Hinter mir das Medienzentrum

Bern hat neuerdings ein Medienzentrum. Dank der Nähe zur Politik. Entstanden ist es als zentraler Ort für BundeshausjournalistInnen. Früher waren auch sie im Bundeshaus. Nahe bei den Politikerinnen – zu nahe, mahnten viele.
Gleichzeitig verliert Bern gegenwärtig die Hohheit über eigene Zeitungen. “Der Bund” für die Stadt, die “Bernerzeitung” für den Kanton werden gerade in den Tamedia-Mantel Deutschschweiz integriert, deren Chefs die Schweiz von Zürich aus sehen.

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Der Historiker und Medienwissenschafter Roger Blum beschreibt den aktuellen Uebergang als Transforamtion von einem Mediensystem, das auf PublicService-Leistungen wie in Grossbritannien ausgerichtet war, zu einem liberal geprägten, wie man es in den USA kennt. Massenmedien als öffentliche Institutionen verschwinden tendenziell, rein kommerzielle Produkte sind im Kommen.
Polarisierung ist die vorherrschende Darstellungsform. Schwarz-Weiss bestimmt, grau verschwindet. Das bringt auch eine Politisierung der Medien mit sich. Grenzen von Bericht und Kommentar tauen auf. Hinzu kommt die Vermischung von Journalismus und PublicRelation. Der Medienbesitz wird zunehmend privat. Das klassische Verlegertum eordiert, es bestimmt der Medienunternehmer, teils mit, teils ohne politische Absichten. Journalismus bleibt aber gefragt, ein willkommene Bereicherung werden Medien sein, die ganz von Journalistinnen geführt werden.
Entstehen wird ein hybrides oder gemischtes Mediensystem, ganz auf Digitalisierung ausgerichtet, das Unterhaltung und Information anbietet, Internationales und Lokales, Lineares und Unterbrochenes. Aber keine sicheren AbonnentInnen mehr, nur noch flexible NutzerInnen. Optimisten sehen das als Chance für die pluralistische Demokratie, Pessimisten neigen dazu, neue Herrschaftsformen zu betonen. Denn das Netz ist nicht ohne Macht.

Nicht wenig in der Medien-Branche meinen, in 5 Jahre werde man überhaupt kein Geld mehr mit Printjournalismus verdienen können. Wir werden sehen, ob es wirklich ein dead business ist.
In 5 Monaten stimmt die Schweiz über die NoBillg-Initiative ab. Wenn ich von meiner Weltreise zurück sein werde, kennen wir das Ergebnis bereits – und damit die Zukunft der SRG als Kern des ServicePublic-Angebotes!

Stadtwanderer

Hinter mir das Volkshaus

Im Berner Volkshaus entstand 1888 die Sozialdemokratische Partei der Schweiz. Sie war kein Dach über Kantonalparteien, sondern eine Sektion der sozialistischen Internationalen.

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Zu Beginn war sie eine reine Oppositionspartei, welche die bürgerliche Demokratie überwinden wollte. Nach dem ersten Weltkrieg entschied sie sich gegen die Revolution, für Reformen. Die Lage der Arbeiter war ihr zentrales Thema im Landesstreik von 1918, die Schaffung des Sozialstaates das vordringliche Ziel.
In der Stadt Bern wurde die SP 1895 erstmals Regierungspartei. Im Kanton Bern rückte sie 1937 in die Regierung auf. Den ersten Bundesrat stellte die SP 1943. Seit 1959 ist sie fest mit zwei von sieben BundesrätInnen in der Bundesregierung vertreten.

Ihre Leistung ist die Integration der schweizerischen Arbeiterschaft in den Bundesstaat. Nur will diese Arbeiterschaft heute kaum mehr SP wählen. Zu viel Gleichstellungspolitik, zu viel Umweltschutz und zu viel EU lautet die Kritik. Denn die SP hat sich zu einer Anti-Diskrimierungs-Partei gemausert, gegen Ausgrenzung von Frauen und Ausländern.

