amateurhafte “komm-in-die-schweiz”-einwanderungshilfe

“20 Minuten” brachte kurz vor dem wochenende die geschichte auf: auf “www.come-to-switzerland.com” würden auswanderungswillige deutsche auf die vorteile der einwanderung in die schweiz hingewiesen. was seither als heimtückische schlepperseite bekannt ist, erweist sich bei genauerem hinsehen als plumper fake im laufenden abstimmungskampf.

deutschland brennt wegen übermässigen sozialhilfeansprüchen, bald ist das auch in der schweiz so, ist die botschaft der neuen kampagnenwebsite

das phänomen ist bekannt die zuwanderung von deutschen in die schweiz hat unter den bedingungen der personenfreizügigkeit zugenommen. es ist namentlich im raum zürich zum gesellschaftlich kontroversen thema geworden. für die schweiz neu ist, dass es dabei zu einer überwiegend hochqualifizierten einwanderung kommt, die ungewohnte ängste auslöst.

einwanderungshilfe für hartz 4 empfänger …
seit dieser woche macht hierzu die website “come-to-switzerland” von sich zu reden. denn sie wirbt, vorerst aufs deutsche publikum fokussiert, für die einreise in die schweiz. angeboten werden dienstleistungen (“tipps und tricks”), wie man sich hierzulande dauerhaft niederlassen könne.

die angesprochenen sind aber keine ärztInnen oder sonstige fachleute, sondern ganz explizit “Hartz 4-EmpfängerInnen”. die formlose aufmachung der plattform und die saloppe sprache (“untige adresse”) verweisen auf eine frustrierte unterschicht in deutschland . ihr werden bei auswanderung deutlich bessere sozialleistungen in der schweiz im vergleich zu deutschland in aussicht gestellt.

das underdog-publikum, das so mobilisiert werden soll, muss jedoch für die beratung 3500 euro hinlegen. das sei, schreibt man, zwar viel geld, werde in der schweiz aber schnell wieder eingenommen. im vergleich zur konkurrenz verfüge man über eine “rundum-sorglos”-hilfe zu festen konditionen.

ungereimtheiten über ungereimtheiten
spätestens hier wird man stutzig. wanderungswillige, die 3500 euro (gut 5000 franken) zahlen können, wird es nicht viele geben. das bemängeln zwischenzeitlich auch andere blogs. da wird man offensichtlich verhökert. wer sich dennoch erwischen lässt, ist selber schuld. denn man bekommt eine unverbindliche kontaktadresse (“keine telefonische Beratung unter dieser Nummer”), aber sichtbar keine unmittelbare antwort. diese erfolge in rund 14 tagen, also nach der abstimmung in der schweiz …

amateurhaft wirkt vor allem das untrstellte übersetzungangebot für ausreiseinteressierte aus 9 eu-länder. ausser englisch und ein wenig polnisch funktioniert nämlich nichts. rumänisch und bulgarisch, heisst es, werde nach dem 8. februar 2009 aufgeschaltet.

eine bekannte firma oder ein seriöses projekt hinter dem angebot findet man ebenso wenig. vielmehr dürfte das ganze nach bekannter manier auf den schweizer blogger “leumund” zielen, beruflich in osteuropa tätig, privat mitglied der svp, der so blossgestellt wurde und sich zwischenzeitlich in der blogosphäre als abweichler von der svp-linie outen musste!

alle klar macht die recherche nach dem verantwortlichen für die plattform. genannt wird markus gäthke aus gladbeck, betreiber einer einmannfirma für websites. dieser bietet einfache und schnelle services für wenig geld an. das geschieht wohl automatisiert, weshalb unter haftungsausschluss ganz gross steht: “Der Inhaber dieser Hompage übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen.” das macht sein angebot für vielerlei internetanbieter interessant, bei denen es nicht mit rechten dingen zu und her geht.

guerilla-marketing: medienaufmerksamkeit durch gags gewinnen
so bleibt der starke verdacht, bei der ausreisehilfe handle sich um ein fake aus der schweiz, ganz bewusst 10 tage vor der entscheidung zur personenfreizügigkeit ins netz gestellt, um hier die stimmung. via “20 minuten” ist das guerilla-marketing (“statt geld ausgeben medial wirksame aktionen lancieren”) auch gelungen, und es hat auch einigen hiesigen blogs gelegenheit gegeben, die sache weiterzuspinnen.

so hat www.winkelried.info den artikel aus dem gratisblatt gleich weiterverbreitet, wenn auch um einen symptomatischen absatz gekürzt:

“Was die Sache besonders dubios erscheinen lässt: Der Domain-Inhaber weist jede Verantwortung von sich und gibt keine Informationen über den Anbieter heraus. Es handelt sich also um eine anonyme Webseite, für deren Inhalt sich keiner so recht verantwortlich zeigen will.”

stadtwanderer

longchamp entführt

gestern sah man ihn noch live in der tagesschau. heute sendete man nur noch archivbild aus besseren zeiten. denn longchamp, der schweizer fernsehnation in abstimmungszeiten ein begriff, ist vor der küste von somalia entführt worden. piraten halten ihn in schach und sind nur gegen eine zweistellige milliardenzahlung aus der bundes-boni-kasse, den prestigeträchtigen fang wieder ins meer zurück zu lassen.

in der heute ausgebrochenen krise setzte bundespräsident hansrudolf ohne zu zögern die task force “longchamp” ein. als mitglieder bestimmte er moritz, pascal und doris. tagungsort war eine bar in davos, wo man sich ja gegenwärtig aufhält, um den ernstfall “welt” zu besprechen. moritz habe als erster das wort ergriffen und für einen solidaritätsaufruf zugunsten des entführten via seinen blog plädiert. pascal sei in rage gekommen. patriotischer eifer sei gut und recht, aber kein weltweiter generalstreik der blogonauten sei angesagt, sondern der einsatz der schweizer armee! doris habe in der polarisierten situation zwischen den aufgebrachten streithähnen zu vermitteln versucht, wohl wissend, dass sie mütterlicherseits mit dem entführten entfernt verwandt sei, und man eine unüberlegte aktion – in die eine oder andere richtung – im freiamt nicht verstehen würde.

ausserhalb der task force rumorte es angesichts der sich abzeichnenen handlungsfähigkeit des hohen ausschusses gewaltig. pascal wolle vor der prämienhausse bei den krankenkassen ablenken, titelt der chefredaktor des blick in seiner morgigen ausgabe. “aktionismus. zur philosophie und kommunikaton von moritz l.”, lautet der report von constantin seibt, der heute schon in der online-version des tagi-netzwerkes nachzulesen ist. “go, doris, go”, schlägt schliesslich die nimmermüde doris fiala ihrer namensbase in einer kolumne in der morgigen nzz vor. politisches asyl in der zürcher fdp bietet sie der magistratin an, sollte sie mit ihrem alleingang scheitern.

findige meinungsmacher wissen, dass das alles nur mediale nebenschauplätze sind. denn der effektive politische tatort war heute der flughafen kloten. micheline sei am mittag beobachtet worden, wie sie den bundesratsjet bestiegen habe, um nach mogadischu abzufliegen. eine gruppe stolzer töchter und söhne du canton et de la républiue de genève befinde sich schon seit tagen in somalia, um sich auf den ernstfall vorzubereiten. morgen schon wolle man den longchamp befreien, unter höchstpersönlicher anführung von micheline! das wiederum hat am nachmittag ueli in seinem erdloch in bolligen aufgeschreckt. einer der aussichtsreichsten favoriten für das amt des neuen armeechefs sei dazu gestossen, habe kurz salutiert und im namen der “gruppe für eine schweiz mit mut (gsmm)” gesagt, das sei die stunde, um der welt zu zeigen, wer die beste armee der welt habe. “ich”, habe ueli keck geantwortet. “sicher nicht die genfer”, sei von seinen vbs-beratern zu hören gewesen, und “die eu-zentrale schon gar nicht”, habe der pressesprecher der svp im just niedergeschriebene communique schon mal vorsorglich festgehalten.

