kurt imhof über qualität in der öffentlichkeit

man erinnert sich: kurt imhof, der soziologieprofessor an der universität zürich, bewies einmal mehr seine ausserordentliche interventionsgabe, als er – instant-mässig – die aufkommende botellones in einem interview für den tagesanzeiger prominent wie kein anderer analysierte, und damit der ganzen bewegung einen bisher nicht erwarteten dreh gab. das problem seien weniger die die massenbesäufnisse, sondern der umgang mit ihnen in der mediengesellschaft, war seine these.

ich habe kurt jüngst in zürich getroffen, und wir haben über den stadtwanderer, meinen artikel zu den botellones, und die nutzungsziffern gesprochen, die dank der diskussion seines interview kurzfristig stiegen. er hat in der folge den “stadtwanderer” den er nicht kannte, besucht, und mir dann, nach der sonntäglichen einkehr folgende anregung zum zusammenspiel von medien und politik und die frage, wie dabei die qualiltät in der öffentlichkeit gewahrt werden könne, geschickt. zwar kein direktes wanderer-thema, aber eines, das aus den diskussion über den stadtwanderer entstanden ist.

“Geniale Seite! Eine richtige Ideen- und Wissensgrube. Erstaunlich wie die Leute reagieren und Anregungen geben.

Ausserdem: Bin über das Wochenende kurz in mich gegangen (immer gefährlich), um nachher sofort eine Flasche aufzumachen. Mich ärgert diese universitäre Sozialwissenschaft.

Kaum einer wagt sich zu exponieren. Die Intervention, die eine Koproduktion mit Constantin Seibt war, geschah (bei gutem Wein und experimentierfahrlässig) vor dem Hintergrund der Erfahrungen von
2007 als die unheilige Allianz medienpopulistischer Eventberichterstattung über Seebach etc. mit dem politischen Populismus der SVP bez. ausländischer Jugendkriminalität dieses Jugendzerrbild hervorbrachte, das sich dann so dominant im ‘Sorgenbarometer’ vom August 2007 spiegelte und mithalf die 29,4% SVP-Stimmen herbeizuzaubern. Ich vermutete und vermute mit Harmos dasselbe Szenario (wenn auch kaum mit demselben Erfolg).

Nach dieser Provokation war ich schwitzend und stinkend darauf angewiesen, dass die leichgerichteten Nachrichtenwertfetischisten auch wirklich gleichgerichtet reagieren, damit ich die elektronischen Foren hatte, um dem Zerrbild entgegenzutreten. Die ganze Chose hätten auch hintenraus gehen können.

Was mich ärgert: Man hört nix, von den Kommunikationswissenschaftlern, nix von den universitären Politikfritzen, nix von den Pädagogen, nix vom Rest der universitären Soziologie. Die Kritik am Zusammenspiel von Politik und Medien bleibt in der politischen Öffentlichkeit weitgehend unterbelichtet.

Versuche nun eine Stiftung Öffentlichkeit und Qualität hochzuziehen um die Mittelbeschaffung zu vereinfachen.

Herzlich

Kurt (Imhof)”

nun seid ihr, meine lieben leser- und kommentatorInnen, gefragt, euch zur these des genialen interventionisten wider den zeitgeist zu äussern.

stadtwanderer

demokratie-wanderung wird verfilmt

am 30. september 2008 führe ich 10 international tätige medienschaffende durch bern. sie werden meine stadtwanderung zur demokratie filmen.

