eiss”, und weil man hart an der sprachgrenze ist welsch “anet”. besiedelt ist der ort seit der steinzeit. bekannt sind vor allem die keltischen fürstengräber auf dem schaltenrain. der kirchberg war sicher schon in keltischer zeit eine kultstätte. aus römischer zeit ist eine strasse direkt ins broyetal nachweisbar, damit war man angeschlossen an den transit von süden nach norden. in der folge gabs, wie überall in der westschweiz, einwanderungen, – hier durch die burgunder. dass die alemannen zuerst waren, wie man in der kirche nachlesen kann, ist wohl ein mythos. christianisiert wurde die gegend im 7. jahrhundert, wahrscheinlich durch wandermönche aus luxeuil. alle das spricht für burgundische wurzeln.

das spannende an der eisser geschichte beginnt jedoch danach: beim zerfall des fränksich-burgundischen kaiserreiches kommt es im jahre 851 zum grossen eklat in ins, – gleichzeitig dem ersten, aus ins bekannten ereignis: bischof david von lausanne wird hier in den wirren des zerfallenden fränkischen kaiserreiches ermordet, und der rote findling aus der eiszeit in der müntschemiergasse heisst seither blutstein. verraten worden sei er von bauern aus treiten; der name des ortes leite sich daher vom französischen trahison. mehr weiss man leider nicht.

mit dem zerfall des nachfolgenden burgundischen königreiches reiches kommt ins im 11. jahrhundert zum bargengau. man ist jetzt kaiserlich-imperial, auch bei den bauern von anestre, wie man ins nennt. der verwalter an der aare in bargen kann sich jedoch nicht halten, denn es steigt im 11. jahrhundert das geschlecht der grafen von fenis zur führenden kraft in der region auf. sie haben das vertrauen von kaiser heinrich iv., den sie im investitursteit treu unterstützt haben. der stammsitz der grafen von fenis ist die hasenburg in der nähe von ins, und von hier aus entwickeln sie im aaretal ihre herrschaft, in konkurrenz zu den papsttreuen zähringern, die nach süden drängen.

1117 kommt es zum grossen erdbeben im juragebiet, das auch in ins bemerkt wurde. fenis, der alte burgundische namen geht verloren; neu erbaut wird cerlier, das heutige erlach, und das grafengeschlecht von fenis teilt sich in der folge in die grafen von neuenburg, von valangin, von nidau und von strassberg. damit verliert es auch seine hegemoniale stellung in der region, und so kommt es 1375 zur grossen krise, als die gugler, arbeitslose söldner aus dem englisch-französischen krieg, das westliche mittelland plündern. in der folge geht die ganze region an die grafen von savoyen, 1407 gar an die grafen von chalons im heutigen burgund.

1474 dringen die berner vor, erobern erlach, und sie setzen dort einen landvogt ein. 1476 beteiligt sich die ganze region auf eidgenössischer seite an der schlacht von murten. dabei zeichnen sich die frauen von ins als besonders tapfer aus, die in der folge das privileg erhalten, am sonntag stets vor ihren männern in die kirche einziehen zu dürfen.

überhaupt, die wende zur neuzeit bringt auch in ins einen einschnitt: 1491 wird die leibeigenschaft durch eine zahlung von 299 pfund an den staat bern abgelöst. 1499 wird ins mit bern und der eidgenossenschaft vom kaiserreich ausgeschlossen. man will sich dem reichskammergericht nicht unterstellen, und den kaiserlichen beamtenstaat, der entstehen soll, ist den eidgenossen ein gräuel. man ist jetzt schweizerisch in ins.

gleichzeitig mit dem umbruch zerfiel auch das kirchliche leben, bis dahin streng katholisch, ; im 15. jahrhundert es mehren sich die klagen über unsittliches verhalten des pfarrers und unsachgemässe behandlung der kirche und seiner gegenstände. vorerst wird die kirche der pfarrei gampelen unterstellt, 1484 kommt sie unter die schirmherrschaft des st. vinzenstiftes in bern. 1528 wird die ganze region durch pfarrer kaspar künzi reformiert, selbst wenn die konservativen bauern sich wehren vorerst.

