bern vom gurten aus

hier meine rede, die ich heute morgen an der medienkonfernz des neuen vereins “bern neu gründen” gehalten habe.

meine sehr verehrten damen und herren mitglieder
sehr verehrte medienvertreterInnen

sie sind entweder zu gründungsversammlung des vereins “bern neu gründen” gekommen, oder sie nehmen an der ersten medienkonferenz des jüngsten vereins der region bern teil. ich beglückwünsche sie dazu.

zwangsläufig sind sie, als sie diesen raum im treffpunkt auf dem gurten betraten, am einen bild vorbeigelaufen, das auf die tradition des berner hausberges als skiort verweist. “vergänglich” steht ihn grossen, ehrwürdigen lettern darauf geschrieben. wenn sie umgekehrt den blick aus dem fenster wagen, sehen sie die sprungschanze auf dem gurten. sie könnte den titel tragen: das alles ist möglich. wer den mut hat(te), sie zu besteigen, hatte einen wunderbaren blick über die region bern, flog eine kurze weile in luftiger höhe und wusste nicht genau, wo er landen würde. das ist unser motto auch für heute.

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“ihr seid alle herzlich willkommen”, sagt gemeinderätin regula rytz während der gründungsversammlung

wir sind hier, um bern neu zu gründen. selbstverständlich hat uns der berner stadtpräsident alexander tschäppät wegen dem namen widersprechen müssen, in der sache geht er indessen mit uns einig. sein argument: bern ist schon gegründet. das vollbrachte herzog berchtold v. von zähringen 1191.

doch ist das alles nicht so sicher. lange glaubte man, bern sein 1156 von berchtolds vater gegründet worden. der zahlensalat entstand, weil es kein gründungsdokument gibt. städtegründungen im 12. jahrhundert waren ein pragmatischer akt, einfacher als vereinsgründungen heute! an einem strategisch wichtigen ort, an dem man die aare relativ sicher überqueren konnte, baute man eine kleine holzsiedlung, mit der man die fähre und den aarehandel sicherte, die das westliche hinterland erschliessen sollte.

bern ist mehrfach neu gegründet worden: von den zähringer herzögen, von den savoyer grafen und vom deutschen könig. dieser bestimmte, die stadt solle im mittelland zwischen ost und west vermitteln, – ein ausgesprochen weise vorschlag. die neugründung von 1293 durch adolph von nassau war denn auch die erfolgreichste. die stadt bern bekam aufgaben, die bisher adeligen vorbehalten waren. sie übernahm die verwaltung königlicher güter, kirchlicher einheitlichen und wuchs so ins weitere umland hinaus. 1798 reichte die erfolgreiche stadt bern bis nach brugg vor die tore zürichs und bis nach coppet vor die stadtmauer von genf.

machen wir uns nichts vor: dieses bern war zu gross, und es wurde undemokratisch regiert. das ist nicht das vorbild des vereins “bern neu gründen”, wie ich ihn in den vorbereitungssitzungen erlebt habe. denn der verein will einen demokratische denkprozess auslösen. damit unterscheidet er sich vom alten bern. und es gibt aber auch unterschiede zum neuen bern. denn dieses entstand in den 1830er jahren mit der definitiven trennung von stadt und kanton, wobei die stadt zur einer ganz normalen gemeinde des kantons reduziert wurde. daran hat sich seither nichts wesentliches geändert. deshalb ist es die überzeugung der vereinsmitglieder: bern soll inskünftig grösser und stärker werden, um sich noch besser im veränderten umfeld behaupten zu können.

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der gut durchmischte vorstand ist von einer vorbereitungsgruppe bestellt worden.

ein kerngruppe, welche die vereinsgründung vorbereit hat, formulierte ein vision: die zentrumsfunktionen der region bern müssen gestärkt werden, wie auch immer. das ist kein selbstzweck, sondern der versuch, die drohende leere im westlichen mittelland aktiv zu füllen.

aufgerüttelt wurde die kerngruppe durch das populäre bern-bashing. dabei hauen meist auswärtige politiker oder medien ziemlich wahllos auf bern ein. schmutzig sei die stadt. und in ihrer geschichtlichen grösse erstarrt, sei sie. das wird meist mit emotion vorgetragen. negative imagegestaltung sollte man das nennen. denn bern schneidet in internationalen ranking von städten meist top bei der lebensqualität ab, und auch wirtschaftlich lässt sich ihr leistungsausweis weltweit sehen.

in unserer region ist die diskussion relevante hierzu durch das bundesamt für raumplanung lanciert worden. dieses sprach vor zwei jahren der region bern den status eine metropolregion ab. da zürich, bern und basel die kriterien erfüllten, wurde bern in die zweite liga der stadtregionen delegiert. das schockte!

die stadt hat diesen frühling auf diese herausforderung bereits eine antwort gegeben. sie hat sich mit den schweizerischen metropolen rund herum verbündet, und sie will als ihr politischen dienstleistungszentrum fungieren. das ist als kurzfristige antwort richtig.

der verein “bern neu gründen” hat einen anderen zeithorizont. der verein denkt an die nächsten 10 jahre. er will in dieser zeitspanne die zusammenarbeit unter den gemeinden der region bern befördern. das ist ein komplementäres projekt zu metrobern.

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einstimmiger beschluss: “bern neu gründen”!

in vielen diskussionen in der vorbereitungsgruppen sind hierzu verschiedene modelle entwickelt worden: die verstärkte zusammenarbeit der gemeindeexekutiven, den anschluss der aussengemeinden an das zentrum, und der zusammeschluss aller gemeinden zu einem neuen gemeinsamen ganzen.

es gab bei allen modellen argumente dafür und dagegen. die regierungszusammenschlüsse wurden mit den regionalkonferenzen bereits eingeführt, sind aber demokratisch zu wenig legitimiert. anschlüsse einzelner aussengemeinde an die zentrumsgemeinde sind zwar effizient, zerstören aber die lokale identität, die dann künstlich gestützt werden muss. eine mittlerposition nehmen stadtneugründungen auf einem neuen niveau ein, doch fehlt ihnen im kanton bern das institutionelle gefüge.

es wurde diskutiert, sich für eines diese modelle zu entscheiden. die antwort lautete “nein”. deshalb wurde auch keine volksinitiative formuliert, die von sich behaupten würde, sie wisse um die richtige antwort, jetzt brauche es nur noch eine volksabstimmung, sodass man wisse woran man ist.

das wäre ein rein politische projekt gewesen. das erschien der vorbereitungsgruppe nicht für opportun. sie entscheid sich, auf der basis eines vereins einen think tank zu gründen: ein zusammenschluss von expertInnen und interessierten, der die diskussion lancieren soll, ohne rücksicht auf die position gewählter personen nehmen zu müssen.

