die vergangenheit der direkten demokratie in der schweiz – ein fortsetzungsblog

eintrag 11 uhr 15

die ereignisse, wie es in der schweiz zur abstimmungsdemokratie kam, sind nicht ganz unbekannt: am 20. märz 1831 wird die erste demokratisch legitimierte zürcher kantonsverfassung in einer volksabstimmung gutgeheissen. der ja-anteil ist überwältigend: 40503 ja gegen 1721 nein! die verfassung selber wurde 10 tage zuvor, am 10. märz, definitiv verabschiedet und bekannt gemacht. am 10. april legten die kantonsbürger, in ihren kirchen den eid auf die neue verfassung ab: «Wir Bürger des Kantons Zürich schwören Treue der Schweizerischen Eidgenossenschaft und unserm Kanton; wir schwören, die Unabhängigkeit, Rechte und Freiheiten unsers teuren Vaterlandes zu schützen und zu schirmen, mit Gut und Blut, wo es die Not erfordert», lautete die formel hierzu.

der eid war nötig, denn der bruch mit der vergangenheit war 1831 radikal. er hatte sich 1830 angekündigt. die februar- und junirevolutionen in paris hatten ihre wirkung in der schweiz wie anderswo auch. am stärksten war der umbruch im tessin, wo ein finanzskandal das politische gefüge erschüttert hatte, und die liberale bewegung dagegen besonders stark ausfiel. doch auch in zürich gärte es 1830. hier eskalierte der generationenkonflikt. namentlich die gebildete jugend mochte die altmodische staatsführung ihr väter nicht mehr. in uster kam es zu einer grossen volksversammlung. die landleuteleute begehrten nach gleichen rechten wie die stadtherren. das winterthurer bürgertum übernahm die führung in der bauernbewegung; sie kündigte der stadt zürich, im 1803 geschaffenen kanton die hauptstadt, seit 1814 mit vielen traditionellen vorrechten ausgestaltet, ihre gefolgschaft. ende des jahres kapitulierte die alete zürcher regierung; das parlament löste sich auf. in wenigen wochen entstand die neue verfassung. stark inspiriert war sie von ludwig snell, dem deutschen flüchtling, der in küsnacht asyl erhalten hatte, und die volksbewegungen in sachen demokratie lehrte. am 10. märz 1831 war man soweit: das verfassungwerk wurde besiegelt!

eintrag 20 uhr 30

die regeneration der politischen lebens in zahlreichen kantonen während den 1830er war die voraussetzung für den machtwechsel im restaurierten staatenbund, den der wiener kongress 1815 geschaffen hatte. er führte zwischen 1845 und 1848 zu einer polarisierten situation, zugespitzt in einem bürgerkrieg. die siegerkoalition begründete danach den heutigen bundesstaat.

als die neuen kräfte die macht im bundesstaat erobert hatten, wollte sie aber vorerst nichts wissen von volksentscheidungen. ihre herrschaft war zwar total, basierte aber noch auf schwachen institutionen. zudem war der nationale raum zu schwach durch überkantonale massenmedien erschlossen. das liess einen elitären freisinn, gerade in zürich, erstarken.

gegen die macht des zürcher freisinn aus der staatsgründung formierte sich eine zweite, für die schweiz typische form der politischen einflussnahme: die demokratische bewegung der späten 1860er jahre. sie erkämpfte die erste verfassungsrevision per volksabstimmung, mit der auch volksrechte auf bundesstaatlicher ebene als möglichkeit der parzialrevisionen der verfassung eingeführt wurden.

1891 erweiterte man das referendum, vor allem um die katholisch-konseravtiven aus ihrer opposition gegen den bundesstaat zu locken, mit verschiedenen massnahmen. ihre beteiligung an der landesregierung war ein, die einführung der volksinitiative war eine andere. genutzt wurde sie in der folge aber vor allem von der linken, die darin eine möglichkeit sah, sich im bürgerlichen staat gehör zu verschaffen.

die direkte demokratie der schweiz verhinderte nach dem ersten weltkrieg nicht, dass es zu einer massiven erschütterung der institutionen kam. soziale not, weltwirtschaftskrise, politische polarisierung zeigten sich hierzulande ähnlich wie im ausland. und während des krieges herrschte ein vollmachtenregime, das die direkte demokratie mit notrecht ausser kraft gesetzt hatte.

die rückkehr zur direkten demokratie nach dem zweiten weltkrieg erfolgte nur zögerlich; es brauchte eine, alles legitimierenden volksabstimmung 1947. zudem kam es, auf der basis einer generation von sozialpartnern und parteipolitikern, die der not des krieges gehorchend, den konsens betonte, zur etablierung der zauberformel für die landesregierung, aber auch zahlreichen anderen politischen gremien, deren sitze nach dem proporzdenken besetzt wurden. das hat die politische polarisierung in der schweiz lange vermindert. es hat den willen zur zusammenarbeit über parteigrenzen hinweg verstärkt.

das alles ist heute in der dritten oder vierten nachkriegsgeneration wieder in auflösung begriffen. die dabei stabilisierten institutionen sind aber geblieben, und sie erfreuen sich einer weiterhin ungebrochenen beliebtheit. einmal eingeführt, sind volksrechte nicht nur ein entscheidungsverfahren, sondern auch einen systembildender faktor.

in der schweiz hat die direkte demokratie zu einer vergleichsweise hohen stabilität der exekutiven machtverteilung geführt, beschränkt und zyklisch aber eine variable zusammensetzung der legislativen belassen, und verfassungen geprägt, die relativ leicht modifiziert werden können. zudem unterliegt die parlamentarische gesetzgebung einer nachkontrolle in form von volksabstimmungen. die eigentliche volksgesetzgebung ist aber auch in der schweiz auf nationaler ebene unterwickelt geblieben.

