das kulturell gespaltene mittelland immer wieder vereinen

seit einigen tagen beherbergt das vindonissa museum eine sonderausstellung zu alten kulturellen grenzen in der schweiz. damit soll das wissen über den “rösti-graben” vertieft werden. das museum möchte, dass dieser als immaterielles kulturerbe der unesco aufgenommen wird.

BKSVM_Ausstellungen_Roestigraeben_Plakat_TeaserImageInpage_25letzte woche referiert gleich zwei spezialisten zum röstigraben in brugg. laurent flütsch erhellte den langen zeitraum des themas, mir oblag es die mittlere und kurze dauer zu beleuchten. der lausanner archäologe hatte 5000 jahre vor augen, ich 500 jahre. beide erkannten wir, dass das mittelland ein durchgangsgebiet war und ist, das man von zwei seiten begehen kann. entsprechend finden sich seit menschengedenken und weit darüber hinaus grenzen im mittelland. sie verliefen nicht immer am gleichen ort, kulturell war die gegen über vielfach geteilt. Namentlich die römer entwickelten darüber hinaus eine herrschaft. ganz einheitlich war auch die nicht. denn das gebiet der heutigen schweiz gehörte damals zu vier verschiedenen provinzen. mit dem rückgang der römischen herrschaft entwickelten sich auch die kulturellen gegensätze neu.

der wiener kongress, der 1815 die grenzen der modernen schweiz festlegte, griff auf den gedanken der herrschaft über den kulturen zurück, und ordnete das mittelland neu. die heutigen kantone entstanden, die 1848 im neuen bundesstaat zusammengefasst wurden. namentlich bei volksabstimmungen von grundsätzlicher bedeutung zeigen sich die unterschiedliche befindlichkeiten und eigenheiten aber mit schöner regelmässigkeit.

mit meinem vortrag bin ich der wortgeschichte der gräben in der schweiz, aber auch des röstigrabens nachgegangen. heute wird immer klarer, dass es ein thema aus der zeit des ersten weltkriegs ist. zu den neuen erkenntnissen gehört, dass die verteidigungslinie, auf die sich die schweizer armee im kriegsfall von westen her zurückgezogen hätte, ziemlich genau der sprachgrenzen verlief.
mich interessiert aber nicht nur, wie der graben zwischen romanen und germanen entstand. ich habe mich auch damit beschäftigt, wie er immer wieder überwunden wird. dazu habe ich drei thesen entwickelt: der verdienst vereint, die periphere lage in den sprachregionen ebenso, und auch die geschichte des raumes, die man sich immer wieder erzählt, bildet ein amalgam zwischen den völkerschaften, die sich zur schweiz zählen.

das vindonissa Museum zeigt zu diesen Themen eine neu konzipierte Ausstellung. es wagt beispielsweise den versuch, die vier gaue der kelten, die caesar so ungenau beschrieb, anhand kultureller spuren zu fassen und in die theorie der spaltungen des mittellandes einzuordnen. es zeigt aber auch, dass selbst die “nationalhymne” der schweiz, auf deutsch und französisch, nach der gleichen melodie gesungen wird, typischer aber nicht nach dem gleichen text. dabei handelt es sich nicht einmal um ein übersetzungsproblem, sondern um unterschiedliche Vorstellungswelten.

auf jeden fall ist ein besuch empfehlenswert.

stadtwanderer