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der frisch gegründete verein hält seine erste medienkonferenz ab (fotos: stadtwanderer)

diese denkfabrik für berns zukunft will den pioniergeist der verschiedenen stadtgründer in der vergangenheit aufnehmen. sie will die modelle konkretisieren, und sie will eine studie in auftrag geben, welche deren vor- und nachteile rational ausarbeiten soll. diese studie soll nächsten frühling vorliegen, und sie soll ein konkretes dialogangebot an alle gemeinde werden, die in diesen prozess involviert werden könnten.

ich lade sie ein, bis dann etwas geduld zu haben. vernichten sie den keim einer pflanze, der hier spriesst, nicht im voraus.

fusionen sind in bern ein reizwort, ich weiss. denn bümpliz, die einzige gemeindefusion im raum bern seit bestehen der stadt als selbständige und vom kanton getrennte gemeinde, wurde nach dem ersten weltkrieg aus sozialer und finanzieller not in die stadt integriert. das kann nicht das vorbild sein. berns aussengemeinden geht es an sich gut. es könnte der ganzen region aber besser gehen, wenn nicht jeder nur auf sich schauen würde.

ich bin überzeugt: alle mitglieder des neu gegründeten vereins wollen für die regionen einen mehrwert schaffen, der sich für alle vorteilhaft auswirkt. ich lade sie aber auch ein, mitzudenken bei der neugründung von bern, seien sie politikerin, unternehmer, wissenschafterin oder bürger.

heben sie auf der sprungschanze der gurtens mit uns ab, und seien sie besorgt, dass wir weit springen ohne auf die nase zu fallen.

und bedenken sie den titel des bildes von karin frank, das vor unserem gründungslokal hängt: ars longa, vita brevis. ich übersetze es etwas burschikos: lang lebe die kunst, bern immer wieder neu zu gründen. seien wir deshalb bestrebt, dass der neu gegründete verein keine eintagesfliege wird!

claude longchamp, stadtwanderer

ein toller tag in la sauge

das muss auch einmal gesagt sein: heute war ein rundum toller tag, an dem alles stimmte. der bericht aus la sauge, dem bedeutendsten vogelschutzreservat der westschweiz.

p8300520-kopiela sauge, zwischen dem neuenburger- und murtensee und hart an der sprachgrenze gelegen war unser heutige ziel. angezogen wurden wir vom tag der offenen tür im welschen birdlife-zentrum. sonnenschein, landschaftsbilder, tiererlebnisse und überraschungen waren das versprechen, das bestens eingelöst wurde.

p8300541martine seymour-odier, ein waadtländer künstlerin, stellte ihre keramikvögel aus. die einen standen als kunstwerke im vogelschutzzentrum, die anderen bildeten den wettbewerb, bei dem es galt, in der wildnis die 10 versteckten künstlichen vögel zu finden und zu identifizieren. das alles begeisterte. höhepunkt für erwachsene und kinder war, dass angesprochene anschliessend selber mit lehm eingedeckt und eingeladen wurden, ihren liebling unter den vögeln zu gestalten.

p8300554wahrscheinlich interessierten die schlangen im naturreservat die kinder noch mehr. alle wurden sie fachkundig vorgestellt, die ungiftigen sogar weitgereicht. die von der sonne gewärmten hände arme gefielen ihnen als aufenthaltsorte besonders gut, während die kleinen angehalten wurden, bei den giftigen schlangen gebührenden respekt zu zeigen, und sich nicht fahrlässig nahe aufzuhalten.

p8300582die vielfalt der erlebnisse war es, welche an diesem nachmittag eine abgerundete stimmung erzeugte. dazu gehörten nicht nur die mikroskopischen einblicke in die rezyklierung der flora durch die fauna. nein, es passe gut, dass auch die grossen zusammenhänge thematisiert wurden, welche die biodiversität in unseren gegenden bestimmten.

p8300498françois turian, der direktor des welschen zentrums von la sauge, war denn auch ganz zufrieden. einen neuen besucherrekord vermutete er an diesem nachmittag ganz stolz, als er gross und klein zeigte, wo es essen und trinken, sonne und schatten in einem der bedeutensten vogelreservate der schweiz gibt. wie gesagt: auch wir waren an diesem anstrengenden und doch erholsamen sonntagsausflug in die region rundum zufrieden.

stadtwanderer

fotos: stadtwanderer

werte bernerzeitung …

seit monaten gibt es in ihrem blatt fast nur ein thema, wenn es um bern geht: bashing für den wirtschaftlich rückständigen kanton, bashing für die stadt, die mit anderen metropolen nicht mithalten kann.

wasserstofflecksucher-spatz-kanone
mit kanonen auf spatzen schiessen, für die man selber futter gestreut hatte …

nun ist diese woche via die konkurrenz vom “bund” die absicht ruchbar geworden, am kommenden montag werde der verein “bern neu gründen” aus der taufe gehoben. recht positiv wurde dabei berichtet, ziel werde eine diskussion sein, wie das zentrum des kantons gestärkt werden könnte.

dabei soll es darum gehen, verschiedenen modelle, welche bern stärken könnten, zu diskutieren, auszuarbeiten und gegeneinander abzuwägen, um den politischen prozess voranzubringen.

nun bringt ausgerechnet ihre redaktion in der heutigen online-ausgabe eine breitseite gegen die absicht. 5 gemeidepräsidenten wurden aufgefordert, zur fusion ihrer gemeinde mit dem zentrum stellung zu nehmen. “klares nein der vorortsgemeinden” fassen sie das zusammen, werte bernerzeitung, ohne dass eine öffentlichen diskussion zum vorhanden des vereins resp. zu sinnvollen reaktionen in einer dieser gemeinden auch nur ansatzweise stattgefunden hätte.

das macht mich schon stutzig: soll die blume, die sich so sehnlichst gewünscht hatte, umgemäht werden, bevor sie ihre knospe überhaupt öffnen konnte? mit verlaub: das ist einem gedeihlichen wachstum von pflanzen in einer rauen umwelt nicht eben förderlich.

vergessen sie das nicht, wenn sie sich das nächste mal über mangelnden bürgersinn und ziviligesellschaftliche initiative im raum bern beklagen.

ihr stadtwanderer

der unterschied zwischen hans-rudolf merz und mir …

was ist der wichtigste unterschied zwischen hans-rudolf merz, dem bundespräsidenten, und mir, dem stadtwanderer?

wenn ich (zum beispiel nach oslo) fliege, kann es schon mal sein, dass mein gepäck nicht ankommt, ich aber schon.
wenn merz sein flugzeug (von tripolis) in die schweiz zurückbeordern muss, ist schon mal das gepäck dabei, doch fehlen die erwarteten passagiere …

stadtwanderer

ps:
meist gelingt die rückführung von mensch und zahnbürste. das ist auch in diesem fall zu hoffen. gemäss dem schrägen drehbuch von merz werden aber die mensch zum gepäck. in dieser posse sind wir also unverändert “auf kurs”.

abstimmung für dummies

wenn ich nun morgens in die stadt fahre, flitzen die ersten abstimmungsplakate an mir vorbei. das ist gut so, denn dann stellt man fest, was einem auf die schnelle bleibt.

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seite an seite, zum gleichen thema, im ähnlichen stil, und doch für das gegenteil: werbung zur volksabstimmung über die iv zusatzfinanzierung (foto: stadtwanderer)

ich bin perplex. dachte ich doch, wir stimmten über eine weitere iv-revision ab. nun sagen die einen, man wolle die ahv sichern, während die anderen von ahv plündern reden.

was nun ist sache? geht es um die invalidenversicherung, oder um die alters- und hinterlassenenversicherung? ist es ein raubzug auf die ahv kasse, oder die letzte chance, deren löcher zu stopfen? sanieren wir mit einem ja die iv? oder erhöhen wir einfach die steuern?

ich habe da eine idee: wer schafft es, kurz und knapp, zu begründen, um was bei der abstimmung geht, resp. was dafür oder dagegen spricht? also ein bundesbüchlein für dummies zu schreiben.

gefragt sind zweizeiler, aber bessere als auf den plakaten …

stadtwanderer

die vergessene botschaft der schlacht von murten

der gestrige spaziergang begann auf dem “stadtwanderer”. ernst schmid las einige meiner blogbeiträge zur schlacht von murten. er nahm mit mir kontakt auf und schlug ein route vor, die in diesem zusammenhang unüblich erschien, sodass ich spontan zusagte mitzukommen.