stadtwanderer

die gegenwart der direkten demokratie in der schweiz – ein fortsetzungsblog

eintrag 12 uhr 00

die letzten abstimmungsurnen sind zu; es ist entschieden. in einer halben stunde wird man den trend kennen, in spätestens zwei stunden auch die hochrechnung haben. aber es ist klar: die initiative scheitert.

yves seydoux, den informationsbeauftragten der grossen krankenkasse mutuel, fragte am freitag den stadtwanderer bei seinem spaziergang, was am sonntag raus komme: 2:1 zugusten der nein-seite ist sicher, 3:1 ist möglich, antwortete dieser. man spekulierte nur noch, ob und wo es allenfalls ja-mehrheiten geben könne. die angst vor dem unmut über die krankenkassen sei nach wie vor da, wenn auch nicht mehr flächendeckend, sondern nur noch regional, orakelten die beiden.

eintrag von 13 uhr 10

der trend ist gesetzt. er geht, wie erwartet, ins nein, in richtung eines klaren nein. die differenz zwischen den sprachregionen ist gross, sehr gross. die schlusskampagne scheint die unterschiede zwischen den sprachregionen noch polarisiert zu haben. in der deutsch- und italienschsprachigen schweiz dürften sich sich die trends im abstimmungskampf weg vom ja fortgesetzt haben, in der romandie hielt sich diese wohl.

eintrag von 13 uhr 35

die erste hochrechnung liegt vor; sie gibt der nein-seite 72 prozent, der ja-seite 28. zwei prozent mehr oder weniger sind jetzt noch möglich, sagt die erfahrung. nach sprachregionen sind die unterschiede beträchtlich; es werden wohl aber alle mehrheitlich ablehnen. im kanton jura zeichnet sich ein ja ab, vielleicht als einzigem stand. möglich ist auch neuenburg.


hochgerechnetes endergebnis zur volksabstimmung für eine soziale krankenkasse (anclickbar)

eintrag von 14 uhr 15

ja, die resultate sind da: gemäss zweiter hochrechnung werden 2 kantone zustimmen, und 21 werdendie volksinitiative ablehnen. das ist ein harter schlag für die initiantInnen, denn das ständemehr ist damit noch klarer als das volksmehr. die stimmbeteiligung liegt, wiederum gemäss hochrechnung, bei rund 45 prozent, – einem für schweizerische verhältnisse mittleren wert bei volksabstimmungen.


ergebnisse der volksabstimmung über die einheitskrankenkasse nach kantonen (anclickbar)

eintrag von 14 uhr 45

welche “schweizen” – teile der schweiz auch jenseits der kantone und sprachregionen – stehen sich bei dieser entscheidung gegenüber?

der offensichtlichste zusammenhang betrifft die situation bei den prämien für die krankenkassen. jene kantone, die eine überdurchschnittliche prämienlast für die grundversicherung kennen, sagen klarer ja; jene, deren prämienhöhe unter dem mittel sind, stimmen deutlicher nein. das erklärt schon mal den recht deutlichen unterschied zwischen den sprachregionen. der zusammenhang ist nicht perfekt. gerade in der romandie reicht diese vereinfachte analyse nicht. da kommen auch lokale effekte hinzu, wie die politische landschaft. das gilt es zu berücksichtigen bei der erklärung der ja-anteile in den linken kantonen neuenburg, aber auch jura, während im kanton wallis, mit einer starken mitte/rechts-position, ein geringerer ja-anteil resultiert, als es einzig die sprachverteilung erwarten liesse.

man kann das auch so fassen: auf der eine seite – der mehrheit – finden wir die rechte schweiz, aber auch die teilschweiz, die politisch in der mitte ist. es ist jene schweiz, die unterdurchscnittliche belastungen durch sozialausgaben hat und dabei auch bleiben will. und es ist die teilschweiz, welche mehr wettbewerb will resp. auch förderalistsiche präferenzen kennt. auf der anderen seite – der minderheit – finden wir die linken teile der schweiz. es sind jene landesgegenden, die eine sozialbelastung über dem mittel kennen. und es ist die schweiz, die etatistischer eingestellt und für zentralisierungen offener ist.


zusammenhang zwischen prämienbelastung einerseits, zustimmung zur volksinitiative anderseits (anclickbar)

eintrag 15 uhr 30

die bürgerInnen haben bei der volksinitiative für eine soziale einheitskrankenkasse nach ihrer eigenen hemd, das ihnen am nächsten ist, gestimmt. bei vergleichsweiser hoher prämienbelastung und linker präferenz erwartet man mehr solidarität von allen. man möchte, das man einem hilft. bei vergleichsweise tiefer belastung und rechte präferenz, erwartet man mehr eigenverantwortung. man möchte, dass die anderen selber für verringerte gesundheitskosten sorgen. dass der entscheid so deutlich gegen die initiative ausfällt, hat mit einem wesentlichen befund der ersten analysen zu tun: die mitte hat sich eindeutig für die rechte antwort auf die von links gestellte frage gestellt.

eintrag 16 uhr 45

die vorläufigen endergebnisse liegen vor. der nein-anteil zur volksinitiative für eine soziale einheitskrankenkasse beträgt 71,2 prozent, – bei 28,8 prozent ja stimmen. die stimmbeteiligung liebt bei 46 prozent. gegenüber den vorumfragen fällt damit die beteiligung geringer aus als erwartet. macht man den bezug zu den kampagnen, überrascht dies aber kaum. die ja-seite gab ihren kampf zwei bis drei wochen vor der entscheidung gesamtschweizerisch verloren und konzentrierte ihren einsatz darauf, wenigstens in einigen kantonen mehrheitlich zu werden oder zu bleiben. in der deutschsprachigen schweiz war denn auch die demobilisierung am ende am stärksten, – und fällt auch der ja-anteil geringer aus als in der umfrage zwei wochen vor dem abstimmungssonntag. auch in der italienischsprachigen schweiz dürfte sich das ja auch noch etwas verringert haben, während in der romandie die zustimmung zeitlich gesehen am stabilsten blieb.