demokratietagung in aarau, die mir die ehre einbringt
demokratietagung in aarau, die mir die hohe ehre einbringt

sie heissen joe mathews, leon chuang, dainis ivans, charles reilly, walter cudlip, dennis engelhardt, kalina vlaikova, lisbeth kirk, akio igarashi und bruno kaufmann. sie kommen aus den usa, aus japan, aus taiwan, aus uk, aus ost-, west- und nordeuropa. sie alle sind eine woche auf einladung des europäischen initiative&referendum instituts, unterstützt von präsenz schweiz, in unserem land. sie werden die arbeit in abstimmungsbüros studieren, 5 seminare mit politikerInnen und praktikerInnen der direkten demokratie absolvieren. sie werden die innerschweiz und bern bereisen, und sie werden im neu gegründeten zentrum für demokratie in aarau einer fachtagung unter staatsrechtlerInnen und politikwissenschafterInnen beiwohnen.

ich bin ganz glücklich, dass sie meine demokratietour als vorbereitung in ihr dicht gedrängtes programm durch die schweiz, ihre politik, geschichte und zukunft aufgenommen haben. denn das eröffnet die chance, dass die zentralen botschaften, die ich nun seit 3 jahren auf meinen führungen über das werden und wachsen der ältesten und ausgebautesten form der direkten demokratie auf der welt wirklich verbreitung finden.

wer weiss, am ende muss ich mit noch ein übersetzungsprogramm besorgen für das stadtwanderer-blog?!

stadtwanderer

berns grosser aufbruch?!

als die franzosen 1798 bern und die alte eidgenossenschaft besetzten, ordneten sie politischen farbenlehre neu. ausdruck dieser tiefgreifenden veränderung in der politischen kultur der werdenden moderne war die trikolore, die neue fahne der helvetischen republik: grün-rot-gold waren nun die farben des fortschritts, den die intellektuellen patrioten vorantreiben wollten. das hinterliess in bern spuren: die damals fünf stadtbezirke wurden nach den farben der helvetik beschriftet, ergänzt um die nicht-farben schwarz und weiss. bis heute werden berns strassenschilder so gestaltet.

bis auf eines: seit neuestem ist der wegweiser über die kornhausbrücke in knalligem orange. das ist keine postmoderne beliebigkeit, sondern hat einen klar benennbaren hintergrund: was die bernerInnen von 1798 für fast unmöglich hielten, die erstmalige besetzung ihrer stadt durch fremde truppen, war für die bernerInnen von 2008 genauso überraschend. die tatsache nämlich, dass eine sportart eine nation derart begeistern und mobilisieren kann und schliesslich 100000 menschen mit ihren stars in die ferne ziehen, um siegen und verlieren zu sehen! die prächtigen fotos vom bundesplatz, der orange tatzelwurm auf der kornhausbrücke, die ausgelassenen fans im stadion wie auch in der stadt werden darin in erinnerung gerufen, bis schliesslich auch das wasser in den brunnen berns orange leuchtet. die texte dazu, verfasst von urs frieden, charles beuret und philipp zinniker, sind kurz und knapp, mehr legenden als synthesen, sodass man ein fast schon glaubt, ein kinderbuch vor sich zu haben, an dem man sich blätternd und staunend erfreut. immerhin, ein politkulturelles kinderbuch, das aufnimmt, wie glücklich-strahlend bern in den tagen während der euro wirkte.

eine frage, die ich an die buchautoren, die veranstalter, die bernerInnen und an die fussballfans in ganz europa stelle, kann ich mir nicht verkneifen: war das einfach eine einmalige gefühlsaufwallung in der stadt? oder war das mehr? gab es endlich andere bilder von bern, oder auch eine änderung im image der stadt? oder anders gesagt:

hat man mit der investitions berns in die euro08 eine verpuffende oder eine nachhaltige wirkung erzielt?

um es noch deutlicher zu sagen: bis heute empfindet man 1798 als einschnitt in der staats- und stadtgeschichte berns. zurecht erinnern uns die strassenschilder bis heute daran. wird 2008 eine ähnliche wirkung erzielen, sodass unsere nachfahren 2218 zu recht auf der kornhausbrücke stehe können, das strassenschild bestaunen und sich sagen werden: das war der grosse umbruch?