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ungewohnter blick auf den bois domingue: ernst schmid und die stelle, von der aus er karl den kühnen in der schlacht von murten angegriffen hätte (foto: stadtwanderer)

beim milchkaffee in der auberge des freiburgischen cressier holt mein wanderkollege sofort aus: “hans waldmann”, der genauso leidenschaftliche wie umstrittene bürgermeister zürichs während den burgunderkriegen, der mit 1000 mann fribourg besetzt hielt, als das fremde heer von lausanne aus vorrückte, “hat den ausschlag gegeben”, führt mich der gelernte informatiker mit dozentenerfahrung in seine eigene theorie ein. vor der schlacht habe er den mittelalterlichen weg von der saanestadt her genommen und sei von ortskundigen menschen geführt durch den bouley-wald geschlichen. denn von dort aus habe man den besten blick auf den hügel bois domingue, wo das zelt des herzogs stand.

anders als es in den schulbüchern stehe, habe waldmann von aus eine zweite angriffstlinie auf die das burgundische heer eröffnet, um einen zangenangriff der vereinigten eidgenossen von osten und süden aus vorzutäuschen und den erschreckten karl in die flucht zu jagen, sagt mein gegenüber.

natürlich wollte ich das sehen! – an der frisch renovierten kapelle von st. urban vorbei, wo man heute noch den betenden vor der schlacht gedenkt, nähern wir uns auf alten wegen und an markigen eichen vorbei dem entscheidenden waldwinkel. und in der tat: einen kleinen moment werde ich schwach, denke ich mir auch, von hier aus sei es nur noch einen lauten schrei bis in herz der burgundischen truppen gewesen. ein paar dutzend reiter, einige hundertschaften fussvolk ausgerüstet mir hellebarden, müssten gereicht haben, um seitwärte auf die burgunder loszustürmen und zeltlager des herzogs zu zerfetzen.

ernst schmid zeigt mir alte bücher, wie das des murtemer pfarrers und lokalhistorikers gottlieb friedrich ochsenbein, die ihn inspiriert haben. denn in den berichten des schwagers von hans waldmann ist von erkundungen im burgunderlager die rede, die der zürcher heerführer unternommen habe. auch eine der wohl authentischen schlachtdarstellungen bei diebold schilling zeigt truppenteile der eidgenossen hinter dem kloster münchenwiler, die gut unseren standort eingenommen haben könnten.

und dennoch kommen mir zweifel auf: alle schulhistoriker, darunter die ganzen militärgeschichtlicher von rang und namen, stellen die schlacht anders dar. die eidgenossen hätten sich in ulmiz gesammelt, seien durch den wald von lurtigen vorgerückt und hätten unter der aufstellung des strassburger oberst wilhelm herter angegriffen. das gilt auch für die zürcher, die im letzten moment zu den eidgenossen traten. die vorhut mit dem aargauer hans von hallwyl an der spitze habe im ersten angriff versagt; erst mit dem zweiten sei der durchbruch am grünhaag gelungen. der gewalthaufen der eidgenossen, angeführt von hans waldmann, sei dann von osten her auf den bois de domingue los getürmt, was den herzog zur flucht bewogen hat.

“die schweiz”, sagt schmid, “besteht nur noch aus opportunisten, die zu keiner gemeinsamen tat mehr fähig sind. vom eidgenössischen geist, der mit dem erfolg an der schlacht von murten entstand, spürt man nichts mehr”, ist er überzeugt.

ernst schmid, der heute kurz vor seiner pensionierung als arbeitnehmervertreter in der ubs steht, wird nicht einmal durch die neue tafel erschüttert, welche den schlachtverlauf an ort und stelle erläutert. denn seit seiner schulzeit ist hans waldmann für ihn ein vorbild. selbst ein theaterstück hat er über seinen held von murten verfasst. hierfür ist er oft in der gegend herum gewandert, und hat er sich die frage gestellt, wie er damals angegriffen hätte.

die historische lehrmeinung der fachhistoriker ist dabei etwas durcheinander geraten. die botschaft der geschichte, die dabei erzählt wird, hat er aber mit neuem leben erfüllt.

stadtwanderer

bern immer wieder neu gründen

er sei gegen den namen “bern neu gründen”, sagt berns stadtpräsident alexander tschäppät. die idee, mit einem verein neue bewegung in die zentrumsbildung im raum bern zu bringen, findet er aber richtig. hoffentlich wird daraus mehr als eine idee, fügt der stadtwanderer in seinem rückblick auf die verschiedenen stadtneugründungen in bern bei.

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raum bern: wo nur gehen die heutigen stadtgrenzen durch?

“der bund” berichtet heute über eine bürgerInnen-initiative, die sich ende august der politischen öffentlichkeit mit einer vision bern vorstellen will. ihr anliegen: in der stadt bern und den 12 bis 15 gemeinden rund herum das bewusstsein für zentrumsfragen zu schärfen, wobei engere kooperationen, zusammenschlüsse oder ein neues modell “grossbern” in frage kommen.

hierfür kann man zurecht die formel “bern neu gründen” verwenden. denn die bürgerInnen-initiative reiht sich in eine reihe von stadtgründungen ein.

natürlich besagt die stadtgeschichte, dass bern 1191 gegründet worden sei. doch hat man bis heute kein überzeugendes gründungsdokument gefunden, sodass die interpretation, es gäbe einen eindeutigen anfangspunkt, abgelehnt werden muss.

vielmehr entstand bern als teil des zähringischen strasse- und städtesystems, das diese ab 1156 zu entwickeln begannen, um das westliche mittelland zu urbanisieren. die pioniersiedlung an der aare, wann auch immer sie entstand, war denkbar einfach; anfänglich sollen nur 500 bis 1000 personen in bern gelebt, allesamt in holzhäusern.

nach dem aussterben der zähringer 1218 legte kaiser friedrich II. hand auf den ort und gab ihn die symbole einer stadt, denn er wollte den strategisch wichtigen ort den rivalisierenden landadeligen nicht überlassen. als jedoch die macht der schwäbischen stauffer-dynastie im kaiserreich 1254 zerfiel, wurde auch berns stellung unsicher.

die stadt entschied sich damals gegen einen anschluss an den osten des mittellandes, wo die kyburger-grafen dominierten. vielmehr begründeten sie eine allianz mit den grafen von savoyen im rhonetal, weil die ihnen den wirtschaftlichen anschluss an den mittelmeerhandel garantierten. dass sollte bis 1298 so bleiben, bis der deutsche könig, später der schultheiss von bern und heute die insitutionell getrennten einheiten des kantons resp. der stadt die geschichte der zu bestimmen begannen.

graf peter II. von savoyen war es denn auch, der die philosophie der stadtneugründungen einleitete. er liess bern erweitern, örtlich gesprochen vom zytgloggeturm bis an den käfigturm, integrierte die häuser in diesem bereich ins neue städtische recht, förderte den bau einer mauer und einer brücke über die aare, um ein zentrum zu markieren, das mit dem umland verbunden sein sollte.

das ist das eigentliche programm: mit stadtneugründungen soll der perimeter des zentrums nach aussen neu bestimmt werden. denn damit legt man den umfang des gebietes fest, indem das gesetz der stadt herrscht, um innerlich gestärkt nach aussen strahlen zu können.

wenn bern heute wieder neu gründet werden soll, geht es letztlich um etwas ähnliches: die stadtgrenzen haben sich seit 100 jahren nicht mehr geändert; doch die stadt als lebensraum hat sich nicht daran gehalten, ist sie doch längst so mit der agglomeration verbunden, das viele gar nicht mehr wissen, wie die kommunalen grenzen verlaufen.

