bullshit!

da wollte ich doch endlich in die usa. einen hauch vom american dream erleben, bevor er an der wall street ganz beerdigt wird.

da habe ich mich vertieft mit demokratie im kapitalismus beschäftigt. mit volksabstimmungen in california und anderswo. und selbst derdie unsägliche mcpalin landete in meinem radar.

um all das hautnah mit zu bekommen, habe sogar ich mir diesen biometrischen pass angeschafft. für ein wenig sicherheitsgefühl auf den ami-flughäfen bin selbst ich gekippt.

selbst den stadtwanderer habe ich eingespannt, um meinen inneren spannungsaufbau nachzuzeichnen: schwarzenegger wurde in meine leserschaft eingeführt, die amerikanische botschaft habe ich belagert, und die vorgeschichte des cias blieb nicht unerwähnt.

und jetzt? – jetzt liege ich flach. wie ein schlappes eichhörnchen. denn beim stadtwanderer ist bettruhe angesagt.

gottseidank nicht in san fancisco. nein, in hinterkappelen bei bern.

mein biorhythmus zeigte im entscheidenden moment wie die börsenkurse nach unten, und das flugzeug startete wie die umfragewerte von obama steil nach oben. ich habs nicht einmal gesehen, denn meine reisepläne endeten schon vor kloten irgendwo zwschen meinem dünn- und dickdarm!

bullshit!, sag ich da. werde in den nächsten tagen also mehr mental denn real durch die usa wanderern. denn gesundheit geht vor erlebnis, that’s clear!

stadtwanderer

immer wenn es am schönsten ist …

immer wenn es am schönsten ist, muss man gehen. das jedenfalls besagt ein sprichtwort. wie recht es nun hat. denn die beiträge auf dem stadtwanderer aus bern haben nun ein (vorläufiges) ende. ich bin am packen und berichte demnächst schon aus amerikanischen städten.

das blogprojekt heute
der stadtwanderer ist mächtig in fahrt gekommen. bei slug rangiert er normalerweise unter den 50 meist gelesenen blogs der schweiz, und bei blogug figuriert er um den 70 rang herum, wenn es um die vernetzung unter anderen blogs geht.

geschrieben wird auf dem stadtwanderer viel. fast kein tag vergeht ohne neuen beitrag, und die kommentare kommen fast schon im stundentakt. ohne sie wäre mein bloggeralltag fast schon öd!

was anfänglich als schreibender spazierstock entstand, mutierte bald schon zum geschichtsblog für bernisch-burgundische lieberhabereien. gegenwärtig ist der stadtwanderer etwas politischer: unsere zukunft ist unsicher geworden, sodass man die gegenwart wieder vermehrt hinterfragt. wie bern als stadt, als region, metropole unterwegs ist, hat mich in den letzten wochen am meisten bewegt, wenn ich nicht gewandert bin, sondern meinen alltagsempfindungen nachgespürt habe.

die ganze zeit geblieben sind meine wanderungen. für gruppen, aus der schweiz oder aus dem ausland. aus politik, publizistik und wissenschaft. die nächste ist für die journalistInnenschule science po aus paris, und die übernächste für die weiterbildung der topkader aus der bundesverwaltung, die sich an der berner uni weiter bilden.

der kommende ausflug in die amerikanischen städte

meine internationalen kontakte sind auch ursache, dass es nun einen break gibt. wie angekündigt, gehe ich in die usa. kalifornien, colorado und washington dc stehen auf dem programm. natürlich geht es auch um die amerikanischen präsidentschaftswahlen. der reisezweck ist aber offener. beruflich werde ich mich in den kommenden 10 tagen mit der reichhaltigen direkten demokratie in den amerikanischen gliedstaaten auseinandersetzen.

und der stadtwanderer geht im reisegepäck mit. ganz klein wird er sich machen, wenn er über durch die passkontrollen muss. wenn er aber einmal angekommen sein wird, wird ihn sicher die bekannte neugier packen. erkundungen aus san francisco, sacramento, denver und der hauptstadt der vereinigten staaten von amerika, washington, stehen an.

falls der stromstecker zu meinem labtop passt, berichte ich von ennet dem teich!

stadtwanderer

bildquelle

berner volksmalus

der röschtigraber, mein regelmässiger kommentator aus der agglomeration bern, traf gestern den nagel auf den kopf. für die berner steuersenkung, die für 2008 rückwirkend gelten soll, erfand er den begriff des “volksbonus”. das ist gut, denn das hilft, auch über den volksmalus nachzudenken, den die bernerInnen regelmässig bezahlen.

quelle: cs economic research
quelle: cs economic research


der einmalige volksbonus

gut gearbeitet haben wir in diesem jahr. einen haushaltsüberschuss hat die mehrheitlich linke berner regierung mit hilfe der bürgerlichen sparprogramme erarbeitet. und für diese tat sollen wir nun belohnt werden: 130 millionen franken bekommen wir aus den steuerabgaben zurück, und mit zusätzlichen 30 millionen sollen die löhne der staatsangestellten aufgebessert werden.

verteilt auf die steuerzahlerInnen kommt der berner volksbonus nicht in den bereich, den man in der bankenbranche bis vor kurzem als weihnachtsgeschenk kannte. für den kanton bern kommt der gestrige entscheid dennoch einer trendwende gleich. denn hierzulande kannte man seit dem desaster der kantonalbank, der strukturprobleme der landwirtschaft nur den volksmalus: hohe steuern, gleichzeitig öffentliche sparprogramme und überwälzung der kosten vom staat auf private. das alles schmälert die kaufkraft der bernerInnen, deren frei verfügbares einkommen systematisch unter dem landesmittel ist.

der regelmässig volksmalus
bern sieht sich einer umgebung gegenüber, die sich rasch verändert: während man im westen des kantons unverändert auf eine hochsteuerpolitik setzt, rollt aus dem osten die steuersenkungswelle ant. sie setzt auf ein neues konzept: tiefere steuern sollen firmen anziehen und die attraktivität für zuzügerInnen erhöhen. das soll zu wachstum der bevölkerung und der wirtschaft führen, sodass das gleiche steuervolumen auf mehr produktive verteilt werden kann.

der kanton bern liegt heute genau zwischen den einflussbereichen der beiden steuerphilosophien. doch die eine ist in der defensive, die andere in der offensive. so kann man prognostizieren, dass die nähere zukunft eine generelle diskussion zum bernischen steuersystem im kanton und in den wichtigen städten bringen wird. dabei wird es auch um das unterdurchschnittliche bevölkerungswachstum von stadt und kanton bern gehen.

wider den negativen trend
aufhorchen lässt der gestrige regierungsratsentscheid weniger wegen der begründung, mehr wegen der stossrichtung. denn die bewegung wider den negativen trend tut not. auf seinen rundgängen und in gesprächen ist es dem stadtwanderer nämlich nicht entgangen, warum es eine wohnflucht gibt. die arbeit sucht man in zürich, das wohnen verlagert man in den aargau, weil man es sich wegen der steuerlast zunehmend nicht mehr leisten kann, hierzu leben.

des regelmässig zu entrichtenden volksmalus’ wegen!

stadtwanderer

spuhler spühlen!?

“spuhler spühlen” provozierte heute morgen meine erste diskussion. leider musste ich sie unterbrechen, um arbeiten zu gehen. vielleicht können wir sie auf dem stadtwanderer fortsetzen. ein einblick in die standpunkte beim morgencafe.

lange galten die beide erfolgreichen unternehmer als garanten für sichtbare kompetenz der svp in wirtschaftsfragen. christoph blocher, war bis 2003 ems-chef und vertrat seine partei im bundesrat, dem herzen der politik, während peter spuhler, der chef von stadler-rail, als ubs-verwaltungsrat zwischen 2004 und 2008 die verbindungen zentrum der wirtschaft sicherte. wenn es um frage der europäischen union ging, waren spurten beide politisch, das heisst ablehnend, wenn allerdings schweizerische wirtschaftsinteressen tangiert waren, entschieden sie pragmatisch, das heisst für die personenfreizügigkeit mit der eu.

seit kurzem sind beide nicht mehr in ihren prestigeämtern – und einander spinnefeind. spuhler ist für den generationenwechsel in der svp. er hat sich deshalb gegen eine erneute kandidatur blochers für den bundesrat stark gemacht. allfällige ambitionen, am liebsten selber nominiert zu werden, dementierte er. blocher wiederum machte keinen hell daraus, gerne wieder bundesrat zu sein. wenn die partei ihn brauche, stehe er, generationenwechsel hin oder her, zur verfügung. allerdings scheiterte die rückartig lancierte kondidatur vor knapp anfangs oktober. blocher zog nach amerika, von wo letzte woche kampfeslustig zurückgekehrt ist.

die kleine diskussion beim morgencafé im glatz entzündete sich heute morgen just an dieser frage:

