Der rote Faden der Stadtwanderung

Vorwort zu meiner Stadtwanderung “Jugend&Politik”

Das Prinzip meiner Stadtwanderungen hat der römische Rhetorik-Professor Quintilianus erfunden. Er unterrichtete im 1. Jahrhundert den Nachwuchs des Kaisers in Rom. Dabei bemerkte er, dass diese wenig Gespür für Zeit und Geschichte hatten, wenn man sie damit «frontal» konfrontierte. Ging man jedoch durch die Zimmer einer Villa und erzählte man in jedem Raum eine Geschichte, konnten sie sich an den Weg und so auch an die Geschichten erinnern.
Wir machen hier das Gleiche: Sie sind die Kaiserkinder, ich ihr Erzieher. Ich erzähle Ihnen die Geschichte junger Menschen in Bern (und anderswo) im letzten halben Jahrtausend.
Zuammen gibt es ein Ganzes, eine “Kleine Geschichte der Jugend (in Bern)”

MEINE VILLA IST DIE STADT BERN UND MEINE ZIMMER SIND:

ZIMMER 1: Wir starten im beginnenden 16. Jahrhundert. Es geht um Söldner, junge Männer also.
ZIMMER 2: Wir sind mitten im 18. Jahrhundert. Es geht um das älteste Jugendparlament der Eidgenossenschaft und um eine Saloniere, eine gebildete Frauen, die im Jugendparlament nicht gefragt war.
ZIMMER 3: Wir sind in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Es geht um die jungen Studenten, die als Burschenschaften Politik machen und eine Staat gründen.
ZIMMER 4: Wir sind an der Schwelle des 19. zum 20. Jahrhunderts. Wir erkunden den Jugendstil in der Architekturgeschichte und die Jugendstile in der Sozialgeschichte.
ZIMMER 5: Wir sind im Jahre 1968 angekommen. Wir schauen, was von der rebellischen Jugendbewegung geblieben ist.
ZIMMER 6: Wir sind in den 1980er Jahren. Die Reitschule wird eröffnet und trotz Protesten seither wird das Kulturzentrum nicht geschlossen.
ZIMMER 7: Wir sind im Jahre 1991. Es findet die erste Jugendsession statt, die vier Jahre später in das heutige Jugendparlament mündet.
ZIMMER 8: Wir sind in der Mitte des Generationenhauses, dem heutigen Zentrum der Berner Burgergemeinde. Und wir fragen, was Generationenkonflikte heute sind.

NUN LOS!

PS: Meine Damen und Herren, die Stadtwanderung zu “Jugend&Politik” (in Bern) wäre so toll gewesen, wäre nicht die Corona-Krise dazwischengekommen. Deshalb gehen wir nicht tatsächlich durch Berns Gassen, nur virtuell.

Typisch für 2020!

Bild: Rhetorikschule des Quintilianus, Rom 1. Jahrhundert nach Christius
Quelle: wikipedia

Generationenkonflikt und Generationenhaus

Achter und letzter Teil meiner Stadtwanderung zu „Jugend&Politik”

Von Generationenkonflikten ist heute wieder vermehrt die Rede. Das ist Anlass genug, den Ausblick auf Ende der Stadtwanderung zur «Jugend&Politik» hierzu zu machen. In Bern wäre kein Ort geeigneter als das Generationenhaus, in dessen Innenhof wir hier stehen.

Wir haben mit dem «alten Bern» begonnen. Da haben wir unter anderem das erste, aber aufgelöste Jugendparlament kennen gelernt. Ueberdauert hat dafür in Bern die Burgergemeinde. Ihr gehört beispielsweise das «Burgerspital». Lange war es nur das Altersheim der Burgergemeinde, heute auch Sitz der Verwaltung. Zu den neuen Aufgaben zählt, dass man hier die Gemeinschaft über die Generation hinaus pflegen will.

Was versteht man unter Generationenkonflikten? Es gibt zwei verschiedenen Bedeutungen.
Zum einen meint man das, was wir in der Stadtwanderung vorwiegend kennen gelernt haben. Die Unterschiede zwischen jungen Menschen zu verschiedenen Epochen. Unsere Hauptfiguren waren immer gleich alt, in aller Regel jung oder mit weniger als 30 Jahren bereits wichtig. Sie hatten unterschiedliche Prägungen erhalten, ihre eigenen Kristallisationserlebnisse verarbeitet und können so als Angehörige einer Generation identifiziert werden. Die Unterschiede, die sich daraus ergeben, können zu Generationenkonflikten führen, etwas die Präferenz für ausserinstitutionelle oder institutionelle Politik.
Spricht man von Generationenkonflikten, kann man aber auch etwas anderes meinen: Nämlich die Konflikte zu einer bestimmten Zeit zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Das kennt man aus der eigenen Familie, wenn die Ansichten zwischen Eltern und Jugendlichen auseinander gehen. Es gibt aber auch Generationenkonflikte in der Gesellschaft, die zwei verschiedene Hintergründe haben können: Zuerst genannt seine die Interessen, die sich aus dem Alter ergeben. Erwähnt seien aber auch Wertkonflikte erwähnt, wenn die Uebertragung von Werten von den Vor- auf die Nachfahren nicht geklappt hat und deshalb nachfolgender Generationen von einem anderen Weltbild ausgehen als vorangegangene.

Eine Untersuchung der Abstimmungsergebnisse nach Altersgruppen in den Jahren 2000 bis 2015 zeigt, dass in einem Viertel der Volksentscheidungen die Mehrheiten der unter 30jährigen und der über 70jährigen voneinander abweichen. Das ist deutlich weniger häufig als zwischen der SVP und den Grünen, aber auch weniger ausgeprägt als zwischen Stadt und Land oder hoher und tiefer Bildung.
Das heisst nicht, dass entlang des Alters alles in Minne sei. Vielmehr kann darüber hinaus gezeigt werden, wenn die Unterschiede entlang dem Alter statistisch signifikant sind, dass sich in zwei Drittel der Fälle die Aelteren durchsetzen in nur einem von drei Fällen die Jüngeren.
Durchgesetzt haben sich die Jüngeren etwas beim neuen Partnerschaftsgesetz. Demgegenüber verhinderten die Aelteren die Legalisierung von Hanf oder den Schutz vor der eigenen Waffe.
Die Autoren der Untersuchung kommen zum Schluss, dass die unterschiedlichen Werte der Generationen insgesamt wichtiger sind als die Interessen der Altersgruppen. Die zeigten sich bei Fragen der AHV, der IV oder beim Bausparen. Es sind also bestimmte Themen, die reizen; es gibt aber keinen eindeutigen Trends.

Für Lösungen braucht es in den neuralgischen Themen Ausgleichsmechanismus zwischen den Interessen, aber auch mehr Verständnis zwischen den Generationen.
Beides leidet heute, weil wir es heute auch mit einem Verschwinden der allgemeinen Oeffentlichkeit zu tun haben. So wie Kaufhäuser oder Volksparteien seltener werden, neigen sich auch Medien, auf die sich alle beziehen, ihrem Lebensende zu. Immer mehr entstehen zielgruppenspezifische Medien. Immer mehr sehen wir Szenen für bestimmte Gruppen. „20 Minuten“ will nur Junge ansprechen, SRF weiss, dass es nur von Alten geschaut wird.
Es gibt eine gut bekannte 1975er Schwelle. Demnach ist die Mediennutzung ziemlich unterschiedlich, je nach dem, ob man davor, wie ich, oder danach, wie sie geboren wurde.