eintrag 17 uhr 45

was wissen wir mehr zur direkten demokratie in der gegenwart? – zunächst, dass sie funktioniert und entscheidungen produziert. alle skeptikerInnen, die behaupten, die normalen menschen seien zu vernünftigen politischen entscheidungen nicht fähig, muss man widersprechen. sie wird sowohl von den organisierten gruppen vielfältig genutzt. als auch die interessierten bürgerInnen partizipieren in ihr, um mitzuentscheiden. in fragen wie der gesundheitspolitik stimmen sie in erster linie nach eigeninteressen. sie fragen, was bezahle ich beim status quo, und was bezahle ich mit der vorgeschlagenen veränderung. sie handeln demnach durchaus vernünftig. sie beantworten die gestellten fragen aber nicht nur als homo oeconomicus, sondern auch als homo politicus. sie wollen mitentscheiden, was für politische überzeugungen inskünftig gültigkeit haben sollen. sie setzen willentliche zeichen, die man richtig lesen lernen muss. das ist direkten demokratie eine spannende form der massenkommunikation. anders bei den massenmedien besteht aber nicht nur eine top-down kommunikation, sondern kommt es auch zu einer bottom up-kommunikation. das ist wohl das wertvollste an direktdemokratisch gefällten einzelentscheidungen.

eintragung 19 uhr 45

volksrechte bedeuten nicht, dass die aktiven teile der bevölkerung irgendwie bestimmen. sie haben zwar mehr möglichkeiten, ihren anliegen einen institutionalisierten raum zu verschaffen. ob etwas gilt oder nicht, entscheiden aber gerade nicht die themensetzer, als die fordernden minderheiten, sondern die mehrheit der mitentscheidenden. auch wenn der einzelne mehr oder weniger unvollständig informiert ist, entsteht aus dem kollektiven meinungsbildungsprozess vor der entscheidung aus stimmberechtigten ein politisches volk, das sich manifestiert, und marken in der politischen entwicklung eines landes setzt. diese haben den vorteil, klar akzeptierter zu sein als parlamentarische entscheidungen. heute hätte niemand die gültigkeit des votums, das kund gemacht worden ist, auch nur im geringesten angezweifelt.

stadtwanderer

direkte demokratie in vergangenheit, gegenwärtig und zukunft – ein fortsetzungsblog

eintrag 10 uhr 30

heute interessieren mich drei dinge: die gegenwart von volksabstimmungen, ihre vergangenheit und ihre zukunft! ich werde versuchen, soweit nur möglich, allen drei themen beachtung zu schenken:

. der gegenwart anhand der eidgenössischen volksabstimmung, die heute zur linken volksinitiative für eine soziale einheitskrankenkasse stattfindet;
. der vergangenheit von volksabstimmungen aufgrund der ersten demokratisch legtimierten kantonsverfassung der schweiz, jener des kantons zürich, die gestern ihren 176. geburtstag hatte, und
. der zukunft von volksabstimmungen via den ersten weltkongress für direkte demokratie, der 2008 in luzern stattfinden wird und der vorgestern in bern der weltöffentlichkeit vorgestellt worden ist.

das erste thema handle ich für die medien der srg ab; man kann die ausführungen auf allen fernseh- und radionkanälen verfolgen. über das zweite und dritte äussere ich mich exklusiv via den “stadtwanderer”.

stadtwanderer

ich bin begonnen!

mein gott, fast hätte ich es vergessen! am morgen habe ich noch daran gedacht. dann aber kamen dicke wolken am arbeitshimmel auf, und ich habe alles schön vorbereitete beiseite geschoben. um mich zu entspannen, war ich dann am nachmittag kurz in der stadt, ein wenig fötelen. schliesslich ging ich direkt nach hause kochen, nicht mehr vor wut, wie am morgen, aber das abendessen, damit der tag wenigstens einen feinen ausklang bekommt …

und da ist es mir wieder in den sinn gekommen: es ist der 10. märz! kein tag wie jeder andere, sondern ein historischer moment, – wann auch immer.


giovanni trappatoni: “ich habe fertig!” (originalzitat, vom 10. märz 1998)

was weltbewegendes alles geschehen ist und irgendwie mit mir zu tun hat, liste ich fein säuberlich und mit aufsteigender spannung hier auf:

vor 977 jahren: graf welf II., der begründer der schwäbischen welfen, verstirbt.

vor 214 jahren: das revolutionstribunal wird danton gegründet, dessen urteile nicht mehr angefochten werden können; die moderne judikative entsteht.

vor 204 jahren: die zentralistische helvetischen republik wird von philipp albert stapfer liquidiert; es folgt die föderalistische phase der mediation. seit dem gleichen tag darf man in frankreich als medizinier nur noch praktizieren, wenn man dr. med. ist.

vor 176 jahren: der kanton zürich bekommt in der ersten volksabstimmung eine verfassung, mit der die regenerationszeit eingeleitet wird.

vor 131 jahren: erstes telefon durch bell/watson ist erfolgreich.

vor 108 jahren: frankreich führt prüfungen für das autofahren ein.

vor 97 jahren: karl lueger, wiener bürgermeister, verstirbt.

vor 94 jahren: adam schaff, polnischer philosoph und historiker, wird geboren.

vor 74 jahren: in dachau wird das erste konzentrationslager der nazis eröffnet.

vor 71 jahren: sepp blatter, heute präsident der fifa, wird geboren.

vor 62 jahren: die us-air force bombardiert tokyos flächendeckend.

vor 59 jahren: jan masaryk, tschischer spitzenpolitiker, verstirbt nach einem fenstersturz aus dem aussenministerium.

vor 50 jahren: osama bin laden, saudiarabischer revolutionär, kommt auf die welt.

vor 43 jahren: der erste ford mustang verlässt die produktionsstätten.

vor 34 jahren: eva herzigova, tschechisches supermodell, erblickt das licht der kameras.

vor 33 jahren: el cid, spanischer matador, wird erblickt das licht der arena.

vor 22 jahren: der europäische rat tritt erstmals zusammen.