“spuhler ist als verwaltungsrat, der erst noch im ausschuss sass, der die bonus-summe festlegte, mitschuldig, für das, was jetzt fast nicht mehr korrigiert werden kann”, war der erste standpunkt.

der zweite war, dass er aus opportunistischen gründen mitschuldig gemacht werde: “ohne seine attacke auf blocher hätte die svp das thema unter dem deckel gehalten. jetzt wo pelli angreift, und blochers nähe zu marcel ospel beklagt, gibt der die schuld dem schwarzen peter weiter.”

und der dritte lautete: “vordergründung gibt sich die svp national-konservativ, weil das stimmen bringt und so die öffentliche meinung beeinflusst. hintergründig ist sie aber immer neoliberal, das heisst für den markt und gegen den staat gewesen. damit gewinnt man keine wahlen, doch bringt es einfluss auf den chefetagen.”

nun ist alles durcheinander geraten. der spuhler ist für die personenfreizügigkeit, aber gegen blocher, blocher ist auch für die personenfreizügigkeit, aber für blocher, und die svp tendiert unter dem druck des referendums gegen die personenfreizügigkeit gegen diese stellung zu beziehen, und risikiert einen titanenkampf unter ihren unternehmern. lenkt die parole “spuhler sühlen”, wie sie heute in den zeitungen suggeriert wird, nicht einfach ab?

die fortsetzung des kaffeegesprächs vom frühen morgen ist eröffnet!

stadtwanderer

politische kultur auf dem bundesplatz

marianne binder, die mediensprecherin der cvp, erschrak förmlich, als sie doris leuthard, ihre bundesrätin, auf der bühne mit violettem haar erblickte. gefärbt? zum feminismus übergelaufen? o gott, wie erkläre ich das dem wahlvolk, schien sich die kommunikationschefin der schweizerischen zentrumspartei, ganz in schwarz gekleidet, zu fragen.

ich konnte sie beruhigen. auch die fotografen rund herum hatten einen violetten schimmer selbst auf der glatze. die einheitsfärbung konnte als nur von der beleuchtung auf der bühne rühren. politisch war das also nicht gemeint.

dennoch ging es auf dem bundesplatz um politik – verpackt mit kultur: “rock für eine offene schweiz” war angesagt, mit dem die mitteparteien cvp, evp und grünliberale ihre kampagne für die verlängerung und erweiterung der personenfreizügigkeit mit der europäischen union lancierten.

doris leuthard machte den anwesenden auf dem bundesplatz viel mut. die berliner mauer sei längst gefallen; jetzt müssten endlich auch die mentalen mauern in der schweiz fallen, meinte sie fordernd. die realen grenzen seien schon längst verschwunden, meinte das jüngste mitglied des schweizer bundesrates. nestlé, einstein und yakin stünden in wirtschaft, gesellschaft und sport für die fähigkeit der schweiz, anstösse von aussen aufzunehmen, kreativ weiter zu entwickeln, und produkte, ideen und begeisterung in die welt zu senden.

vor der bühne auf dem bundesplatz war die begeisterung ob solche kecker worte gross. fast schon wie ein popstar wurde doris leuthard von jungen fans bejubelt. das zeigte, dass politik auf diese art vermittelt, unter die haut geht und menschen anspricht, die keiner parlamentsdebatte folgen würden.

für stimmung gesorgt hatte gleich zu beginn die schülerband fireball, die gekonnt ac/dc-musik imitierte. das publikum vermehrte sich unter ihren klängen rasch, auch wenn die einen anderen überrascht waren. dem vernehmen nach zitterten ob der schrillen lautstärke der jungster selbst die zahlreich aufgeblassenen cvp-ballone.

das cvp-fussvolk wagte sich nicht ganz soweit nach vorne, um den heissen sound zu hören. es bevorzugte ast schon symbolisch die mitte des bundesplatzes, während die parteiprominenz wie alt-bundesrat, fraktionschef urs schwaller und bundeskanzlerin corinna casanova eher bei den verpflegungsständen im hinteren teil gesichtet wurde.

am ausgelassensten waren bei diesem politischen kulturfest für eine europäische schweiz die angereisten cvp-lerInnen aus genf. unter enthusiastischer führung ihrer parteisekretärin sonja gatti schwangen sie ganz schön selbstbewusst cvp-fahnen, sodass man sich ein wenig wie auf den alpen, ein wenig wie an einem partei-fest und ein wenig an einer farbenfrohen party mit einigen tausend gäste wähnte, die allesamt für stimmung sorgten, welche die kampagne für die personenfreizügigkeit tragen soll.

ein hauch postmodernität fegte resp. fegt über den ehrwürdigen bundesplatz. bis um 20 uhr notabene, denn der höhepunkt mit baschi auf der bühne folgt noch. ob auch er in violett erscheint, kann jede und jeder selber überprüfen, wenn er oder sie das fest besucht … wie der live-blogger.

stadtwanderer

veloturm zu hinterkappelen

ich bin schockiert. wenn ich in die stadt gehe, fahre ich seit anfangs woche am veloturm von hinterkappelen vor. einem mahnmal für umweltsünden.

(foto: stadtwanderer)

jedes jahr einmal putzt der schutzverband “seinen” wohlensee. was da zwischen mühleberg und hinterkappelen herausgeholt wird, ist fast unvollstellbar: 40 fahrräder waren es alleine am letzten wochenende. doch damit nicht genug. einkaufwagen, verkehrsschilder, schuhe, lederwaren, handtaschen mit portemonaies und gültigen personalausweisen, ja selbst aufgeknackte tresore fischten die freiwilligen aus dem stausee.

dieses jahr haben sie den seeunrat nicht einfach weggeworfen. auch wenn er teilweie unansehnlich ist: er wurde ausgestellt. vor dem neuen alters- und pflegeheim hausmatte hat man alles aufgehängt, an einem grossen holzmasten.

ein wenig wirkt das ganze wie den turm zu babel. nur ist es der turm zu hinterkappelen. beim turmbau zu babel bestraft gott den versuch, ihm ein ebenbild zu setzen. in allen gebiete der erde wurden die erbauer verteilt, wo man ihre sprache nicht verstand. eigentlich müsste man in hinterkappelen – und weiss der teufel wo es sonst noch nötig ist – die umweltsünder für ihr handeln bestrafen, das sich gegen jede ökologische vernunft wendet.

stadtwanderer

stell dir vor, es ist wahlkampf und …

die situation war typisch: am samstag morgen begegnete ich bern dem bürgerlichen trio, das sich für den berner gemeinderat, die stadtexekutive, bewirbt. barbara hayoz, beat schori und reto nause waren mit dem elektrovelo unterwegs, hatten vor der münstergasse parkiert und führten vor dem fleischmarkt nette bürgergespräche. doch, so fragte ich mich: ist das der wende-wahlkampf, den man in der bundesstadt erwartet hatte?


the making of the campaign: die bürgerlichen herausforderer der rotgrünen mehrheit beim wahlkämpfen: barbara hayoz (fdp), reto nause (cvp) und beat schori (svp) rund um den umstrittenen poller (foto: stadtwanderer)

das selbstbild der wahlkämpferInnen
reto nause kam als erster gleich auf mich zu. mit einem flyer lud er mich zu einem selbstorganisierten konzert ein. toll!, denke ich mir. doch ist das wahlkampf?, fragt meine innere stimme.

die diskussion entspann sich denn auch nicht darüber, sondern über die bankenkrise. gerade mal drei stunden vor der öffentlichkeit sei er, der cvp-general, von cvp-bundesrätin doris leuthard über den rettungsplan der bundesrates für die ubs informiert worden. dann sei hektik ausgebrochen.

am abend eines solchen tages führt der politprofi nause noch einen wahlkampf à la bernoise. donnerstags und freitags des nachts resp. samstags den tagüber ist man gemeinsam unterwegs. die freizeit schwindet. die persönliche belastung sei hoch, weiss der sonst stets aufgestellte reto nause fast ein wenig zu klagen.

das fremdbild des wahlkampfes
trotz all dieser anstrengungen kann man sich von aussen des eindruckes nicht erwehren, es gäbe in bern gar keinen wahlkampf. weder hüben noch drüben.

um am 30. november 2008 im stadtpräsidium, gemeinderat und stadtparlament die mehrheiten zu kippen, starteten die bürgerlichen anfangs jahr entschlossen die wende-kampagne. dann kam die ernüchterung mit dem knatsch innerhalb der fdp wegen der nicht-wieder-nominierung von stephan hügli, und 6 wochen vor dem tag x fragt man sich, was aus alledem geworden ist.

obwohl es themen zu hauf gibt, will einfach keine wahlkampfstimmung auf berns strassen (und auf internet) enstehen. bern droht der abstieg als stadtregion in die regionalliga, ohne dass man auswege zwischen den parteien verhandelt. die eingemeindung rund um die stadt herum wurde zwar auf die traktandenliste des stadtparlamentes gesetzt, doch mag sich aus lauter herrje jemand zu vergraulen niemand vor. und als interessierter bürger liest man überall die standpunkte pro und kontra neue strassencafes, obwohl sie in der heutigen form alles illegal sind.