Der Jugendbericht aus dem Jahre 2012 hielt fest, dass die Kommunikation zwischen den Generationen generell rückläufig ist. Namentlich ausserhalb der Kernfamilien mit Kindern, Jugendlichen und Eltern, allenfalls auch Grosseltern, kommt es immer weniger zum Gespräch zwischen den Generationen. Dafür grassieren Vorurteile über Junge und Alter wieder. Ageism als Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Alters macht heute die Runde.
Das erleben wir gerade heute während der Corona-Krise. Da wird bisweilen der Einsatz für Menschen im vierten Alter als sinnlos betrachtet, weil sie sowieso bald sterben. Da findet man, Menschen im dritten Alter sollten auf einen Teil ihrer AHV verzichten, weil dies die Jungen belastet. Da findet man schliesslich, dass man den Alten das Stimm- und Wahlrecht nehmen solle, weil dies die Weiterentwicklung der Gesellschaft blockiere. Selbstredend gibt es auch Vorwürfe an die Jungen, beispielsweise gab es solche 2019 gegen die Klimajugend gerichtet. Da meinte man vorwurfsvoll, man predige Wasser, sprich Verzicht, trinke aber gerne Wein, spricht man Fliege ohne Bedenken in die Ferien. Oder man dürfe erst dann politisch etwas fordern, wenn man der Gesellschaft schon etwas gebracht habe.

Systematisch Analysen hierzu kommen zu einem ähnlichen Schluss, wie wir es bei den Abstimmungen gesehen haben. Es gibt neuralgische Themen, aber nicht immer die gleichen NutzniesserInnen.
Aeltere Menschen sind beispielsweise im Schnitt vermögender, sie haben eher ein eigenes Haus als das bei jüngeren der Fall ist.
Jüngere Menschen haben im Schnitt exemplarisch die bessere Schulbildung, sie sind auf besser auf die Digitalisierung der Gesellschaft vorbereitet.
Weder junge noch alte Menschen sind bevorteilt, wenn es um die Arbeitswelt geht. Da sind Menschen im mittleren Alter, zwischen 40 und 60 bevorteilt ähnliches gilt in der Politik, die im Wesentlichen von Bürgern und Bürgerinnen zwischen 35 und 70 gemacht wird, nicht aber von den ganz Alten oder ganz Jungen.

Was tun? Das Generationenhaus gehört der Berner Burgergemeinde. Die hat sich entschieden, keine geschlossene Gesellschaft mehr zu sein, sondern sich zu öffnen, beispielsweise gegenüber nachfolgenden Generationen und Altersgruppen. Deshalb findet hier regelmässig ein Generationen-Talk statt, bei dem ein Thema bewusst von Menschen verschiedenen Alters beleuchtet wird. Die Idee dahinter ist bestechend: Es braucht mehr Dialog in unserer Gesellschaft, um sie zusammenzuhalten. Auch zwischen den Generationen.
Warum ich ihnen das zum Abschluss der Stadtwanderung zu Jugend und Politik erzähle? Ich habe eine Absicht. Sie, die Ehemaligen des Dachverbandes der Jugendparlamente hatten als Aktive eine allererste Aufgabe. Sie mussten die Stimme Ihrer Generation sein, und zwar in ihrer ganzen Breite. Sie mussten klar machen, wo Sie sich von früheren Generationen unterscheiden.
Heute sind Sie bereits ehemalige JugendparlamentarierInnen. Sie müssen nun verdeutlichen, warum Sie eine Generation sind, die andere Interessen und Werte vertritt als jene, die bei ihren Eltern oder Grosseltern vorherrschen. Das geht letztlich nur, wenn Sie, ausgehend von Ihrem Standpunkt mit anderen Gesellschaftsgruppen ins Gespräch kommen, respektive diese pflegen und vertiefen.

Fertig!

1991 – die Rückkehr zur institutionellen Jugendpolitik

Teil 7 meiner Stadtwanderung „Jugend und Politik“

1991 – die Rückkehr zur institutionellen Politik

1991 bringt die Wende zum Stimmrecht 18, regelmässigen Jugendsessionen und dauerhaften Jugendparlamenten. Die neue Generation steht der institutionellen Politik wieder positiv gegenüber.

Mit der Volksabstimmung vom 3. März 1991 wurde das Stimm- und Wahlrechtsalter in der Schweiz von 20 auf 18 Jahre gesenkt. 72.7% stimmten dafür, nur die EDU hatte das Anliegen nicht unterstützt.
Vordergründung könnte man meinen, das sei eine Reaktion auf die 1980er Bewegung gewesen. Doch weit gefehlt! Denn die Spuren der erfolgreichen Volksabstimmung reichen bis tief in die 1970er Jahre zurück.

Ein wichtiger Schritt war eine parlamentarische Initiative des Genfer SP-Nationalrats Jean Ziegler. Das Parlament war dafür, der Bundesrat dagegen. Er sollte recht behalten, denn die 1979 angesetzte eidg. Volksabstimmung führte zu einer Ablehnung, wenn auch mit 50.8% Nein nur knapp. Bis es 1991 beim zweiten Anlauf klappte, hatten total 16 Kantone das Stimm- und Wahlrechtsalter auf 18 Jahre gesenkt. Damit hatte man den in der Schweiz erfolgreichen Weg der institutionellen Erneuerung via Gliedstaat begannen. Der geht zwar deutlich länger, ist aber zielführend.
Ein wenig Ironie ist schon dabei: Dass man 1991 zur institutionellen Jugendpolitik zurückkehrte, hat mit einem Viertel Jahrhundert ausserinstitutioneller Politik zu tun!

Hintergrund des Sinneswandels auf nationaler Ebene war die legendäre 700-Jahr-Feier der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Aehnlich wie 1939 mit der Jugendhaus-Initiative versuchte sich der Staat gegenüber der Jugend zu öffnen.
Dazu gehörte nun auch die Jugendsession von 1991 im Bundeshaus. Da konnten Jugendliche aus allen Landesteilen ihre Anliegen vorstellen und diese mit dem damaligen Bundespräsidenten, Flavio Cotti, diskutieren.
Was ursprünglich als einmaliger Anlass vorgesehen war, wurde 1993 wieder aufgenommen – jetzt als Serie.

Im Jahr 2000 forderten die Jugendlichen zusätzlich ein Forum, das auch politisch Einfluss nehmen sollte. Doch die Verwaltungsdelegation der Bundesversammlung, einer Art Vorstand des Parlaments, bockte.
Die Jugendsession reagierte politisch versiert, sammelte im Rahmen einer Petition 12’000 Unterschriften. Sie suchte Verbündete in der Öffentlichkeit. Und man lobbyierte bei entscheidenden Parlamentarier*innen. Nach drei Wochen knickte die Parlamentsadministration ein und gestattete die Jugendsessionen und Jugendforen.
2002 kam noch mehr Dynamik in die Sache: Parlamentarier*innen begleiteten nun Jugendgruppen, die gemeinsam Vorstösse erarbeiteten, und die VolksvertreterInnen reichten deren Anliegen danach im Plenum ein. Am bekanntesten wurde ein Vorstoss für ein Kompetenzzentrum zur Bekämpfung der Internetkriminalität, insbesondere der Kinderpornografie, stark machte.

