#Beizentour, 3. Station Tavernen und Pinten lassen die Oeffentlichkeit aufleben

Wir schreiben das Jahr 1426. An der Aabergergasse wird der “Hirschen” eröffnet. Er gilt als erste Taverne oder Herberge der Stadt. 1445 geht die Krone in der Gründungsstadt auf. Am Ende des 15. Jahrhunderts kommt das “Weisse Kreuz” am östlichen Stadteingang hinzu, da wo seit 1762 heute das Hotel Adler steht.


Burgunderzüge der Eidgenossen gegen den Herzog Karl der Kühne
Das 15. Jahrhundert ist das Jahrhundert der weltlichen Herbergen. Das sind gemäss Historischem Lexikon Wirtshäuser mit Speisungs- und Beherbergungsrecht für Personen und ihre Pferde, die von Aussen kamen. Uebernachtet wird in grossen Sälen, während Essen und Trinken in Gaststuben stattfindet. Gastzimmer kommen erst im 18. Jahrhundert auf.
Von Tavernen unterscheiden sich Pinten oder Schenken, die Wein, Brot und Fleisch an bestimmten Plätzen oder festen Häusern abgeben, aber keine Uebernachtungen anbieten dürfen.
Tavernen und Pinten sind der zweite Ursprung des Wirtshauswesen in der Stadt Bern. auf dem Land kennt man sie seit dem 13. Jahrhundert, wo sie mit den Pilgerfahrten aufkommen. In der Stadt verhindern die Klöster das vorerst.
Ihre Entstehung ist nicht zufällig. Im 15. Jahrhundert lösen sich die 8 eidg. Orte aus ihrem mittelalterlichen Umfeld heraus. 1450 werden feste Bündnisse mit Adeligen untersagt. Dafür entsteht ein Heer aus den verbündeten Orten, das auf den europäischen Schlachtfeldern erfolgreich ist. Zu den Voraussetzungen gehört das aufblühende Wirtshauswesen.
Betrieben werden Tavernen als sog. Ehafte. Das sind bis ins 19. Jahrhundert Gewerbebetriebe samt Boden und Gebäude, die dem Gemeinwesen unentbehrliche Dienste leisten. Mühlen und Schmieden, aber auch Bäckereien, Metzgereien, Gerbereien, Färbereinen und öffentliche Bäder gehören dazu. Sie bilden die Frühform der Oeffentlichkeit.
Wer mit der Führung betraut wird, zahlt eine Konzession und wird mit Rechten ausgestattet. Der Inhaber ist direkt der Obrigkeit verpflichtet. Ein Wirt hat zudem vor Ort für Ordnung zu sorgen, einfache Verstösse direkt zu ahnden und schwerwiegende zu melden.
Für den Erfolg einer Taverne oder eine Pinte sind zwei Faktoren entscheidend: die Lage an einem Durchgangsort und ein Wirt, der willens und fähig war, zwischen Obrigkeit und Gästen zu vermitteln.
In Bern erfüllt die Krone an der Märtigasse diese Bedingungen. Sie entwickelt sich schnell zum zentralen Treffpunkt der Stadt. Es wird getrunken, Karten gespielt. Seit den 1470er Jahre werden da auch Söldner insbesondere für die Burgunderkriege rekrutiert. Das floriert.
Wirt Hans Jakob, aus Freiburg kommend, heiratet in die vornehme Berner Familie Lombach. Er übernimmt die Krone, und er macht damit ein gutes zweites Geschäft. Bald ist er Wirt und Soldhändler zugleich einer der reichsten Berner überhaupt.
Mit seinem Vermögen betätigt er sich als Geldverleiher und finanziert so weitere Söldnertruppen, die jetzt in Italien kämpfen.
Den Lombachs hat es gedient. Sie steigen im Berner Patriziat weit auf. Im Münster haben sie eine eigene Kapelle, in der Nomenklatur gehören sie zu den Edelfesten, der zweithöchsten Stufe in der fein gegliederten Berner Gesellschaft des 18. Jahrhunderts.

#beizentour, 2. Station: Die Stuben der Gesellschaftshäuser als Anfänge des weltlichen Wirtshauswesens in Bern

Im 15. Jahrhundert erfährt die Berner Märitgasse (heute Gerechtigkeitsgasse/Kramgassse) eine erste gründliche Umgestaltung. Denn die neuen Gesellschaftshäuser gruppieren sich mit Vorliebe um den Richtstuhl. Ursprünglich versammelten sie sich in den Stuben der reichen Mitglieder. Mit dem Bau von eigentlichen Gesellschaftshäusern verwendet man den Namen für das Versammlungslokal.
Die erste Gesellschaft an der Märitgasse ist der Distelzwang. Seit 1420 besitzt sie das Haus auf der südlichen Seite des Richtstuhls. Das ist auch Programm: denn man versammelt als einzige Gesellschaft die Elite der junkerlichen Familien: Kleinräte, Stadtschreiber, Kleriker und Offiziere. Die Exklusivität steigt, als man mit der Narrengesellschaft fusioniert.
Die Bedeutung erkennt man am Umzug beim Blutgericht. Die Schuldigen werden im Rathaus eingekerkert, vor dem Richtstuhl verurteilt und ins Münster zur Beichte geführt, während sich die Richter in der Narrengesellschaft zum Besäufnis versammelten.

Vier Handwerkervereinigungen gelingt es trotz Politikverbot in die Politik einzusteigen: Die Gesellschaften der Bäcker, Metzger, Gerber und Schmiede übernehmen die vier Quartierverwaltungen und stellen je einen Venner im Kleinrat. Sie nennen sich Vennergesellschaften und grenzen sich so von den übrigen Gesellschaften ab. Schiffsleute, Zimmermänner, Steinmetze, Schneider und Weber haben alle auch ein Gesellschaftshaus an der Märitgasse, aber keine Aufgaben in der Stadtverwaltung. Verschiedene davon erkennt man heute noch an ihren Gesellschaftshäusern als traditionellen Standort.
Die Gesellschaftshäuser sind der erste Ursprung das Wirtshauswesen. Ursprünglich fand man sich in der Stube eines prominenten Mitglieds. Nach dem Bau der Gesellschaftshäuser behält man den Namen für das Versammlungslokal bei.
Geführt werden die Stuben von einem Wirt, der aus den Mitgliedern stammt, der Stadtobrigkeit aber untersteht. Er hat für Ordnung zu sorgen. Verpönt ist es, seine Rechnung nicht zu bezahlen oder vorzeitig nach Hause zu gehen.
Beliebt sind die Treffen zu hohen Festen wie Neujahr oder Ostern. Sie erstrecken sich über mehrere Tage. Die Einkaufslisten lassen mehrtägige Gelage erkennen, bei denen reichlich gegessen und getrunken wird. Je Teilnehmer rechnet man mit 4 Liter Wein.
Und ja, es waren durchwegs Männergesellschaften. Bedient werden sie von feschen Mädchen, denen die Gesellschaftsmannen ganz gerne unter den Rock greift.