kommt die wende im wende-wahlkampf noch?
barbara hayoz, möglicherweise unsere erste stadtpräsidentin, lächelt in realität weniger als auf dem plakat. statt freisinnig inspirierte bärenmutter spielen zu können, sammelte sie mitten im profilierungswahlkampf geld für ihren bärenpark, der eines geologengutachtens wegen 50 prozent mehr kosten wird als angenommen. und beat schori scheit ein zuverlässiger gradmesser für seine svp zu sein, wirkt er doch gleich wie die mutterpartei durch die selbstgestellte, aber nicht beantwortete frage, ob man eine regierungs- oder oppositionspartei sei, paralysiert.

aufwühlende stimmungslagen wie nach den ausschreitungen vom 6. oktober 2007 gibt es in bern schon längst nicht mehr. bern bashing ist keine plattform mehr, um sich zu positionieren. das erbe hiervon angetreten hat stephan hügli, der dissidente fdp-ler auf dem posten des polizeichefs ohne polizei. und bekommt den eindruck, er störe bis zu seinem abgang nur noch. doch damit dürfte es sich in sachen veränderungen bei den berner exekutivwahlen haben.

reto nause scheint der einzige nicht desillusionierte wahlkämpfer zu sein. für ein bild auf dem stadtwanderer organisiert er spontan seine bürgerlichen mitstreiterInnen auf den velo hinter dem poller, den man, würde man endlich regieren können, abschaffen würde. bis es aber soweit ist, schützt er auch das bürgerliche trio vor rasanten durchfahrten in der stadt.

ob es soweit kommt ,ist angesichts der angestrengten suche nach einem politischen wahlkampf fraglich. so bleibt ohne wende im wende-wahlkampf nur die frage, welcher bürgerliche nebst barbara hayoz anstelle von hügli neuer gemeinderat wird: schori oder nause?

auf zum konzert!
immerhin, ich habe ein ticket für ein konzert, organisiert von cvp, evp und glp bekommen. reto nause will das selber singen. diese stimme ist also sicher, und ich werde im publikum miteinstimmen. politisch kann ich mich in bern sowieso erst äussern, wenn ich in meinem aussenquartier eingemeindet sein werde!

stadtwanderer

den röschtigraben in der brustkrebsbekämpfung überwinden

der blick war ungewohnt. denn die sicht auf das bundeshaus war gestern durch 1500 büstenhalter verstellt. dabei ging es trotz farbenpracht um nichts frivoles. vielmehr wurde mit dem tod durch brustkrebs auf eine ausgesprochen ernsthafte thematik aufmerksam gemacht. dessen bekämpfung kann auch als indikator für europäisches und schweizerisches bewusstsein genommen werden!

mahnmal gegen brustkrebs in der schweiz, dessen nicht-bekämpfung ein indikator für europäisches resp. schweizerisches selbstbewusstsein ist (foto: stadtwanderer)
mahnmal gegen brustkrebs in der schweiz, dessen nicht-bekämpfung ein indikator für europäisches resp. schweizerisches selbstbewusstsein ist (foto: stadtwanderer)

1500 frauen sterben jährlich an brustkrebs. sei brauchen keinen bh mehr. das war die botschaft. aufmerksam machen wollten die initiantinnen aus des dem bernischen detligen damit auf die fehlende früherkennung von brustkrebs. diese ist ist in der romandie etwas besser präsent, in der deutschsprachigen schweiz kennt erst der kanton st. gallen seit neuestem ein solches programm. obwohl brustkrebs in der ganzen schweiz die häufigste ursache bei frauen ist, die an krebs leiden.

gut in erinnerung ist mir ein referat von bettina borisch, der genfer medizinprofessorin, gehalten an einer weiterbildungstagung. sie hatte den vollzug von präventionspolitiken in europa und in der schweiz evaluiert, und eine kritik zu den innerschweizerischen verhältnissen formuliert. die unterschiede in der praxis frühzeitigen brustkrebsbekämpfung sind demnach innerhalb der kleinen schweiz grösser als in der grossen eu. ein grund hierfür ist, dass die eu in solchen fragen standards erlässt, wie gross die abweichungen sein dürfen. wenn die überlebenswahrscheinlichkeit einer frau fünf jahre nach ausbrechen des brustkrebs zwischen den mitgliedstaaten um mehr als 5 prozent variiert, werden die säumigen länder aufgefordert, mehr für die gesundheit ihrer bewohnerInnen zu tun.

in der schweiz kennt man angesichts einer weitgehend fehlenden präventionspolitik keinen solchen mechanismus. obwohl die wahrscheinlichkeit einer genfer in, fünf jahre zu überleben, bei 50 prozent ist, einer st.gallerin oder appenzellerin indessen nur 50 prozent. man überlässt es den gewohnheiten der kantonen, bei denen politkulturelle eigenheiten den gang der dinge bestimmen. und das kann man nur so bilanzieren: der kantönligeist kann in dieser frage tödlich sein!

in der romandie hat man nämlich viel rascher auf die entwicklungen in der eu reagiert und entsprechende präventionsprogramme eingeführt. in der deutschsprachigen schweiz kennt man das nicht. manmusste man lange warten, bis jüngst die st. galler gesundheitsdirektorin heidi hanselmann den ersten vorstoss wagte. verschwunden ist der röschtigraben in der frage der brustkrebsbekämpfung indessen noch lange nicht! denn die gesundheitsdirektorenkonferenz, das führungsorgan der kantone, will weiterhin nichts wissen von flächendeckener vorsorge. sie will es den kantonen einzeln überlassen, was sie leisten wollen und was nicht. das ist eigentlich ein skandal, der nur noch ausserhalb der eu passieren kann.

der kanton gehört übrigens zu jenen ständen, welche die variante “romandie” prüfen. dank dem berner jura notabene, der sich einfach dem welschen modell angeschlossen hat.

stadtwanderer

was war? was ist? was wird?

die zeiten sind hart. und übersichtlich. der neue zeitgeist bedarf der klärung! wer hilft?

obama scheint den kampf ums weisse haus zu gewinnen. selbst republikaner laufen zu ihm über. als präsident kann er dann aufräumen, was ihm bush jr. hinterlassen hat. die höchsten staatsschulden, die amerika je hatte, verantwortet der präsident, der die tiefsten umfragewerte hat, seit man das misst.

die subprime-krise hat die realpolitik erreicht. früher oder später merken auch wir schweizerInnen das. die ubs hat es schon getroffen. 120 milliarden $ musste sie innert jahresfrist abschreiben, soviel wie keine andere bank der welt, die es noch gibt. der staat hat in der not interveniert. der bundesrat hat geführt. dabei aber vergessen, dass er die politik, nicht die wirtschaft vertritt. die kritiken sind entsprechend laut. die leserbriefspalten quellen wegen der bonus-geschichte über. die sp geht auf distanz, wenn es wie anderen orts keine mitsprache gibt. und die svp ist gespalten, zwischen neoliberalen bankern und oppositionellen nationalkonservativen.

generell erwartet man eine grosse diskussion über reregulierung der weltwirtschaft, der schweizer ökonomie. liberalsierungen dürften es schwer haben, etwa im strommarkt angesichts der preisaufschläge, die für die konsumentInnen in aussicht stehen. die grossen geldsummen, die im nu aus dem hut gezaubert wurden, werden neue ansprüche entstehen lassen. und die argumentation dagegen erschweren.

thomas minder wurde noch vor kurzem an der gv der ubs von sicherheitskräften abgeführt, als er marcel ospel abzocke vorhielt. heute, wo alles geändert hat, empfiehlt er sich mit seiner anti-abzocker-volksinitiative gleich selber als volksheld. am liebsten möchte er rasche entscheidung, um zu gewinnen. doch fehlt es ihm an verbündeten, das durchzusetzen.

