der kräutergarten für die weltliteratur

seit ihrer menschlichen besiedelung im 8. jahrhundert hat die reichenau keinen wald mehr. bis auf den heutigen tag finden sich aber auffällig viele gärten auf der insel. und auch der urtyp des kräutergartens stammt vom eiland zwischen der schweiz und deutschland ab, das im jahre 2000 ins weltkulturerbe der unesco augenommen wurde.

walahfrid lebte als junger mönch auf der reichenau. er hörte auf den rufnamen strabo, weil er schielte. dennoch war ein begabter beobachter der natur und ein herausragender dichter seiner zeit. der botanischen weltliteratur hinterliess der erst 19jährige benediktiner das erste lerngedicht über kräutergärten.

das hat walahfrid schon zu lebzeiten berühmt gemacht. kaiser ludwig der fromme machte ihn zuerst zum erzieher seiner söhne, dann zum abt des klosters reichenau. er vertraute ihm mehrere diplomatische missionen an, bis sein reich 843 auseinander fiel, und der wandermönche 40jährig fast schon symbolisch 849 in der loire ertrank.

überlebt hat aber die idee des kräutergartens, den die karolingischen klöster pflegen sollten. kaiser karl der grosse hat den auftrag dazu noch zu seinen lebzeiten gegeben. walahfrid hat die idee aus aachen mit dem lerngedicht popularisiert. 24 pflanzen hob er hervor, die sie es wert seien, über alle zeiten hinweg gezüchtet und verbreitet zu werden, weil sie den menschen heilen und nähren.

damit wirkte walahfrid stilbildend: für fast schon vielen bücher über heilkräuter, die bis auf den heutigen tag erscheinen, für die unüberschaubare zahl von gartenbauheftchen, die an den kiosken zu haben sind, über für die vielen schrebergärtnerInnen, die nicht nur auf der reichenau ihrer freude an pflanzen-, gemüse- und kräuterzucht frönen.

ganz besonders wenn die ersten frühlingshaften sonnenstrahlen uns erwärmen, wie mich und die kräuter auf der reichenau.

stadtwanderer