1541 beginnt bern mit der aufrüstung, die kirche wird erneuert, indem sie den stolzen trum erhält, und die pfarrstelle zu einer der begehrten in der bernischen republik aufsteigt. 1653 sind die bauern aus ins regierungstreu, sie beteiligt sich nicht am bauernkrieg der emmentaler.

mehrfach brennt das dorf in dieser zeit aus: 1562 die ganze siedling, 1655 gampelenstrasse, 1677 erneut das ganze dorf. danach kehrt wieder mehr ruhe ein. im 18. Jahrhundert ist das leben friedlich, und die berner patrizier begeistern sich immer mehr für das landleben, auch in ins, wo die familien von werdt, von fischer, von tascherner und jenner gutsherren werden.

1798 wird diese idylle wieder zerstört, die französischen truppen besetzen bern und die umgebung, und es brennt das dorf gleich zweimal. die dorfjugend wehrt sich gegen die fremden truppen, und sie kippt mehrfach den französischen freiheitsbaum, unter dessen herrschaft vorübergehend auch die trauungen stattfanden. jetzt ist man oppositionell, antimodernistisch und antiliberal. 1848 brennt das rathaus mit dem chorgericht, und 1849 kommt es gleich nochmals zum dorfbrand.

die zahlen für die dorfbrände sind auffällig: immer wenns in europa und der eidgenossenschaft in der neuzeit brennt, brennt auch ins. auch das macht ins spannend für weitere recherchen, genau so wie der blutstein, da gibt sicher noch viele sagen und geschichte. wer weiss weiter?

einstein führungen

also, das war eine super führung zu albert einstein in bern, realisiert durch stattland. zwei junge frauen, die eine als biografin, die andere als schauspielerin, machten die führung. zur sprache kamen alberts studentenbude, seine familienwohnung, seine experimente im progymnasium, sein wirken am patentamt und sein stammlokal “brasserie bollwerk”. informationsreich und spannend, besonders die einlagen zu einsteins frau mileva maric, zu seiner schwester marie (genannt maja) und zu alberts disputierfreund maurice solovine. wohl nicht ganz geklappt hat die erklärung der speziellen relativitätstheorie. da kann man noch daran feilen, auch ohne ambitionen auf den nobelpreis.

habe selber ein paar anregungen erhalten, mehr mit bildern und dokumenten arbeiten, das ist gut; geschichten einflechten, das ist noch besser; und zwei personen, die sich in der präsentation abwechseln, ist das beste. sprechen im stadtlärm ist jedoch ein generelles problem, für stadtführerinnen wie für teilnehmende. da braucht es noch gedankenarbeit.

nach der führung ein kleiner, wärmender besucht in der ehemaligen brasserie bollwerk, heute restaurant-pizzeria “l’aragosta”, das ich aus den frühern 80er jahren kenne. hat sich ein wenig verändert. neu ist aber die kleine einstein-ausstellung von ingenieur thomas foppa. der ist stammgast im lokal, und er hat im einstein-jahr begonnen, das stammlokal von albert einstein mit seinem wirken im quartier auszukleiden.

der zufall wollte es, dass er gleich selber im lokal war, und wir uns angeregt über einstein unterhalten konnten. er will ein buch schreiben zu einsteins berner jahren, und er sucht unterlagen zum leben in bern während der jahrhundertwende. werde mich bemühen!

www.stattland.ch/home.html
www.espace.ch/artikel_104136.html
www.aragosta.ch

besenscheuerweg

er war der mann des jahrhundert. und er schrieb die formel der physik. es weiss jeder, wer damit gemeint ist, und auch was damit gemeint ist. doch weiss auch nur jemand, wo der besenscheuerweg liegt?
wohl kaum.

erstens ist das in bern und nicht in princeton, berlin oder prag. und zweitens würde, wer in bern suchen würde, auf keinem aktuellen stadtplan jemand einen besenscheuerweg finden. denn es gibt ihn nicht mehr, er heisst tscharnerweg, benannt nach einem alten, repräsentativen berner geschlecht. und dennoch ist der besenscheuerweg für das weltbild des 20. jahrhunderts viel wichtiger als der tscharnerweg.

dort wohnte im august 1905 nämlich albert einstein. es war sein wunderjahr, er verfasste seine studie, die man später spezielle relativitätstheorie nannte, und er sandte sie seinem leib- und magenblatt, den annalen der physik. diese veröffentlichten den artikel, wie andere, die der junge einstein vorher geschrieben hatte, ebenfalls.

noch am tag der publikation verfasste einstein jedoch einen zusatz, der zum ersten mal die formel e=mc2 enthielt, was soviel heisst wie, es gibt eine aequivalenz zwischen energie, masse und lichtgeschwindigkeit.