SP-Parteipräsident, Christian Levrat, taktiert hervorragend unter der Bundeskuppel. Die Wahl von Eveline Widmer-Schlumpf in den Bundesrat war eine Meisterleistung. Mit den Wahlen 2015 setzte jedoch der bürgerliche Wideraufbau von rechts her ein. Die SP ist seither meist in der Defensive. Sie bestimmte 2016 ihre Politik neu: konstruktive Oppositionspolitik nennt sie das. Mit dem Referendum gegen die Unternehmenssteuerreform 3 zeigte sie, was sie damit meint. Die Rechte revanchierte sich und bodigte die Rentenreform von Mitte/Links in der Volksabstimmung.

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Hinter mir das Bürgerhaus

Das Bürgerhaus in Bern ist Sitz der FDP Schweiz. Der Freisinn war eine Volksbewegung, die ihre Ursprünge in den 1830er Jahre hatte, liberale und radikale Züge annahm und den Bundesstaat von 1848 schuf. Die FDP als politische Partei entstand erst 1894 als Zusammenschluss kantonaler Parteien mit verwandter Weltanschauung.

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Bis 1919 regierte die FDP die Schweiz fast nach Belieben. Die Mehrheit im Parlament sicherte man sich mit dem Majorzwahlrecht und der Festlegung von Wahlkreise von Fall zu Fall. Die Katholisch-Konservative Partei, heute CVP, hatte stets das Nachsehen. 1918 wich das Majorzwahlrecht für die Wahl des Nationalrates dem Proporzwahlrecht. Damit verlor die FDP die Mehrheit in der grossen Kammer. Auftrieb erhielten die BGB, heute SVP, und die SP.
Im Bundesrat sackte die FDP von anfänglich sieben Mitgliedern aus ihren Reihen auf heute zwei. Dennoch ist das Weltrekord! Denn keine andere Partei der Welt war 169 Jahre ununterbrochen in der Regierung – nicht einmal die schwedischen Sozialdemokraten oder die irischen Nationalisten schafften das!

Seit dem Ende der 70er Jahre verlor die FDP Parlamentswahl für Parlamentswahl. Die neuen Mittelschichten ziehen die SP, die Grünen und die Grünliberalen vor. Die Staatskritischen wiederum präferieren die SVP. Das hat die FDP namentlich in der deutschsprachigen Schweiz geschwächt.
2015 gewann die FDP erstmals wieder bei der Nationalratswahl. Seither ist die bei Abstimmungen die erfolgreichste Partei. Sie gewann am 24. September 2017 auch die Volksentscheidung um die Rentenreform. Allerdings aus der Opposition heraus!

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Hinter mir das Bundesratshaus

Das Bundesratshaus wurde nach der Gründung des Bundesstaates als Sitz des Bundesrates erstellt. Damals nahmen alle sieben Mitglieder des Bundesregierung darin Platz. Heute beherbergt es noch die Büros des Aussenministers und der Justizministerin und es heisst Bundeshaus West.

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Vor dem Bundeshaus West steht der mächtige Berna-Brunnen aus dem Jahre 1858. Im Grundriss hat er die Form eines Schweizer Kreuzes. Darüber sind vier Schwäne, die Wasser speien. Sie symbolisieren Rhein, Reuss, Rhone und Ticino, die um den Gotthard herum entspringen. Darüber sind die vier Jahreszeiten, die für eine regelmässige Erneuerung der Natur und Landwirtschaft sorgen. Schliesslich Berna, die Frauengestalt, die die Stadt Bern, die Gastgeberin des Bundes, darstellt.

Der Bau des Bundesratshauses in den 1850er Jahren veränderte das Stadtbild nachhaltig. Die alte Zähringerstadt im Osten war definitiv zu klein geworden. Für die neue Stadt mit dem Bahnhof musste Bern nach Westen erweitert werden. Dafür musste man die Stadtmauer schleifen, den Stadtgraben zuschütten und den Christoffel-Turm abtragen. In den 1860er Jahren wurde Eisenbahnverbindungen für den Personen- und Güterverkehr entscheidend. Die erste Linie, von Olten herkommend, endete noch im Wankdorf in einem Kartoffelacker. Denn man konnte die Aare nicht überqueren. Den Rest musste man zu Fuss oder mit der Kutsche gehen. Es brauchte Fortschritte im Brückenbau, bis man die Stadt effektiv ans Schienennetz anschliessen konnte.