“bern neu begründen” heisst, mit diesen strukturen zu brechen, um das zentrum im westlichen mittelland zu stärken, dass es zwischen den metropolen im osten wie im westen bestand hält.

stadtwanderer

lob für meine kommentatorInnen

mein “ali kebap”-beitrag wurde nicht nur sehr häufig angeclickt; er löste auch eine längere diskussion aus. ein lob auf meine kommentatorinnen.

denken
kommentieren: das brachliegende potenzial der kommunikation aktivieren!

mit den (bisher) 43 kommentaren steht der “ali kebap”-beitrag an sechster stelle der beiträge, die bisher am meisten diskutiert wurden. er lud ja bewusst zum spekulieren ein, und nicht wenige dieser spekulationen lösten (teils geharnischte) reaktionen aus. selbst titus und ate, meine beiden fleissigsten und erfahrensten kommentatorInnen, gerieten sich dabei vorübergehend in die virtuellen haare.

die bisher längste diskussion auf dem “stadtwanderer” gab es im sommer 2008, als ich mit der abmeldung in die ferien bewusst die frage aufwarf, was eigentlich ein blog sei. einen monat lang wurde hierzu debattiert, und am ende waren es 82 kommentare, die halfen, das thema vielseitig zu erörtern.

überhaupt fällt auf, dass man viele reaktionen bekommt, wenn man über andere blogs berichtet, wie meine fast schon legendäre auseindersetzung mit dem “winkelried-info” zeigte. das gilt auch, wenn man websiten (wie die sog. “deutsche einwanderungshilfe”) oder auch leserbriefe (wie der beitrag “undemokratisch”) bespricht. in einzelnen fällen griff ich auch gesellschaftliche und mediale debatten wie die zu den “bottelons” oder zu “metrobern” auf und erntete damit einen grösseren widerhall. schliesslich gelang es mir gelegentlich, eigene umfassende diskussionen zu laniceren, beispielsweise zu “wilhelm tell” oder zur “svp-“schein”-rhetorik”.

und hier sind sie, die 10 längsten dabatten auf dem “stadtwanderer”:

82 kommentare: was eigentlich ist ein blog?
51 kommentare: amateurhafte “komm-in-die-schweiz” einwanderungshilfe
47 kommentare: samstags in bern
46 kommentare: winkelried.info: das orakel des absurden
45 kommentare: undemokratisch
43 kommentare: ali kebap – new in town
41 kommentare: was nur geht bei einem bottelon ab?
37 kommentare: tells grosser auftritt
36 kommentare: aufruf zu metrobern
35 kommentare: der scheinauftrag

das bleibt mir nur eins: alle jene ganz dick zu loben, die blogs ernst nehmen, das heisst sich mit dem geschriebenen auseinandersetzen, stellung beziehen, und es nicht scheuen, auch mal widerspruch zu ernten: um individuell oder im kollektiv gescheiter zu werden!

stadtwanderer

ali kebap plakate: des rätsels lösung

sagte ich’s doch: die allgemeinen plakatgesellschaft steckt hinter der ali-kebap-kampagne.

apg

worüber “man” schon länger spekuliert, ist nun klar. und was “man” schon länger erwartete, ist auch eingetroffen: die apg selber steckt hinter der aufwändigen plakatserie mit der omnipräsenten ankündigung eines neuen kebap-standes in der stadt.
und es wird das genau gleiche motiv wie seinerzeit bei der “wer ist angie becker”-kampagne resp. bei der “hauptstadt-frage” für die aktion genannt: man wolle mit einem live-experiment beweisen, welche wirkungen plakate haben, schreibt die apg in ihrem heutigen outing.
das ist eine geschickte form, erwidere ich, die gegenwärtige leere in der werbewirtschaft zu übertünchen!
und ich glaube, das weiss auch die apg. denn sie kündigt eine fortsetzung der plakate an. ali sucht bald angestellte für seinen stand.
“wenn werbung stellen schafft”, ist also die frohe botschaft! wer’s glaubt, bekommt einen kebap, schiebe ich da noch nach. abzuholen bei der apg selber!
und bedanke mich bei der gelegenheit für die knapp 12’000 bloggerfreunde, die meinen frühen beitrag hierzu bisher angeclickt haben. ein rekord, fast so phänomenal wie der von usain bolt …

stadtwanderer

swiss highland whisky aus der kleinsten bar der welt

es ist eng, sehr eng, im bündnerischen santa maria. dazu passt, dass die kleinste whisky-bar der welt in der ortschaft im münstertal dort platz gefunden hat, wie fast kein durchkommen ist. und trotzdem hat man grosses vor: denn der keeper prophezeit, von hier aus bald den ersten schweizer whisky in die grosse welt vertreiben zu wollen.

bar02die begrüssung in der kleinsten whisky-bar der welt ist freundlich. ein keeper in schottentracht steht hinter der theke, die scheinbar keinen eingang hat. whisky-flaschen sind hinter ihm, ein spülbecken neben ihm, und vor ihm bedient er gerade vier gäste.

“wie sind sie da rein gekommen”, wollen wir wissen.
er schaut uns etwas erstaunt an, denn, so seine antwort, die meisten möchte nur wissen, wie er herauskomme. und:
“auf allen vieren”, fügt er mit einem lachen bei.
dann zeigt seinen gästen, wie er ein kleines gatter unter der theke öffnen kann. da kriecht er dann durch, wenn feierabend ist.

die whisky-bar von santa maria ist genau 8,5 m2 gross. das hat ihr den eintrag ins guinessbuch der rekorde eingetragen, und es weckt seit dem 8. dezember 2006 immer mehr die neugierde der durchwanderer im münstertal.
der chef, entnehmen wir dem gespräch mit den anderen gästen unweigerlich, sei gerade weg, auf einkaufstour in schottland. er werde für nächste woche zurück erwartet, samt 15 neuen whisky-sorten.
“wo werden die platz finden”, hacken wir nach. denn die bar ist rund herum mit flaschen aufgefüllt: einzelne in guter griffnähe, andere wiederum unmittelbar auf augenhöhe, und die, die man wohl am wenigsten nachfragt, auf langen brettern rundherum, die bis unters dach reichen.

unsere aufmerksamkeit konzentriert sich aber auf die jünste ankündigung: “swiss highland wisky”, steht auf einer schwarzen schiefertafel mit weisser kreide geschrieben.
“wie bitte?”, entlockt uns die lektüre spontan.
“doch, doch”, erhalten wir zur antwort. den gäbe es allerdings erst seit diesem jahr. vorgestellt worden sei er in der nacht zum 1. august 2009. sozusagen als patriotischer akt der whisky-gemeinde im münstertal!
das wasser stamme aus dem appenzellischen, erfahren wir noch. bevor wir einen versucher bestellen können, haben wir bereits ein glas vor uns.
“mit zwei tropfen wasser”, schmeckt er noch besser, fügt der keeper bei. denn dann habe man weniger den alkohol in der nase, dafür die vielfältigen aromen.
in der tat, der erste schweizer whisky ist kräftig und rauchig, – ein recht derber single malt eben.
“300 jahre erfahrung fehlen noch, meinte der verkäufer, “doch das holen wir rasch auf.”

so bleibt nur eine bilanz von unserem nächtlichen spaziergang: wir waren in der kleinsten whisky-bar der welt, die drauf und dran ist, den swiss highland whisky bald ganz gross heraus zu bringen!

stadtwanderer

blog zur bar!

zwischen tradition und moderne – ein augenschein im val müstair

ausgerechnet in santa maria ist es an diesem 15.august still. jedenfalls wenn man ein kirchen- oder ein volksfest erwartet hat. es dominiert der durchgangsverkehr, der enweder dem ofen- oder umbrail-pass zustrebt, oder aber sich richtung südtirol rollt.