überhaupt, die signale, die man dieser tage empfängt, sind widersprüchlich. das traditionell linke genf wählt sich einen eher bürgerlichen verfassungsrat. das traditionell rechte huttwil wiederum kennt bei den gemeindewahlen eine linksrutsch. sage mir eine(r ), er oder sie erkenne noch einen einheitlichen trend im volkswillen. das war im letzten oktober einfacher. schön zugespitzt präsentierte sich die lage damals, die jetzt so verworren ist.

wohin geht der zeitgeist? eine frage, die mich beschäftigt, zwischendurch, wenn ich nicht moloche, tief durchatme, und mich und meine zeit hinterfrage. denn das ist normalerweise mein wegweisen beim wandern. momentan funktioniert das nicht mehr, ich trete an ort. und deshalb meine immer gleichen grundfragen:

was war?
was ist?
was wird?

wer hilft, die stichworte zur lage der nation, zum befindlichkeit der zeit genau ein jahr nach den schweizerischen parlamentswahlen neu zu setzen?

stadtwanderer

uuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuubs

“Wir sitzen nicht mehr auf dem hohen Ross”, sagte ubs-präsident peter kurer im tages-anzeiger vom 17. oktober 2008. das implizierte, dass die banker an der zürcher bahnhofstrasse vormals eben dort waren. und es unterstellte, dass sie ihre position nun verschoben haben.

für den anderen, gleichentags gemachten satz musste sich der gleiche peter kurer bereits heute entschuldigen. gestern noch meinte er; “Ich kann nicht völlig ausschliessen, dass es auch in Zukunft Boni in zweistelliger Millionenhöhe geben wird”. das erschütterte bundesrätin eveline widmer-schlumpf. dass bonusentschädigungen ausbezahlt würden “in einem Moment, wo man so viel Geld in den Sand setzt, kann ich nicht akzeptieren”, sagte sie in der tv-arena. das wiederum verlanlasste den ubs-chef, seine aussage zu relativieren. boni über 10 millionen halte er für stossend, präzisierte er. er werde erst wieder einen zuschlag auf sein salär erwarten, wenn es der bank gut gehen und wenn die schweiz keinen schaden genommen habe.

ob man den historischen augenblick in der schweizer bankengeschichte, der sich am donnerstag ergab, in der schweiz vergessen wird, wage ich zu bezweifeln. ob man sich auch aller zitate dieser tage erinnern wird, weiss ich indessen nicht. 80 sätze, die ihre eigene zeit überlebten, weil sie etwas typisch auf den punkt brachten, hat helge hesse im bemerkenswerte buch “Ich habe einen Traum” zusammengestellt. mit den einschlägigen kommentaren dazu ist ein kaleidoskop zur weltgeschichte des 20. jahrhunderts entstanden. gerne gebe ich die merksätze mit einer denksport aufgabe am schluss dieses beitrags wieder:

Pardon wird nicht gegeben! (Kaiser Wilhelm II.)
Das Ich ist nicht Herr im eigenen Haus. (Sigmund Freud)
E = mc2 (Albert Einstein)
Form follows function. (Louis Henri Sullivan)
Jeder Kunde kann sein Auto in jeder Farbe anstreichen lassen, die er will, vorausgesetzt, es ist Schwarz. (Henry Ford)
Um Gottes Willen, kümmert Euch um unsere Leute! (Robert Falcon Scott)
Besser aufrecht sterben als auf Knien leben (Emiliano Zapata)
Save Our Souls! (Funkspruch in der untergehenden Titanic)
In ganz Europa gehen die Lichter aus. (Edward Grey)
Im Westen nichts Neues (Erich Maria Remarque)
Alle Macht den Räten! (Vladimir Iljitsch Uljanov, genannt Lenin)
Die Welt muss sicher gemacht werden für die Demokratie. (Woodrow Wilson)
Der Untergang des Abendlandes (Oswald Spengler)
Ehrfurcht vor dem Leben (Albert Schweitzer)
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. (Fred R. Barnard)
Langfristig sind wir alles tot. (John M. Keynes)
Ausgerechnet Bananen! (Fritz Löhner-Beda)
Wenn du Fragen musst, wirst du es nie wissen. (Louis Armstrong)
Ihr seid eine verlorene Generation. (Gertrude Stein)
Das Nichts nichtet. (Martin Heidegger)
Aktionäre sind dumm und frech. (Carl Fürstenberg)
Der amerikanische Traum (James Truslow Adams)
Das Einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selber. (Franklin D. Roosevelt)
Flink wie Windhunde, zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl (Adolf Hitler)
Wem die Stunde schlägt. (Ernest Hemingway)
Asien den Asiaten! (Japanischer Propagandaslogan)
Arbeit macht frei. (Eingangstor eines deutschen KZs)
Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen. (Albert Camus)
Das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. (Film Casablanca)
Sie sterben, damit Deutschland lebe! (Völkischer Beobachter)
Wir sind Euer böses Gewissen! (Die weisse Rose)
Ich weiss, es wird einmal ein Wunder gescheh’n. (Bruno Balz)
Da wir die Atombombe erfunden haben, haben wir sie auch benutzt. (Harry S. Truman)
Alle Tiere sind gleich. (Geogre Orwell)
Darum sage ich ihnen: Lassen Sie Europa entstehen! (Winston Chruchill)
Auge um Auge lässt die Welt erblinden. (Mahatma Gandhi)
Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Stadt. (Ernst Reuter)
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. (Erklärung der Menschenrechte 1948)
Auferstanden aus Ruinen. (Johannes R. Becher)
Um in Israel ein Realist zu sein, muss man an Wunder glauben. (David ben Gurion)
Ich suche nicht, ich finde. (Pablo Picasso)
Es gibt kein richtiges Leben im falschen. (Theodor W.Adorno)
Suicide is painless. (Mike Altman)
Der Tode eines einzelnen Mannes ist eine Tragödie, aber der Tod von Millionen ist nur eine Statistik. (Jospeh Stalin)
A Star is born. (Filmtitel 1954)
Fünfzig Jahre Fortschritt in fünf Jahren (Juscelino Kubitschek de Olivera)
Wohlstand für alle! (Ludwig Erhard)
Der grosse Sprung nach vorn (Mao Zedong)
Das Grauen, das Grauen! (Joseph Conrad)
Fragt nicht, was euer Land für euch tun kann, sondern fragt, was ihr für euer Land tun könnt. (John F. Kennedy)
Die Geschichte wird mich freisprechen. (Fidel Castro)
Das globale Dorf (Marshall McLuhan)
Wir haben uns schrecklich geirrt. (Robert McNamara)
Three quarks for Muster Mark (James Joyce)
Ich habe einen Traum. (Martin Luther King jr.)
In Zukunft wird jeder einmal für fünfzehn Minuten berühmt sein. (Andy Warhol)
All You Need Is Love. (John Lennon/Paul McCartney)
Sozilalismus mit menschlichem Antlitz (Alexander Dubcek)
Die schweigende Mehrheit (Richard Nixon)
Eine Frau braucht einen Mann, wie ein Fisch ein Fahrrad braucht. (Irina Dunn)
Houston, wir haben ein Problem. (James Lovel)l
Macht kaputt, was euch kaputt macht. (Ton Steine Scherben)
Die Grenzen des Wachstums (Club of Rome 1972)
Scheisse nochmal, Allende ergibt sich nicht! (Salvador Alllende)
That’s Lucy in the Sky with Diamonds. (Julian Lennon)
Anything goes. (Paul Feyerabend)
Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. (Helmut Schmidt)
Schwerter zu Pflugscharen! (Bibel)
Der Mensch ist nicht frei, wenn er einen leeren Geldbeutel hat. (Lech Walesa)
Vielleicht hat uns der Herr diese Seuche gebracht, weil unterlaubter Sex gegen die Zehn Gebote verstösst. (Ronald Reagan)
Wir amüsieren uns zu Tode. (Neil Pstman)
Wir brauchen die Demokratie wie die Luft zum atmen. (Michail Gorbatschow)
Read my lips: no more taxes. (George H.W. Bush)
I dit it my way. (Frank Sinatra)
Wir sind das Volk. (DemonstrantInnen in der DDR 1989)
It’s the economy, stupid. (James Carville)
Das Ende der Geschichte (Francis Fukuyama)
One person, one vote (Wahlprinzip)
Der Kampf der Kulturen (Samuel P. Huntington)
Ein Land, zwei System (Deng Xiaoping)

so, und nun wüsste ich gerne, welchen titel ihr wählen würdet, um die auslaufende woche für die geschichte festzuhalten!

stadtwanderer

quelle: helge hesse. ich habe einen traum. eichborn, 2008

neu im angebot: finanzplatzwandern

neu im angebot des stadtwanderers ist das immer populärer werdende gesellschaftsspiel “finanzplatzwandern”. dabei wandert mann&frau nicht rund um die zürcher börse, aber auf und unter dem berner bundesplatz. denn der wurde diese woche klammheimlich in “finanzplatz” umgetauft. ein augenschein vor ort.

rollen und regeln
drei hauptroller braucht es für das neue gesellschaftsspiel, einen bundespräsidenten dazu als nebenroller, und rund 7’000’000 geldgeber können als statistInnen mitwirken.

der erste hauptroller wird peter kurer genannt. er spielt den präsidenten der ubs. seiner schwachen performance im 3. quartal 2008 wegen ist aber nur als leiter der ubs-filiale bern, links vor dem bundesplatz, tätig. zweiter nebenroller ist jean-pierre roth, chef der in stein gemeisselten schweizerischen nationalbank. sein startpunkt ist rechts vom finanzplatz. als dritte wirkt eveline widmerschlumpf als hauptrollerin, denn sie ist die mutige stellvertretende finanzministerin der schweizerischen eidgenossenschaft und haust im bernerhof. sie alle bekommen einen segway, dem gegenwärtigen symbol für einfühlsames geschäften, bei dem man jederzeit im gleichgewicht bleiben muss.