ob all dieser unsachlichkeit der politik empört, sass eveline im berner bundeshaus, wo sie alle bdp-mitglieder in ihren büro versammelt hatte. denn die schlaue juristin aus felsberg hatte eine idee, wie man die sich abzeichnende politische blockierung in der schweizerischen vetokratie der parteitaktiker definitiv knacken könne. die kommende volksabstimmung über die personenfreizügigkeit solle man verschieben, will sie dem bundesrat am kommenden mittwoch an seiner ordentlichen sitzung beantragen! denn die korrekte auszählung am abstimmungssonntag sei ohne longchamp, den hochrechner der nation, nicht gewährleistet. die entscheidung solle wie bei der iv auf den kommenden september verschoben werden. das würde die leidige frage der ubs-boni im laufenden abstimmungskampf entschärften. die migrantenzahlen könnten bis dann genauer ermittelt werden, und die weltwirtschaftskrise, von der man nun auch im bündnerland rede, sei bis dann durch präsident obama sicher gemeistert.

im fall “longchamp” könnte man so mit allen verhandeln: mit den skrupellosen piraten, mit der laschen finanzmarktaufsicht, mit der provozierenden sp, mit der emotionsgeladen svp und mit der paparlysierten armee. denn darum gehe es. hinter vorgehaltener hand werde über den ausschluss der bündner legionen aus der armee diskutiert, sollten sie ihr jagdblut verspüren, und – gemeinsam mit den kommunistischen genfern – für ein aufrechtes handeln in der gegenwärtigen krise einstehen!

stadtwanderer z.Z. am golf von aden

st. galler kulturerbe wird weltweit greifbar

ok, ich bin auf dem ostschweizertrip. ich stehe dazu, selbst wenn man im poschi nach und von bern darüber spricht, dass ich bern mental verlasse. ich weiss, die drei tage in der ostschweiz und im süddeutschen haben mit angeregt.

kostbarkeiten aus der st. galler stiftsbibliothek, neuerdings direkt im web einsehbar

zugegeben, der dialekt in der ostschweiz ist meine sache nicht. und der biedermeierstil der kleinmetropole(n) am südlichen bodensee ist nicht ganz nach meinem geschmack.

die kulturellen leistungen der ostschweiz klöster sind indessen unbestritten. sprache, musik und malerei, die uns heute noch beeindrucken, haben hier entscheidende impuls erhalten, genauso wie die wissenschaft, die sich in st. gallen früh vom glauben emanzipierte und in der hsg weiterentwickelt wird.

massgeblich beteiligt an dieser permanenten erneuerung der menschlichen kultur war die stiftsbibliothek st. gallen. und dieses kulturgut erster güte (“weltkulturerbe”) wartete heute mit einer weiteren überraschung auf: teile der stiftsbibliothek sind jetzt nicht nur den gelehrten insidern an der steinach zugänglich. nein, man kann sie neurdings via internet einsehen.

250 handschriften wurden bisher digitalisiert und ins netz gestellt, sodass sie jedermann/frau jetzt frei zugänglich sind. mehr als das soll in den folgenden jahren folgen.

sogar den seit langem schwelenden kulturgüterstreit zwischen st. gallen und zürich könnte man so lösen. denn 1712 schleppten die zürcher zahlreiche wertvolle handschriften an die limmat ab, was der kanton st. gallen immer wieder bemängelte. zürich wiederum war nur bereit, die beute aus den toggenburgerkriegen, welche die gleichstellung der reformierten mit den katholiken brauchte, als dauerleihgabe zurückzugeben.

bald kümmert die eigentums- und standortfrage niemanden mehr. nämlich dann, wenn man das st. galler erbe auf dem www einsehen und zur eigenen weiterbildung nachschlagen kann. konfessionens-, kantons- und politikgrenzen hin oder her!

stadtwanderer

der kräutergarten für die weltliteratur

seit ihrer menschlichen besiedelung im 8. jahrhundert hat die reichenau keinen wald mehr. bis auf den heutigen tag finden sich aber auffällig viele gärten auf der insel. und auch der urtyp des kräutergartens stammt vom eiland zwischen der schweiz und deutschland ab, das im jahre 2000 ins weltkulturerbe der unesco augenommen wurde.

walahfrid lebte als junger mönch auf der reichenau. er hörte auf den rufnamen strabo, weil er schielte. dennoch war ein begabter beobachter der natur und ein herausragender dichter seiner zeit. der botanischen weltliteratur hinterliess der erst 19jährige benediktiner das erste lerngedicht über kräutergärten.

das hat walahfrid schon zu lebzeiten berühmt gemacht. kaiser ludwig der fromme machte ihn zuerst zum erzieher seiner söhne, dann zum abt des klosters reichenau. er vertraute ihm mehrere diplomatische missionen an, bis sein reich 843 auseinander fiel, und der wandermönche 40jährig fast schon symbolisch 849 in der loire ertrank.

überlebt hat aber die idee des kräutergartens, den die karolingischen klöster pflegen sollten. kaiser karl der grosse hat den auftrag dazu noch zu seinen lebzeiten gegeben. walahfrid hat die idee aus aachen mit dem lerngedicht popularisiert. 24 pflanzen hob er hervor, die sie es wert seien, über alle zeiten hinweg gezüchtet und verbreitet zu werden, weil sie den menschen heilen und nähren.

damit wirkte walahfrid stilbildend: für fast schon vielen bücher über heilkräuter, die bis auf den heutigen tag erscheinen, für die unüberschaubare zahl von gartenbauheftchen, die an den kiosken zu haben sind, über für die vielen schrebergärtnerInnen, die nicht nur auf der reichenau ihrer freude an pflanzen-, gemüse- und kräuterzucht frönen.

ganz besonders wenn die ersten frühlingshaften sonnenstrahlen uns erwärmen, wie mich und die kräuter auf der reichenau.

stadtwanderer

eisbrecher gesucht

wenn es eine stadt grad ennet der schweizer grenze gibt, über die wir fast nichts wissen, dann ist das konstanz. es ist zeit, das eis zwischen den beiden aufzutauen.


was davon ist konstanz, was kreuzlingen? und was gehört zur schweiz und was zu deutschland?

kreuzlingen ist im thurgau. das weiss eigentlich jeder und jede. aber eigentlich nur ein stadtteil von konstanz. das ist schon weniger bekannt. und konstanz selber ist den allermeisten schweizerInnen fremd, obwohl stadt zur schweiz gehören könnte.

im jahre 614 beginnt der aufstieg von konstanz. die stadt wird bischofssitz. mainz, das den ganzen oberrhein kontrollierte, reichte nicht mehr aus, um die alemannen, die sich ausdehnten, zum christentum zu bekehren. ud vindonissa war mit dem untergang der römischen zivilisation im mittelland bedeutungslos geworden. deshalb erhob man den ort zwischen boden- und untersee zum missionszentrum. gallus hätte erster bischof von konstanz werden sollen. doch er lehnte ab, zog ein leben als mönch an der steinach vor, während einer seiner gehilfen bischof wurde.

die alemannen links des rheins sind gegenüber den konstanzer bischof stets skeptisch gewesen. obwohl sein einflussgebiet formell bis an das rechte ufer der aare grenzte. faktisch waren das kloster von st. gallen, säter das castell von zürich oder die gründungsstädte luzern und bern wichtiger, um das land zu erschiessen und zu verwalten.

das hinterland von konstanz war indessen der heutige kanton thurgau. für die versorgung der stadt mit nahrungmitteln waren die ländereien südlich des bodensees essentiell.