vor 22 jahren: katharina witt wird weltmeisterin im eiskunstlaufen.

vor 20 jahren: der vatikan verurteilt die leihmutterschaft.

vor 19 jahren: andy gibb, sänger der bee gees, verstirbt.

vor 9 jahren: giovanni trapattoni beendet seinen kommentar zur leistung seines fc bayern müchen mit dem satz: „Ich habe fertig“.

vor 1 jahr: der stadtwanderer erwidert trapattoni: “ich bin begonnen!” er schreibt den ersten blogbeitrag über “einsteins bern” auf dem “stadtwanderer”. der kleine kerl ist heute als ein-jährig und hat doch schon genau 250 beiträge zu seiner eigenen politischen kulturgeschichte produziert!

ich habe begeistert!

stadtwanderer

mon cher stapfer!

ich war im aargau – berufshalber – unterwegs, in sachen gemeindereform. da kommt man um ihn nicht herum: philipp albert stapfer, – der philosoph und der kantonsgründer! noch heute gedenkt man seiner auf der ehrwürdigen “lenzburg” mit dem “stapferhaus”, und in fast jeder gemeinde gibt es eine “stapferstrasse”. zurecht, sagt der stadtwanderer, der seinen übrigen geblieben spuren bis in die gegenwart nachgegangen ist.


philipp albert stapfer, der intellektuelle der helvetischen republik

berner sohn und bürger von brugg

die stapfers sind von brugg. im 18. jahrhundert waren sie eine der angesehensten theologenfamilien der berner republik. vater daniel war zweiter pfarrer im berner münster und hatte sophie burnand von moudon geehelicht. der kleine philipp kam den auch in bern zur welt, und er besuchte daselbst die akademie, welche die berner theologen ausbildete. rasch viel er da wegen seines philosophischen talents auf, sodass ihm sein lehrer johann ith eine fortsetzung seiner studien in göttingen ermöglichte.

zurück in bern wurde er 1792 am neu gegründeten politischen institut der berner akademie erster professor für philosophie, betraut mit der aufgabe, den berner zöglingen politisches denken in veränderte zeit zu lehren. er bestand diese aufgabe mit bravour, – aber nicht so, wie es schultheiss von steiger von ihm erwartet hatte. immanuel kant, einen anhänger der ideen, die mit der französischen revolution den durchbruch gefunden hatten, stellte er in den mittelpunkt seiner berner vorlesungen. rasch ging im gar der ruf nach, ein jakobiner zu sein!

der minister der künste und wissenchaften

1798 war professor stapfer aber gerade wegen seinen kenntnissen der französischen revolution gefragt. als die fremden truppen in bern einmarschierten, bestimmte man den lehrer der akademie zum unterhändler mit dem besatzer. stapfer ging nach paris, um mit napoléon die heiklen fragen zu verhandeln, die sich vor allem mit der abschleppung des berner staatsschatzes ergeben hatten. rapinat, der sekretär für die schweiz von napoléons gnaden, liess den helvetier leer laufen. dennoch bestimmt ihn die neue helvetische regierung unmittelbar nach ihrer konstituierung zum minister für künste und wissenschaft. damit war er zuständig für die schulen, die kirchen, die medien – und die brücken!

brücken schlug er als erstes zu den gemeinden, die unter dem ancien régime vernachlässigt gewesen waren: das leben in den dörfern wollte stapfer kennen lernen. den zustand der schule und der kirchen liess er ergünden, um die von ihm angestrebte nationalkultur entwickeln zu können. illustre namen wie heinrich pestalozzi, heinrich zschokke und franz-xaver bronner standen ihm in seinem bureau de l’esprit public zur seite.

der prionierhafte geellschaftsforscher

das ergebnis der ersten enquête war vernichtend. nichts funktioniere in den kommunen, wurde berichtet. kaum ein schüler ging regelmässig in den unterricht, konnte man auf den fragebögen lesen. die lehrer seien miserabel bezahlt, zählte zu den ergebnissen, die ganz auf die pädagogik des taktstockes vertrauen würden.

stapfer merkte rasch, dass man damit keine republik auf die dauern würde halten können. deshalb legte er als erstes sein helvetisches schulgesetz vor, das bis heute als revolutionärer wurf in der schweizerischen bildungslandschaft gilt.

die mühlen der politik setzten dem minister indessen zu. der helvetische grosse rat dabattierte lange und verwässerte viel, und der senat, die nachfolge der tagsetzung, versenkte das gesetz mit allerhand föderalistischen argumenten gar ganz.

emigration nach paris

der überzeugte unitarier, wie sich die zentralisten in der jungen helvetischen republik nannten, liess sich im sommer 1800 zur erholung beurlauben. geradewegs ging er nach paris, wo er seine frau marie vincent kennen lernte. zurückkehren mochte er jetzt nicht mehr; vom direktorium liess er sich deshalb zum gesandten der helvetischen republik beim ersten konsul, napoléon bonaparte, delegieren. das blieb er denn auch bis 1803.

als napoléon nach allen inneren schwierigkeiten, die das werden der helvetischen republik erschütterten, remedur schaffen musste, war stapfer einer der delegierten in der consulta, welche am 19. februar 1803 die mediationsakte in empfang nahm. stapfer hatte sich noch für die gründung eines selbständigen kantons aargau stark gemacht, lehnte es aber ab, in dieser insel der neuen republik, die er zu schaffen hoffte, selber ein amt als politiker oder pädagoge anzutreten. vielmehr blieb er in paris, später in versaille als schriftsteller, mit zunehmend theologischem interesse zurück, bis er, 1840, im kreise seiner familie, gesellschaftlich aber verlassen verstarb.

die helvetischen intellektuellen, einst und heute …

noch heute ist philipp albert stapfer einer der faszinierendsten intellektuellen der kurzlebigen helvetischen republik.

das erstaunt auf den ersten blick: das politische projekt der franzosen in der schweiz scheiterte kläglich. stapfers projekte versandeten samt und sonders. und trotz zahlloser schriften ist bis heute kein philosophisch geschlossenes werk bekannt geblieben.