ausgeheckt wurde die neue finanzplatzwanderung unter dem bundesplatz. bis vor kurzem lagerte dort das überschüssige gold der nationalbank. das wurde jedoch jüngst verkauft. der leere banktresor wurde in den neuen bundesratsbunker umgebaut. abhörsicher, wie er mit all seinen sicherheitsmauern ist, kann kein feind, aber auch keine bürgerInnen mitbekommen, wie die spielregeln sind.

doch der stadtwanderer weiss mehr: hier die details!

der sog. unpopuläre teil
zuerst spielt man den unpopulären part. ubs-kurer muss dabei den ersten schritt machen, denn er hat die 60’000’000’000 wertlospapiere, die ihm seine investmentbanker in der berner filiale deponiert haben, eigenhändig im finanzplatzbunker verstauen gehen. dafür bekommt er 1 dollar, und die gesamte aufsicht über die wertlosgelder geht an die nationalbank.

doch auch für snb-roth ist der marsch in die tiefen des finanzplatzes nicht ohne. denn er muss einen kredit über 54 milliarden mitbringen, den er für minimal 8 jahre, maximal 12 jahre einer firma borgt muss, die es noch gar nicht gibt, und die auch ausser reichweite der schweizer finanzplatzwanderer sein wird.

an der auffanggesellschaft in der karibik muss sich ubs-kurer auch beteiligen. er hat 6 milliarden einzuschiessen, damit man jeweils im gleichschritt auf die cayman inseln wandert, denn ohne dass kann man ennet dem teich auch schnell mal baden gehen.

beide müssen rechtzeitig und fit von ihrer auswanderung zurück kommen: roth, weil er die 54 milliarden schritt für schritt pumpen gehen muss, wohin auch immer er dafür betteln geht. geld ausleihen muss aber auch kurer, denn er die 6 milliarden, die er einschiessen soll, gar hat nicht. dafür wandert er rüber in den bernerhof. denn dort gibt ihm mutter helvetia das kleingeld als kurzzeitkredit.

all diese neuartigen bankgeschäfte wollen mit zinsen abgeglichen sein! die wiederum muss kurer bei seinen kunden erwirtschaften gehen. der grösste vermögensverwalter der welt hofft, dank der schweizer staatshilfe altlasten entsorgt zu haben und so aus der berühmten talsohle heraus zu sein. roth ruft ihn jedoch jeden tag um 11 uhr an und sagt ihm, was man in london unter bankern erhält, wenn man sich noch geld leiht. 1/4 prozent schlägt er dann noch drauf, um sein risiko bei der gratwanderung zwischen unterstützung und absturz abzusichern. sein vorteil ist, dass er nicht in quartalsabschlüssen denken, sondern erst in der ewigkeit abrechnen muss. widmerschlumpf wiederum muss vor den nächsten wahlen aus dem schneider sein. sie verlangt für ihren kredit per sofort fixe 12,5 prozent. hat sie nach 30 monaten ihr geliehenes geld nicht zurück, wird die eidgenossenschaft 2010 automatisch ubs-grossaktionärin.

der sog. populäre teil

alle finanzplatzwanderer hoffen, dass die ubs ihre kredite zurückbezahlen kann und den weg auf den erfolgspfad wiederfindet. sollte dennoch jemand auf die idee kommen, vorher die grossbank kaufen zu wollen, muss er (oder sie) den 60 milliarden kredit gleich mitübernehmen. das sichert die unabhängigkeit der ubs, auch in schwachen zeiten, – ausser die schweiz würde von der eu gekauft, oder die ubs würde ganz hops gehen.

damit wäre aber der unpopuläre teil im finanzplatzbunker definitiv zu ende, und es begänne der populäre teil. denn die rund 7’000’000 geldgeber würden in so einem falle mit einem ansehnlichen betrag die zeche bezahlen. zu erwarten wäre dann auch eine eigentliche volkswanderung auf den berner finanzplatz, organisiert von sp und svp (motto: “miteinander sind wir stark, gegeneinander stärkt den gegner”), wo auch ein paar unschöne worte in richtung fdp, cvp und bdp abgegeben würden. der schweiz droht dann eine neuer transparentkrieg, geführt gegen die intransparenz der wichtigsten entscheidung der legislatur!

das wiederum wäre der grosse moment des bundespräsidenten. pascal couchepin übt sich nämlich jetzt schon in der beruhigung. optimist müsse man sein, wenn man heute geschäften wolle. und sich mit leib und seele dafür einsetzen, müssen man sich heute. peter kurer zum beispiel sei bereit, auf seinen bonus zu verzichten, und er, pascal couchepin, würde notfalls auch ohne weiteres länger als bisher gemeit im amt bleiben.

beides wäre dann ein vorbild für die geprellten geldgeber. denn als gute finanzplatzwanderer müsste man bei solchem einsatz für die sache notfalls bereit sein, für weniger länger zu arbeiten!

stadtwanderer

ramschpapier!

nein, die globale finanzmarktkrise betrifft uns nicht.
nein, die konjunktur in der schweiz wird nicht einbrechen.
nein, die börse in zürich reagiert nicht wie in new york, london oder frankfurt.
nein, die politik soll sich nicht in die wirtschaft einmischen.
nein, wo es nichts zu handeln gibt, muss man auch nicht kommunizieren.
nein, die schweizer banken sind dank früher kapitalaufstockung aus dem gröbsten raus.
nein, wo es nicht nötig sei, müsse man auch kein geld hineinpumpen.
nein, die steuerzahlerInnen zahlen bei uns die zeche nicht.

und jetzt das: “der bund stärkt die eigenmittelbasis der ubs mit einer pflichtwandelanleihe im betrag von 6’000’000’000 franken. darüber hinaus schafft die snb die möglichkeit ramschpapier für 60’000’000’000 $, die derzeit nicht gehandelt werden können, in eine zweckgesellschaft auszulagern.”

also wirklich: nein!

stadtwanderer

die rote tramfront

“eine tramlinie mehr durch die altstadt, dann wir haben die rote tramfront”, sagt regula rytz. fast glaubt man, die frühere gewerkschafterin hätte rote volksfront sagen müssen, denn die gemeinderätin für alle fragen der mobilität in bern ist mitten im wahlkampf, indem die rot-grüne mehrheit in bevölkerung, parlament und regierung verteidigt werden soll.


quelle: flickr

doch das wäre ein versprechen in die falsche richtung gewesen, muss man sagen, wenn man politikerin des rotgrünen bündnisses auf ihrer eigenen stadtwanderung reden hört. verkehr, umwelt, hochwasser, klimawandel und energie sind ihre themen, wenn sie nach einer aufreibenden gemeinderatssitzung eine gruppe freiwilliger durch berns altstadt und matte führt und sich dabei als konsensorientierte, pragmatische politikerin profiliert.

ohne aufregung erläutert die exekutivpolitikerin – mit talent zu mehr als es für eine gemeinderätin nötig ist- , warum sie für mehr poller beim zytgloggen und gegen weitere strassenkaffees in der oberen altstadt ist. wer der wachsenden zahl an touristInnen in der bundesstadt etwas bieten will, muss den verkehr beruhigen, und wer eine normales durchkommen auf berns strasse gewährleisten will, kann nicht jeden individuellen anspruch auf den öffentlichen boden tolerieren, sind ihre faktenreich belegten antworten.

dabei scheut regula rytz nicht, gewinnend auch ihre lebensgeschichte einzuflechten. denn als studentin haben sie in einem keller in der matte gelebt, erläutert die thunerin, in einer wohnung, die ihr bruder umgebaut habe. über hochwasser habe sie sich damals keine gedanken gemacht, bekennt sie offenherzig.

heute ist das anders: 10 millionen schweizer franken hat die gemeinderätin für den unmittelbaren bevölkerungsschutz einerseits, anderseits für studien, was längerfristig kommen soll, in der matte ausgegeben. 70 oder 120 weitere millionen werden in den kommenden vier jahren durch ihre handschrift beantragt werden, wenn sie wiedergewählt werden wird. denn entweder gibt es ihrer meinung nach einen sicherheitsstollen unter der altstadt hindurch, oder eine quaimauer, um weitere übertretung der aare oder des grundwassers in der matte zu verhindern.

auf einige ihrer bisherigen erfolge in der altstadt ist sie jetzt schon stolz. 4 von 5 stadtbernerInnen haben ein abo für den oev. soviele wie nirgendwo, sagt sie mobilitätsdirektorin. 44 prozent der einwohnerInnen berns besitzen zudem kein eigenes auto, – auch das eine rekordverdächtige zahl. besser noch: seit der grundsatzentscheidung von 1997 über den verkehr in der innerstadt, habe sich die zahlen konstant verbessert, oder auf hohem, positivem niveau gehalten. ohne dass die berner und bernerinnen weniger mobil geworden wären, fügt sie keck bei, sodass es grüne fundis schaudern dürfte. das zeige, dass die durch sie gewollte förderung des öffentlichen verkehrs in der kernstadt funktioniere, ohne die menschen einzuengen, schliesst die direktorin für tiefbau und stadtgrün dieses thema ab.