Mit dem Eisenbahnbau verkürzten sich die Wegen von Ost nach West und von Nord nach Süd. Die Schweiz begann zusammen zu wachsen. Das Ganze war aber nicht ohne Probleme. Konservative Kreise stemmten sich gegen die technische Neuerung. Sie sammelten Unterschriften gegen die neuen Eisenbahnverbindungen. Doch die Petitionen nützten nichts. Es kam die Idee auf, über Parlamentsbeschlüsse Nachentscheidungen in Form von Volksabstimmungen treffen zu können. Das Referendum entstand. 1874 wird es als erstes Volksrecht auf nationaler Bühne eingeführt. Dem Eisenbahnbau hat es übrigens nicht geschadet. Es wird vorsichtiger geplant und einmal realisiert, sind wir Fans der neuen Eisenbahnlinien.
Das Referendum wirkt nicht nur als Opposition gegen ein Projekt, sondern auch als Auftrag, volksverträglich zu planen.

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Hinter mir das Bundeshaus

Zwar entstand das Bundeshaus erst anfangs des 20.Jahrhunderts. Doch symbolisiert es wie kein anderes den Bundesstaat von 1848.
Dieser entstand aus den bürgerlichen Revolutionen Mitte des 19. Jahrhunderts. Er ist das einzige, dauerhaft erfolgreiche Projekt seiner Zeit. Die Schweiz befand sich in jungen Jahren mitten und Monarchien. Frankreich wurde 1870 eine Republik. Deutschland und Oesterreich erst 1918 und Italien wechselte nur 1947 zu dieser Staatsform.

Der Bundesstaat schuf fünf schweizerische Institutionen: Volk und Stände, die bei Wahlen und Abstimmungen wichtig sind, sowie Parlament mit zwei Kammern, Regierung mit sieben Bundesräten und ein Bundesgericht, die von einander geteilt arbeiten. Von den Bürgern gewählt wird nur das Parlament, die Regierung und die Richter bestimmen das Parlament.

Die Schweiz etablierte damit eine frühe Form der (Männer)Demokratie. Mit der Einführung der Volksrechte schuf sie auch als erster Staat die (halb)direkte Demokratie. Damit änderte sich der Charakter der repräsentativen Demokratie, wie sie heute vielerorts besteht. Denn mit ihr ist das Volk, sind die Kantone die Opposition in Sachfragen, während die grossen Parteien gemeinsam ein regierungsfähiges System sichern.

Man nennt es auch Konsensdemokratie, die auf Verhandlung unter Konfliktparteien basiert. Vom Ideal haben wir uns aber entfernt. Eigentlich sind wir einen Konkordanzdemokratie mit beschränktem Konsens.

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Hinter mir das Haus der Philosophen

In diesem Haus lebten nacheinander die Universalgelehrten Albrecht von Haller und Georg Friedrich Hegel.

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Hegel kam als Doktorand nach Bern. Er war Hauslehrer bei der Familie von Steiger. Die hatte eine der besten Privatbibliotheken. Hier kam der studierte Theologe mit philosophischen Schriften in Berührung. Später entwickelte er das Entwicklungsgesetz der Moderne: These, Antithese und Synthese. Das erläuterte er beispielsweise so: Die Aufklärung sei die These, die französische Revolution die Antithese und der Liberalismus die Synthese. Er vereinige die idealistischen Ansichten der Aufklärer mit dem Bruch mit der Tradition durch die Revolution. Die schöpferische Kraft der Zerstörung nennen man das heute noch in liberalen Kreise.