1470 eroberten die eidgenossen, die sich immer mehr nach nordosten ausdehnte, den thurgau. militärisch waren sie seit dann entscheidend. juristisch blieb der thurgau jedoch bei konstanz. der konflikkt eskalierte jedoch schon bald. 1495 erklärte könig maximilian, der kaiseraspirant aus den hause habsburg seine grosse reichsreform das neue kaiserreich sollte eine neue ständeordnung erhalten, das reichskammergericht das rechtswesen vereinheitlichen und der reichspfennig die marode haushaltskasse von maximilian aufbessern.

in der eidgenossenschaft, eigentwilliger bestandteil des kaiserreiches brodelte es. die reichssteuer fand keine zustimmung, und die abschaffung des fehdewesens für jedermann brachte die bauern und bürger gegen den reichsadel auf. man rüstete zum krieg, der 1499 vor dem reichskloster müstair im bündnerland ausbrauch und sich im nu zum flächenbrandt bis vor die tore basels entwickelte. der rhein sollte dabei zur mehr oder weniger allgemeingültigen grenzen zwischen habsburg und der eidgenossenschaft werden.

konstanz kam eine entscheidende bedeutung in der möglichen ausdehnung der eidgenossen über den rhein hinaus zu. maximilian legte deshalb sein hand auf die kaiserstadt. er zwang sie, dem schwäbischen bund beizutreten, der kriegspartei gegen die eidgenossen. diese verstanden das signal, und stellten die landgericht der stadt über den thurgau in frage.

es kam zur schlacht. zuerst in ermatingen, das von den konstanzern dem erdboden gleich gemacht wurde. die turgauer unterlagen. danach überraschten die zahlenmässig weit unterlegenen eidgenossen indessen die siegesgewisse armee der konstanzer in schwaderloh vor deren stadttore. besiegt wurde sie von gut 1000 kampfeslustigen eidgenossen.

könig maximilian lenkte nun ein. er liessen den vertrag von basel ausarbeiten, der friede zwischen ihm und den eidgenossen brachte. basel und schaffhausen, entschieden sich, 1501 der eidgenossenschaft beizutreten. schaffhausen löste während der reformation sein umland aus dem hegau heraus und bildete damit die voraussetzung für den stadtstatt. basel gelang es nur das hinterland links des rheins zu halten. die verbindungen nach strassburg, colmar, breisach und freiburg wurden unterbrochen.

konstanz wiederum verlor den thurgau. die stadt versuchte zwar auch, dem bund der eigenossen beizutreten, um das hinterland zurückzugewinnen. doch die macht der bischofs über die stadt schreckte die bürger. der feind von 1499 wurde namentlich von den innerschweizer bauer als mitglied abgelehnt. das landwirtschaftliche hinterland musste das zentrum am bodensee für immer aufgeben. reformation und gegenreformation verstärkten die gegensätze nochmals.

die kulturelle mauer, die entlang des rheins entstand, bildet heute ein basis des landesgrenze. in konstanz ist diese personell so durchlässig wie fast nirgends, im selbstverständnis aber so blockiert wie überhaupt nirgends. konstanz und die schweiz, das erscheint so weit voneinander entfernt, wie nord- und südpol.

es ist zeit, dass das eis wenigstens in dieser hinsicht schmilzt, meint der

stadtwanderer von bern, gegenwärtig in konstanz

nicht das abnormal-exotische, aber das unerwartet-herausragende würde mich interessieren

der medien liebstes thema ist das abweichende. nicht das herausragendste, sondern das abnormale. das exotische, das einen fassungslos erstarren lässt, nicht aber das unerwartete, das einen zum hinterfragen anregen würde.


die scheinbar verschwundene gabriele schulze wird in ihrem familienkreis wieder aufgenommen

die waldfrau aus bolligen

das haben die berner und bernerinnen dieser tage im zusammenhang mit der waldfrau aus bolligen so richtig mitbekommen. die frontseiten, die hintergrundseiten und die lokalseiten waren tage lang gefüllt mit der geschichte zu gabriele s. aus deutschland, die seit dem letzten sommer in wald auf bolliger gemeindeboden lebte.

trotz, vielleicht auch wegen der grossen lettern, die in diesem zusammenhang gebraucht wurden, haben wir eigentlich wenig über die frau erfahren, welche die die sesshaftigkeit hinter sich gelassen hatte und durch europa gewandert war, bis sie in bolligen ankam. dass sie nicht in einem haus, sondern in einem erdloch hauste, las man. dass sie ihren “hausrat” nicht aus nahe gelegenen shoppyland, sondern direkt aus dem wald hatte, erfuhr man. und dass sie meist nicht von fleisch und teigwaren, sondern von selbstgemachten suppen und tees lebte, wissen wir jetzt. das alle machte sie zur aussenseiterin, die lebt, wohnt und sich ernährt, wie man das normalerweise nicht tut.

doch was die frau bewogen hat, ihre familie zu verlassen, bleibt verborgen. von einem beabsichtigten papstbesuch war schemenhaft die rede. mehr nicht, ausser, der selbsteinschätzung, dass sie keine aussteigerin sei, wie man meinen könnte. denn sie bewegte sich wie andere auch, spazierte in bern, um zu sehen, wie sich die mode entwickle. sie war auf der autobahnraststätte grauholz, um menschen zu treffen und von einem aufenthalt im süden zu träumen.

nun hat diese geschichte ihr ende. ohne dass jemand damit seine grosse exklusive medienstory machen konnte. den film “die frau, die aus dem wald kam” wird es wohl auch nicht geben. doch haben alle davon berichtet, mainstreamig, lemminghaft. die hälfte der beiträge, die ich gelesen habe, betraffen gar nicht die waldfrau, sondern den medienrummel, der rund um sie herum entstand, und wie sich der journalisten-gemeindepräsident, den bolligen seit drei wochen hat, darin profilieren suchte.

die stadtfrau aus zürich
genau deshalb frage ich nach: warum nur dies aufgemachte medienhype über ein randphönomen in bern. statt dem abnormal-exostischen würde mich das unerwartet-herausragende viel mehr interessieren.

zum beispiel ein ebenso breit aufgemachtes porträt über eine andere frau. genauso unerwartet, aber typisch, und herausragend. zum beispiel über die eine kandidatin für das zürcher stadtpräsidium, die in zürich keine arbeit fand, und bis zu ihrer allfälligen wahl an die spitze der grössten schweizer statt täglich nach bern pendelt, um hier zu arbeiten. wer hätte das gedacht? niemand, wenn man nur konsumiert, was der mainstream berichtet. und genau deshalb ist es von bedeutung. weil es helfen würde, unsere lieb gewonnenen gewohnheiten bei der medienlektüre zu hinterfragen.

eigentlich müsste das auch die zürcherisch-bernischen medien interessieren. allerdings nicht um belanglose geschichte über den wald, sondern über das reale leben in den schweizer städten zu schreiben.

stadtwanderer

moritz leuenberger ist europäischer eisenbahnpolitiker

es ist bekannt: ich bin ein begeisterter zugfahrer. seit 25 jahren mit einem generalabonnement ausgestattet, fahre ich im schnitt mehr als 500 kilometer die woche. damit gehöre ich wie viele andere in diesem land zum weltmeister im bahnfahren. nun ist die bahnpolitik des landes von der eu als vorbild ausgezeichnet worden.


schweizerische verlagerungspolitik, von den stimmbürgerInnen gegen den bundesrat durchgesetzt, findet nun auch in der eu anerkennung

die ehre viel dem ranghöchsten bahnfahrer der schweiz, blogger-bundesrat moritz leuenberger, zu. aus den händen von eu-kommissar antonio tajani hat er den europäischen eisenbahnpreis erhalten, speziell für seine nachhaltige verkehrspolitik.

die eu anerkennt damit die vorreiterrolle der schweiz in der verlagerungs von der strasse auf die schiene. am anfang habe man diese politik skeptisch betrachtet, hiess es heute abend in brüssel. doch dann habe man beschlossen, in die fussstapfen der schweiz zu treten.

ein umdenken, fragt sich der stadtwanderer? ja, und zwar in mehrfacher hinsicht: denn auch der bundesrat war seinerzeit gegen die alpeninitiative, die genau diese verlagerungspolitik als reaktionen auf den europäischen transitverkehr durch die schweiz eingeleitet hatte. doch die stimmbürgerInnen befürworteten die initiative, die ihren ursprung im urnerland hatte. und bundesrat und parlament mussten in der folge einen lernprozess durchmachen, der mit der leistungsabhängigen schwerverkehrsabgabe seinen sichtbarsten ausdruck in der regierungspolitik fand.