ausser es gäbe eine weitere tramlinie durch die stadt, ohne dass dem bus eine neue traverse zwischen bahnhof und nydeggkirche eröffnet wird. denn dann gäbe es die rote tramfront in bern tatsächlich, durch die keine fussgängerInnen mehr die strassenseite wechseln könnten. “das stimmt so nicht”, widerspricht einer ihrer mitwanderer. denn die berner trams seien schon lange nicht mehr rot, hätten vielmehr alle farben mit viel werbung drauf. “die teilweise dümmlich ist”, fügt die femistische gesellschaftskritikerin rytz bei; sie habe bern mobil bereits schimpfis erteilt.

das wiederum freut den stadtwanderer, der mitgegangen ist, um einen hauch des unprätentiösen wahlkampfes in der bundesstadt zu erleben und dabei erfahren hat, dass unter den verkehrsteilnehmerInnen in bern nichts so beliebt ist wie der fussmarsch.

dann bin ich mal gespannt, ob unsere oberste verkehrsfrau wiedergewählt wird, ohne dass eine rote tramfront ihre grüne basis verärgern wird!

stadtwanderer

kulinarische kultur

das essen ist das wichtigste an der kultur. gut essen kommt auch von gut reden und schreiben. denn gut reden und gut schreiben erhöht die erwartungen, sodass sie auch eingelöst werden müssen. den massstab dazu setzt seit jahren der gault millau kalender, soeben für die kommende saison erschienen.

top in bern: das meridiano im kursaal

20 punkte bekommt man einmal im jahr von gault millau, wenn alles perfekt ist. wer 12 punkte hat, kommt ins rating. der rest ist non-valeur. 18 der begehrtesten zähler in der gastronommie gabs dieses jahr für den “koch des jahres”, dominique gauthier, chef des genfer restaurants beau-rivage.

der “löwen” im bernischen thörigen führt die liste der spitzenrestaurants in der weiteren umgebung des bundesstadt an. in bern selber ist das meridiano zuoberst. beide restaurants brachten es auf 17 punkte.

in der stadt folgen “la terrasse” des bellevue palaces und das “schöngrün” im paul klee museum mit 16 punkten. auf 15 bringt es das “mille sens” in der markthalle, und der geheimtipp “wein&sein” in der altstadt.

eigentlicher aufsteiger in bern ist “flo’s restaurant”, vor einem jahr erstmals auf der liste – und jetzt schon bei 14 punkten. diesmal unter den 20 rangierten stadtberner restaurants neu sind das “bellavista” und das “waldheim”.

letzteres hat die wohl erstaunlichste wendung unter den topgesetzt gastwirtschaften durchgemacht. in den 90er jahren, als ich selber noch in der länggasse wohnte, war es eine der typischen quartierbeizen um die ecke. heimlig, aber ohne spezielle küche. heute ist eine gediegene eckecke daraus geworden, die in vielerlei hinsicht überzeugt: dezent im ausdruck, qualitativ hochstehend im angebot.

die jetzige gastgeberin, regula minder stettler, weiss auch einiges über die quartiergeschichte zubericht. früher war man eine holzhütte im bremgartenwald, wo man schutz fand, wenn man bedroht war. heute will man eine waldlichtung im länggassquartier sein, in der man sich wohl fühlt und wo man geniessen will.

that’s change for a better world!

stadtwanderer

der grosse abwesende

eigentlich hätte heute der dalai lama tenzin gaytso in bern sprechen sollen. doch er hatte sich schon im voraus krankheitshalber entschuldigen müssen. schade, seine menschliche wärme im religiösen wie auch politischen diskurs hätte gut getan.

die einladung zum besuch der stadt hatte der berner gemeinderat ausgesprochen. wohl hoffte die stadtregierung, sich so dieses jahr nach dem holländersturm ein zweites mal in der orangenen menge sonnen zu können. doch daraus wurde durch die freundliche, aber verbindliche absage, die der dalai lama wegen seiner erschöpfung der bundesstadt erteilen musste, nichts.

wäre der dalai lama heute persönlich da gewesen, wäre das “stadtgespräch” im berner kornhaus, das dem thema “politik und religion” gewidmet war, sicherlich inspirierter ausgefallen. arthur k. vogel, chefredaktor des berner “bund”, begründete einleitend zurecht die begeisterung für den dalai lama mit dessen umfassenden ausstrahlung politik und religion beseele und den menschen hoffnung gebe. das negierte selbst die feministische theologin sophia bietenhard nicht, auch wenn sie im dalai lama weniger eine religiöse instanz sieht, sondern ihm als spirituellen führer versteht. hektor leibundgut von der zeitschrift reformatio sieht im dalai lama den vertreter eine unverbrauchten religion, die anders als das christentum frieden nicht nur predige, sondern auch lebe.

die diskussion machte einen weiten bogen, während dem im wahrsten sinne über gott und die welt gesprochen wurde. dabei kamen die unterschiede zwischen den religionskulturen zum vorschein, seien sie nun buddhistisch, jüdisch, islamisch oder christlich geprägt: vom hohen stellenwert der aufklärung bei uns war mehrfach die rede, von den menschenrechten als moralisch-rechtlicher grundlage der politik ebenfalls, und schliesslich auch von der trennung von kirche und staat und dem laizistisch geprägten volksschulwesen. das alles wurde als errungenschaften des kulturellen fortschritts gewürdigt, der religionsfreiheiten, toleranz und pragamtismus im öffentlichen diskurs erst ermöglicht hat, ohne dass man sich dem nützlichkeitdenken der ökonomie verschlossen habe.

die probleme damit sah der katholisch erzogene journalist vogel am ehesten beim islam, derweil die kirchenleute die fundamentalitischen tendenzen in der eigenen gesellschaft kritisierten, seien es nun die radikale säkularisierung in europa oder die evangelikalischen strömungen in der angelsächsischen welt. dabei war unüberhörbar, dass die beiden vertreter der reformierten landeskirche resp. des evangelischen glaubens lieber über das verhältnis von religion und politik als vom umgekehrten sprachen. es schwang auch unübersehbar das leiden am bedeutungsverlust von kirchen, religionen und konfession in der rational-funktionale gesellschaft mit.

auf dem heimweg dachte sich der stadtwanderer, dass es ganz gut gewesen wäre, hätte der grosse lehrer aus dem tibet heute dem vorherrschenden kulturpessimismus seine fröhlich heitere art, weisheit zu vermitteln, entgegengehalten. denn an den heutigen diskussionen vermisst er nicht nur ihn, sondern auch sein charisma, das normalerweise menschliche wärme in politische wie auch religiöse diskurse bringt.

stadtwanderer

das bild der dalai lama mit dem musiker lotem gamling der auch ohne den grossen lehrer in bern spielte

von hundertstelsekunden und hunderten von jahren

den st. martinsturm in st. imier schmückt eine überdimensionierte uhr. sie steht gleichsam für die arbeit, die man in der stadt im suzetal findet. den turm selber nennt man im volksmund tour de la reine berthe, selbst wenn die anspielung auf die burgundische königin weit hergeholt ist. was solls, sagen sich die leute im erguel, denn sie haben gelernt, nach ihren eigenen uhren zu leben.

wer st. imier hört, denkt unweigerlich an uhrenindustrie. seit 1700 als erwerbszweig in der heimarbeit von st. imier bekannt, entwickelte sich diese branche im suzetal ab mitte des 19. jahrhunderts zur arbeitsteiligen fabrikarbeit. firmen wie tag-heuer, longines und breitling entstanden in st. imier oder produzieren unverändert vor ort. das hatte die bevölkerung bis zur wende zum 20. jahrhundert fast verzehnfacht. 8000 menschen lebten damals in st. imier; und das rasche wachstum des ortes sieht man dem schnell angelegten, geometrisch geordneten stadtgrundriss heute noch an, selbst wenn die bevölkerungszahl nach zwei uhrenkrisen um fast die hälfte zurückgegangen ist.

die stadt der anarchistischen internationalen
die historisch strassenschilder in st. imier erinnern an die umstände, unter dehnen die rasche instustrialisierung im juratal erfolgte. immer wieder stösst man dabei auf das massive alkoholproblem, das die familien beschäftigte. sozialreformen waren nötig, um die präzisionsarbeit in der uhrenindustrie zu gewährleisten. auf der infotafel am hotel central stösst man entsprechend auf niemand geringern als auf den russischen sozialrevolutionär mikael bakunin, der 1872 in st. imier die gegen karl marx gerichtete, anarchistische internationale der frühen arbeiterbewegung begründete.