stadtwanderer

urs frieden et al.: das orange wunder. bern feiert die EURO 2008. bern 2008.

die neue dynamik der städteregionen auch in bern entfachen

die diskussion zur stellung des berner raumes in der schweiz geht weiter. den fehdehandschuh der raumplaner aufgenommen hat nun der berner regierungsrat. kritisiert wurde auch auf dem stadtwanderer, das raumkonzeptes des bundes basiere auf einer mangelhaften datengrundlage, welche die berner kantonsregierung nun für sich selber und alle andern stellvertretend beschafft hat. das ergebnisse der abklärungen sind via berner zeitung vorgestellt worden.

ergebnis nr. 1: bern bleibt hinter zürich, genf-lausanne und basel an vierter stelle. daran ändert sich nichts.
ergebnis nr. 2: der abstand zur metropolitanregion basel fällt ausgesprochen gering aus; vor allem aber ist der vorsprung zu den städtenetzen rund um luzern oder st. gallen erheblich.

gerade letzteres legt nahe, bern als vierte metropolitanregion in der schweiz und nicht als erstes städtenetz zu betrachten.

die neuartige stadtdynamik wirkt sich wie ein perpetuum mobile aus: die erfolgreichen städte schöpfen ihrer kraft aus sich selber und bewegen damit die welt!
die neuartige stadtdynamik wirkt sich wie ein perpetuum mobile aus: die erfolgreichen städte schöpfen ihrer kraft aus sich selber und bewegen damit die welt!

der grosse vorteil der neuen informationen besteht darin, die im raumbericht verwendeten definitionen, konzepte und indikatoren transparent zu machen. das macht denn auch das stärken/schwächenprofil des berner grossraum deutlich:

erstens, die eigentlichen schwächen sind die bevölkerungszahl und die arbeitsplätze. da rangiert man hinter basel und ist man mit der nordostschweizer region recht ähnlich gestellt.
zweitens, die gateway-funktion berns ist schwach ausgeprägt, weil im gegensatz zu zürich, genf und basel ein eigentlicher flugplatz fehlt.
drittens, die innovations- und wettbewerbsfunktion ist berns mässig ausgeprägt, weil der forschungsstandort mit den grossen zentren nicht mithalten kann.
viertens, die eigentliche stärke berns ist dagegen die führende position bei der entscheidungs- und kontrollfunktion, die sich im sitz von regierung und parlament, aber auch zahlreicher schweizerischer verbände in der bundesstadt ausdrückt.

damit ist der gegenpunkt gesetzt. er wird im anlaufenden vernehmlassungsverfahren zum raumkonzept schweiz mit sicherheit eingebracht werden, und er wird eine schwachstelle der bisherigen grundlage auch korrigieren helfen. das wird berns position stärken.

es bleibt aber der beigeschmack, dass damit nur ein punkt am grünen tisch gewonnen wird. der titel in der berner zeitung über der berichtspräsentation ist typisch hierfür: “der kampf gegen den abstieg” steht über einem tollen bild der berner altstadt, die mit fahnen aus allen landesteilen geschmückt erscheint. das tönt schon fast ein wenig wie fussball oder eishockey, qobei klar ist dass es nationligen gibt und bern selbstredend zur ersten gehört.

doch genau darum geht bei der diskussion über die raumentwicklung nicht. denn gedanke der metropolitanregionen ist global. er bezieht sich auf den weltweiten standortwettbewerb der grossräume, die spezialitäten entwickeln müssen, deren förderung sich lohnt, um weltweit einen beitrag leisten können.