jetzt scheint auch die europäische union den direktdemokratisch ausgelösten paradigmenwechsel in der transitpolitik nachzuvollziehen. denn sonst hätte verkehrsminister leuenberger kaum als zweiter überhaupt den europäischen eisenbahnpreis in empfang nehmen dürfen. zu recht widmete er diesen in seiner dankesrede den schweizer bürgerInnen.

denn ohne die weisheit der vielen, die abstimmen gingen, hätte es keine einsicht bei den wenigen, die sonst alleine entscheiden können, weder in der schweiz noch in der eu gegeben!

schon mal das!, freut sich der stadtwanderer und freut sich auf seinen nächsten beitrag zur verlagerung als

eisenbahnwanderer

nun bin ich bürger von assens

mein heimatort malapalud in der waadt hat am 1. januar 2009 mit der nachbargemeinde fusioniert. nun bin ich bürger von assens, auch wenn ich das bis heute mir keinen schriftlichen dokument bestätigt erhalten habe. doch das macht nichts, denn im gros-de-vaud funktioniert die kleine welt bis in die heutigen tage weitgehend auf mündlicher überlieferung.


die alte kirche von assens, vormals für die katholiken, heute für die reformierten.

in assens war ich nur zweimal in meinem leben. einen bleibenden eindruck habe ich dennoch mitgenommen. das dorf ausserhalb von echallens hat keine 1000 einwohnerInnen, eine beiz, aber zwei kirchen! das reizt zu nachfragen.

1978 habe ich während meinen recherchen für die familiengeschichte im pfarrhaus in assens übernachtet. keine geld dürfe ich dafür bezahlen, bedeutete mir die verwalterin. der student, der ich damals noch war, zeigte sich hoch erfreut, aber auch interessiert, wieso dem so sei. der herr pfarrer habe mal flüchtlinge aufgenommen, und fünf franken pro tag verlangt. das geld habe er dann dem staat, sprich dem kanton waadt, nicht abgegeben. dem aber gehöre das pfarrhaus, was den skandal auslöste.

natürlich hatte das ganze einen konfessionellen hintergrund. der pfarrer war katholisch. in der umgebung echallens ist das nichts besonderes, denn ein erheblicher teil der bevölkerung hat die reformation nie angenommen. der kanton waadt aber ist seit 1803 ein ausgesprochen reformiert ausgerichteter kanton. und der mochte es dem mieter-pfarrer nicht gönnen, dass er für seine umtriebe geld nahm.

angefangen hatte das zerwürfnis der konfessionsgemeinschaften in assens mit der reformation. 1536 offiziell von der berner herrschaft eingeführt, fand sie vorerst nur bei den bürgern in lausanne unterstützung. die traditionelle bauerngesellschaft auf dem land lehnte sie ab. der erster reformierte pfarrherr in assens wurde erst 1585 eingesetzt. offiziell hielt er nun den reformierten culte ab, die katholische messe wurde aber im geheimen weiter gefeiert.

1619 entschied sich die gemeinde, einen paritätischen vorstand anzunehmen. reformierte und katholiken waren nun gleichberechtigte “parteien”. je 6 mitglieder stellten sie in der gemeindeadministration. die kirche saint-germain, schon 1228 als teil des bistums lausanne erwähnt, wurde in der folge abwechslungsweise von reformierten und katholiken gemeinsam besucht.

dieses unikum auf dem plateau war selbst in lausanne bekannt. als der junge jean-jacques rousseau, aus reformiertem haus, selber aber zum katholizismus übergetreten, um 1730 vorübergehend in lausanne lebte, besuchte er die sonntägliche messe seines glaubens jeweils in assens!

der religionsfriede in der kleinen waadtländergemeinde wurde 1803 mit der kantonsgründung aufgekündigt. die kirche, das pfarrhaus und der garten rund herum gingen an der neu gegründeten canton. die katholiken in assens gerieten in die defensive.

wie ich beim meinem besuch in assens erfuhr, setzten die katholiken in der disaspora voll und ganz auf die unterstützung ihrer sache durch rom. aus dem zentrum der katholischen welt erbettelten sie eine spende, um eine eigene kirche als ersatz für die verloren gegangene bauen zu können. dieses werk vollendete man in der 400 seelen-gemeinde 1845, just als die radikalen der waadt den kampf der kulturen auf ihre spitze trieben.

für ein wohnhaus neben der kirche reichte das geld indessen nicht. deshalb haust(e) der katholische pfarrer jeweils im reformierten pfarrhaus. als es ihn noch gab. denn heute hat die katholische kirche assens, wie überall, nachwuchsprobleme …

die verbliebene verwalterin, selber katholisch, bewirtete mich bei meinem besuch vorzüglich. nur am ersten tag war sie gegenüber dem fremden aus der deutschschweiz zurückhaltend. danach taute sie auf, und erzählte mir unmengen von geschichten über meine vorfahren …

ganz unbekannt sind wir in unserer neuen heimatgemeinde also nicht.

stadtwanderer

familiengeschichte(n) für den kalten und nassen sonntag

familiengeschichte sind immer unterhaltsam. genau das richtige, um sich an einem so kalten und nassen januartag zu erwärmen. eine rückschau in eigener sache!


weiler malapalud heute (foto: swiss castles)

malapalud: der schlechte sumpf

unser heimatort heisst malapalud. dessen geschichte ist nichts besonders. und seit dem 1. januar 2009 gibt es die gemeide auch nicht mehr. sie gehört jetzt zur nachbarkommune assens.

malapalud ist bis heute eine kleine siedlung ausserhalb von echallens an der strasse nach lausanne.sie besteht aus wenigen bauern- und einfamilienhäuser. es leben keine 100 menschen dort. im weiler hat es ein schulhaus, das indessen nicht mehr gebraucht wird. markant im ortsbild ist die pferdezucht, denn eine eigene kirche hatte man in malapalud nie.

malapalud entstand als selbständige gemeinde 1803 mit der gründung des kantons waadt. die politische gemeinde war bestandteil des districts echallens. davor war man teil der landvogtei echallens. diese wurde 1536 bestandteil der bernischen waadt. die bernisch-freiburgische vogtei echallens-orbe ist noch etwas älter. sie entstand mit den burgunderkriegen, denn 1475 eroberten die berner mit den freiburgern die damals savoyischen und burgundischen gebiete. nach den burgunderkriegen mussten die eroberer die savoyischen ländereien zurückgeben, konnten sie aber die burgundischen behalten. so wurde das ehemals burgundische echallens, das den grafen von chalons an der saone gehört hatte, eidgenössisch und blieb unter bernisch-freiburgischer hoheit.

burgundergründe
weil die beiden orte nach der reformation verschiedene wege gingen, kam die eidgenössische regel aus den kappelen-kriege zur anwendung, dass die bevölkerung selber entscheiden dürfe, welche religion sie angehören wolle. und sie entschied sich, katholisch zu bleiben, was in echallens und umgebung bis heute der fall ist. die sonderstellung im gänzlich reformierten umland blieb nicht ohne konflikte, prägte den geist der leute in echallens. bis 1648 musste die eidgenössische tagsatzung mehrfach zwischen den fronten vermitteln.

vor 1410 hatte echallens den grafen von savoyen, davor den grafen von montbélliard, gehört. gefördert worden war der sehr alte verkehrsknotenpunkt vom lausanner bischof, der im 12. jahrhundert so seine weltliche herrschaft auf dem plateau ausdehnte. ältere schriftliche zeugnisse von echallens und umgebung als aus dieser zeit sind nicht bekannt, selbst wenn der ort nachweislich seit der bronzezeit besiedelt war.

alle adeligen, denen die gegend und die leute im mittelalter gehört hatten, stiegen im 10. und 11. jahrhundert auf und waren, angeführt von den grafen von savoyen und den bischöfen von lausanne, ausgesprochen kaisertreu. sie bildeten die herrschaftsschicht, welche das 1032 untergegangene burgundische königreich verwaltete. der wichtigste unter ihnen ist der berühmte graf pierre II. de savoye, einem burgen- und städtegründer, der es bis zum stadtherrn von bern gebraucht hatte.