und genau diesen zusatz formulierte albert einstein auf dem heimweg in die damalige familienwohnung am berner besenscheuerweg, nahe dem eigerplatz. man wohnte erst sein kurzem dort, und albert arbeitete unvermindert im eidg. patentamt als mittlerer beamter.

der junge physiker hatte kurz davor, endlich, seine doktorarbeit abgegeben, und er wurde für seine bemerkenswerten artikel ins physikalische seminar von prof. paul gruner an die universität bern eingeladen. hier sollte er später auch habilitieren. noch bevor dann er seinen ruf an die universität zürich als professor für das fach der theoretischen physik bekam, wurde er am ende seiner berner jahre erstmals für sein werk erstmals für den nobelpreis vorgeschlagen, wenn auch nicht für seine spezielle relativitätstheorie.

dennoch: e=mc2 ist ein einschnitt in der wissenschaftsgeschichte der modernen phyik, und demnach gebührt dem besenscheuerweg unsere volle aufmerksamkeit.

einstein in bern

mit dem stadtwanderer-blog wollte ich eigentlich am 4. maerz beginnen, dem tag, an dem das alte bern 1798 vor den französischen truppen bedrängt aufgab. es war ein samstag, als der eine teil, dessen zeit abgelaufen war, die bedingungslose kapitulation der generäle schauenburg und brune unterschrieb, in der hoffnung, glimpflich davon zu kommen. der andere teil kämpft tags darauf, am sonntag, auf dem felde, in neuenegg und am grauholz. da war man aber nicht erfolgreich, und so war das schicksal des alten bern vorerst besiegelt.

dieses wochenende war jedoch kein tag für stadtwanderer: soviel schnee wie nie zuvor fiel in einem tag über bern, und wer sich dennoch nach draussen wagte, der wurde von den fasnächtlern eingelullt. also habe ich verzichtet.

der untergang der alten stadt hat mich nie losgelassen, denn es ist der einschnitt im leben der stadt. der einstein im leben der stadt ist dagegen albert, albert einstein, der nobelpreisträger für physik aus dem jahre 1921, der, als er seine grundlegenden werke schrieb, am eidg. patentamt in bern angestellter war. tintenscheisser nannte er den job bisweilen verächtlich, dann äusserte er sich aber auch lobend: es sei seine kreativste zeit seines lebens gewesen. später sei er nur noch der gute onkel gewesen, bei dem das brünnlein der kreativität versiegt sei.

die erfolgsfaktoren eines beamter umschrieb einstein standesgemäss: E=x+y+z. Erfolg sei die Summe aus Arbeit (x), Spiel (y) und Maulhalten (z). seine arbeit bestand damals in der prüfung von patentanmeldungen, sein spiel war seine leidenschaft für physik. das maul hielt der beamte III. klasse, – damals noch. später zog er vom leder wie es nur kam.

1905 schloss er nicht nur seine doktorarbeit (endlich) ab, er publizierte in den annalen für physik auch 5 brillante abhandlungen in serie, die das bild der (newtonschen) physik nachhaltig veränderten und einstein weltruhm bescheren sollten. alle fünf arbeiten seines wunderjahres schrieb er in bern.

wie er in bern lebte, wo erwohnt, wo er arbeitete, wo er in die gaststuben ging, und mit welchen freunden er sich zum philosophieren und musizieren zwischen dem 11. febraur 1902 und dem 15. oktober 1909 traf, das ist das ziel meiner einstein-stadtwanderung: eben das andere wunder von bern.

einstein hat mich ebenso wenig losgelassen, wie der untergang des alten bern. an gründen gibt es viele: wir beide haben am 14. maerz geburtstag, wir beide haben in aarau das gymnasium besucht, wir beiden haben in zürich studiert und wir beide haben in bern gearbeitet. ich bei prof. erich gruner, er bei prof. paul gruner. auch ich wollte physiker werden, denn das versprach mir eine reise auf den mond. einstein hatte keine solchen träume, aber er suchte nach dem gesetzen der weltalls und nach dem ursprung der zeit. das wiederum verbindet uns beide, selbst wenn der weg unterschiedlich ausgerichtet sein sollte. albert einstein ist drum meine erste themenwanderung durch bern gewidmet, die ich dieses jahr machen werde: am 26. august, für die inlandredaktion der neuen zürcher zeitung. hoffe das wird ein erfolg!

stadtwanderer