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maria himmelfahrt in val müstair, der neuen fusionsgemeinde im münstertal, mit dem polenta-essen der lokalen cvp (foto: stadtwanderer)

das ist ein knappe wanderstunde dem rom-fluss entlang in müstair ganz anders. es spielt die musikgesellschaft mitten im dorf. es spricht der gemeindepräsident auf dem erhöhten rednerpult, und lädt die cvp zu polenta, rindsbraten oder grillwurst ein. denn es ist maria himmelfahrt, einem der grossen kirchenfeste, bei dem man der auffahrt mariens gedenkt, die aus dem langen schlaf erwacht und leibhaftig in den himmel aufgenommen wurde.

dass beide ortschaften so unterschiedlich handeln, obwohl sie keine 5 minuten autofahrt auseinander sind, hat mit der konfession zu tun. in müstair man katholisch, während die nachbarn von santa maria reformiert sind. 1530, als man im bünderland die reformation einführte, konnte sich jede gemeinde für eines der beiden glaubenbekenntnisse entscheiden. in müstair war das keine lange diskussion, denn der kleine ort hing seit den zeiten kaisers karls des grossen vom örtlichen benediktinnnenkloster ab. in oberen münstertal wiederum hatte man die schlacht auf dem calven von 1499 nicht vergessen, mit der sich die bünder von den habsburgern losrissen und die ausrichtung an der schweizerischen eidgenossenschaft vorbereiteten. in einer theologischen vortragsreihe, die dieses jahr stattfindet, lässt man sich die überzeugungen jean calvins aus berufenem munde verdeutlichen.

laurenz und irma, die wir am fest in müstair treffen, machen uns schnell klar, dass sich die zeiten auch im münstertal ändern. sie selber sind, obwohl verheiratet, von verschiedenem glauben. ihre liebe zueinander war stärker, als die vorbehalte der familien und pfarrherren. überhaupt, sagen sie, ändert sich vieles in der region. die musik, die am volksfest gekonnt für stimmung sorgt, wird von einem südtiroler geleitet. vor einer generation wäre das noch undenkbar gewesen. für den wandel der verhältnisse spricht auch, dass man am lokalen cvp ohne probleme das calanda-bier mit euro bezahlen kann.

auch die redner auf dem podium haben den sozialen wandel im münstertal erkannt. sie preisen die fusion der sechs ortschaften im münstertal, die der kanton gewollt und mit fast 10 mio. schweizer franken gefördert hatte. fünf stimmen per volksentscheid zu, und bildeten so die basis der talschaftsgemeinde. nur lü, oben auf dem berg, konnte sich hierzu nicht durchringen, denn bisher sprang milliardär christoph blocher ein, um löcher im kirchendach und in der gemeindekasse zu stopfen. doch mit dieser protestantischen selbsthilfe ist es jetzt auch vorbei, denn lü hat sich, nolens volens, der gemeindefusion angeschlossen. denn mit dieser ist eine verbesserte vermarktung des tals zwischen der schweiz und italien als tourismusregion verbunden.

ohne zweifel, das münstertal ist im umbruch: die herausforderungen der zukunft stehen der tradition der vergangenheit gegenüber. der wirtschaftliche überlebenskampf der peripherie im zeitalter der mobilität lässt bisher nicht bekannte allianzen aufkommen, macht aber auch klar, das noch vieles zu tun ist. im hotel stelvio, wo wir auf unserer tour de suisse für die sternstunde geschichte hausten, erklärt mir der junge hotelier, seinem gesuch, in der nach die kirchenglocken nicht mehr läuten zu lassen um die ruhe für die gäste zu erhöhen, sei vom gemeinderat abgelehnt worden. denn das sei seit menschengedenken in der ortschaft so, obwohl man seit einem halben jahrtausend mariens himmelfahrt nicht mehr feiert.

stadtwanderer

der duft der pfeife von jean-françois bergier

jedem wissenschafter geht ein ruf voraus. bei jean-francois bergier kommt der duft von pfeifenrauch dazu.

als ich im bündnerischen santa maria aus dem volg kam, war mir klar, dass pfeifenrauch in der luft des münstertales lag. den verbreitete kein geringer als jean-françois bergier, den meisten durch die arbeit “seiner” kommission bekannt, welche das verhalten der schweiz im zweiten weltkrieg gegenüber dem deutschen reich untersucht hatte, den fachleute eher als spezialist der alpengeschichte geläufig.

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jean-françois bergier, in santa maria im münstertal, während unserer begegnung (foto: stadtwanderer)

der 78jährige historiker erzählt unvermittelt von der vierpässefahrt, die ihn dank der fahrt seiner frau catherine von lausanne ins münstertal gebracht hatte. die alpen sind beschwerlich, fügt bergier bei, denn sein rücken schmerzt ihn heute. doch seien sie nicht unpassierbar. weder für ihn, noch für sonst jemanden, fügt er bei.

mit ihren verkehrsadern haben die alpen, trotz der hürde, die sie sind, viel zum kulturaustausch zwischen nord und süd und umgekehrt beigetragen. und sie haben vor allem das bild der schweiz bis in die gegenwart geprägt, ist der historiker überzeugt. sie seien eine realität, aber auch ort des mythos.

die bevölkerung stand im zweiten weltkrieg hinter dem konzept des réduit, das sicherheit vermittelte, gegen hitlerdeutschland bestehen zu können, versucht mich bergier ungefragt zu überzeugen. der mythos sei wichtig, weil er einem volk die kraft gäbe, sagt der gealterte mann. die wissenschafter hätten das unterschätzt, genauso wie die mythenbilder gerne die realitäten ausblendeten.

in bergiers blick funkelt es, als wir fast nahtlos auf wilhelm tell zu sprechen kommen, dem der weitgereiste historiker mit anerkennungen in paris, münchen und oxford eine dicke biografie gewidmet hat. es sei klar, dass der historische nachweis des lebens unsere nationalhelden nicht gelungen sei; doch das sei nicht die entscheidende frage. denn tell sei da, lebe unter uns, fügt der ehemalige geschichtsprofessor in genf und zürich nicht ohne schalk bei.

in die erzählung des lebens von guillaume tell, wie der welsche bergier sagt, hätten sich viele fremde elemente eingeschmuggelt, vor allem solche aus nordischen sagen. es fänden sich auch hoffnungen und wünsche der schweizer, die nichts mit geschichte zu hätten. lasse man die jedoch weg, bleibe ein wahrer kern, der die erinnerungsarbeit der laien und spezialisten bis heute inspiriere.