aber das charisma der ministers, des diplomaten und des weltverbesseres ist geblieben. er glaubte an das gute im menschen, – und löste damit eine optimistische grundwelle unter den aufgeklärten bürgern des 19. jahrhundert aus. wissen sollte dank stapfer macht werden.

ohne stapfer wäre die “helvetik”, wie man die unterschätzte episode häufig zusammenfasst, gar nicht denkbar, hätte es wohl keine selbständige republik an der grenze frankreichs gegeben, und wäre der aargau nicht unabhängig von bern geworden.

in seinen älteren jahren verabschiedete er sich aber, mit blick auf die verhältnisse schweiz, vom reinen unitarischen denken. wie napoléon auch, suchte er nach einer verbindung von zentralistischen und föderalistischen prinzipen der republik, um stabile institutionen von innen her wachsen zu lassen.

im aargau ist daraus ein staat geworden, der von seinem revolutionären geist, indem er entstanden ist, schon länger soviel eingebüsst hat, dass der regierungsrat seit neuestem die revolutionierung von oben wieder aufgenommen hat. aus dem kanton der regionen sollte, gemäss landamman kurt wernli, bald ein kanton mit ausstrahlung und zwei grössere urbanen stadtgemeinden werden!

back to some roots

selbstverständlich, füge ich heute bei, gäbe es ohne philipp albert stapfer auch keine pionierhaften gemeindeuntersuchungen in der schweiz. jeder, der sich mit historischer gesellschaftsforschung der schweiz beschäftigt, kommt an dieser ikone der profession nicht herum. das wissen heute nur noch spezialisten, – und verehrer von stapfer.

dazu zählt übrigens auch die erste bildungsministerin der schweizerischen eidgenossenschaft, ruth dreifuss. wenn sie ihrem sozialdemokratischen bildungsexperten in der fraktion, dem aargauer hans zbinden, schrieb, soll sie ihn jeweils als “mon cher stapfer!” angesprochen haben. der wiederum, ist einer der führernder politiker und pädagoge der gegenwart, der nicht zuletzt 2006 dem bildungsartikel in der bundesverfassung, der zentralisierung bringen wird, zum durchbruch verhalf.

und er liesst viel. auch regelmässig den “stadtwanderer”. mehr noch: er hat mich eingeladen, in seine zähringerstadt rheinfelden zu kommen, um in der alten freien reichsstadt, die mit napoléon zur schweiz kam, um die zukunft der schweiz nachzudenken.

so hat mich der aargau wieder eingeholt: beruflich und darüber hinaus, … nicht zuletzt wegen “mon cher stapfer”.

stadtwanderer

war es der 4. oder 5. märz 1798? das ist die frage!

es regnet. und ist kühl. kein wetter, um zu wandern. und sich zu erinnern. doch das erinnern ist gerade heute wichtig. wahrscheinlich wäre es gestern sogar richtiger gewesen.


da, wo einst die revolutionären truppen frankreichs, unmittelbar vor dem berner rathaus, den freiheitsbaum aufpflanzten (fotos: stadtwanderer, anclickbar)

kapitulieren oder kämpfen?

gestern vor 209 jahren marschierten frankreichs truppen vor bern auf. es war samstag, der 4. märz 1798. von norden her kamen sie über solothurn, fraubrunnen zum grauholz. Dort, wo heute das shopyycenter schönbühl steht. von süden her griffen sie über murten, laupen und neuenegg an.

der berner grosse rat, die vertretung der senatoren alter schule, tagte unablässig. und schwankte. sollte man so wie freiburg drei tage zuvor ohne kampf kapitulieren? sich mit der neuen herrschaft arrangieren? Und versuchen, das beste daraus zu machen? oder sollte man der französischen revolution, die da importiert werden sollte, gegenübertreten, wie seinerzeit die schweizer gardisten, die als letzte die französische monarchie verteidigten?

es ging nicht nur um vaterlandsliebe! es ging auch um traditionelle und moderne weltanschauungen! und um interessen!

die mehrheit des grossen rates

der ältestenrat der berner partizier war entsprechend gespalten. die bürgerschaft fragte man, wie immer, nicht direkt. man verhandelte im rat. unter sich. den selbstrekrutierten auserwählten.

die anpasser unter den senatoren waren für aufgeben. verhandeln. vernüftig bleiben. sie sahen die übermacht schon kommen, gegen die jede wehr sinnlos sein würde. und sie spekulierten darauf, bei einem füglichen verhalten sogar bedient zu werden. zum bespiel mit dem fricktal, das man 1415 nicht erobern konnte und habsburgisch blieb. jetzt hatte es napoléon dem besiegten kaiser in wien abgerungen. Und noch viel besser als zum emporkömmling in paris hätte das fricktal zum berner aargau gepasst. Den patrizieren, die ein wenig mit der zeit gegangen waren, aber ihrer herkunft verbunden geblieben sind, sollte es gehören. zum teil dachte man in bern so, wie im aufgeklärten absolutismus österreichs. frisching, der deutschsäckelmeister, war ihr anführer im grossen rat.

die mehrheit der alten republik

gar nichts von solchen gedankenspielen hielt er, der schultheiss von bern. wie immer hätte er während den verhandlungen auf dem stuhl vor den senatoren sitzen und zuhören müssen. denn das herrschaftszeichen sagte schon vieles, – selbst für einem herzog im kaiserreich wäre es würdevoll genug gewesen. doch jetzt er mochte nicht mehr ruhen. Die schwankende diskussion im rat nervte ihn. ihn, den repräsentant der seit dem henzi-mord in halb europa ausgelachten berner aristokratie. ihn, den inhaber der staatsgewalt, der sich seiner aufgabe, die 505 jahre alte verfassung von könig adolf von nassau, die bern so gross werden liess, zu verteidigen.