Die Jugendsessionen standen immer wieder unter einem tyischen Motto: Europa, Gesundheit, Migration, Fan-Gewalt, Food Waste, queere Menschen und der Klimawandel waren typische Beispiele. Ins Leben gerufen wurde zuden das PolitBuskers, bei dem Jugendliche in der Bundesstadt ihre Anliegen direkt in die Öffentlichkeit tragen konnten. Und als das Bundeshaus renoviert wurde und entsprechend nicht genutzt werden konnte, hielt man die Jugendsession unkompliziert auf den Bundesplatz.

Grösser hätte der Gegensatz zur vorangegangenen Jugendgenerationen nicht sein können. Denn mit den Jugendsessionen entstand eine Jugend, die keine Gegenkultur mehr skizzieren wollte, dafür auf Dialog mit der etablierten Polit-Kultur der Schweiz setzte. Dabei scheute sie sich nicht, neue Themen in die Politik zu tragen. In der Mittelwahl war man dagegen konventioneller.

Die wichtigste Folge der Jugendsessionen sind die Jugendparlamente im ganzen Land. Zum nationalen Durchbruch kam es 1993 mit einer Petition und 6’000 Unterschriften. 1995 wurde der Dachverband Schweizer Jugendparlamente (DSJ) gegründet.
Es war der dritte Anlauf. Im 18. Jahrhundert repräsentierte der Aeussere Stand diese Institution, die die Franzosen beendeten. 1948 wurde erstmals wieder Jugendparlament gegründen. Diesmal waren die 68er gegen dies etablierte Form der Politik.

Seit 25 Jahren nun gibt es den DSJ. Das ist ja auch der Anlass unserer Führung.

Zunächst war man nicht mehr als ein kleiner Jugendverband mit beschränkten Mittel und ebenso beschränkten Aktivitäten. Das änderte sich zu Beginn der 2010er Jahre: Für die Zeit von 2011 bis 2013 entwickelte man erstmals ein Dreijahresprogramm. Der DSJ übernahm easyvote, das vom Jugendparlament Köniz ins Leben gerufen wurde und die Information vor Abstimmungen vereinfachen wollte. Neu hat man ein ausgedehnteres Budget, eine Geschäftsstelle, mehr Personal, womit man konstant aktiv sein kann. «Der DSJ hat sich zu einem professionellen Jugendverband entwickelt, der auf der Grundlage von betriebswirtschaftlichen Grundlagen wirkungsorientiert arbeitet.»

Zu den wichtigsten Schwerpunkten der Arbeit des Dachverbandes der Jugendparlamente gehört die Förderung der politischen Partizipation. Das hat eine theoretische und eine praktische Seite. Zur theoretischen gehört beispielsweise das easyvote-Politik-Monitoring. Demnach ist ein Fünftel der 15-25jährigen politisch stark engagiert. Gleich viele sind ganz apolitisch. Die anderen verteilen sich zwischen konventioneller und unkonventioneller Beteiligung. Letzteres ist bei Männern häufiger, ersteres bei Frauen. Dazwischen geschoben hat sich die digitale Partizipation, bei der diese Grenzziehung verschwindet.

Zur praktischen Seite erhört das Stimmrecht 16. Glarus führte als erster Kanton das aktive Stimm- und Wahlrecht auf Gemeinde- und Kantonsebene bereits 2008 ein.
Richtig losgetreten wurde die Debatte national darüber durch den Klimastreik der Schüler*innen, die sich namentlich 2019 dem Aufruf von Greta Thunberg angeschlossen und im Wahljahr 2019 zu einer mächtigen Bewegung entwickelt haben.
Im Parlament fordert ein breit abgestützter Vorschlag der Grünen Sibel Arslan die Möglichkeit, dass 16 und 17jährige wenigstens stimmen und wählen dürfen. In diversen Kantonen sind verwandte Bestrebungen im Gang.
Meinerseits füge ich bei: Das geringe Gewicht der jungen Menschen in der Politik ist nicht bloss eine Folge der unterschiedlichen politischen Beteiligung nach Alter. Das Problem verschärft sich laufend durch die Alterung der Gesellschaft. Jedes Jahr wird die Schweiz im Schnitt um 3 Monate älter. Von Wahl zu Wahl ergibt dies ein mittleres Alter, das um ein Jahr steigt.
Die Senkung des Stimm- und Wahlrechtsalter von 16 auf 18 Jahre ist demnach nur Klacks gegen die Alterung des Schweiz.

Nein, das war nicht das Schlusswort! Es folgt ein Ausblick auf Generationenkonflikte, im Berner Generationenhaus.

Die 1980er Bewegung und das Video

Teil 6 meiner Stadtwanderung „Jugend&Politik“

Kein Ort in Bern polarisiert so sehr wie die Reitschule. Für die einen ist sie der Platz der Selbstentfaltung, für andere ist sie der Schandfleck schlechthin.


Bild Keystone

„Kriegskinder, Konsumkinder, Krisenkinder“. Das sind drei Schlagworte zu Charakterisierung von Jugendgeneration nach dem Zweiten Weltkrieg. Die 1980er Jugendbewegung steht sichtbar am Uebergang von den Konsum- und den Krisenkindern – mindestens im Selbstverständnis der Bewegungsaktiven.

Mit Konsumgesellschaft bezeichnet man in aller Regel Gesellschaften, die möglichst viele Bedürfnisse durch Konsum gegen Bezahlung bedienen. Um nur eine Zahl zu nennen: Heute wächst der Konsum doppelt so stark wie die Bevölkerung.
Das führt periodisch zu Widerständen, speziell bei Gruppen, welche sich den Konsum nicht gewohnt sind resp. den entsprechenden Lebensstil nicht leisten können. Ein solcher Widerstand steht am Anfang der 1980er Jugendbewegung!

National ausgelöst wurden die neuerlichen Jugendunruhen im Sommer 1980 durch den Opernhauskrawall in Zürich. Jugendliche wandten sich gegen einen Kredit in der Höhe von 60 Mio. Franken, der den etablierten Kulturinstitutionen zu Gute kommen sollte, während die Forderung nach der Errichtung eines neuen „Autonomen Jugendzentrums (AJZ)“ von der Stadt abgelehnt wurde.
Erprobt wurden nun möglichst selbstbestimmte und selbstverwaltete Lebensformen. Mit der bürgerlichen Gesellschaft wurde abgerechnet: National berühmt wurden «Herr und Frau Müller», zwei bewegte Jugendliche aus Zürich, die in der TV-Sendung «Rundschau» mit den Stadtbehörden ironisierend diskutierten. Sie kamen ordentlich gekleidet daher und forderten ein drakonisches Durchgreifen der Polizei. So vorgeführt wussten die anwesenden Stadträt*innen kaum mehr, was sie beklagen wollten.
Ihren eigenen Sprachwitz entwickelte die Bewegung etwa mit „Macht Gurkensalat aus dem Staat“.