das burgundische königreich hochmittelalters hatte seit 888 bestanden. es kannte das kloster st. maurice als geistiges zentrum. geführt wurde es von welfischen adeligen, die sich in den alpenpässen gute auskannten. in seinen besten zeigten reichte es die rhone hinunter bis an mittelmeer und umfasste es über den gr. st. bernhard hinaus auch teile von oberitalien. die bis heute berühmte reine berthe gehörte als eingeheiratete dieser burgundischen königsfamilie an. erstmals begründet worden war das burgundische königreich im jahre 443, als die römer die von ihnen besiegten burgundiones (bourgondes auf französisch, burgunden auf deutsch) zwischen jura, alpen und aare ansiedelten. von 534 bis 888 gehörte es als unselbständiges königreich zum fränkischen könig- und kaiserreich.

longchamp: die langfelder
die herkunft unseres familiennamens ist nicht belegt, sie lässt sich nur erschliessen. malapalud ist lateinisch. “palus” ist der sumpf, “mala” ist schlecht, und so ist malapalud der schlechte der sumpf. der name dürfte im 16. jahrhundert entstanden sein, als die berner die söhne der bauern anhielten, nicht mehr nach italien oder frankreich in solddienste zu treten, sondern neue bauerngüter aufzubauen. sie halfen ihnen bei der entsumpfung der feuchtgebiete auf dem plateau. wer sich daran beteiligte, konnte anschliessend selber land empfangen. der name “longchamp” dürfte sich ähnlich herleiten: gemeint waren damit die langfelder, eben die, die felder im schlechten sumpf bewirtschafteten.

longchamp ist im französischen ein gebräuchlicher orts- und familienname. das berühmtestes “longchamp” ist ausserhalb von paris, im bois de boulogne. jährlich findet auf der longchamp eines der berühmtesten pferderennen der welt statt. entstanden ist die dortige pferdezucht nach der französischen revolution, nachdem das kloster klarissenkloster, das vorher dort stand, zerstört worden war. begründet hatte das kloster isabelle im jahre 1256, die schwester des damaligen französischen königs, die sich weigerte, konrad von hohenstaufen, den erbberechtigten sohn von kaiser friedrich ii. zu heiraten. ihre mitgift vermachte sie der kirche; selber zog sie sich ins kloster der franziskanerinnen zurückzog, das nach dem vorbild der hl. klara, aufgebaut worden war. da man im mittelalter “champ” ohne “s” schrieb, hat sich die form, die sich vom kloster her ableitet, an vielen orten gehalten. heute findet sich der name “longchamp” in vielerlei hinsicht auch als marke für luxuswaren, für automobile und für hotels. davon habe ich nichts, einzig die longchamp-trinkgläser aus dem coop habe ich gekauft …

longchamp gibt es in vielen orten der schweiz und frankreichs. sie müssen nicht miteinander verwandt sein, denn der name entsteht in verbindung mit ortsbezeichnungen. in der schweiz bekannt sind vor allem albert longchamp, strenger jesuitenpater und kritiker des ordens opus dei, der heute in zürich lebt und präsident der medienkommission der schweizerischen bischofskonferenz ist. roland longchamp wiederum wirkte als ingenieur und war professor an der eth lausanne. schliesslich sei erwähnt, dass in genf françois longchamp als fdp-staatsrat amtet. die verwandtschaftsgrade mit mir unserer familie sind nicht genau bekannt; immerhin, auch albert longchamp ist bürger von malapalud.

die verknüpfung von orts- und familiengeschichte
die ursprünge der familie selber sind nicht bekannt. sie lassen sich aber aus der ortsgeschichten rekonstruieren. nach 1803 haben verschiedene zweigen der longchamp die personenfreizügigkeit genutzt und sich an verschiedenen orten niedergelassen. vor 1803 waren die longchamps fast immer bauersleute. in die ferne kamen sie nur als söldern für die die berner, meist nach frankreich an den königshof. herausragende personen aus dieser zeit sind nicht viele bekannt; ausnahme ist françois-nicolas longchamp aus malapalud, schlossherr in bottens, politiker der ersten stunde in der helvetischen republik und zwischen 1805-1809 waadtländer staatsrat. bis heute ist er der einzige katholik, der es in die waadtländer regierung gebracht hat.

teilweise vorhanden sind noch die tauf- und sterbebücher der pfarrherren von echallens und assens, die so manches aus dem wohl nicht ganz einfachen leben der landleute erzählen. bis in 19. jahrhundert wurden eigentlich alle kinder, von denen es reichlich gab, auf die namen joseph und marie getauft, erhielten dann aber rufnamen, und sterben deshals als jean-joseph oder marie-anne. zu den grösseren familienproblemen zählte aber lange, dass man nur katholiken heiraten durfte und die auswahl nicht gross war. gab es blufauffrischung durch einen reformierten, verweigerte die kirche die heirat.

unsere familie hat sogar ein familienwappen. es ist blau-weiss, mit wellen im untergrund, mond und sternen im oberen teil. es ist offensichtlich dem ortswappen nachgeahmt, das nochmals auf den sumpfigen boden anspielt, und nur aus wasserwellen besteht. familienwappen sind übrigens nicht überall verbreitet. in der waadt schon. der bischof von lausanne war im 11. jahrhundert einer der ersten überhaupt, der ein wappen hatte, um mit dem kaiser in den krieg ziehen zu können. die adeligen haben das tradiert, die bürger dann 1798 übernommen, und wir auf unsere familie übertragen.

vor 1536 verlieren sich die spuren der longchamps. sie dürften, wie die anderen auch, keinen familiennamen gehabt haben, untertanen der burgunder oder savoyer gewesen sein, die seit der völkerwanderung in echallens und umgebung gelebt hatten. damit sind wir, wenn auch nicht belegt, letztlich burgundischer abstammung.

die auswanderung von malapalud durch meine vorfahren führte nicht direkt in die hauptstadt fribourg.
mein urgrossvater lebte in ponthaux. 3 söhne,
julien, joseph (mein grossvater) und emile kamen nach fribourg. meine
grosseltern lebten, arbeitbedingt auch einige Jahre in weiler ferpicloz bei
le mouret.

seit dem 1. januar 2009 ist le mouret eine fusionsgemeinde aus verschiedenen orten der region entstanden, die ihren ursprung in der klösterlichen besiedlung der gegend im 12. jahrhundert haben. damals schon gab es auswanderungen ins üechtland, dem landstreifen zwischen aare und saane, der lange menschenleer geblieben war, um die burgundische und alemannische bevölkerung zu überwinden. meine eltern überwanden dies auch symbolisch, ist doch meine mutter klara aus dem aaragauischen freiamt, heiratete sie meinen vater pierre ganz in der nähe des zisterzienserklosters hauterive, und lebte sie anfanglich mit ihm in le mouret. später zogen sie nach freiburg, wo ich geboren wurde. mit meinen eltern wanderte ich nach oberwil bei basel und buchs bei aarau. seit bald 30 jahren lebe ich in bern, und bin da seit 2004 als stadtwanderer unterwegs.

claude longchamp

Gäng wie mee Schnappschöss

Uf dr Foto gseht er uus, wi dr Heinz Däpp. I Würklechkeit isch ärs ou, dr Outor vo de “Schnappschöss“, wos gäng wie mee gett.


Heinz Däpp, Satiiriker, wo gäng gueti Komedi macht z’Bärn em Spiegubeld bim Stadtwandrr

Wohne tuet de Hene Däpp ir Stadt Bärn. Ar Chramgass, grad obenar Dischteuzwangzonft. Zu Zitte vom Buebeberg Aedu esch das di vörnäämschti Gesellschaft gsi ir Stadt Bärn. Em gliiche Senn gillt das hütt ou för de Schnappschiesser.

Aer esch en Arischtokrat under de Journaleschte. Kei Prolet, u kei gwöhnleche Börger! Nei, vo Däpp, Heinz, müssti meer em eigentlich säge. Drom esch äer ou nöm eifach Grossrotsbrechterstatter. Deert hett är zwar gleehrt, met vill Gedold d’Aalige usem Vouch aaz’lose, d’Eigeheite vor Aessvoupee u Aesspee z’onderscheide, und z’gsee, dass Aeffdeepee u Grüeni nomal echli anders si im Kanton Bärn.