all diese ausführungen von jean-françois bergier wollen nicht so recht zum bild passen, dass man sich von ihm während und nach der kommissionsarbeit über das verhalten der schweiz im zweiten weltkrieg macht. seine wahl sei überraschend gewesen, blickt er zurück. er habe sich sehr schnell entscheiden müssen. die pflicht, verantwortungsvoll handeln zu müssen, habe den auschlag gegeben.

die reaktionen während und nach der arbeit überraschten den historiker; zwar habe es in fachkreisen auch andere einschätzung gegeben als die der unabhängigen expertenkommission; doch seien sie stets in freundschaft diskutiert worden. in der schweizerischen öffentlichkeit hätte dagegen ein emotionale kritik dominiert, deren ziel es nicht war, einen kritischen diskurs auszulösen, sondern die kommissionarbeit zu diffamieren.

feindbilder, die nichts mit ihm und seiner arbeit zu tun hätten, will bergier gar nicht kommentieren. sich selber versteht als konservativ geprägten patrioten, der die schweiz auch mit dem blick des auslandes zu sehen gelernt habe. er sei stets der wahrheit verpflichtet gewesen – und genau deshalb lernfähig geblieben.

dann blickt der weise alte mann wieder in die alpen, die ihn seit seiner jugend faszinierten. er zündet sich eine weitere pfeife an, um die würzige luft am fusse des umbrailpasses wieder mit dem süsslichen duft ihres rauches zu erfüllen.

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die sache mit der fliege

da wollte ich einmal eine fernsehreihe ohne fliege bestreiten. doch heute landete mir eine mitten drin fast auf der nase.

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(foto: monica cantieni)

die fliege ist mein markenzeichen. es war 1993, als ich neu im fernsehgeschäft war und keinen schlipps nicht um dem den hals trug, machte mich einer meiner professionellen beobachter aufmerksam, dass das wohl nicht geht. balz hosang, damals mitglied der chefredaktion von sf drs (und heute sinnigerweise chefredaktor vom “beobachter”), eröffnete mir: die probesendungen mit verschiedenen politanalysten seien zu meinen gunsten verlaufen, doch müsse ich mir überlegen, wie ich mit meiner fehlenden krawatte umgehend wolle!

ich schrie innerlich, denn ich wusste noch genau, was ich mir nach der rekrutenschule geschworen hatte: “nie wieder krieg, nie wieder krawatte!” im offensichtlichen dilemma entschied ich mich, es mit einer fliege zu versuchen. ein erster test in einer talkrunde ohne kamera überzeugte mich, denn in den feedbacks hatte ich, insbesondere bei frauen, die älter als ich waren, ausgesprochen gute rückmeldungen. und das war damals neu für mich.

so trug ich seit 16 jahren bei jeder wahl- und abstimmungssendung lückenlos immer meine fliege. heute könnte ich gar nicht mehr anders, denn man nimmt mich in der rolle des politanalysten gar nicht mehr wahr, wenn ich das wiedererkennungsmerkmal nicht trage. gerade bei meinem bürgerlichen namen, der nicht für alle deutschschweizerInnen gleich geläufig ist, darf man das nicht unterschätzen. “sie sind doch, ähh, …, der herr mit der fliege!”

für die laufende tv-reihe “sternstunde geschichte”, die ja auch neuland für mich ist, habe ich mich entschieden, bewusst einen rollenwechsel zu kommunizieren. so habe ich in allen drei bisherigen aufzeichnungen auf eine fliege verzichtet, und ich hatte auch vor, es bei der vierten sendungen so zu handhaben.

wäre da heute nicht ein jämmerlicher zwischenfall geschehen!

denn während der aufzeichnung zum thema “vom konflikt zur konkordanz”, die im schweizerischen landesmuseum in zürich stattfand, wurde ich von einer fliege bedrängt. wiederholt schwirrte sie vor meinem gesicht umher und liess von ihrem bunten treiben nicht ab, sodass ich beinahe die nerven verloren und sie vor laufender kamera gejagt hätte. besonders nah dran war ich, als sie auf meiner nase absitzen wollte. doch wurde mir bewusst, wie doof das vor der kamera aussehen kann, vor allem wenn man daneben schlägt oder den richtigen einsatz verpasst, sodass ich es schliesslich liess.

doch wird man während der ausstrahlung wohl sehen, wie ich mit der fliege kämpfte. ein markenzeichen wird man offensichtlich nicht so einfach los …

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die stunde der wahrheit auf dem monte verità

gestern waren wir auf dem monte verita. und unsere fernsehsendung wurde zur stunde der wahrheit.

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warten auf kühlere temperaturen: technikteam der sternstunde geschichte (foto: stadtwanderer)

das thema der gestrigen aufzeichungen für die sternstunde geschichte galt der migrationsgeschichte aus und in die schweiz. “niemand war schon immer da”, hiess der titel, den die sternstunderedaktion gesetzt hatten.

das alleine versprach eine heisse diskussion, die von roger de weck moderiert wurde und an der der deutsche migrationshistoriker klaus bade als spezialgast teilnahm, während thomas maissen und claude longchamp wie in den anderen sendungen mitdiskutiert.

heiss war die sendung dann aber nicht wegen dem thema. denn auf dem monte verita herrschten temperaturen wie am äquator. in der planung hatten sich alle schönes wetter gewünscht, denn für diesen fal war vorgesehen, die terrasse für die aufzeichnung zu nutzen. doch niemand hatte daran gedacht, dass das es nahe des energiezentrums auf dem berg der wahrheit locker 40 grad werden kann.

die sendung musste deshalb vom nachmittag auf den abend verschoben werden. grosse schirme, die vor dem sonnenlicht schützten, wurden installiert, und jene menge wasser wurde gereicht. so hielt man es einigermassen aus.

am ende der aufzeichnung waren alle froh. überraschenderweise viel die diskussion sehr sachbezogen aus. es ging um aus- und einwanderung. um wirtschaftliche not, um reisläuferein, um die neue welt und militärdienste in kolonialarmee. zwischen dem 15. und 19. jahrhundert bestimmten sie die migrationsgeschichte, das heisst die wanderung über die entstehenden grenzen der eidgenossenschaft hinaus in die nahe und ferne welt.

1888 gilt als kipppunkt in der migrationsgeschichte. zwar verschwindet die auswanderung nicht; knapp 700000 auslandschweizerInnen sind ein beredetes zeugnis für die existenz bis heute. doch überwiegt seither die einwanderung. bestand diese früher vor allem aus flüchtlingen wie den hugennotten, der intellektuellen oder sozialisten, setzte in der folge die arbeitsmigration in die schweiz ein. zunächst kamen menschen aus den nachbarländern, dann aus immer entfernteren gebieten. damit setzt auch das bewusstwerden der schweiz als nation ein, und der nationalismus, der die schweiz vor ausländern schützen will.

die schweiz bewahrte, war eines der ergebnisse, ihre politik offener grenzen, denn sie profitiert wirtschaftlich von der migration. sie konservierte aber auch lange ein traditionelles verständnis von bürgerrecht, das nur mit einigen hürden erworben werden kann. so versucht sie, ihre eigenständigkeit zu wahren.

gefragt wurde natürlich auch, weshalb sich die schweiz angesichts der entwicklungen der letzten 120 jahre immer noch nicht als migrationsland versteht und sie auch so verhält. eine frage, übrigens, die es sich lohnen würde, auch auf dem blog zu vertiefen.

nach getanener arbeit bemerkten alle, dass wir schnell einen roten faden entwickelt und verfolgt hatten, sodass wir bald schon das heisse wetter vergassen. erst als die runde fertig war und wir in den schatten traten, realisierten wir so richtig, wie exponiert wir auf während der stunde der wahrheit auf dem monte verita gewesen waren.