Albrecht von Haller war der berühmteste Aufklärer Berns. Der Naturforscher hielt Adelsrepubliken für die beste Staatsform, wenn sie sich wie die Hirten an die guten Sitten halte. Jean-Jacques Rousseau, der Aufklärer aus Genf, kritisierte ebenso das selbstsüchtige Leben seiner Zeitgenossen. Anders als Haller suchte er aber das Paradies in kleinen Republiken mit Pädagogen an der Spitze. Sie sollten den Menschen schaffen, der sich am Gemeinwohl ausrichtete.

Nach der französischen Revolution kritisierte Karl Ludwig von Haller, der Enkel von Albrecht, die ganzen aufklärerischen Ansichten. Ihr Ja zu Menschenrechten und Verfassungsdenken widerspreche der göttlichen Ordnung. Nur die Souveränität des Monarchen, des Generals und des Gottesmannes zählten.
Den Meister zeigte dem Vordenker der Restauration kein geringerer als Hegel. In Berlin lehrte der Professor Philosophie und bildete er auch junge Schweizer aus. Beispielsweise Henry Druey, der als Waadtländer Regierungsrat die ersten Volksabstimmungen einführte, wie wir sie heute kennen, und Mitglied des ersten Bundesrats im jungen Bundesstaat von 1848 wurde.

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Hinter mir der Kornhausplatz

Der Kornhausplatz versteckt bis heute die Geheimnisse der Helvetischen Republik von 1798. Auf allen Strassenschildern rund um den Ort steht „Kornhausplatz“. Doch die Schilder haben verschiedene Farben. Diese wurden während der Franzosenzeit angefertigt. Man zeigte den nicht immer nüchternen Soldaten so, wo ungefähr ihr Quartier sein würde.

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Die Helvetische Republik dauerte nur sechs Jahre, und trotzdem markiert sie einen tiefen Einschnitte in der Stadtgeschichte. Sie zerstörte die gross und träge gewordene Republic Bernensis. Stadt und Kanton wurden getrennt. Der Kanton verlor die Waadt und den Aargau endgültig, das Oberland vorübergehend. Erste Hauptstadt der Helvetischen Republik wurde ausgerechnet das Munizipalstädtchen Aarau. Bern kämpfte sich erst nach und nach zurück an die Spitze des Staates. Dieser blieb ungeliebt. Eigentlich erinnert nichts an ihn.

Die Jahre Franzosenzeit teilt man in drei Teile. Die ersten zwei Jahre dienten der Revolutionierung der alten Republik. Die zweiten zwei Jahre waren durch innere Umstürze und Stagnation gekennzeichnet. Während den beiden letzten Jahren zerfiel die neue Republik.
Oft erinnert man sich nur an die Kriege während der Franzosenzeit Diese brachte uns aber auch Schulen, den Franken und den Bundeskanzler an der Spitze der Verwaltung. Die Revolutionierung scheiterte, weil der Zehnten nicht abgelöst wurde. So wandten sich die Bauern von den Franzosen und Republikanern ab, hin zu den früheren Herren.

Während der Helvetischen Republik wurde erstmals in der ganzen Schweiz angestimmt. 70000 Ja-Stimmen unterlagen 90000 Nein-Stimmen. Dennoch wurde die Verfassung angenommen. Denn die Franzosen kannten nur das Veto. Dabei zählten die 150000 Abwesenden als Helfer der Franzosen und sorgten so für die Mehrheit.
Der Bundesrat würde das bisweilen gerne auch so haben!

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Hinter mir das Kornhaus

Das Kornhaus symbolisiert wie kein anderes Gebäude das Ancien Régime des 18. Jahrhunderts, die Zeit nach den Konfessionskriegen und vor dem Franzoseneinmarsch. Gezeigt wird unter dem Dachgibel die Spitze der Bernischen Republik mit dem aufsteigenden Bären, nur noch Gott über sich. Im Kornhaus selber lagerte man Korn und Wein. Damit bezahlte man in guten Zeiten die Gehälter der Stadtangestellten.