dass bakunin mit seinem antiautoritären sozialismus im berner jura auf zuspruch stiess, sonst aber kaum erfolg hatte, hat einiges mit den verworrenen staatsverhältnissen in der gegend zu tun:

die stadt des basler bischofs

999 erhielt der basler bischof das kloster moutier-grandval von letzten burgundischen könig rudolf iii. geschenkt; damit wurde er im jura nicht nur zum obersten seelsorgern, sondern auch zum grössten grundherren. auch das kloster st. imier gehörte ihm fortan. bis 1792 blieb er als fürstbischof des kaiserreiches formell weltlicher herrscher, im jura wie in st. imier. erst napoléon bonaparte bereitete dem anachronismus ein ende, schlug das aufgelöste fürstbistum zu frankreich, bevor es, auf dem wiener kongress, als teil des kantons bern eidgenössisch wurde.

der basler bischof herrschte in den südlichen juratäler nicht direkt. zur verwaltung der weltlichen güter liess er neben dem kloster von st. imier eine burg bauen. das burgundische adelsgeschlecht d’arguel betraute er mit deren verwaltung. selbst wenn sie dem suzetal den bis heute gebräuchlichen namen “erguel” gegeben haben, ihren bischöflichen dienst quittiertem sie bereits ende des 13. jahrhunderts. darauf hin übergab der bischof seiner stadt biel 1335 das erguel zur verwaltung. doch hielt auch das nur bis zur reformation. denn von da an nahm die grosse unübersichtlichkeit ihren lauf.

die stadt der unklaren rechtsverhältnisse
die durchsetzung der reformation brauchte im erguel 80 jahre. 1610, als man soweit war, galt weder das wort des katholikenführers, der nach porrentruy geflüchtet war, viel, noch das der reformiertenführer in biel. das enteignete kloster hatte zwischenzeitlich im eidgenössischen solothurn zuflucht gefunden, und militärisch hatte man sich der erfolgreichen stadt bern angeschlossen. dank uhrenindustrie, vom neuenburgischen la chaux-de-fonds her eingeführt, war man seit dem 18. jahrhundert zudem in der lage, regelmässig gegen die herrschaft des basler fürstbischofes zu rebellieren, – und sich nach gewohnheitsrecht selber zu verwalten.

1815 verfügten die grossen aus österreich, russland und preussen, dass man in erguel und in st. imier schweizerisch werden sollte. zu bern hatte der süden konfessionell und militärisch beziehungen aufgebaut. mit der industrialisierung hatte auch die einwanderung aus bern eingesetzt. das alles fehlte dem nördlichen teil des ehemaligen fürstbistums, der katholisch geblieben, und wirtschaftlich rückständig geblieben war. in den volksabstimmungen zur gründung des kantons jura 1979 votierte man denn auch entsprechend, sodass man trotz ausgeprägt eigener politische logik in st. imier heute immer noch lieber mit berner als jura kennzeichen durch die stadt autofährt.

ein eigenes studium der verhältnisse wert
es ist tatsächlich so: dank uhren wie longines aus st. imier kann man bei ski- oder autorennen jeden ablauf der unmittelbarsten gegenwart in tausend teile gliedern, um zu bestimmen, wer sieger und wer verlierer ist. um die politische kultur der stadt st. imier zu begreifen, muss man sich schon kräftig hinknien. denn sonst versteht man das unikum im berner jura nicht.

lohnen tut es sich auf jedenfall, sagt der

stadtwanderer

die stunde der geschichtspolitiker

diese woche krachte es mächtig im gebälk des berner historischen museums. der wechsel an der spitze eröffnet geschichtspolitikern ein weites tummelfeld.


soll statt karls des kühnen, albrecht von hallers oder albert einstein leistungen im historischen museum von bern wieder diskutiert werden, ob der berner sandstein grün, braun oder gelb ist? (fotos: stadtwanderer)

peter jezler, der erfolgreiche macher im berner historischen museum, kündigte diese woche vor den medien seinen rücktritt auf mitte 2009 an. mario anonni, sein präsident, erläuterte, der umtriebige direktor müsse aus gesundheitlichen gründen kürzer treten. dieser wieder liess den so begründeten abgang nicht stehen, und verwies auf die mehrfache bürokratische aufsicht über das museum, die jede veränderung zu ersticken drohe.

auktoriale botschaft: berner geschichte ist pflicht!

diese auseinandersetzung scheint jedoch schon passé zu sein. denn nur einen tag nach dem disput auf höchste ebene des historischen museums liess sich franz von graffenried, der präsident der burgergemeinde, die zu einem drittel die kosten der wichtigsten geschichtsinstitution in bern trägt, mit einigen noch überraschenderen sätzen in der berner zeitung zitieren:

«Die Berner Geschichte ist ein Grundauftrag des Museums. Das ist zwar nicht sensationell, aber Pflicht.»

jezlers nachfolgerIn gab der einflussreiche mäzen gleich den tarif durch: «Der Nachfolger setzt vielleicht andere Schwerpunkte». erwartet werden schulpädagogik, wissenschaftliche publikation oder der konservierung – dafür «weniger spektakuläre Sachen».

pluralistisch gemeinte gegenfrage: wer definiert berner geschichte?
wie soll man als interessierter am historischen museum das alles verstehen? – gehört albert einstein doch nicht zur berner geschichte? war die ausstellung zu herzog karl von burgund etwa zu kühn? und ist albrecht von haller am ende keine wissenschaftler, der wie das wasser und münster zur berner aarestadt gehört?

was heisst, weniger spektakuläres? – keine museumsnacht mehr? dafür veteranentreffen im schützenmuseum? oder keine ritterspiele mehr? dafür handverlesene empfänge im burgerhaus?

man bekommt den eindruck nicht los, jezler müsse nach 12 erfolgreichen jahren gehen, um einen kurswechsel einzuleiten. ganz nach dem motto: weg von der begeisterung, die geschichte entfachen kann, hin zur tradition, die vergangener grösse nachtrauert.

in bern war es üblich, herausragendes zu vermeiden. haller wurde professor in göttingen, nicht in bern. zu mächtig war sein aufklärerischer geist für das patrizische bern. einstein wiederum galt als professor aus harvard, berlin, prag und zürich, nur nicht von bern, wo er sich habilitiert hatte. zu kautzig erschien der physiker, der nie socken trug, für das bürgerlich-angepasste bern. ja, selbst adrian von bubenberg ist in gewissen kreise bern verrufen, weil er letztlich kein berner patriot war, wie er aus nationalistischen gründen im schulbuch dargestellt wird, sondern als kleinrat halb gegen den berner geldadel und halb für den burgundischen hof votierte.

dank peter jezler wurde es möglich, all das in korrekter form im historischen museum zu thematisieren, zu diskutieren und sich dazu eine eigene meinung zu bilden. das ist sein verdienst, das ist die leistung des wichtigsten geschichtlich ausgerichtete denkfabrik in bern.

aufruf zum widerspruch

man kann nur hoffen, dass sich in der bevölkerung, bei den medien, in den parteien, unter den gemeiden und in der geschichtswissenschaft bald widerspruch gegen die traditionellen geschichtspolitiker regt, die versucht sind, die gunst der stunde zu nutzen und symbolträchtig auf dem schlachtfeld der historie das rad der geschichte zurückzudrehen.

stadtwanderer

die neue stadtgründungswanderung durch bern

so, die stadtwanderer-saison 2008 ist heute zu ende gegangen. mit einer premiere: ich habe wie angekündigt meine berner bären geschichten erstmals zum besten gegeben. und das vor meinem eigentlichen stammpublikum: den treuen leserInnen und kommentatorInnen des stadtwanderer-blogs.

mischas frau jenny wurde am 1. august 2008 schweizer bürgerin. das wollte gefeiert sein! mischa meinte, mit einer stadtwanderung, die sich dem thema einbürgerung annimmt. das war eine eigentliche knacknuss! bis mir die idee kam, dass es eine bärengeschichte werden müsste. denn, so meine grundlegende idee, der bär ist in der stadt bern nicht heimisch, sondern wurde erst im verlauf der geschichte eingebürgert. das geschah dann allerdings so gründlich, dass er heute ein teil der stadtidentität und ihrer bewohnerInnen geworden ist!

die berner stadtgründungslegende sieht das natürlich ganz anderes. demnach war es der stadtgründer herzig berchtold v. von zähringen, der nach dem bau der stadt seine dienstmannen anhielt, in die nahe gelegenen eichenwälder jagen zu gehen. das erste tier, das man erlegen werde, solle der stadt den namen geben. hirschtal wäre möglich gewesen. wildisau auch. und auch eine wolfsburg hätte es abgeben können. doch man traf den legendären bären, der, einmal erlegt, zum namensgeber und wappentier wurde.