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jean calvin polarisiert noch immer

genf feiert. den 500. geburtstag von jean calvin. und den 450. geburtstag der genfer universität, deren vorläufer, die akademie, von calvin begründet worden. doch calvin hat auch in genf nicht nur anhänger, und er polarisiert in der schweiz unvermindert.

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jean calvin, genfer reformator, ein mann mit vielen gesichtern

kaum eine andere figur steht so für genf wie calvin. der jurist aus frankreich stieg mit der reformation im savoyisch-katholischen genf zur einer theologischen autorität auf. der ausländer konnte kein politisches amt bekleiden, regelt aber mit seiner autorität das gesellschaftliche leben neu, lehrte ein neues, unmittelbares verständnis von gott und begründete die schule neu. er unterstützte die autonomiestrebungen genf gegen der weltlichen und kirchlichen mächten. mit seinen schüler suchte er eine vermittlung gegenübr den reformierten orten der eidgenossenschaft, vor allem gegenüber zürich, aber auch bern und basel. dank seiner intellektuellen autorität strahlte er abr auch weit über seinen unmittelbaren wirkungsort aus. starke einflüsse zeigten sich vor allem auf frankreich, aber auch in italien und in den niederlanden wurde seine stimme gehört und wurden seine schriften gelesen, sodass man ihn nach luther durchaus den zweiten reformator an der schwelle der mittelalterlichen welt zur neuzeit, jedenfalls zur frühen neuzeit nennen kann.

und trotzdem spürt man selbst in genf immer wieder auch skepsis gegenüber dem eingewanderten franzosen, der genf so nachhaltig veränderte. während seiner wirkungszeit kamen zahlreiche glaubenanhänger von calvin in die rhonestadt, deren einwohnerzahl sich innert einer generation auf 20’000 verdoppelte. das hat nicht allen gefallen, und so gibt es immer wieder stimmen, calvin sei den genfern gleich. bei unseren recherchen vor ort erfahren wir, das ein prominentes podium im gedenkjahr zu calvin ausgerechnet von einem katholiken moderiert werden soll. denn eines ist unübersehbar: der reformator waren in seiner zeit umstritten, wurde vorübergehend aus der stadt verwiesen, kam zurück, um die rekatholisierung zu vermeiden, spaltete aber die bürgerschaft in verschiedene, unter sich zerstrittene lager, sodass ihm uns seiner reformation bis heute auch etwas sektierisches anhaften. die zeit selber war eine zeit von katastrophen. so wütete die pest. die anhänger calvins schreckten nicht davor zurück, die ursache hierfür bei ungläubigen zu suchen, die zur strafe nicht selten zu schrecklichen todesstrafen verurteilt wurden.

auch deshalb polarisiert jean calvin bis heute: in genf eher verdeckt, in der schweiz recht offen, weltweit wieder etwas weniger klar. geschichten ranken um ihne herum, die alle eigenschaften von freund- oder feindbildern tragen. zwischen befreier der genfer und taliban der reformation kann man jede einschätzung abrufen. das negative aus der zeit heraus scheint bis heute zu überwiegen, wäre nicht das positive, das er, insbesondere mit den kulturellen grundlagen legte, welche die entwicklung europas seit dem 17. jahrhundert prägten: den wirtschaftlichen aufschwung, den die hugenotten, calvins vertriebene anhänger, die beispielsweise als flüchtlinge in die schweiz kamen einerseits, der aufgeklärte humanismus und individualismus, der sich mit der veränderten ökonomischen situation vor allem in der urbanen, kosmopolitisch ausgerichteten welt zu entwickeln begann.

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das amen des stadtwanderers

amen. so jedenfalls endet das neue testament. in der übersetzung von martin luther fehlt dieser schluss indessen. da heisst es einfach: „Die Gnade des Herrn Jesus sei mit allen!“

zu lesen bekomme ich das als geschenk des internationalen gideonbundes an mein heutiges hotelzimmer. diese vereinigung ursprünglich amerikanischer geschäftsmänner, fanden sich an der wende des 19. zum 20. jahrhunderts zusammen, um auch an fremden orten ihre religiösen bedürfnisse gemeinsam zu befriedigen. heute findet man sie in der ganzen welt. die schweizerische sektion hat ihren sitz in genf.

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der papst und die reformatoren (foto: stadtwanderer)

in eben diesem genf bin ich nun an der rue de la vallée und bereite mich in einem karg ausgestateten und stier ausgerüsteten zimmer auf die morgige aufzeichnung der fernsehsendung „sternstunde geschichte“ vor. thema wird ausgerechnet “die reformation und ihre folgen” sein.

der ort hierfür hätte nicht besser ausgewählt werden können. denn genf gedenkt dieses jahre mit ausstellungen und veranstaltungen dem 500. geburtstags von jean calvin. 1536 kam der französische jurist, der sich in theologische fragen eingemischt hatte, nach genf. guillaume farel aus dem dauphinois hatte in der rhonestadt eben mit den bürgern die herrschaft des bischofs gestürzt und suchte nach verbündeten. er fand sie beispielsweise in calvin, aber auch den eidgenossen, welche die aufständischen unterstützten.

calvins erfolg in der rhonestadt stellte sich nicht unmittelbar ein. nach nur 2 jahren wurde er aus der stadt verbannt, weil er jede noch so unschuldig anmutende freude auf genfs strassen untersagt hatte. doch kehrte er drei jahre später angesichts des versuchs, den katholizismus wieder einzuführen nach genf zurück, und etablierte er seinen neuartigen gottesstaat an der rhonemündung.

eine ganze generation menschen prägte jean calvin im gottesstaat, den er in genf schuf und als gegenpol zur herrschaft des papstes in rom. mit dem augsburger religionsfrieden begann die annäherung der calvinisten an die zwinglianer in der eidgenossenschaft. der consensus tigurinus bauten brücken zwischen den neugläubigen wider die gegenreformation.

seine geschichtliche bedeutung erreichten calvin und seine anhänger mit ihrer lehre aber im ausland: in italien, in frankreich, in den niederlanden, in england und in schottland prägten sie das verständnis des calvinismus, das die unmittelbarkeit der menschen mit gott forderte und eine strenge arbeitsethik als versuch des beweises schuf. diese kam ende des 17. jahrhundert in form von hugenotten nach genf zurück und bereicherte die stadt im wahrsten sinne des wortes. genf hat so einen teil des rufes als europäische stadt begründet.

doch brauchte es im sittenstrengen genf aufklärer wie rousseau und voltaire, um eine welt jenseits der religiösen wahrheiten entdecken zu lernen. und es war die französische revolution nötig, um das wesen der politik zu begreifen. erst mit den liberalen resp. radikalen des 19. jahrhunderts entstand der urbane individualismus, der genf in der eidgenossenschaft eine tragende rolle als stadt von weltrang spielen liess.

eine der institutionen, welche sich bis heute der idee suisse verschrieben hat, ist es denn auch, die mich nach genf gelockt und ins hotel bel’espérance gewiesen hat. der srg verdanke ich die überraschende empfelung zur abendlichen bibellektüre im hotel der heilsarmee, sodass mir angesichts der gnade des herrn bei so viel schöner hoffnung nur eines bleibt:

zu bloggen und so auf meine art amen zu sagen.