Berns Geschichtsschreibung meint, die Jugendbewegung der 1980er sei nirgends so heftig und andauernd gewesen wie in der Bundesstadt. Wohl holten Berns Jugendliche einen Teil der „verpassten“ Unruhen von 1968 so nach.
Es hat auch mit der spezifischen Ausbreitung in Bern Phasen zu tun: Die erste war von 1979 bis 1982, die zweite ab 1985. Letztlich ist diese unter etwas veränderten Umständen immer noch anhaltend.
In Bern waren zwei Ort und Themen entscheidend: die Schützenmatte mit der „Reitschule“ und die Hüttensiedlung „Zaffaraya“ im Nirgendwo.

In der ersten Phase ging es um ein nicht-kommerzielles und selbstverwaltetes Jugendzentrum. Favorisiert wurde die Reitschule. 1981 wurde sie mit einer behördlichen Bewilligung in Betrieb genommen, 1982 jedoch wieder geschlossen.
Die zweite Phase begann mit dem „Freien Land Zaffaraya“.

Eröffnet wurde auf dem Gaswerkareal ein Zelt- und Wagendorf.
Die Polizei räumte es.
Es kam zu einer grossen Protestaktionen. Schüler*innen traten in den Streik.
„Zaff, Zaff, Zaffaraya“ ertönte es in der Stadt.

Ein Jahr später wurde der Berner Hauptbahnhof durch die Zaffaraya-Leute besetzt. Nun vermittelten die Kirchen. Dies mündeten in der vorübergehenden Nutzung des Campings Eichholz, bevor man 1989 ins Neufeld umzog. Dort musste man 2006 dem Neufeld-Tunnel weichen, bekam aber in der Nähe ein neues Gelände zugesprochen bekam. Da fristet Zaffaraya sein Dasein als Kulturzentrum.

1987 kam es in der Stadt zu einem «Kulturstreik», für den Jugendliche und etalierte Kulturinstitutionen bis zu 10’000 Teilnehmende mobilisierten. Am 24. Oktober 1987 wurde die Reitschule erneut besetzt, wobei Bands wie „Züri West“ Eröffnungskonzerte gaben. Um den Druck auf die Behörden zu erhöhen, solidarisierten sich in kürzester Zeit auch andere Musiker, unter ihnen Stephan Eicher.
Organisiert wurde die neue Jugendbewegung nun durch die IKuR, die „Interessengemeinschaft Kulturraum Reitschule“. Ende Jahr 1987 stand das Betriebskonzept mitsamt einer teilweisen Finanzierung durch die Stadt.
In der Reitschule etablierte sich von da an ein reichhaltiges Kulturprogramm, etwa mit Konzerten oder Lesungen. Es gibt einen Barbetrieb und ein Frauenzimmer, wo Frauen ganz unter sich sein können.

Die politischen Grundsätze des Betriebs kann man am Eingang lesen: «Kein Rassismus, kein Sexismus, keine Homophobie, keine Selbstbereicherung, kein Konsumzwang». Plakativ werden hier die Vorwürfe gegen die etablierte Gesellschaft vorgebracht, welche diesen Grundsätzen nicht genüge.
Ein Buch das 30 Jahre danach fasste die Selbstsicht so zusammen: «Die Reitschule ist ein Freiraum, der den kritischen Blick auf Selbstverständliches, Normales und Unveränderliches zulässt. Sie ist der Ort, in dem verdrängte Fragen der patriarchal-kapitalistischen Ordnung aufs Tapet gebracht werden. Sie ist Widerstand und Revolte und Kunst und Kultur.»

Die Fremdsicht ist deutlich kritischer, denn die Öffentlichkeit nahm die Reitschule meist nur bei Problemen mit Gewalt oder Drogen wahr. Für viele in Bern gilt die Reitschule bis heute als «Schandfleck», dem man bei der Einfahrt in Bern nicht entgehen kann. Die Leserbriefspalten der Lokalpresse zeugen davon.
Mehrfach wurden alternative Nutzungen vorgeschlagen, doch nie realisiert. Dazu trug bei, dass trotz mehrfach angestrengter Volksentscheidung die Schliessung der Reitschule nie eine Mehrheit fand.
Festgefahren stehen sich Standpunkte zu Gewaltanwendung, Drogensucht und Wohnungsnot gegenüber. Darin spiegelt sich auch ein Teil des heutigen Generationenkonflikts.

War die Bewegung von 1968 durch das Buch als Medium geprägt, bestimmte 1980 das Video die Jugendunruhen. Das neue Medium gab den BewegungsaktivistInnen die Möglichkeit in die Hand, die Sicht der Dinge selber zu bestimmen. Das änderte die Herrschaftsverhältnisse im Moment der Auseinandersetzungen. Legendär wurde das Video «Züri brännt» des Zürcher Videoladens.
Berner Stadthistoriker*innen sehen es so: 1968 war eine politische Bewegung, und die Politik lernte zu reagieren. In den 1980er Jahren war das anders, denn da ging es in erster Linie um Kultur und Selbstentfaltung einer neuen Generation, die sich fortlaufend neu erfand.
Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb die Szene bis heute existiert. Der Tagesanzeiger beschrieb das 2017 so: «Die Reitschule ist für viele zur Heimat geworden, die 1987 noch gar nicht geboren waren.».
Wohl ist die anhaltende Alternativkultur auch eine Ursache für das prekäre Verhältnis zwischen Stadt, Anwohnern und Jugendlichen. Die allerjüngsten Ereignisse um die Platznutzung vor der Reitschule bestätigen das.
Das Maximum, was die Stadt herausholen kann, ist ein Nebeneinander von vorherrschender und der Gegenkultur.

Foto: Keystone

Die 68er Bewegung und das politische Buch

Teil 5 meiner Stadtwanderung „Jugend&Politik“

Keine Generation wurde durch lange Haare, politische Bücher und Mundart Rock so stark geprägt als die 68er.


Foto Gaskessel

In den Protokollen der Stadtpolizei findet sich am 22. Juni 1968 eine Notiz zu einer „alpinistischen Meisterleistung“. Der Held war ein Jugendlicher, der die Flagge des Vietkongs auf der Spitze des Berner Münsters gehisst hatte. Gestartet wurde damit ein Aktionstag zugunsten der Befreiungsbewegung in Vietnam. Fast alles blieb ruhig.
Typisch für Bern!

Die 68er Jugend war eine weltumspannende Bewegung der Neuen Linken. Sie war politisch unruhig, in ihren Aktionen bisweilen auch gewalttätig, letztlich aber gesellschaftlich libertär. Gemeinsamer Nenner war die fundamentale Kritik von Machtstrukturen.
Angefangen hatte es mit Bürgerrechtsbewegung in den USA. Das politisierte die StudentInnen im Westen. Der Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei gab nochmals Schub. Nachdem man «Ho, Ho, Hi Chi Minh» skandiert hatte, folgte nun «Dubcek, Swoboda, Dubcek, Swoboda»!