niklaus friedich von steiger, in früheren zeiten distinguiert nicolas fréderic de steiger genannt, war für kampf. freiheit und gleichheit stand auf seinem schultheissenstuhl. doch er interpretierte er nicht so, wie es die revolutionäre von 1789 taten. die nation kannte er nicht. und menschenrechte würden ihm nicht weiterhelfen. Die revolution habe nur ein terrorregime begünstig! den krieg in halb europa angezettelt. an ende habe die revolution ihrer eigenen kinder guillotiniert, sodass nur noch der fatale ausweg des feldherrn und diktators napoléon geblieben sei. das wollte man in bern nicht. genauso wenig wie seinerzeit der republikaner cicero für gaius julius als caesar gewesen sei!

die folgenreiche spaltung

angesichts der polarisierten situation blieb der rat am samstag, 4 märz 1798, gespalten. frisching war in der mehrheit. ihm fehlte aber die zustimmung des schultheissen. denn dieser verliess, angewidert vom unsäglichen treiben im grossen rat wortlos den saal der wankelmütigen. wie es seine pflicht verlangte, ging er aufs feld. aufs schlachtfeld. lieber den heldentod sterben, als sich frankreich unterwerfen.

die verbliebene mehrheit des grossen rates kapitulierte. sie unterschrieb die bedingungen der französischen generälle schon an diesem samstag, 4. märz 1798. und sandte boten damit los. in den französischen archiven wird das schriftstück mit unterschrift und datum bis heute gezeigt.

den bernsichen soldaten, die in neuenegg, grauholz und und fraubrunnen stellung bezogen hatten, sagte man nichts davon. denn sie sollten kämpfen. die alte republik gegen die neue verteidigen. würde man siegen, würde man den kapitulanten gehörig den garaus machen. würde man indessen verlieren, hätte man wenigstens die ehre verteidigt.

in neuenegg gewannen die berner truppen gegen die vorrückenden franzosen. es gelang ihnen, sie aufzuhalten. nicht so aber in grauholz, wo das desaster gewaltig war. aufgelöst hatten sich die berner truppen und ihre gehilfen, die frauen und das gesinde. geflüchtet waren sie, in alle richtungen, als die franzosen mit voller wucht vorrückten. tote gab es dennoch!

schultheiss von steiger fand nicht, wie erhofft, den heldentod auf dem feldherrenhügel im grauholz. Schliesslich flüchtete auch er, – ins aaretal, über den thunersee, über den brünig, ins halbsichere luzern. später sollte er noch weiter fliehen, nach ulm, um sich österreichischen truppen anzuschliessen und weiter gegen die franzosen zu kämpfen. bis auch er starb.

am 5. märz 1798 waren die franzosen schlachtensieger. der widerstand von neuenegg war wertlos, denn von der anderen seite stürmten die franzosen über die aare und untertorbrücke in die hautpstadt der untergehendend. es war sonntag, als der kampf vorbei war, und die republik bernensis am ende war.

die dokumente der sieger und der verlierer

in den bernsichen geschichtsbüchern steht, die berner seien am 5. märz 1798 militärisch besiegt worden. in den französischen liesst man, die bernische regierung habe am 4. märz kapituliert, und die stadt den französischen truppen übergeben! das steht bis heute auf dem schlachtendenkmal im grauholz!

doch heute, wo es regnet und kalt ist, scheint weder das eine noch das anderen jemanden zu interessieren, und schon gar nicht kleine, aber umso wichtigere differenz! schade, denn sie verrät soviel über perspektiven in der geschichte …

stadtwanderer

kein einfacher spaziergang – der weg nach rom!

die geschichte der neugründung burgunds wäre unvollständig erzählt, würde man nicht auch auf die rolle der bosoniden eingehen. denn sie gerieten zwischen alle fronten im geteilten frankrenreich, stiegen aber als diener verschiedener herren bis an die spitze burgunds und italiens auf, und griffen in der person des umstrittenen könig hugo gar nach der kaiserkrone. eine bilanz der vorläufigen höhe- und tiefpunktes burgundischer geschichte.

die bosoniden in burgund

boso stammte aus nijmegen. als gefolgsmann von kaiser lothar I. ging er ins lombardische vercelli, wo er wiederum graf wurde, und mit seinen vielfältigen beziehungen den verkehr im langen, schwer beherrschbaren fränkischen mittelreich sichern half.

sein sohn hugbert war vorübergehend herzog im burgundischen transjuranien gewesen, dort aber umgekommen. theudoald, sein sohn wechselte danach die seite, heiratete berta, die unehliche tochter des verstorbenen lothringischen königs lothar II. und herzogin von tuscien (toskana), und diente sich nach im rhonetal hoch, wo er unter boso, dem neuen könig der provence, zum grafen von vienne avancierte. theudoalds sohn wiederum war hugo, der bosos nachfolger auf dem provencialischen königsthron, ludwig, diente.

ludwigs italienpolitik war nur kurze zeit glücklich. er wurde im jahre 900 zwar zusätzlich italienischer könig, und ein jahr darauf avancierte er sogar zum kaiser. doch er kämpfte mit wenig erfolg gegen berengar I., den markgrafen von ivrea, der ebenfalls anspruch auf die lombardische krone angemeldet hatte. kaiser ludwig wurde von seinem gegenspieler 902 gefangen gesetzt, geblendet, und 905 in die provence zurückgeschickt. berengar selber wurde danach neuer kaiser, eingesetzt von papst sergius III.

die burgunder in der lombardei

912 heiratete graf hugo ein erstes mal. ausersehen war willa, die schwester des seines blinden königs, welche in erster ehe mit könig rudolf I. von hochburgund verbunden war. damit legte hugo schon mal eine hand auf hochburgund, denn er war durch diese heirat “stiefvater” von rudolf II. geworden, dem neuen hochburgundischen könig, der älter war als er. sollte dieser sterben, würde hugo nach arles, vienne auch st. maurice und damit ganz burgund als voraussetzung für sein kaisertum beherrschen.

