Die Hauptstadt der Schweiz

Die Schweiz hat doch gar keine Hauptstadt. Sie hat eine Bundesstadt, und die ist seit 1848 Bern.
Richtig!
Doch das war nicht immer so.


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Bundesstaat
Erst mit der Gründung des Bundesstaates wurde Bern fester Sitz von Parlament und Regierung. Auf den Titel einer Hauptstadt verzichtete man auf föderalistischen Gründen ganz. Weitere Städte bekamen später Bundesinstitutionen, so Lausanne, Luzern und Zürich. Bis heute kamen noch Bellinzona und St. Gallen hinzu. Mit der Dezentralisierung der Bundesverwaltung wurden weitere Städte bedient.

Restauration
Zwischen 1815 und 1848 lösten sich Bern, Zürich und Luzern in einem zweijährigen Rhythmus als Vorort des Staatenbundes ab, den der Wiener Kongress geschaffen hatte. Der jeweilige Regierungspräsident des Kantons war der Versitzende der Tagsatzung.
Der Versuch 1832, Luzern zur Hauptstadt eines neu zu schaffenden regenerierten Bundesstaates zu machen, scheiterte am Veto des Kantons Luzern.

Mediation
Zwischen 1803 und 1813 teilten sich unter den Mediationsverfassung von Napoleon die sechs Direktorial-Kantone in die Aufgabe. Dies waren die Freiburg, Bern, Solothurn, Basel, Zürich und Luzern. Ihr Regierungspräsident war gleichzeitig Landammann. 1814 ging die Aufgabe an Zürich über, und der prov. Bundevertrag bestimmte eine einen zweijährigen Turnus der Kantonen Zürich, Bern und Luzern.

Helvetische Republik
1798 gab es mit der Helvetischen Republik erstmals eine Hauptstadt auf dem Gebiet der Schweiz. Man folgte damit bis 1803 dem französischen Vorbild. Eigentlich war Luzern als feste Hauptstadt vorgesehen. Aus militärischen und praktischen Gründen wurde Aarau zuerst provisorische, dann definitive Hauptstadt. Indes, die Räumlichkeiten waren zu begrenzt, sodass man im Oktober nach Luzern wechselte, das knapp über Bern obsiegt hatte. Da blieb man bis im Mai 1799. Danach flohen die Behörden nach Bern, da sie sich durch die vorrückenden österreichischen Truppen im 2. Koalitionskrieg bedroht sahen.
Offiziell blieb Bern bis zur Auflösung der Republik im März 1803 Hauptstadt. Allerdings flüchteten die helvetischen Behörden auch hier während dem Stecklikrieg vor den rebellierenden Föderalisten ins franzosentreue Lausanne.
Hauptstädte oder Hauptorte kennen außer Appenzell-Ausserrhodem seit heute alle Kantone. Einige Kantone wie Tessin hatten vorerst mehrere Hauptstädte, dich sich vorerst abwechselten.


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Quelle: HLS

Alte Eidgenossenschaft
Vor 1798 kannte die Schweiz keine Hauptstadt. Man hatte nur Vororte, die eine Tagsatzung einberufen und leiten konnten. Zürich war dabei führend, aber nicht exklusiv.
Denn die Tagsatzung war häufig auch in Baden, eine neutrale gemeinsame Herrschaft der Eidgenossenschaft mit beliebten Bädern. Nach 1712 und der vollen Parität beider Konfessionen war man abwechslungsweise auch im reformierten Frauenfeld.
Seit der Reformation tagten zudem die katholischen resp. reformierten Orte bisweilen auch separat, die ersteren in Luzern, die letzteren in Aarau, das zu Bern gehörte. Vor allem Luzern verstand sich als Vororte der katholischen Schweiz, Aarau war der Ort des Friedens zwischen den Konfession 1712.
Eine besondere Rolle kam danach Bern, Zürich, Luzern und Uri zu, die gemeinsam über den Landfrieden in der konfessionell gespaltenen Schweiz wachen mussten.

Der Vergleich mit dem Ausland
Die Schweiz folgte allermeist nicht dem Muster zentralistischer Staaten wie Frankreich, wo Politik, Wirtschaft und Kultur in Paris konzentriert wurden und damit zwangsläufig eine Hauptstadt als Herrscher- oder Regierungsstadt entstand.
Vielmehr verstand sich die Schweiz als Bündnis zwischen Orten und Kantonen, was politisch nur Vororte begünstigte, zu einem dezentralen Entwicklungsmuster führte und nur spezialisierte “Hauptstädte” wie Zürich für Wirtschaft, Genf für Internationales und Basel für Kultur zuliess.
Bern blieb da nur die Bundesstadt.

cal

ich bin der berner stadtwanderer. ich lebe in hinterkappelen und arbeite in bern. ich bin der felsenfesten überzeugung, dass bern burgundische wurzeln hat, genauso wie ich. also bin ich immer wieder auf der suche nach verästelungen, in denen sich die vergangene kultur in meiner umgebung versteckt hält.

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