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Im Ancien Regime entstand die Idee der Milizarmee. Sowohl Patrizier als Offiziere als auch Untertanen in der Uniform von Soldaten sollten einen Teil ihrer Zeit dem Staat zur Verfügung stellen, um ihn im Ernstfall zu beschützen. Das verband. Und so sparte man Geld, sodass man bis auf den Zehnten auf Steuern verzichten konnte. Die reichen Stadtgeschlechter wiederum investierten ihre Einnahmen aus den Ländereien an den Börsen in London und Amsterdam und half so, die neue Welt in Amerika aufzubauen. Wer sich nicht verspekulierte, wurde noch reicher – ohne zu arbeiten. Die Regierungsweise war der Berner Patrizier paternalistisch. Sie sagten den Untertanen, was für sie gut sei. Gehorchten sie, liessen sie väterliche Milde walten. Muckten sie wie im Bauernkrieg auf, mache man sie einen Kopf kürzer.

Die Historiker kritisieren heute die Gesellschaftsform des Ancien Régimes. Denn sie entwickelte kein unternehmerisches Bürgertum. Bern verpasste denn auch den Anschluss an die Industrialisierung weitgehend. Es brauchte die Franzosen, damit die Stadt den Anschluss an die politische Moderne schaffte.

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Hinter mir der Gerechtigkeitsbrunnen

Gebaut wurde der Gerechtigkeitsbrunnen 1543. Er symbolisiert das Denken der Reformierten, obwohl man für den Bau einen katholischen Bildhauer aus Freiburg bestellen musste.

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Zuoberst auf dem Brunnen steht die Iustitia. Ihre Augen sind verbunden. Denn Gerechtigkeit ist nur, wenn man unabhängig von Konfession entscheidet. Unter ihr sind die Mächte der damaligen Zeit: der Kaiser in der Monarchie, der Papst in der Theokratie, der Sultan in der Despotie und der König, der über Bern gebietet. Sie alle sollen das Recht unabhängig von ihren konfessionellen Hintergründen sprechen. Das verlangten die Reformierten, denn sie waren in der Minderheit.

Die Intellektuellen von damals, die Humanisten, entdeckten fast gleichzeitig die Helvetier als unsere Vorfahren in keltischen Zeiten. 1578 erfand Josias Simler gar eine neue Staatsform: De Republica Helvetiorium – die Republik der Helvetier. Nur die katholische Kirche brauche die Monarchie. Die anderen Helvetier würden mit Vorteil von Stadtadeligen und Landdemokraten regiert, so Simlers Feststellung.

1648 machte der Westfälische Friede Ernst. Der Corpus Helvetiorum wurde aus dem Kaiserreich entlassen. Er bildete jetzt den Staat der Helvetier. Die Republic Bernensis war der mächtigste Teilstaat der Helvetier. Regiert wurde er von Burgern, den abgesonderten Bernern mit einem Stammbaum und langer Ortsansässigkeit.

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Hinter mir das Rathaus von Bern

Das Rathaus ist bis heute Sitz von Parlament und Regierung des Kantons Bern. Erbaut wurde es zu Beginn des 15. Jahrhunderts aus den Trümmern des grossen Stadtbrandes. 1417 wurde es formell eingeweiht, deshalb ist es genau 600 Jahre alt.

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Bern wurde zu Beginn des 15. Jahrhunderts ein mächtiger Stadtstaat. Er löste Kyburger und Savoyer als Landesherren im Osten und Westen ab. Nun war man ein Vorbild. Das zeigt die Fassade des Rathauses. Sie ist nach christlicher Vorstellungen in eine linke gute und eine rechte schlechte Seite geteilt. Ganz oben sind zwei Frauen, links die Wahrheit, rechts die Lüge. An den Treppengeländern hat es sechs Tugenden: Links die Unschuld, Demut und Keuschheit. Wer so lebt, kann Barmherzigkeit erwarten. Rechts die Verführung, der Hochmut und die Ungerechtigkeit, die allesamt in Feigheit enden.