In der Schweiz brachen die Unruhen für die Oeffentlichkeit mit dem Globus-Krawall in Zürich aus. Das war der Urknall der neuen Jugendbewegung!
Das Experiment mit dem Autonomen Jugendzentrum hatte eine lange Vorgeschichte, aber nur eine kurze Geschichte. Sie dauerte letztlich nur wenige Wochen. Ende Oktober 1970 wurde das AJZ in einem Luftschutz-Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg eröffnet. In der Silvesternacht erklärte es die Bunkerjugend zur «Autonomen Republik Bunker» und trat aus der Schweiz aus. Die Polizei griff ein, räumte den Bunker für alle Jugendlichen. Heute befindet sich da das Polizeimuseum der Stadt Zürich.
Politisch bleibender war die Gründung der Progressiven Organisationen der Schweiz, kurz POCH. Sie wirkte als Partei der Neuen Linken. Aus ihr entstand 1977 die OFRA, die feministische Organisation für die Sache der Frau. Erst in den 1990er Jahren löste sich die POCH auf, die meisten ihrer PolitikerInnen gingen zu den Grünen, einige zur SP.

In Bern verliefen die Jugendunruhen einiges ruhiger. Das hatte auch damit zu tun, dass die Stadtbehörden bald schon auf die Hauptforderung der Jugendlichen nach einem eigenen Jugendzentrum eintraten. 1971 wurde der #Gaskessel nahe der Aare als Jugendzentrum eröffnet, – anders als in Zürich wurde er zum dauerhaften Treffpunkt.
Anders war auch der Hintergrund der Berner Jugendbewegung. Wichtig waren hier Nonkonformisten. KünstlerInnen, LehrerInnen und Medienschaffende trafen sie sich seit langem in der «Chramere 37», dem Keller der Kramgasse 37, heute das Haus der Hanftheke. Da debattierte man, inspiriert von Volkskundler Sergius Golowin, späterer LdU-Grossrat, alles Mögliche, was die Gesellschaft verändern könnte.
Bisweilen waren auch prominente Redner zu Gast. Theodor W. Adorno, Professor für Soziologie in Frankfurt, war einer davon. Seine epochale Studie zum „Autoritären Charakter“ passte den Nonkonformisten ausgezeichnet. Denn nichts hassten sie da so wie den «sturen Grind der Vätergeneration».

Selber kam ich 1980 nach Bern. Die Chramere lernte ich nicht mehr kennen, dafür traf ich Sergius Golowin. Seine ausgedehnten Wanderungen unter Berns Lauben waren ein frühes Vorbild für den heutigen Stadtwanderer.
Als Hilfs-Assistent am Institut für Soziologie der Universität Bern hatte ich einen Bericht über die «Politische Mündigkeit Jugendlicher» zu schreiben. Dafür brauchte ich aktuellste Literatur, die ich mir in der «Buchhandlung für Soziologie» an der Münstergasse besorgte.
Da wehte noch der Geist der 68er. Ganz im Sinne der Linken, wonach Wissen Macht sei, hatte #UlrichRiklin eine spezialisierte Buchhandlung gegründet, die das politischen und kulturelle Wissen unter die Bevölkerung bringen sollte.
1978 trennte sich die Frauenbuchhandlung ab, betrieben von #IreneCandinas, der Partnerin von Ueli Riklin. Mit ihr bekam die feministische Literatur ihr Zentrum in Bern.
In den 1990er Jahre streifte man den Hintergrund ab, wurde jetzt zur Münstergass-Buchhandlung.

2012 erlebte ich da an einer Vernissage eine wache Erinnerung an die Berner 68er. Präsentiert wurde damals das Buch „Pluralistische Staatstheorie. Oder der Konsens zur Uneinigkeit“. Das war das Fragment der Habilitationsschrift von Hans Peter Matter, viel besser bekannt als Chansonnier Mani Matter. Er kam 1972 bei einem Autounfall tragisch ums Leben, ohne seine Qualifikationsschrift an der Uni vollenden zu können.
Doch pflanzte er mit dem Pluralismus eine Generation von Studierenden Ideen ein, die für Kontroversen sorgten.
Das war konträr zur dominierenden Konsenskultur der damaligen Schweiz! Aber es passte zum Wertewandel einer ganzen Generation, die nach mehr individuellen Entwicklungsmöglichkeiten dürstete.

Die 68er lehnten die Konkordanzdemokratie rundweg ab. Die Konkurrenzdemokratie der Pluralisten befürworteten sie nicht einhellig. Denn der radikale Teil war ausserinstitutionell ausgerichtet und favorisiert die Basisdemokratie. Der gemäßigtere Teil dagegen hing durchaus einem Politsystem mit Regierung und Opposition an und begann den langen Marsch durch die Institutionen.
Fast wäre der politische Systemwechsel gelungen. Nachdem Lilian Uchtenhagen 1983 bei der Wahl als erste Frau in den Bundesrat übergangen worden war, erwog die SP den Gang in die Opposition. «Zauberformel – fauler Zauber» lautete der Titel des Aktionsbuches von damals. Schliesslich blieb die SP eine Regierungspartei, und heute ist sie überwiegend reformistisch und auf der Linie der politischen Konkordanz.

Zu den radikaleren 68ern von damals zählten in Bern namentlich die «Härdlütli». 1971 kandidierten sie für das städtische Parlament. Auf ihrem Wahlplakat waren sie nur leicht bedeckt, letztlich nackt. Gewählt wurde nur Margrit Probst, die einzige Frau im Quartett.
Andere wie Polo Hofer scheiterten, feierten aber als Förderer des Schweizer Mundart Rocks große Erfolge. Keiner verbreitete das Lebensgefühl seiner Generation wie er. Sein Nachruf nach dem Tod 2017 nennt den 68er das «legendäre Nationalheiligtum».

Jugendstil und Jugendstile

Teil 4 meiner Berner Stadtwanderung zu „Jugend&Politik“.

Wir haben Söldner, eine Saloniere und Burschenschaften kennen gelernt. Sie standen exemplarisch für junge Menschen aus der Bauernschaft, der Aristokratie und dem werdenden Bürgertum. Doch erst jetzt geht es um die Jugend!

«Teenager» kommt im 19. Jahrhundert auf. Gemeint sind damit die 13-19jährigen. Im Deutschen setzt sich dafür „Jugend» durch. 1985 regelte das UNO-Jahr der Jugend, dass weltweit 14- bis 25jährige dazu gehören.
Mit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts kann man auch von einem «teen age», einem Zeitalter der Jugend als gesellschaftliches Phänomen, sprechen.

Parallel dazu entsteht der „Jugendstil“ in der Architekturgeschichte. Das bezeichnet den Baustil zwischen dem Historismus – in Bern dem Bundeshaus – und der Moderne – hier das dem SUVA-Gebäude – an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert.
Der Jugendstil wandte sich gegen die Massenproduktion aus Grossbritannien. Populär wurde er in den Hauptstädten der kontinentaleuropäischen Monarchien. Da wehrte man sich gegen die Vermassung, betonte das Individuelle.
Am besten erkennt man den Jugendstil an der häufig verwendeten grünen Farbe, an den Blumenmotiven, an den runden Formen, an den verzierten Decken und an den Erkern an den Außenwänden. Selbstredend gibt es auch eine Schriftart, die unverkennbar zum Jugendstil passt.