um im bild zu bleiben: ob es in dieser superliga der stadtregionen eine, zwei, drei oder vier schweizer vertretungen hat, ist nirgends festgelegt. denn das ganze ist ist keine statische abmachung, sondern das ergebnis einer dynamischen entwicklung. zürich und genf haben sich dieser perspektive am besten geöffnet. sie haben wirtschaftliche unternehmungen resp. bezogen auf internationale organisationen eine anbindung an die weltgesellschaft geschafft, diese mit flughäfen gesichert und mit leistungsfähigen, forschenden universitäten untermauert. damit haben sie voraussetzungen geschaffen, das die region nicht bloss eine agglomeration ist und dass die kernstadt nicht nur von vororten umgehen ist. vielmehr sind mit lausanne oder winterthurn innerhalb des grossraum urbane subzentren entstanden, welche die dynamik im grossraum anschieben helfen. entsprechend.

genau diesen schritt von der agglomeration zur metropolitanregion haben bern noch nicht vollständig geschafft. sie haben mit der pharmaindustrie in basel und mit der bundespolitik in bern stärken geschaffen, doch fehlt der funke, der sie zu einer unbestrittenen metropolitanregion machen würde.

es geht in der laufenden diskussion nicht darum, berns abstieg zu verhindern. national gesehen bleibt bern die nummer vier. vielmehr geht es in basel wie bern darum, den anschluss in die neu erwachte stadtregionendynamik in politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher hinsicht zu finden.

wenn es eine einfache definition von metropolitanregion gibt, dann wäre sie wohl die des perpetuum mobiles, der bewegung, die ihre energie hierfür nicht aufbraucht, sondern selber erzeugt und mit dieser kraft eine spezialität entwickelt, die nicht nur nationalen rahmen den status quo auftrecht hält, sondern in globaler perspektive etwas anschiebt, das es so sonstwo nicht gibt.

stadtwanderer

ramadan-dinner als moment der interkonfessionellen begegnung

die einladung lautete auf 18 uhr 20. einfinden sollte man sich im berner kursaal. auf der leuchttafel am eingang stand “apéro: bis 20 uhr 12, danach nachtessen.”

20 uhr 12? – ein schreibfehler?
nein, lautet die antwort!
denn 20 uhr 12 war am 4. september 2008 die zeit des sonnenuntergangs in bern. für die muslime in der stadt, der moment des fastenbrechens während des ramadans.


die begegnung
das religiöse gebot wird an diesem feierlichen abend strikte eingehalten. beim empfang gibt es keine der sonst so üblichen häppchen. und schon gar keinen wein. einfach nichts! dafür vermittelt das dialog institut aus zürich zwischen den anwesenden. schweizerInnen sind da, vertreterInnen der christlichen kirchen, muslime und vor allem türkInnen. selbst der schweizer botschafter in ankara ist gekommen. und eine türkische parlamentarierInnen mit schweizer pass auch.

das erstaunlichste dabei: die lingua franca, die gemeinsame sprache, ist nicht englisch, sondern die schweizer mundart. denn die anwesenden sind fast alle in der schweiz geboren, hier aufgewachsen, haben die schulen in einer schweizer stadt besucht. sie kennen unsere sprache bestens, sie beherrschen sie sogar mit regionalen einfärbungen. doch sie sind muslime und wollen es auch bleiben! das ist ihre botschaft an diesem abend unter den rund 50 geladenen gästen.

das dialog institut

das dialog institut hat es sich zur aufgaben gemacht, zwischen schweizerInnen schweizerischer herkunft und schweizerInnen türkischer herkunft zu vermitteln. cebrail terlermez, wohnhaft in weinfelden, ist der geschäftsführer. er hat in fribourg und im deutschen germanistik studiert. gegründet hat er mit freunden aus der studentenzeit die vermittlungsstelle 2004, die sich speziell den anliegen der secondos aus muslimischen familien in der schweiz annimmt.

wenn beispielsweise medien unter den 300’000 muslimen in der schweiz ansprechpartner suchen, stellt das dialog institut kontakte her. denn es ist den meist nebenamtlichen mitarbeiterInnen ein anliegen, die kontakte zwischen menschen zu fördern. zwischen institutionen findet der dialog statt, hält terlermez fest. zwischen den kulturen auch. nicht aber zwischen den individuen bilanziert er seine erfahrungen in der schweiz.