nur hält das heute kaum jemand mehr für möglich. bären im 12. jahrhundert in berns gegend würde bedeuten, dass die gegend praktisch menschenleer gewesen wäre. den zähringern hätte die vorstellung schon gepasst, denn in ihrem gefolge behauptete man gerne, die stadt sei von ihne ex nihilio, aus dem nichts heraus, gegründet worden. da wären bären gut denkbar gewesen.

doch das ist nur unsere nachträglich sichtweise auf die gründung einer stadt. vieles spricht dafür, dass es nicht ein einsamer entscheid im eichenwald war, sondern in ein ganzes programm der landeserschliessung durch die schwäbischen adeligen gehörte, die aktiv wurden, um den rhein und die rhone mit einer strasse zu erschliessen, die durch zahlreiche ihnen ergebene orte geschützt und unterhalten wurde. dabei stützten sie sich auf verkehrswege zwischen genf und basel, die so schon bestanden und anderen orts kartographisch verzeichnet ware, nun aber ausgebaut und getreuen vasallen besiedelt wurden.

mit bären hatte das ganze gar nichts zu tun. bern als name kommt nicht von bärn, sondern von keltisch-germanischen byarna, dem ort am wasser, der in der sumpfigen gegend im aaretal zwischen dem thuner- und bielersee passierbar war, weil er durch grosse felsen gesichert ist, durch deren schlitz die aare muss. und das ist heute in der berner nydegg die stelle, wo heute die untertorbrücke steht, über die damals die zähringerburg herrschte.

der bär wiederum kam erst nach bern, als die stadt schon gut 300 jahre alt war. die kaiserliche reichsstadt geriet im 15. jahrhundert in das einflussgebiet der französischen könige, die den kampfgeist ihrer söldner schätzten. die wiederum schätzten das geld der franzosen, und solange sie bezahlten, hielt man zu ihnen, auch als söldner in der ferne. doch als die zahlungen auf dem feldzug gegen italien, der 1495 begann, stockten, fiel man ab, wechselte man die seite und kämpfte nun, bezahlt durch den papst,gegen die franzosen. und denen nahm man 1513 den bären ab, den man als siegertrophäe nach bern schleppte, wo er zuerst am bärenplatz, heute im bärengraben vis-à-vis der nydegg seinen platz bekommen hat.

diese alternative these zum dreieck bern-zähringer-bären befruchtete meine gedanken zu meiner neuen stadtwanderung schon länger. der druck, heute es spezielles bieten zu müssen, liess daraus eine neuen stadtgründungstour entstehen. ich werde noch daran feilen, und sie nächstes jahre fest in mein angebot einbürgern, jenny’s wille, hier heimisch zu werden, sei dank!

vorerst grosses merci an mein publikum, dass toll mitgegangen ist, meine bisweilen spontanen einfälle für bezüge aus geschichte und gegenwart geschätzt und schliesslich die neue tour beklatscht hat. besonderen dank natürlich an mischa-titus-und-wie-sie alle-heissen, die mit mein erstes stadtwanderer t-shirt geschenkt haben mit der aufschrift: “für wanderungen in der metropolitanregion bern – www.stadtwanderer.net – macht weltkulturerbe lebendig”.

es hat mich echt gefreut, und ich verstehe das durchaus auch als auftrag für stadtwanderer-saison 2009, die bestimmt kommt!

stadtwanderer ’08

foto: titus

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warum ich laizistisch eingestellt bin und es auch bleiben werde.

ich war in genf. im fernsehstudio. es ging um eine sendung zu “religion und politik” in der schweiz. auf dem weg hin und zurück hatte ich reichlich zeit, mir vertieft gedanken zu machen.

anlass für die sendung “faut pas croire” waren die amerikanischen wahlen, der einfluss der protestantischen kirchen namentlich auf die republikanische partei und damit potenziell auf den/die vizepräsidentIn. sarah palins aufruf zum gerechten krieg gegen den irak im namen gottes ist noch in all unseren ohren.

trennung von religion und politik
der vergleich zwischen den usa und der schweiz legt offen, wie weit die trennung von kirche und staat bei uns ist. wir haben zwar landeskirchen, doch nehmen sie nebst religiösen vor allem kulturelle und soziale aufgaben wahr. ihre stellung in der politik ist von untergeordneter bedeutung. das gilt sowohl für die cvp als grösster partei mit einem konfessionell-kirchlichen hintergrund, von dem sie sich aber auch entfernt hat. es trifft aber auch auf parteien wie die evp, die edu und die csp zu, die zwar alle im eidgenössischen parlament vertreten sind, letztlich aber kaum über ihre engere anhängerschaft hinaus ausstrahlen.

unsere prägende kultur ist der laizismus, entanden aus der entzauberung der religiösen welt durch die verweltlichung der herrschaft. er prägt bei uns auch den typischen blick für öffentlichkeit. kirchen sind zwar im bild den städten und gemeinden überall präsent. doch haben sie sich in eben dieser öffentlichkeit weitgehend zurückzuhalten. verstösse dagegen werden sensibel registriert und auch leidenschaftlich diskutiert. das zeigt sich beispielsweise, wenn die schulen in die abhängigkeit von kirchen geraten, oder wenn lehrmittel nicht nach wissenschaftlichen, sondern nach religiösen gesichtspunkten ausgearbeitet werden.

religion und öffentlichkeit im wandel
genau dieser bereich des öffentlichen, ist heute jedoch wieder in veränderung begriffen. anhänger neuer religionen werden in der schweiz zahlreicher, und sie mischen sich nach ihren selbstverständnissen ins öffentliche leben ein. mit ihnen steigt die aufmerksamkeit für fremde sitten und moralvorstellungen, die für uns als überholt gelten.

genau das verunsichert. kopftuch-debatten und minarett-initiative sind ausdruck dieser verunsicherung. für die protagonisten ist es der kampf zwischen christlichen und nicht-christlichen religionen. was dabei früher gegen die juden gerichtete antisemitismus war, ist die heute die islamophobie, die angst, durch moslems dominiert zu werden. und für menschen, die sich nicht mehr so stark mit der christlichen glaubensgemeinschaft identifizieren, ist eher der kontrast zwischen menschen, die religiös und nicht-religös in der öffentlichkeit auftreten irritierend.

ich bin ganz froh, dass man diese veränderungen diskutiert. denn es finden real veränderungen statt, deren nicht-behandlung das feld für neue fundamentalismen öffnet. und dieser kann sich in der schweiz mit den mitteln der direkten demokratie relativ leicht seinerseits die öffentlichkeit, die medien und die politik beeinflussen.

dagegen verteidige ich den aufklärerischen gedanken, den immanuel kant formuliert hat: dass die individuelle freiheit gross sein soll, aber dort ihre grenzen hat, wo sie die freiheit des andern bedroht. und dass gesellschaften zu garantieren haben, das dies nicht eintrifft.

bilanz 2008
mit dieser motivation bin ich gerne nach genf gereist, ins ehemalige zentrum des calvinistischen gottesstaates, das heute in aller offenheit und öffentlichkeit möglichkeiten und grenzen von religion und politik in der aufgeklärten gesellschaft debattieren lässt.

stadtwanderer

foto: studio der sendung “faut pas croire” im genfer fernsehstudio (aufnahme: stadtwanderer)

last minute: meet the bear in the city of berne

die letzte stunde der anmeldungen für die letzte wanderung des stadtwanderers während der saison 2008 schlägt: greifen sie zu, solange es noch plätze hat.

die führung findet am kommenden freitag, 10.10.2008 statt. sie beginnt um 17 uhr, und sie wird um 1845 fertig sein.

das thema der bereits angekündigten führung ist, ob man in bern heimisch werden kann. die unterstellung ist entgegen allen annahmen: ja. und der beste belegt dafür ist der berner bär. denn der kommt aus keiner stadt der welt. wo auch immer man ihm in einer stadt begegnet, ist er ein immigrant. jedoch einer, der es ausgerechnet auf dem harten berner pflaster geschafft hat, ein hiesiger zu werden. selbst eingebürgert wurde er, und man hat ihm auf dem kennzeichen von stadt und kanton den ehrenplatz verwiesen. auf dass er nie, nie mehr von bern gehe!

also, wer mitmarschieren möchte, der komme mit der frohen erwartung, dass ich ihm oder ihr alle bären, die einem in bern aufgebunden wurden, befreie. wir beginnen symbolisch am bärengraben. und wir enden vor dem denkmal des unbekannten bären. dazwischen lasse ich nichts aus: den wahlkampf ums bärenstadtpräsidium kommt vor, die sage um die gründung der stadt wird zerpflückt, die schreckliche bärenlose zeit unseres anwesens an der aare wird geschildert, und der triumphale einzug des bären in bern, ist gegenstand der führung.

also, macht euch auf die pfoten von meister petz, seid misstrauisch gegenüber allem, was er sagt, aber habt sorge zu ihm.

denn der angeschaffte bär würde uns allen fehlen, würde er die stadt verlassen!

feel free to participate!

bärenstadtwanderer