In Bern findet man den Jugendstil weniger häufig als in Berlin, Wien, Budapest oder Prag. Wir waren damals schon eine Republik, keine Monarchie.
Wir müssten schon in die Länggasse gehen, um wirkliche Jugendstilbauten zu finden. Oder wir machen bei der grossen Ausnahme in der sonst so normierten Altstadt, dem Hotel «Belle Epoque», Halt.
Von der Strasse aus würde man das fast nicht erkennen. Unter den Lauben wird schon vieles klarer. Im Innern würde man sofort sagen: Jugendstil!

Typisch sind junge Frauen, nicht selten, wie sie die Natur geschaffen hat, anmutend, rein, begehrenswert. Geprägt wurde so das positive Bild von „Jugend als Zukunft“. Das passte zum Aufbruch der „Belle Epoque“ – der Zeit nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges von 1871 und dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges.
Nur wurde die «Schöne Epoche» der Oberschicht in der Unterschicht ganz anders gelesen. Denn die Mädchen aus den Arbeiterfamilien fand man häufig in den neuen Industriefabriken: ausgenutzt, schmutzig, übermüdet.
Erst das Fabrikgesetz von 1877 brachte das Verbot der Kinderarbeit für unter 14jährige. Wer älter war, wurde nicht geschont. Geprägt wurde so das Bild der „verwahrlosten Jugend“.

Jugendpolitik bekommt nun einen doppelten Sinn: Zuerst ist es die Politik für Jugendliche, erst dann der Jugendlichen selber. Ersteres ist bisweilen paternalistisch, gut gemeint, aber durch die Erwachsenen bestimmt. Zweiteres ist selbstbestimmt, schwankt aber zwischen konventionell und unkonventionell.

Den Anfang machten um die Jahrhundertwende meist karitative oder para-militärische Jugendverbände. Das waren Zusammenschlüsse Unverheirateter, die erste gesellschaftliche Aufgaben übernehmen. Die Pfadfinder sind das beste Beispiel dafür. Man war noch ganz konventionell. Dafür sorgte auch die neu gegründete Pro Juventute.
In der Zwischenkriegszeit kamen Jungparteien dazu. Sie umfassten die jüngeren Mitglieder einer politischen Partei: Zwar teilten sie die Ziele der Mutterpartei, wollten und wollen aber eine grössere Unabhängigkeit von ihr. Die sozialdemokratische Jugendorganisation der Schweiz machte den Anfang. Es folgten die Jungbauern, Jungliberale und Jungkonservative. Da begann das Eigenleben als Jugendliche. Das hält, mit Unterbrüchen zwar, bis heute an.
Nach dem Zweiten Weltkrieg etablierten sich mit den Jugendbewegungen eine dritte Form des gesellschaftlichen Jungseins. Ihr Hauptziel war und ist die Schaffung von Jugendhäusern. Das erste davon geht auch die Landesausstellung von 1939 zurück, und es hatte stark patriotische Absichten. Das löste sich nach dem Krieg, doch die Forderung nach Jugendhäusern oder Jugendzentren verbreitete sich übers ganze Land.

Mit den Jugendbewegungen kommen jugendliche Subkulturen auf. Der Begriff der „Jugendstile“ macht nun definitiv Sinn. Mit Mode, Musik und Medien grenzen sich Jugendliche jetzt von den Erwachsenen ab.
Jugendbewegungen sind seit den 1960er Jahren auch politisch. Jugendunruhen, ja Jugendkrawalle prägten lange die Szenen. Gegenentwürfe zur herrschenden Gesellschaft entstanden. Zurecht sprach man nicht mehr von jugendlicher Sub-, sondern von jugendlichen Gegenkulturen.

Mit jedem neuen Aufstand der Jugend entstand auch eine neue Jugendgeneration. Damit meint man nun nicht mehr den Unterschiede von Eltern und Kindern in einer Familie. Vielmehr geht es um die Abfolge von politisierten Jugendbewegungen, die sich untereinander unterscheiden. Jetzt gibt es eine Geschichte der Jugend(Bewegungen). Kriegs-, Konsum- und Krisenkinder ist eine typische hierzu.
Sie entstanden und entstehen jeweils durch ein gemeinsames Lebensgefühl, ausgelöst durch ein Kristallisationserlebnis, das grosse Teile Gleich- oder Aehnlichaltriger prägt.
«Woodstock» war ein gutes Beispiel dafür. «Klimajugend» gehört in die gleiche Kategorie.
Jetzt unterscheidet man die 68er Generation, die 80er, die 91er und neuerdings die 2019er.

Mehr davon im zweiten Teil meiner Stadtwanderung!

Burschenschaften und der Bundesstaat

Teil 3 der Stadtwanderung „Jugend&Politik“

Die Regeneration brachte der Schweizerischen Eidgenossenschaft Universitäten. Die wurden durch Burschenschaften bevölkert, die Entscheidendes zur Gründung des Bundesstaates beitrugen.

Die erste grosse Wende in der Schweizer Politik des 19. Jahrhunderts ist die Regenerationsbewegung der 1830er Jahre. Kernstück mit bleibender Wirkung ist die Gründung von Universitäten in Zürich, Bern und Genf. Sie alle waren die ersten bürgerlichen Universitäten der Welt.

Selbstredend zogen die neuen Universitätsstädte Professoren an. Ludwig Snell, ein junger Gelehrter aus Nassau, kam via Basel nach Bern. Er wurde Professor für Staatsrecht. Empfohlen hatte er sich unter anderem durch seine leidenschaftliche Tätigkeit als Redaktor beim liberalradikalen „Schweizer Republikaner“. Wie viele andere auch, war er Flüchtling gewesen.
Österreich – eine der Garantiemächte des Bundesvertrags von 1815 – missfiel Snells Aktivitäten zugunsten starker Nationalstaaten gegen Monarchien. Fürst Metternich argumentierte, die Schweizerische Eidgenossenschaft sei nicht souverän und könne deshalb gar keine eigenen Flüchtlingspolitik betreiben. Auf ausländischen Druck hin wurde das Asylrecht eingeschränkt. Snell wurde weggewiesen.

Was in der Aarestadt blieb, war Snells radikaler Geist. Speziell im Restaurant Zimmermania, 1842 eröffnet, trafen sich mit den farbentragenden Studenten Gesinnungsfreunde zum Feierabendbier. Unter anderen waren sie Studenten der Helvetia.
Da konnte es schon mal laut und fröhlich werden, aber auch politisch!
Einer der herausragenden Figuren war der junge Jakob Stämpfli. Obwohl er keine gymnasiale Ausbildung vorweisen konnte, durfte er nach einer Lehre an der neuen Universität studieren. Denn man war auf tatkräftige Beamte mit Berufserfahrung angewiesen. Mit Snell war Stämpfli eng verbunden, so heiratete dessen Tochter Elsie.