aynur akalin, eine frau im institutsvorstand, bringt an diesem abend auf den punkt, was damit gemeint ist. wenn man in der türkei zügle, würden einem die menschen am neuen wohnort dabei helfen. so entstehe ein natürlicher kontakt. wenn man in der schweiz zügle, werde erwartet, dass sich die neuankömmlinge bei den ansässigen vorstellen gehen. das sei die erwartete kontaktaufnahme. wenn nun türkisch sozialisierte menschen in der schweiz zügeln würden, beginne das gegenseitig warten aufgrund von missverständnis. eine verpasste chance der begegnung, fügt sie bei.

das symposion
cebrail terlermez kennt die situation, nicht aber das problem. mit seinem charme durchbricht er die barrieren der kulturen schnell. deshalb befürwortet er das zusammenleben der menschen verschiedener kulturen. seinen hintergrund verbirgt er nicht. er will, dass seine glaubenbrüder und -schwester in ihrer verschiedenheit hier leben können, sich aber für die hiesigen verhältnisse interessiere. “wir haben viel zu lernen in der nationalen politik. monika weber, die ehemalige ständerätin aus zürich, ist unser wichtigste ansprechpartnerin”, sagt er. am 11. märz 2009 werde man gemeinsam das bundeshaus besuchen. ich erweitere den ausflug nach bern spontan um eine stadtwanderung. ich wolle zeigen, wie die aufklärung unsere kultur verändert habe, welche werte dadurch neu entstanden worden seinen, und welche normen darauf basierend unser politisches selbstverständnis prägte, ist meine antwort. cebrail macht mit mir sofort duzis und willigt umgehend in die berntour ein.

die fünf gebete, die mein gegenüber täglich bei seiner arbeit und zuhause verrichtet, seien momente der einkehr im tagesablauf. den jahresablauf der muslime durchbricht der fastmonat ramadan. es seinen 30 tage der einkehr, der besinnung, der begegnung und der solidarität. muslime schliessen in dieser zeit vielfach neue freundschaft, um religions- und kulturgrenzen hinaus, weiss ein dialogpartner, während das dinner einnehmen. köstlich-orientalisch zubereitet, musikalisch untermauert, um kleine vorträge bereichert, erinnert es mich fast ein wenig an ein antikes symposion. dem ort der geselligen begegnung unter meschen, die sich in freundschaft auseinandersetzen wollen.

stadtwanderer

das dialog institut in zürich

schwedenerinnerungen mitten im zürcher hauptbahnhof

“was für ein mineralwasser darf es sein?”, fragte mich der kellner. ob ein “ramlösa” in ordnung sei, wollte der aufmerksame herr am schwedenbuffet im zürcher hauptbahnhof wissen. das wies in als kenner der angebot im hohen norden aus. “sehr gut”, antwortete ich ihm, fragte aber nach: “haben sie auch ein loka brunn?”. da stutzte mein gegenüber, denn auf diesen konter war er nicht vorbereitet. “ööh, leider muss ich da passen, aber sie scheinen bestens im bild zu sein!”, fügte er bei.

genau so ist es. und weil ich mir ein minimales urteil über schweden und seine küche zutraue, kann ich auch sagen: das war schon der einzige kleine patzer, den ich im restaurant au premier in zürich monieren könnte. ansonsten ist die sommeraktion “smörgasbord” wunderbar: das angebot ist vielfältig, die präsentation gepflegt und die stimmung ist unkompliziert. mitten im grossen nebenraum der gaststätte wird mittags und abends ein riesiger tisch mit allein köstlichkeiten aus schweden gedeckt, und rundherum kann man alleine, als paar oder als gruppe einen tisch zum tafeln beziehen.