als rudolf II. 922 in die von berengar und seinen ungarischen gehilfen geschwächte lombardei gerufen wurde, um die lombardische königskrone zu tragen, sagte er zu, – auch wenn sein ambitionierter “stiefvater” argwöhnte. 923 besiegte rudolf kaiser berengar I., der innert jahresfrist starb, doch verlor er spätere schlachten um seine königsherrschaft.

nun mobilisierte graf hugo die lombardische opposition gegen könig rudolf. bereits 926 ging er mithilfe der sarazennen nach italien, um rudolf abzusetzen. von pavia aus regierte hugo nun über norditalien als lombardischer könig. 928 erbte er auch die provenzialische königschaft vom verstorbenen könig ludwig.

auf dieser konsolidierten basis knüpfte hugo nun seine bande nach rom, – die kaiserkrone schon vor augen.


hugo, könig von italien, greift 932 mit der heirat der senatrix und patricia marozia nach der kaiserkrone, schitert aber am wiederstand von herzog alberich II. von spoleto, marozias sohn aus erster ehe, der seinerseits eine theokratische herrschaft über rom und das papsttum erreicht

der griff hugos nach der kaiserkrone

zu dieser zeit regierten die grafen von tuscien über rom. herzog theophylakt und herzogin theodora I. gaben seit den zeiten von papst sergius III. den ton in der stadt am tiber an. in der kirchengeschichte erinnert man sich bis heute an ihn, weil er den lateranpalast erbauen liess. doch bleibt an ihm haften, dass er ein verhältnis mit marozia, der tochter von theophylakt und theodora hatte, dem auch ein sohn, der spätere papst johannes XI., entsprungen sei. marozia, eigentlich „die kleine marie“, war eine lebensfrohe frau, die sich mit ihrem zweiten mann, herzog wido von tuscien, zur den höchsten römerInnen erhob. da nach lombardischen recht, das auch in der toskana galt, die frau des königs erbbrechtigt war, nahm sie die titel senatrix und patricia an. die wahl von 5 päpsten soll sie selber bestimmt haben, um den weg für ihren illegitimen sohn auf den stuhle petri zu öffnen.

eine solche frau weckte auch das interesse von könig hugo in pavia. würde er sie erobern können, wäre der schritt zum kaisertitel nicht mehr weit. wer päpste bestimmen konnte, würde auch kaiser auserwählen können. könig hugo schreckte dabei vor nichts zurück: als erstes beseitigte er die toskanischen verwandten von marozia, und besetzt sich mit eigenen sippenmitgliedern. dann annulierte er seine ehe mit königin alda, um marioza ehelichen zu können. in der tat fand die hochzeit 932 im römer lateranpalast statt.

doch da meldete sich alberich II., herzog von spoleto, der sohn mariozas aus erster ehe, zur stelle. er sprengte die hochzeitsfeier, verurteilte die sich anbahnende heirat als burgundische verschwörung in rom, verjagte könig hugo, und liess marioza, seine mutter gefangen nehmen. Aus der erhoffte kaiserkrönung wurde nichts! Denn von marioza erfährt man danach nichts mehr. wahrscheinlich lebte sie in gefangenschaft. denn hugo belagerte 936 rom, um seine ehe mit marioza doch noch vollziehen zu können. er blieb allerdings auch diesmal erfolglos.

der griff ottos und adelheids nach der kaiserkrone

hugo wusste wohl schon damals, dass er nicht kaiser werden würde. 933 regelte er nämlich mit seinem „stiefsohn“ rudolf II, zwischenzeitlich mit der rätierin und schwäbischen prinzessin berta verheiratet, die italienfrage. Immer noch haftete ihm der verdacht an, gegen rudolf intrigiert, bertas vater, herzog burchard II. von schwaben umgebracht und rudolf gestürzt zu haben.

rudolf verzichtete nun definitiv auf die lombardische königskrone, erhielt aber dafür aber die grafenrechte von vienne und arles, die hugo immer noch innen hatte, ohne kaiserambitionen aber wenig verlockend mehr erschienen. damit gelang es rudolf II, nicht nur könig von hochburgund, sondern jetzt von (fast) ganz burgund zu werden. mit ausnahme des herzogtums von autun, das beim westfränkischen königreich verblieben war, besass rudolf nämlich die grafenrechte im ganzen rhonetal. die welfenfamilie in burgund stand nun auf dem höhepunkt ihres bisherigen austiegs im nachfränkischen, europäischen adel.

diesen triumpf konnte rudolf II. indessen nur noch kurze zeit kosten. 937 verstarb er, von seinem „stiefvater“ hugo überlebt. der könig der lombarden kannte in dieser situation wieder nichts. hugo setzte die witwe berta, angesichts der minderjährigkeit ihrer kinder konrad und adelheid die burgundische regentin, massiv unter druck, bis sie ihn ende des jahres heiratete; hugo verlobte dabei auch seinen dreissig jährigen sohn lothar, den designierten nachfolger als könig der lombardei, mit bertas tochter, der sechsjährigen adelheid. damit hatte er mit seiner vierten heirat nicht nur die mutter rudolfs geehlicht, sondern auch nach seinem tod seine frau geheiratet, und die tochter, die er später selber entjungfern sollte, seinem sohn vermacht! Bleibt nur noch zu erwähnen, dass er mindestens fünf weitere konkubinen hatte, mit denen er kinder gezeugt hatte, um den tiefpunkt der burgundischen renaissance nicht zu vergessen

947 verliess hugo, von berengar II., dem sohn des kaisers, den rudolf besiegt hatte, bedroht, die lombardei und kehrte nach arles zurück, wo er auch verstarb. sein soh lothar wurde mit der inzwischen volljährigen adelheid getraut, sodass sie das neue königspaar der lombardei wurden, wenn auch mit berengar II. als palatin im herrscherhaus. Lothar regierte nur drei jahre, bevor er vermutlich von berengar II. vergiftet wurde. zu gerne hätte dieser danach königin adelheid zur frau gehabt, denn so wäre er selber lomardischer könig geworden. Die 19jährige witwe weigerte sich aber und rief aus der gefangenschaft, in die sie deswegen gesetzt wurde, könig otto von sachsen und franken nach pavia, wo beide heirateten und so die basis für die wiedervereinigung des (ost)fränkischen und lombardischen königskrone legten.