Schon als Student hatte sich Jakob Stämpfli als Heisssporn ausgezeichnet. Bei den Freischaren-Zügen gegen die Katholisch-Konservativen wirkte er an vorderster Front mit.
Er entwarf auch die radikale Verfassung des Kantons von 1846.
Bei der ersten Wahl mit allgemeinem (Männer)Wahlrecht im gleichen Jahr wurde er Bernischer Regierungsrat.
1848, bei den ersten Nationalratswahlen, wurde er auf Anhieb gewählt. Kurzzeitig war er später auch Ständerat, bevor er Bundesrat wurde. Nach seinem Rücktritt aus der Regierung wurde er erneut in den Nationalrat gewählt. Dreimal präsidierte er ihn, zweimal war er Bundespräsident.
Danach war Stämpfli als Bankier und Friedensstifter in den USA unterwegs. Er war zweifelsfrei einer den großen freisinnigen Pioniere des jungen Bundesstaates.

In den Kantonen Waadt, Tessin, Graubünden, St. Gallen, Thurgau und Aargau, die seinerzeit Napoleon 1803 geschaffen hatte, war bereits länger eine neue Generation liberaler Politiker an die Macht. In den alten Orten wie Bern war dies erst seit den 1830er Jahren der Fall gewesen. Besonders hervorgetan haben sich da die Gebrüder Schnell aus Burgdorf. Sie standen am Anfang der liberalen Bewegung,
1848 gründeten Leute dieses Schlags den neuen Bundesstaat. Es war das Werk junger Männer.
Nie war das Durchschnittsalter der Parlamentarier so tief wie damals. Im Ständerat zählte man im Mittel 40 Jahre, im Nationalrat 43. Erst danach bildete sich das übliche Karrieremuster der Politiker mit Aemtern in Gemeinde, dann Kanton und schliesslich Bund heraus. Nie war das Parlament im Schnitt so alt, wie nach den Wahlen 1959.

Die zweite Eigenheit der Politikergeneration von 1848 war ihre verbreitete Zugehörigkeit zu einer Studentenverbindung. Die wuchsen im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts mit patriotischer Absicht wie frische Pilze aus dem Boden. Patriotisch meinte damals, Freund eines starken Nationalstaates!
Wie Jakob Stämpfli gehörte wie viele andere auch der «Helvetia» an. Damit erinnerte man sich der idealisierten Frauenfigur aus dem 17. Jahrhundert, die bei der Gründung des Bundesstaats zur eigentlichen nationalen Symbolfigur wurde.
Helvetia fand sich danach auf Marken, Münzen und Denkmälern. Meist war sie eine währschafte Frau. Mit dem Altern der Politiker nach der Staatsgründung verjüngte sich das idealisierte Frauenbild des Staates. Dank dem Goldvreneli kam man 1897 bei der weiblichen Jugend an.

Typisch, wie wir sehen werden!

Foto: Stadtwanderer (in guten Zeiten)

Aristokratische Jünglinge und die Saloniere

Teil 2 meiner Stadtwanderung „Jugend&Politik“

Berns «Innerer Stand» machte Politik. Der «Äußere Stand» tat nur so. Er versammelte die Söhne der Patrizier für Scheinpolitik und übersah glatt, dass die Zukunft des Staatswesens von einer Frau außerhalb verhandelt wurde.

Als Rathaus entstand der «Äussere Stand» 1732. Danach tagte hier das damalige «Jugendparlament» mit gleichem Namen.
Die Institution ist vielleicht älter; ihre Anfänge sind nicht belegt.
In den besten Zeiten versammelten sich so 150 Männer, alle über 18 Jahre alt und aus der Stadt. Sie hatten Titel wie die Grossen, denn sie waren Schultheiss, Ratsherren, Grossräte und Landvögte.
Doch war das alles nur Schein!
Regelmässig führten die Kleinen den sog. Schüsselikrieg durch, um die militärische Verteidigung der Vaterstadt zu üben – ein Scheingefecht. Dazwischen gab es auch etwas Scheinbildung. So referierte der erzkonservative Karl Ludwig von Haller über die dauerhafte göttliche Ordnung im alten Bern.
Jahreshöhepunkt in der Stadt Bern war jeweils der Ostermontag. Da zog das neu gewählte Regiment durch die Gassen. Und der Äussere Stand erwies ihm die Ehre.
Alle hofften auf ein gutes neues Politjahr. Doch galt auch das nur scheinbar.
Real war, dass sich 1794 ein Stück der Decke und direkt über dem vermeintlichen Schultheissen-Thron abstürzte. Das war fast schon symbolisch für das nahende Ende.

Im Frühling 1798 marschierte dann niemand mehr durch Bern.
Ausser den Franzosen. Die marschierten jedoch mit Truppen in die Stadt ein.
Eine Republik im Geiste der Revolution sollte jetzt entstehen. Die Franzosen brachten eine Trikolore, eine Hauptstadt und die Gewaltenteilung.
Alles zusammen war die „Helvetische Republik“.

Aufgehoben wurde dafür der Äussere Stand. Statt Politik zu üben, sollten die Jünglinge nun schwimmen lernen. «Jugend&Sport» für den neuen Staat!
Bis heute hat der Berner Aareschwumm seine Bedeutung. Allerdings ist er nun ein Teil der Freizeitgesellschaft.

An die Frauen im patriarchalen Bern und Paris dachte niemand. Das war ein fataler Fehler!
Julie Bondeli war die überragende Frauengestalt im Bern des 18. Jahrhunderts.
Geboren wurde sie 1732, als der Aeussere Stand aufging. Gestorben ist sie 1778, nur wenige Tage nach dem Aufklärer Rousseau.

Bereits in jungen Jahren interessierte sich Julie für Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften.
Samuel Henzi soll einer ihrer Hauslehrer gewesen sein. Der Berner Schriftsteller lehnte sich zweimal gegen das Berner Regiment auf. Das erste Mal landete er im neuenburgischen Exil, das zweite Mal, nach seine Begnadigung, endete er auf dem Richtstuhl im Berner Galgenfeld.
Davor hatte er das Theaterstück «Guillaume Tell ou l’ambition punie » verfasst. Darin bezichtigte er die herrschenden Patrizier des sexuellen Missbrauchs junger der Töchter der Stadt.
Das Drama wurde in Bern nie aufgeführt.

Julie Bondeli versuchte ein geordnetes Leben zu führen. Sie verliebte sich in Christoph Martin Wieland. Zeitweise lebte der Biberacher Schriftsteller in Bern. Zur Heirat kam es allerdings nie.
Nach dem Tod ihrer Mutter emigrierte Julie ins offenere Neuenburg. Das kannte sie aus ihren Kontakten mit Jean-Jacques Rousseau. Unterstützt von einer Freundin, unterhielt sie da bis zu ihrem frühen Tod einen gelehrten Salon.

Der Philosoph Jürgen Habermas deutet in seinem 1962 veröffentlichten Buch «Strukturwandel der Oeffentlichkeit» Clubs wie den von Julie als relevante Spur zur bürgerlichen Gesellschaft.
Die begann sich im 18. Jahrhundert vom autokratischen Staat abzugrenzen. Man versammelte sich privat, um nicht überwacht zu sein und vorbehaltlos über die Zukunft des Staates debattieren zu können. Was hier entstand, nährte später das bürgerliche Theater und die liberale Presse.
Die Schweizer Geschichtswissenschaft ortet in Clubdebatte. eine der vier Triebfedern zur modernen Demokratie. Die anderen waren die oft zitierten Landsgemeinden, die Petitionen der Untertanen und Gewaltandrohungen der Unzufriedenen. Die Clubs waren die zivilisierte all dieser Foren der Zukunft -entwickelt von aufgeklärten Frauen.