der schweden-event mitten in der schweizerischen wirtschaftsmetropole war für mich eine willkommene gelegenheit, noch einmal in die grossen sommerferien 2008 zurückzukehren.
bilder von den unendlichen wäldern und den zahlreichen seen wurden wieder wach.
töne vom rauschen des windes und vögeln, die über uns hinwegfliegen stiegen in mir auf.
und selbst der duft der würzigen luft in schwedens natur meldete sich zurück, sodass ich mich fast schon wieder in holzhausen, meinem feriensitz in schweden, fühlte.

empfehlen kann ich den last minute gästen, die zwar nicht meine ferienerinnerung nicht teilen, das schwedenbuffet aber selber erleben möchten, den folgenden speisezettel:

vorspeise: senfhering und matjes mit schnittlauch und sauerrahm
fisch: heissgeräucherter lachs und eier mit löjrom-kaviar
kalte platte: schwedischer gurkensalat mit dill (mein absoluter favorit)
warme platte: rentiermedaillon mit frischen pfifferlingen, dazu kartoffeln-sardellen gratin
desserts: himbeer- und schokomousse
kaffee: starken, ohne milch, aber mit gewürzplätzchen.

selbstverständlich ist das eine fast schon unerlaubt subjektive auswahl. denn auf den grossen tischen im zürcher au premier gibt es über 60 verschiedene angebote an speisen, die man nach eigenem gutdünken und à discretion geniessen kann.

es war herrlich, noch einmal ein wenig sommerferien zu haben!

stadtwanderer

ps:
wenn ich mich richtig erinnere, war es ate, die mich mit einem kommentar zu meinem beitrag über die schwedische küchen während meinen sommerferien auf den sverige-event in züri aufmerksam machte. jetzt habe ich die chance gerade noch rechtzeitg wahrnehmen können. ihr habt die möglichkeit noch bis zum wochenende, auf jeden fall: smaklig maltid!

infos

going west

nun ist es public: das gratisblatt “.ch” meldete heute morgen, dass ich in die usa gehe und unter anderem arnold schwarzenegger (“the terminator”), den gouverneur von kalifornien treffe (regelmässige stadtwanderer-leserInnen wissen das schon lange!). vorort werde ich vor allem das campaigning in den usa studieren, und zwar zur heissesten zeit: den präsidentschaftswahlen. in kalifornien werde ich mich, mit 9 mitstreiterInnen aus der ganzen welt, jedoch vor allem um die zahlreichen volksabstimmungen kümmern, die gleichentags wie die entscheidung zwischen mccain und obama, stattfinden.

der stadtwanderer als der mann dahinter, suggeriert die bildmontage von \".ch\" heute

bildmontage im heutigen gratisblatt “.ch”, die suggeriert, der stadtwanderer sei der mann dahinter. dabei fragt der sich, was den mann davor so interessant macht.

der heutige artikel in .ch ist für den boulevard geschrieben. toll aufgemacht, wie er war, kam er an. meine mitarbeiterInnen waren am morgen ganz stolz (einer der nie gelacht hat bis jetzt, schmunzelt vor sich hin), ich bekomme den ganzen tag mails (von “super” bis “bin erstaunt”), und ich wurde am mittag, beim sinnieren in der stadt angehauen (“du grüsst nicht mehr, seit du bei schwarzeneggers gastierst”).
das ist mir aufgefallen. arnold schwarzenegger lässt kaum jemanden kalt. viele haben seine filme gesehen, und haben eine (meist positive) einstellung dazu, selbst wenn sie keine macho-typen sind. fast alle beginnen zu erzählen, wenn nur schon hören, mit wem ich es bald zu tun haben werde.
woran das liegen mag, dass der rambo-mann, der republikanische politiker, der gatte einer kennedy-nachfahre, einer der 100 einflussreichsten auf der welt und der berühmteste verfechter der direkten demokratie querbeet so gut ankommt?, fragt sich der

stadtwanderer

von rektoren und kanzlern im schweizerischen bildungswesen …

die herbstsaison des stadtwanderns in bern begann letzten donnerstag mit einem abwechslungsreichen abendspaziergang bei spektakulärem wetter. die sonne hatte tagsüber die stadt wunderbar erwärmt, und sie erhellte uns fast auf dem ganzen weg die strassen. das beförderte die tour zum angenehmen bildungserlebnis, – auch für den vom publikum herausgeforderten stadtwanderer von bern.