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am wasser

wer badet noch im fluss? – wer wäscht seine wäsche noch im waschhaus? – wer kennt mühlen, die vom wasser betrieben werden, um korn zu mahlen?

0e8b7e0c64sie nicht? dann sollten sie sich am 12. oder 13. september 2009 zeit nehmen. denn dann lädt nike, die nationale informationstelle für kulturgüter-erhaltung, die vom luzerner nationalrat hans widmer präsidiert wird, zum 16. wochenende des denkmals.

was heute meist auf dem land geschieht, spielte sich früher oft auf oder am wasser ab. an mehr als 100 verschiedenen orten in der ganzen schweiz will man den veränderungen vor allem der letzten 200 jahre mit führungen und besichtigungen nachspüren, oder diese an veranstaltungen aufzeigen.

in bern selber kann man ein erfrischendes wochenende in der matte verbringen, das wasser der untern altstadt bestaunen oder aber römische badekultur in der unteren aareschlaufe kennen lernen.

gefitzt durch den nassen sommer, den ich während meinen ferien in schweden hatte, werde auf jeden fall bei diesem nasseneuropäischen anlass (in der schweiz) mitmachen!

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gar kein bettmümpfeli …

makaber aber wahr: gehängte warf man in bern mit noch gefesselten händen achtlos in gruben unter den galgen. ihnen wurde verweigert, mit dem kopf im westen und dem blick nach osten zu liegen, wie es für ehrbare menschen nach dem tode sitte war.

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blick auf die neue entdeckten skelette an der berner hinrichtungsstätte untenaus auf dem schönberg

der archäologische dienst des kantons bern stellte heute die grabungsergebnisse in der neu entdeckte hinrichtungsstätte “untenaus” auf dem schönberg vor. dies war einer der drei ort, wo das leben von zum tode verurteilten endete. die richtstätten obenaus war im westen vor der stadt, und auf dem schwellenmätteli nahm man verbrennungen und ertränkungen vor.

die neu ausgegrabenen männer scheinen alle jung, vielleicht noch nicht einmal erwachsen gewesen zu sein. insgesamt hat man knochen von schätzungsweise 20 hingerichteten freigelegt.

vollzogene todesstrafen sind in bern zwischen dem 13. und dem 19. jahrhundert bekannt. seit 1415 hatte der schultheiss das recht, das hohe gericht zu sprechen und todesurteile zu fällen. vorher war das das recht des königs, das auch von eine gesandten vollzogen werden durfte.

ausgesprochen wurden verurteilungen mitten in der stadt, wo sich gerechtigkeits- und kreuzgasse schneiden.

grüüselig, dieser beitrag so spät am abend, sagt sich der

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ali kebap – new in town !?

wenn ich von den ferien zurückkomme, studiere ich als erstes die plakatwände. an deren neuerungen erkennt man am besten den kulturwandel der öffentlichkeit. und der fällt einem nie besser auf, als nach eine unterbruch der sehgewohnheiten.

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quelle: titus flickr augenreiberei
ganz nach dem motto: wer bin ich, und wenn ja, wieviele?

dieses jahr bin ich natürlich als erstes beim plakat “ali kebap” hängen geblieben. in bern ist es an prominetesten stellen gut sichtbar.

auf recht grellem gelb präsentiert ein orientalisch anmutender mann seinen stilisierten kebap-stand.

wäre nur sein lächeln, wäre da kein zweifel gewesen; das ist “ali um die ecke”, wie man ihn aus jeder grossstadt kennt.

doch hält er sein messer leicht bedrohlich nicht fest, um ein stück des gewärmten fleisches abzuschneiden. vielmehr steht er vor allem, direkt zum betrachtet, sodass auch der eindruck eintstehen kann, ali wolle sich mit dem kunden, der interessentin oder ganz einfach mit allen anlegen.

der titel “new in town” lässt erahnen, dass wir in bern auf jeden fall in eine neue ära eingetreten sind. da man das plakat jedoch nicht nur in bern sieht, sondern auch in anderen städten, in denen ich zwischenzeitlich war, muss man sogar von einer gesamtschweizerischen aktion ausgehen.

doch, und das überrascht dann ganz: kein einiziger “ali-kebap-stand” findet sich irgendwo. selbst die recherche auf google führt einem in der schweiz zu einer adresse.

was also ist los?

steht uns ein bewaffneter überfall bevor? kommt eine neue fett-kette auf uns zu? oder ist es gar wieder eine kampagne der plakatgesellschaft, die uns schon 2007 mit der frage “braucht die schweiz eine neue hauptstadt?” erfolgreich aufwühlte.

und so frage ich: wer ist ali kebap, und wenn ja, was alles macht er?

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rückblick nach vorn!

bald ist es soweit: die neue sendereihe “sternstunde geschichte” von schweizer fernsehen wird produziert. und der stadtwanderer ist mit dabei.

roger480_3_w173_h_mroger de weck, moderator, wird in der sendung begleitet vom historiker thomas maissen und dem politikwissenschafter claude longchamp

roger de weck, der bekannteste schweizer publizist der gegenwart, lanciert eine neue sendereihe im schweizer fernsehen. “sternstunde geschichte” heisst sie. thomas maissen, geschichtsprofessor in heidelberg, und der stadtwanderer sind seine ständigen gäste. befragt werden zudem die historikerInnen brigitte studer, kathrin rieder, klaus bade und jean-françois bergier. je eine dieser expertInnen steht eine knappe stunde zu einem spezialthema der schweizer geschichte red und antwort.

die sendereihe will jedoch mehr als eine chronik der vergangenheit sein. roger de weck dazu: “Das Gefühl, Schweizerin oder Schweizer zu sein: Wann ist es aufgekommen? Und wie entstand – über Jahrhunderte – der Raum «Schweiz» zwischen Bodensee und Genfersee, vom Jura zu den Alpen?”

«Dieser Raum war vor der Eidgenossenschaft nie eine Einheit gewesen, weder politisch noch sprachlich, kulturell oder wirtschaftlich», schrieb der verstorbene historiker ulrich im hof in seiner «Geschichte der Schweiz». und unter eidgenossen gab es endlosen streit und krieg: zwischen den kantonen, zwischen stadt und land, katholiken und protestanten, konservativen und liberalen.

trotzdem fanden sie allmählich zu einer schweizer identität.
wer hat also die schweiz «gemacht»? wer waren (über wilhelm tell und den historischen niklaus von der flüe hinaus) die prägenden «schweiz-macher»? was waren die treibenden kräfte? und: ist das gefüge heute stabil oder fragil?

darum geht es in den vier einstündigen sendungen, die diesen herbst unter dem motto “rückblick nach vorn” ausgestrahlt werden. die vier sendungen können am

13.9.2009 (“Des Schweizers Alpen – Rückzug und Oeffnung, aufgenommen im Benediktiner Kloster St.Johann im Val Müstair)
20.9.2009 (“Die Schweiz oder “Niemand war schon immer da”!”, aufgenommen auf dem Monté Verità in Ascona)
27.9.2009 (“Glaube, Fleiss und Tugend”, aufgenommen in der Chapelle des Maccabéees in Genève) und
4.10.2009 (“Vom Konflikt zur Konkordanz”, aufgenommen im Landesmuseum in Zürich)

mitverfolgt werden. ich werde von der produktion der sendungen nächste woche schon ein wenig berichten …

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