#beizentour: 13. Station: Pyri, Polo Hofer und die neue Politik

Das «Pyri», mit vollem Namen «Café des Pyrenées», ist der wohl legendärste Spunten der Stadt Bern. Er war die Stammbeiz von Polo Hofer. In einem Nachruf über ihn steht, er habe es als seine Berner Heimat bezeichnet, deren Bar seine Universität war.

Hier entstanden 1971 rund um Polo die «Härdlütli». Das waren vier Gäste aus dem Pyri, welche die Stadtpolitik aufmischen wollten. Mit einem Plakat, auf dem sich alle vier nur mit etwas Efeu bekleidet zeigten, sorgten sie damals noch für ungewohnte Aufmerksamkeit.

Die drei Männer wurden nicht gewählt. Erfolg hatte Margrit Probst, die einzige Frau auf der Liste. Doch als sie die erste Traktandenliste zum Parlamentsbetrieb sah, verging ihr die Lust an der institutionellen Politik schnell einmal. Ihr Nachfolger war der Künstler Carlo Liscetti. Polo Hofer hatte sich von der Politik schon verabschiedet.

Die Kobolde der «Härdlütli» gingen später in der alternativen Bewegung der 68er auf. Margrit Probst lebte lange im Ausland. Nach Bern zurückgekehrt, meinte sie kürzlich, die Freiheit der nächtlichen Beizenszene von heute sei etwas das, was sie sich von der Politik erwartet habe.

Für Aufsehen sorgte das Pyri noch einmal, als man sich vorübergehend weigerte, das Rauchverbot in Gastwirtschaften umzusetzen. Heute wir vor und neben dem Kaffeehaus geraucht, im Innern ist es untersagt.

Nun wird das «Pyri» der «taBerna Kultur-Gastro» betrieben. Sie hat es mit drei weiteren Szenencafés und Restaurants von der Weinhandlung Hess in Köniz gepachtet. Man verteidigt die eigene Lebenswelt gegen die Kolonisierung der Gastrolandschaft durch den Kommerz. Denn fast alles am Kornhausplatz gehört heute der Bindella-Gruppe, die aus dem Weinimport von Chianti in die Schweiz entstanden ist, und sich an ein gehobenes und etabliertes Publikum wendet.

Stadtwanderer

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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