die vorgabe
die besetzung der ersten herbstwanderung war prominent. organisiert von der cohep nahmen rektoren der schweizerischen hochschulen und ihre wichtigsten stabsmitarbeiterInnen am spaziergang teil. natürlich liess ich mir bei diesem publikum die pointe nicht nehmen, die etablierung des präsidiums/kanzleisystems in der schweiz in meine ausführungen speziell miteinzubauen.

1803, bei der mediation durch napoléon bonaparte zwischen dem progressiven und reaktionären lager in der helvetischen republik bestimmte le premier consul à paris, dass die schweiz einerseits einen landammann bekommen solle, der identifikation stiftend, aber jährlich ausgewechselt werde, derweil der kanzler dahinter still und dauerhaft agieren müsse – wenn auch am jeweiligen wohnort des landammanns.

das wirkte hierzulande stilbildend, indem die stabilität der politisch-administrativen systeme in der schweiz durch die arbeit im hintergrund gewährleistet wird, während personen im vordergrund ihr amt auf zeit inne haben, sich eine weile darin sonnen dürfen, dann aber wieder abtreten müssen. eine eigentlich demokratische tugend mit vordemokratischer verstärkung!

der einspruch
fast schon eine kleine trübung der tollen atmosphäre provozierte ich – wenigstens bei einem teil meiner gäste – mit meine aussage, die universitätsgründungen in zürich und bern 1833 resp. 1834 hätten um den anspruch gebuhlt, die erste nicht-feudale hochschule der welt zu sein. denn vorher hätten alle universitäten entweder unter den fittichen der kirche, eines monarchen oder des adels gestanden.

die kleinstkontroverse im werdenden schweizerischen bildungswesen von damals, die bekanntlich zugunsten von zürich und zuungunsten von bern ausging, rief selbst im jahre 2008 die anwesenden basler auf den plan: das sei alles nur legendenbildung durch das rektorat in zürich, erklärte man mir eilenden schrittes durch bern, die jüngst entstanden sei, um die 175 jahrfeier in zürich medial aufzuwerten. in tat und wahrheit, beschied mir ein hochrangiger generalsekretär, sei basel die erste nicht-feudale universitätsgründung der welt, denn als das konzil von basel 1449 zu ende ging, sei das gewerbe arbeitslos gewoden, sodass man sich mit der gründung einer universität 1460 neue arbeit verschaffen wollte.

der widerspruch
so ganz überzeugt hat mich das argument bis jetzt noch nicht. zwar ist unbestritten, dass die basler universität zu einem frühen zentrum des buchdruckergewerbes wurde, welche die basis für den humanismus, die reformation, später auch für die chemie und pharma legte. doch geht mindestens die formale gründung der ältesten hochschule auf dem boden der heutigen schweiz auf die bulle von papst pius ii. aus dem jahre 1459 zurück und funktionierte die bildungsstätte danach administrativ fest an den basler bischof angebunden. das wenigstens ist bei den liberalen hochschulgründungen der 1830er jahre in schweiz klar. sie waren antiklerikal, wollten gar nichts vom papsttum in rom wissen, frönten dem wissenschaftlich-wirtschaftlichen fortschritt, suchten professoren in deutschland und hatten einen weltlichen kanzeler, der das ganze im hintergrund führte.

und trotzdem: ein bildungserlebnis für den stadtwanderer, und hoffentlich auf für seine gäste!

stadtwanderer

foto: sonja rosenberg