Mängisch escher aber fascht verzwiiflet wägem Leerlauf, wo der Senat vo Bärn schon sit sinner gröndig ghaa het. Im Innere esch er drum Satiiriker worde. Aer het aagfange, siner Gedankeblitze iizfaa u Schnappschöss uf e Papierschibe z’schiesse. Die wärde sit Jahre im “Regi”, wie d’Regionausendig vo Bärn – Friburg – Wallis z’Bärn heisst, am Friitig under däm Titel gsändet. Es eimaaligs Chonterbont vo Bärner Spezialitäte esch doderbi entstande.

Wemmer em Heinz Däpp zuelost, chunnts eim mängisch vor, er sigi gäng no eine vo de gnädige Herre von Bärn. Nei, kee Borgerpräsident! Eine vo de guete Sorte, müsst me dee no biifüege. Grad wil är sech gäng liebevoll mit de Untertane vo Radiobärn beschäftigt.

Am liebste peckt er sich eine, mängisch o eini, use, zitiert ne oder si mit em geistige Oug i sini Stube, u laat sech die sonderbare Erläbnis wos Bärnervouch het lo verzelle. U dee fasst är aus, wie seechs för ne Patrizier ghöört, i sine eigene Wort zäme. E rechtigi Gschicht macht er druus, eini wo sech guet lat la verzeue am Mikrophon im Radiostudio ar Schwarztorstrass.

Wenn de Däpp über sini Undertane brichtet, esch är nie bösartig. Kritisch aber scho! Das hät mit sim Auter z’tüe. Wie aui, wo 68 drebi gsi si, isch är emal e jugendleche Stürmi gsi. Hütt het das besseret. Mr esch augemein autersweis worde i siner Generation. “S’Kritische” sig wichtig, seit dr Däpp aber gäng no, “dermit me chan underscheide zwösche fäähler, wo Mönsche mache, und Schwechine, wo sich hei.” Uf die hets dr Hene Däpp bsonders abgeseh, will us eene entstöh d’Charaktereere wo us Odertaane Mönsche forme.

Ig chan echs säge: Es isch en Ehr en Bärn, wenn’s e Schnappschoss über eim git. Mänge Politiker und mängi Politikere planget sit Monete, dass er oder sii o emal dra chunnt. Das isch fascht eso wie nes Sigu ufem Briefcouvert. Me isch denn nöm einfach e Masseversand vor Schanzeposcht. Nei, me isch e sorgfäutig geschribeni Personenbeschriibig, wo med Bedacht gfautet u iipackt worde esch. Am Änd hets Couvär vom Meischter säuber dr schöni Stämpu übercho, womer siner Läbti uufbewahrt!

S’wichtigste ar Läbesgschicht, wo so düren Aether vo Radio Dee-Er-Ess geschickt werd, isch d’Schprach vom Heinz Däpp. Aus junge Journi het er wie aui uf Schrifttütsch geschrebe. I viune Ziitige vo angere Stett. Korreschpondänt isch är denn gsi. Bis är gmerkt het, dass das nume nes Hindernis esch, um ganz bide Lüt zsi.

Denn her är aagfange uf Bärndütsch z’schribe. U plötzlech isch är dr Seu vo de Bärner nöch cho. Obwou d’Kolturdiräktion vo Bärn pompösi Verehrige schücht wie de Muurer Ueli d’Aare, si em Däpp siner Schnappschös Kolt worde. U är esch es ou worde. Drom chan är sech itze o aues leischte: “Bim aute Tschäppät”, seit de Däpp, “het mer vor Eerfurcht ne Hünerhuut übercho. Bim itzige gits nume no Bibeli!” U aues lacht, säubscht dr Alex. Dr Däppät esch haut die no hööcheri Outorität z’Bärn aus dr etzig Stadtpräsidänt.

Z’Züri und z’Basu hätti dr Heinz Däpp dadermint kei Erfoug. Weu siner Schnappschöss si u blibe e Teil vor Bärner Identität, seit dr Profässer Stadtwandrr. U wer sech mit dere usenander setzt, de oder die chunnt am Hene sine Bücher, wo genau gliich heisse aber gäng wie mee wärde, nid verbi.

“Ufem Foto gseni uss win e ufgestängelete Chopfsalat”, seit dr Däpp über sech säuber. Meeh vonem erfahrt me aber ned. Grad eso, wie wenn er nüüd Bsundrigs wäär, wome dröber chönt e Glosse schriibe. Villicht isch das a dem Wuchenändi angersch, wenn är sini Komedi im “La Cappella” diräkt vor em stuunende Publikum zum Beschte gett.

Gööt, u loset dee Tuusigskärli vomene Bärner Dechter!

dr Stadtwandrr

haben räume eine seele?

eine interessante diskussion war das gestern abend. es ging unter anderem um den raum bern. und um die frage, ob räume eine seele haben.

für die treuen christen ist alles klar: menschen haben eine seele. tiere und pflanzen nicht. biologInnen sehen das nicht so trennscharf, denn auch hunde, katzen und raben haben ein wesen wie eichen, schlingpflanzen und vergiss-mein-nicht. landschaftsmaler würden wohl nioch weiter gehen, sind sie doch regelmässig vom magischen in der natur, der schönheit von bergen oder der kraft von wäldern begeistert. und wer würde schon behaupten, sehen hätten kein leben?

doch was macht die seele von räumen aus? die natur oder die kultur? sind die farben, der klang oder der geschmack entscheidend? oder sind es die jahreszeiten, welche unsere umgebungen regelmässig beseelen? äussert sich die seele der umwelt in gewittern und sonnenstrahlen? braucht es für die seele von räumen menschen, ihre spuren, ihre arbeit, ihr werk? zieht uns das fliessen der gewässer oder die ästhetik der häuser mehr an? konkreter noch: haben automobile, die sich wie selber bewegen, ein inneres, das uns geheimnisvoll vorkommt? fasziniert uns die werbung, die immer wieder von neuem unsere fantasien mobilisiert?

was wäre bei alle dem die seele des berner raumes bern? die aare? der sandstein? der dialekt? die troubadure? die originale? spricht sie aus der stimme von heinz däpp? oder den worten von pedro lenz? ist das münster münster die seele der christen? oder der gurten jene der paganen? trifft man sie in den gassen in der nacht? muss man bei sergius golowin nachschlagen? oder am glasbrunnen im bremgartenwald wasserschöpfen gehen?

oder ist es die die mentalität der bernerInnen und das unfassbare ganze der stadt, die alles entscheidend sind?

wird man nur in der sagenhaften geschichte fündig, oder auch in der gegenwart, wenn man danach sucht?

fragen, fragen, fragen. und hoffentlich genau so viele antworten …

stadtwanderer

wird das ein heikler entscheid?

“bernplus” heisst das projekt samt zugehöriger website, das die region bern politisch-administrativ neu koordinieren will. am 17. mai 2009 wird darüber abgestimmt. ein heikler entscheid, sagt sich der stadtwanderer. und fordert seine leserschaft auf, sich mit dem projekt zu beschäftigen und ratschläge zu seiner beurteilung abzugeben.

der kanton bern lässt zwischen den gemeinden und dem kanton nicht nur amtsbezirke zu, sondern auch regionalkonferenzen. das oberland kennt das schon länger. nun will auch bern eine solche.

in der regionalkonferenz bern-mittelland sollen die 101 gemeinden vertreten sein, die im weiteren sinne zum stadtberner raum dazu gehören. repräsentiert werden sollen sie durch die gemeindepräsidentInnen.

sie sollen die regionale zusammenarbeit fördern, selbst wenn sie nicht viele kompetenzen haben. doch es gilt der grundsatz: me mues haut medenand rede.

was auf den ersten blick gut tönt, ist indes nicht ohne probleme; die “berner zeitung” brachte es am letzten samstag auf den punkt: für eine koordination der anliegen in der agglomeration bern ist das gremium zu gross. zu viele gemeinden sind drin, die nicht eigentlich dazu gehören und damit die entwicklung der agglomeration eher bremsen dürften. als basis für den viel diskutierten städtkranz mit biel, thun, solothurn, freiburg und auch neuenburg ist die kantonale regionalkonferenz wiederum ganz ungeignet. denn regionalkonferenzen sind institutionen des kantons bern und berücksichtigen selbst die möglichen bernischen partnerstädte für berns städtenetzwerk nicht.

eine knacknuss!, prophezeie ich da, über die wir uns unterhalten müssen. denn das projekt präsentiert sich, wie wenn es weder fisch noch vogel wäre.

weder ist zu erwarten, dass sie die agglo bern im kanton wirklich aufwertet und damit einen beitrag zur urbanitätsstrategie des kantons leisten würde.

noch kann man davon ausgehen, dass sie das interkantonale städtenetz erlaubt, das das bundesamt für raumplanung als lösung für die neupositionierung der hauptstadtregion bern vorschläg.