Nur zwei der sechs Tugenden gelten heute noch: erstens die Demut oder Dienstbeflissenheit – in einer Beamtenstadt keine Ueberraschung, und zweitens die Ablehnung der Hochmut. Wer herausragt, bekommt hier eines an den Kopf.

Bis in die 1870er Jahre vollzog man in Bern die Todesstrafe. Wer hierzu verurteilt wurde, bekam im Erdgeschoss des Rathauses die Henkersmalzeit. Etwa dort, wo man diese früher einnahm, habe ich 1986 die erste Hochrechnung von Regierungsratswahlen vorgenommen. Die Bürgerlichen wollten hoch hinaus. Doch die beiden Freisinnigen wurden angewählt. Es kam die erste rotgrüne Regierung ans Ruder.
Hochmut kommt eben vor dem Fall.

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Hinter mir der Zähringerbrunnen

Berchtold V., Herzog von Zähringen, gründete die Stadt Bern der Legende nach 1191. Die Zähringer, ein süddeutsches Adelsgeschlecht, hatten vom Kaiser den Auftrag, das burgundische Königreich im Rhonetal an das Kaiserreich nördlich der Alpen zu binden. Dazu bauten sie eine Strasse von Freiburg im Breisgau nach Lausanne. Aus der Raststätte am Aareübergang entstand das mittelalterliche Bern.

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Nach dem Aussterben der Zähringer in der Manneslinie 1218 wurde Bern Königsstadt. Später verstand sie sich als Reichsstadt. 1415 wurde sie Reichsstand. Damit war man im Kaiserreich ganz oben angekommen. Das blieb Bern formell bis 1648, als die Eidgenossenschaft aus dem Kaiserreich ausgenommen wurde.

Drei Einschnitte prägen die Entwicklung der Stadt:
Zuerst die Pest Mitte des 14. Jahrhunderts; Bern profitierte von der gesellschaftlichen Krise und schwang sich zu der Territorialmacht im Aaretal auf.
Dann die Reformation von 1528; Bern brach die Macht der katholischen Kirche und regierte mit Landvögten und Pfarrherren das Umland. Doch Bern isolierte sich, den die Nachbarsstädte blieben katholisch.
Schliesslich die Helvetische Republik 1798; die Franzosen ordneten den riesigen Stadtstatt neu. Stadt und Kanton wurden getrennt. Der Kanton verlor seine Eroberungen in der Waadt und im Aargau.

Ihre heutige Bestimmung bekam die Stadt mit dem Bundesstaat von 1848. Bern wurde Sitz von Parlament, Regierung und Verwaltung. Der berühmtester Berner ist ein Beamter. Albert Einstein machte aus seinem Büro im Patentamt ein Studierstube für theoretische Physik. Für eine seiner herausragenden Leistungen bekam er den Nobelpreis. “Times Magazin” kürte ihn zum Mann des 20. Jahrhunderts.

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Bald lasse ich Bern hinter mir, um Neues zu entdecken …

Der Start der lang ersehnten, wegen mehrfachem Unbill verschobenen Weltreise naht. Bald lasse ich Bern hinter mir, um ganz neue Städte in China, Vietman, Singapur, Australien, Neuseeland zu entdecken. 5 Monate soll die Reise dauern; Höhepunkt soll die Spurensuche der Südpolreisenden auf der Antarktis werden.

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Der Einschnitt hat mich motiviert, eine kleine Serie von „Hinter mir …“ zu schreiben. Es sind Stationen meiner Stadtwanderungen zur Republik und Demokratie der Schweiz, die ich in jüngster Zeit entwickelt habe. Hinter mir ist immer ein geschichtsträchtiger Ort in Bern, dessen Symbolik ich zu entziffern versuche. Jedes Mal entsteht so eine in sich geschlossene Geschichte. Zusammen ergeben sie auch eine Geschichte!

Start der 10teiligen Serie ist morgen um 0900.

Ich freue mich, im Frühling 2018 meine Stadtwanderungen in Bern wieder aufnehmen zu können.

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