Bis das aristokratische Bern fiel, brauchte es jedoch die Bajonette der Franzosen.
Die Helvetische Republik mit ihrem Zentralismus ging bereits im Kindesalter von sechs Jahren unter. Die nachfolgende Mediationsverfassung mit den heutigen Kantone brachte es mit 12 Jahren ins Jugendalter. Ins Erwachsenenalter kam erst der Bundesvertrag des Wiener Kongress von 1815 erlassen hatte. Aufgehoben wurde er erst mit der Gründung des Bundesstaats 1848.

In Kanton Tessin ging man bereits 1830 nach einer lokalen Revolution zum bürgerlichen Staat mit einer repräsentativen Demokratie über. Das beflügelte das Bürgertum vieler Kantone zur Nachahmung. 1831 folgte auch Bern, als letzter deutschsprachiger Kanton notabene. Hier wirkte der reaktionäre Geist nach, den Karl Ludwig von Haller seinerzeit im «Äussere Stand» eingepflanzt hatte.
Beim Aufkommen der Demokratie verschanzten sich ihre Nachfolger im benachbarten Erlacherhof. Mit Gewehren und Munition versuchten sie die neue Zeit aufzuhalten. Vergebens: Julie Bondelis Vision der Aufklärung siegte über die Tradition des Äußeren Standes.

PS:
Ein Jugendparlament gab es nach der Auflösung des Äußeren Standes übrigens genau 150 Jahre nicht mehr. Davon jedoch später!

Foto: Stadtwanderer (in guten Zeiten)

Bauernsöhne und Soldwesen

Teil 1 meiner Stadtwanderung „Jugend&Politik“

„In Bern beginnt die Neuzeit mit einer veritablen Katastrophe! Ausgelöst wir sie durch junge Berner Männer, die krank aus Italien kamen. Eine Generation später plünderten frustrierte Reisläufer gar die Stadt.

Die Jungs der Eidgenossen waren nach ihrem Schlachtensieg 1476 bei Murten gegen die Burgunder überaus begehrt. Alle wollten sie haben: die Franzosen, die Mailänder, die Venezier, der Kaiser und gar der Papst.
Doch als die ersten Reisläufer aus Neapel zurückkamen, waren viele von ihnen krank.
Sie brachten die «italienische Krankheit» mit.
In Italien nannte man sie zwar die «französische Krankheit». Wäre man aus Polen gekommen, hätte man die «deutsche Krankheit» eingeführt, und im osmanischen Reich wäre man von der «christlichen Krankheit» befallen worden.

Heute weiss man, die Berner Jungs hatten Syphilis. Sie waren Teil einer Pandemie geworden! Ihre Ursprung hatte sie wohl mit der Rückfahrt der Mannen von Christoph Columbus. Vom Hafen von Neapel aus nahm das Schicksal seinen Lauf.
Weil man in unseren Breitengraden diese Geschlechtskrankheit nicht kannte, isolierte man die Kranken kurzerhand in einem Spital im Altenberg auf der gegenüber liegenden Seite der Aare. Dort lebten sie unter sich – meist ohne Hoffnung auf Genesung.

1513 wäre das militärisch mächtige Bern beinahe ein respektables Staatswesen mitten in Europa geworden. Mit den eidgenössischen Truppen stand man vor Mailand, alleine war man vor Dijon.
Vor Mailand gewann man die Schlacht bei Novara gegen Frankreich, in Dijon zog man unverrichteter Dinge wieder ab.
Warlords bestimmten das Geschehen, die politisch unkoordiniert auf eigene Faust handelten.

Aus dem neuen Staatswesen wurde jedoch wegen einem Aufstand der Könizer Jungs nichts!
Eben waren die Reisläufer aus Oberitalien zurück gekehrt, mit Wappen und Bär als Zeichen des Stolzes (Bild). Getroffen hatte man sich bei der Kirchweihe in Berns Nachbar.
Da machte ein schreckliches Gerücht die Runde. Berns Obrigkeit habe französische Pensionen erhalten, um keinen weiteren Krieg mehr gegen die Unterlegenen zu führen.
Schnell wurde klar, was das bedeutete: Geld für die Herren, HomeOffice für die Untertanen!
In der Nacht des 26. Juni 1513 machten sich 300 wütige junge Männer auf, um Stadt Bern zu plündern.

Alt-Schultheiss Wilhelm von Diesbach ging dazwischen und rief seine Treuen zu den Waffen.

Zu spät!

Vor den Stadtmauern standen am Morgen noch mehr Bauernsöhne, um sich zu erheben.

Bern blieb nichts anderes übrig, als die verbündeten Eidgenossen zur Hilfe zu rufen. Innert Wochefrist kam es zu einem Schiedsspruch.
Berns Stadtschreiber verkündete die Namen jener, die tatsächlich Gelder erhalten hatten. An erster Stelle stand Wilhelm von Diesbach. Allerdings war er nicht alleine: Eine Mehrheit der Klein- und Grossräte befand sich ebenfalls auf der Schwarzen Liste. Sie alle mussten die Pensionen abgeben und bekamen Geldstrafen aufgebrummt. Die Aufständischen blieben straflos.
Die Stadt musste den Untertanen ihre alten Rechte neu zusichern. Dazu gehörte deren Zustimmung bei Kriegseintritten und Kapitulationen. Das nannte man Ämterbefragung, eine Vorstufe des heutigen Referendums quasi.
Die Bauernsöhne waren zufrieden!

Weniger bekannt ist das Leben der Bauerntöchter zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Ihre Mütter kümmerten sich wohl um die Söhne, wenn sie als Krüppel auf die Höfe zurück kamen. Die jungen Frauen waren bisweilen als Marketenderinnen mit den Soldherren unterwegs waren. Gemeint waren damit Frauen, welche die Söldner mit Waren und Diensten versorgten. Noch war es nicht üblich, dass man dafür raubte.
Nicht selten waren die Marketendenrinnen jedoch in erster Linie Prostituierte.

Die grosse Wende kam mit der Reformation 1528. Wenigstens vorübergehend wurde das Soldwesen abgelöst, dann durch die eidg. Heere in fremden Diensten ersetzt.
In der Zwischenzeit wurden die Jungs im Landesausbau beispielsweise in der eroberten Waadt eingesetzt.
Wer im Gros de Vaud, der grossen Ebene über dem Genfersee, ein Stück des schlechten Sumpfs nutzbar machte, durfte es danach selber bebauen.

Nun heisst schlechter Sumpf im schlechtem Latein der damaligen Zeit „Malapalud“.
Das ist mein Heimatort.
Und die Longchamps waren jene, die das weite Feld ausserhalb von Echallens bebauten. So stamme ich aus einer Waadtländer Familie, die aus bescheidenen Verhältnissen aufsteigen konnte, damit meine Urvorfahren nicht mehr als Söldner ihren Lebensunterhalt verdienen mussten.“