“was tun?”, fragt sich deshalb der stadtwanderer ernsthaft. inskünftig als stadtlandwanderer im perimeter der regionalkonferenz spazieren gehen, oder gleich zum städtewanderer mutieren, der vor allem in die regionalen zentren geht? oder sich einfach in die alte zähringerburg in der altstadt zurückziehen?

guter rat ist teuer, aber gefragt, meine sehe verehrte leserInnenschaft!

stadtwanderer

erdrutschsieg für eveline widmer-schlumpf

das ergebnis war deutlich wie nie zuvor: eveline widmer-schlumpf wurde gestern abend schweizerin des jahres 2008. fast 70 prozent der anrufe und sms aus der fernsehnation schweiz entfielen auf die bdp-bundesrätin, seit einem jahr im amt als chefin des justiz- und polizeidepartementes und stellvertretende departementschefin bei den finanzen.

ews nach der ehrung zur schweizerin des jahres 2008

ich sage es unwunden: sie war auch meine favoritin. als ich die liste der nominierten für die swiss awards in politik, wirtschaft, gesellschaft, kultur und show sah, war mir in sekundenschnelle klar, wem meine stimme gehören würde.

denn eveline widmer-schlumpf hat verdient. überraschend in den bundesrat katapultiert, wurde sie von ihrer partei, der svp, ausgeschlossen. eine neue partei musste sie gründen, als die bündner svp-ler mit haut und haaren aus der mutterpartei gekippt wurden, weil sie zu ihrer bundesrätin hielten. kaum ins eine amt eingearbeitet, hatte sie auch den erkrankten finanzminister hans-rudolf merz ersetzen. sechs wochen waren es nur, aber genau die, in denen die globale finanzkrise voll auf die schweiz durchschlug und die ubs vor dem kollaps gerettet werden musste.

die populäre bundesrätin bedankte sich an diesem abend im zürcher hallenstadion herzlich für die wahl, zuerst als preisträgerin des swiss awards in politik, dann auch zur schweizerin des jahres. sie habe in dem jahr als bundesrätin viel gelernt, sagte sie. vor allem auf die vielen leisen stimmen zu hören, die es in diesem land gibt, fügte sie bei. das machte sie beim publikum sympathisch, und bereitete den seitenhieb an ihre ehemaligen weggefährten vor: sie könnte angesichts lauter tenöre untergehen. jeder und jede im saal, und wohl auch viele vor der fernsehschirm, verstanden, wen und was die bescheidene bündnerin damit meinte.

eklatant war vor allem das ergebnis. ein eigentlicher erdrutschsieg war es, der sogar die wahlergebnisse der svp in den schatten stellte. meistens reichte es bei den bisherigen wahlen zum schweizer oder zur schweizerin des jahres zu einem fotofinish. doch diesmal war alles sonnenklar. 3 prozent hatten die drittplazierten, 7 prozent der zweitplazierte. und satte 69 prozent samt einigen zerqueschten die strahlende siegerin.

es ist eveline widmer-schlumpf zu gönnen! denn die strengen zeiten kommen schnell wieder auf sie zu. in der abstimmung über die personenfreizügigkeit vertritt die justizministerin ein zentrales dossier. und die asylpoliktik lässt nicht lange auf sich warten. auch die postliberalisierung resp. das aktienrecht mit den managerlöhnen gehören zu den brocken, welche die schweizerin des jahres 2008 in diesem oder im nächsten jahr bewältigen muss. alles in allem kein pappenstiel!

ich bin zuversichtlich, dass sie das mit ihrer ganz eigenen art schafft. hart in der sache, ist ihr motto, aber respektvoll im umgang mit den anderen ebenso, wie sie ohne umschweife stets beizufügen pflegt.

eine gute wahl für die schweiz kann ich, diesmal, beifügen.

stadtwanderer

kampagnen-bashing ist en vogue!

die plakatkampagnen zur volksabstimmung über die personenfreizügigkeit haben diese woche eingesetzt. und mit ihnen hat auch das postmoderne campaigning-bashing auftrieb erhalten. so zum beispiel im berner “bund” von heute.

ein richtiger tag für die berner werbung und die berner journis war das – nicht! “der bund” brachte einen riesigen artikel über die plakate zur personenfreizügigkeit. höhepunkt des beitrags waren einige zitate von bernhard abegglen, dem führenden kopf der berner werbeargentur contexta ag. bitterböse fielen seine beurteilungen: “hausbackene banalität” attestierte er den ja-plakaten mit den apfelbäume. no emotions, no information. punkt. auch der nein-kampagne wurde nicht geschmeichelt: “misslungen”, “uninspiriert”, “eindimensional”. die plakative gleichsetzung von rumänen mit kriminellen sei kein beispiel ernsthafter kommunikation. doppelpunkt!

die story von marc lettau war süffig. beide seiten bekamen ihr fett ab. dem vorwurf einseitigen parteinahme entging der autor so. verschwiegen hat er dabei allerdings, dass er als unabhängigen experten ausgerechnet den werber sprechen liess, der die werbung für den serbelnden berner “bund” macht. weder journalistisch noch werberisch ist das eine glanzleistung.

überhaupt: contexta ist bisher mit politischer werbung nicht aufgefallen. kaum eine der grossen abstimmungskampagnen der letzten jahre ging an die berner werbebude. obwohl die firma demonstrativ am 1.mai 1968 gegründet worden war. vielmehr war man an der berner wasserwerkstrasse vor allem im käsegeschäft tätig. am anfang war es “tilsiter”, heute ist es der “appenzeller”. zugegeben, die plakate zu letzterem sind ganz gefällig. bekloppt ist dafür die serie der contexta für das schweizer gemüse: “sei mein aufschneider – deine gurke!” in der laufenden abstimmungkampagne würde das plakat abegglens wohl heissen: “sei mein gebieter – deine bulgarin.”

echt! die creativen aus der werbebranche in ehren. für ästhetische lifestyle-werbung sind sie alle mal gut. in der politischen kommunikation fehlt ihnen aber schlicht das grundwissen. eine empfehlung bei politkunden ist die kollegenschelte in der öffentlichkeit kaum. aber medienaufmerksamkeit bringt sie. denn die heutigen journis haben nichts so gerne, wie wenn ein aussenseiter einem etablierten an den karren fährt. postmoderne beliebigkeit kommt mir da nur noch in den sinn.

frage an den bund: warum wurde nicht den urheber der bäumchenkampagne, den zürcher campaigner hermann strittmatter, ein erfahrener mann im metier (zb. werbung für den zürcher stadtpräsidenten), befragt. oder noch deutlicher: warum verschweigt der artikel, dass die gleiche kampagne bisher keine europa-abstimmung verloren hat, obwohl sie seit den bilateralen regelmässig eingesetzt worden ist?

kurz: mir fehlt der beweis der these des ganzen artikels. um in der sprache der bund/contexta-werbung zu bleiben: “beweis – harter fakt, der die schuld des angeklagten überzeugend belegt”.

keine tag für die berner werber und berner journis, sage ich da nur!

stadtwanderer

schweizerIn des jahres 2008 ist …

am samstag ist es wieder soweit: ich werde, wie in den letzten jahren auch, bei der preisverleihung des swiss awards dabei sein. nein, nicht als ewiger kandidat, aber als treues mitglied der academy.

hier die liste der 18 vorgeschlagenen für den titel des schweizer resp. die schweizerin des jahres resp. für die swiss award preisträger in den verschiedenen kategorien.

politik:
thomas minder (anti-abzocker-initiative), rudolf strahm (ex-preisüberwacher), eveline widmer (bundesrätin)

wirtschaft:
michael näf (gründer doodle ag), jean-pierre roth (präsident nationalbank), pierin vincenz (ceo raiffeisen-bank)

gesellschaft:
evelyne binsack (bergsteigerin), giovanni lombardi (tunnelbauer), felicitas pauss (physikerin)

kultur:
jacques chessex (schriftsteller), herzog & de meuron (architekten), albert kriemler (modemacher)

show:
philipppe chappuis (comic-zeichner), stress (rap-sänger), ursus & nadeschkin (kabarett-duo)

sport:
fabian cancellara (radfahrer), heinz frey (rollstuhlsportler), ariella kaeslin (kunstturnerin)

wie das zustande kommt? das verfahren beim swiss award ist seit jahren gleich:

in einem ersten schritt nominiert eine 18köpfige jury in den kategorien politik, wirtschaft, gesellschaft, kultur und show je fünf schweizer persönlichkeiten, die im verlaufe des jahres etwas bewegt haben.

in einem zweiten schritt beurteilt eine 100köpfige academy die nominationen. jedes mitglied erstellt eine indviduelle rangliste. alle ranglisten zusammengefasst ergeben das ranking für die swiss awards in jeder kategorie.

die ersten drei je kategorie, erweitert um drei spitzensportlerInnen, die bereits feststehen, kommen als schweizer oder schweizerin des jahres in frage, der resp. die am samstag abend von der fernsehnation bestimmt wird.

als academyker habe ich meine bewertung im zweiten schritt bereits abgegeben. ich sage nur soviel: diverse meiner favoriInnen sind unverändert dabei. doch zuerst interessiert mich, wer eure anwärterInnen auf die verschiedenen titel sind!

stadtwanderer

meine berichte von den preisverleihungen 2007 resp. 2006

ohne auto mobil

der anteil der automobilen person in der schweiz wuchs bis 2005 nachweislich an, wenn auch verlangsamt. anders ist der trend in den städte, wo die autofreien menschen zulegen. eine kleine übersicht.


autolos sein wird in den schweizer städten zur mehrheit (foto: (c) bei eric poscher)



die offizielle statistik

rund eine million bewohnerInnen in der schweiz hat kein auto. das ist das ergebnis des jüngsten mikrozensus aus dem jahre 2005. eine vertiefte auswertung, die das luzerner politikinstitut “interface” vorgenommen hat, legt erstmals eine empirisch erhärtete typologie autofreier personen personen vor:

typ 1: “urbane eliten”, das heisst menschen mit hohem einkommen, jüngerem jahrgang, guter ausbildung und führerschein, die aber kein eigens auto besitzen, privat car-sharing betreiben oder sich an entsprechenden projekten beteiligen;
typ 2. “unterprivilegierte urbane”, also menschen mit geringem einkommen, meist frauen, mit schlechter ausbildung, die keinen führerschein haben;
typ 3: “einkommensschwache rentnerInnen”, selbstredend höhere jahrgänge, leute mit mittlerer oder tiefer schulbildung geringem einkommen, die kein permis haben;
typ 4: “mittelständische alte”, ebenfalls überdurchschnittlich alte, mit unterschiedlichem bildungsstand, in der regel aber alleinstehende (männer).

gewachsen ist in den letzten jahren vor allem der erste typ. 1994, bei der ersten entsprechenden erhebung, machte er noch 15 prozent der autolosen städterInnen aus; heute ist das kuchenstück mit 32 prozent mehr als doppelt so gross, bei wachsendem kuchen!

die trends sind in der stadt basel am stärksten. 2005 war hier erstmals eine mehrheit der einwohnerInnen autofrei. bern folgt mit geringem abstand. auch hier könnte bald eine mehrheit autofrei sein.

autofreie quartiere, wie es sie in einzeln neu gebauten stadtteilen in hamburg, münster, freiburg im br. gibt, kennt die schweiz noch nicht. immerhin, auch in bümpliz läuft seit jüngstem ein pilotversuch in dieser sache. die sache ist am anrollen …

das ist wichtig, denn die mobilität nimmt nicht ab. die zahl der zurückgelegten kilometer bleibt auch in den städten gleich hoch. doch verlagert sich die mobilität weg vom individualverkehr per auto hin zu anderen mobilitätsformen.

meine eigene erfahrung
letztlich zähle ich auch zur besagten “urbanen elite”. zwar haben wir seit geraumer zeit einen eigene kleinwagen. doch verzichte ich in der stadt auf den persönlichen gebrauch. bin ich ja stadtwanderer …

ganz ohne automobil könnte ich allerdings auch nicht sein, denn für den transport schwerer sachen sind alle bisherigen alternativen unbrauchbar. und bisweilen macht es auch spass, wenn man nach der arbeit mit einem auto abgeholt und ausgeführt wird.

dennoch: autofreiheit, wo immer sie möglich ist, erscheint dem stadtwander für die heutigen städten das gebot der stunde zu sein. der club der autofreien schweiz versucht, dieses interesse in die politik zu transportieren. anregend ist die plattform “leben ohne auto“. man verweile sich da eine moment lang!

stadtwanderer

übelsetzungen

das muster ist bekannt: der wachsenden zahl von touristInnen, gästen und passantInnen, die sich nicht auskennen, möchte man den aufenthalt erleichtern. und erschwert ihr mit zahllosen übersetzungsfehlern oder bedeutungsirrtümern das leben. immerhin, die unfreiwillige komik wächst mit. und lachen ist gesund!


quelle

aufmerksam geworden bin ich vor drei, vier jahren in schweden. in unserem briefkasten war ein flyer, von einem niederländer, der sich in värmland niedergelassen und ein kleines unternehmen für bootsreisen eröffnet hatte. der prospekt war offensichtlich von einem sprachmonster ohne feingefühl für irgend etwas übersetzt worden: die gegend sei, las man da, “gut zum schiffen”. erheiterungen zuhauf folgten, aber kein gutes geschäft entstand!

der langenscheidt-verlag, sonst eher für seriosität im sprachgebrauch bekannt, hat jüngst einen (zweiten) band zum thema “übelsetzungen” herausgebracht, der unterhaltsamer nicht sein könnte. ein aufruf auf internet, sprachpannen aus aller welt zu dokumentieren und zu berichten genügte, um eine unmenge von belegen für wirre gebrauchsanweisungen, komische strassenschilder und sinnentstellte bilder zu erhalten. führend sind dabei die städte, wo die kommunikation am dichtesten ist.

im neuesten langenscheidt amüsiert man sich vor allem beim thema speisekarten so köstlich, sodass man schon mal das abendessen vergisst: in einem spanischen hotel gibt es zum festlichen weihnachtsmenü “zertrampelten Lachs” als vorspeise und “Die traditionelle in seinem Safte höchste Türkei” als hauptgang. das angebot eines china-restaurants in frankfurt mag zwar sehr authentisch sein, allerdings könnte der appetit der gäste leiden: empfohlen wird da “Dickdarm mit präserviertes-Gemüse” oder “Zerfetzt geröstet Ente Reisbrei”. in nepal wiederum isst man “Snakes” statt Snacks”, in bozen gibt’s ein poetisch klingendes “Obst Meer” anstelle der ewig gleichen meeresfrüchte, und in thailand serviert man ganz gerne “Winner Schnitzel”.

na denn, sattwanderer und -Innen, verirrt euch nicht, wenn ihr demnächst in eine stadt müsst. in zürich ist man nicht zureich, in basel fasel(t) man nicht nur, aber in gern ist man ganz bern!

stadtwanderer

mehr zum lachen in:
Würste der Hölle. Übelsetzungen – Neue Sprachpannen aus aller Welt. Langenscheidt Verlag, 128 Seiten mit Fotos (ISBN 978-3-468-29850-9)