alberich II., herzog von spoleto, der bei der die heirat von hugo und marioza die „burgunderverschwörung“ in rom inszenierte hatte, danach aber senator und patricius von rom geworden war, verweigerte dem neuen powercouple von pavia den einzug nach rom vorerst. Erst 962, im zweiten anlauf, musste „sein“ papst, johannes XII., nachgeben und otto zum kaiser, adelheid zur kaiserin krönen. mit ihm sollte 963 der letzte günstling der theophylakten auf dem stuhle petri verschwinden und ser einfluss der herzöge aus der toskana und aus spoleto ein ende nehmen. denn es regierten jetzt die ostfranken, lombarden und burgunder rom, die kirche petri und das neue römische reich.

stadtwanderer
(auf dem rückweg von rom, über arles, vienne, st.maurice nach bümpliz und hinterkappelen)

ps:
nein, ich stütze mich hier nicht auf eine antikatholische schrift von mönch martin luther, der auf seinem pilgerweg von wittemberg nach rom so manches über das wirkliche leben in der papststadt erfahren hatte, das ihn schockierte, dass er nur noch kritisch über die kurie in rom berichtete. ich stütze mich auch nicht auf die schriften von kardinal baronius, der im rahmen der konservativen gegenreformation die einflussnahme von frauen der toskanischen theophylakten auf das papstum von sergius III. bis johannes XII. schlicht als hurenherrschaft (lateinisch: ponrokratie) verurteilt hatte.
vielmehr habe ich beim chronisten liutprand nachgelesen, dem bischof von cremona, der so viel über das leben des entstehenden adels in italien wusste, weil er allen mächtigen seiner zeit, berengar wie otto gediente, und dies der nachwelt auch zugänglich machte. es mag sein, dass in seiner „gala“ für das 10. jahrhundert das eine oder andere der phantasie eines bischofs entsprungen war. interessant ist sein bericht als panoptikum des lebens im hochmittelalter allemal! umso verwunderlicher bleibt es, dass die „bümplizerin“ adelheid sich bei alle den schwierigkeiten durchgesetzen konnte und sowohl kaiserin des römischen reiches wie auch heilige der katholischen kirche werden konnte.

chapeau, ma chère!

du beschäftigst mich immer noch mehr als der untergang des alten bern in den ersten märztagen des jahres 1798, über den ich heute eigentlich berichten sollte …

warum gibt es soviele burgunds? – eine frage, die man nur historisch beantworten kann

warum gibt es so viele regionen, die den namen „burgund“ tragen? – die antwort darauf kann man nur mit einem historischen argument geben: weil die alte burgundia, das rhone-, soane-, doubs- und aaretal der burgunden aus der völkerwanderungszeit, die zum fränkischen reich kam, nach dessen teilung 843 von verschiedenen adelsgruppen beansprucht wurde.

zwei sippen muss man besonders erwähnen: die buvinen und die welfen. sie beide waren verwandt mit dem kaiserhaus, doch handelten sie nach ihren eigenen interessen. sie konnten sich selbständig machen, weil sowohl die kaiser karl II. als auch karl III., kurz vor ihrem jeweiligen tod, die erblichkeit der adelstitel und der damit zusammenhängenden ländereien dekreditiert hatten. damit haben sie den europäischen adel begründet, dessen anfänge auch das schicksal der verschiedenen burgunds bestimmte.


die situation burgunds am ende des adeligen teilungsprozesses 888

die herrschaft der buvinen

die buvinen waren ein grafengeschlecht aus dem lothringischen metz. sie rückten schlagartig ins licht der königlichen aufmerksamkeit, als der mittelfränkische könig lothar II. starb, und sein reich im vertrag von meersen zwischen ost und west aufgeteilt wurde.

der westfränkische könig karl II. (“der kahle”)ehelichte gleichzeitig seine bisherige maitresse, richildis aus dem geschlecht eben dieser buvinen. damit versuchte er seinen einfluss in lothringen zu stärken, denn sein halbbruder, ludwig II. (“der germane”, irrigerweise auch “der Deutsche”), könig von ostfranken, hatte sich im besagten vertrag den grösseren teil des aufgelösten lothringischen reiches sichern können.

zwei brüder von königin richildis machten in der folge karriere am hof des westfränkischen königs: richard und boso. beide wurden nach burgund geschickt, um die unsicheren und unklaren besitzverhältnisse zugunsten des westfranken zu beeinflussen. richard nahm in autun platz, und boso liess sich in vienne nieder.

die herrschaft der welfen

ob boso mit seiner mission überall erfolgreich war, ist zweifelhaft. an der unteren rhone konnte er sich sicher festsetzen und gebhard, der vormaligen grafen der stadt, der noch ganz in den verhältnissen des fränkischen mittelreiches dachte, verdrängen. im oberen rhonetal, in transjuranien stiess er aber auf konrad den jüngeren aus dem hause der welfen, der ebenso treu zum lothringischen könig gehalten hatte.

formell wurde boso auch laienabt von st. maurice, und die spur von konrad verliert sich in dieser zeit. doch taucht nur zwei jahre später konrads sohn, rudolf, als neuer abt von st. maurice. er führt auch den titel des markgrafen, den der kaiser seinem vater verliehen hatte, was dafür spricht, dass boso nur unten, im breiten rhonetal, nicht aber in den alpen regierte.

der aufstieg von boso von vienne zum könig der provence

unter dem westfränkischen könig karl II. stieg boso zum eigentlichen machthaber in niederburgund auf. beim tod seines königs anerkannte er die herrschaft dessen sohnes, ludwig, nicht und erklärte sich selber zum könig der provence, die niederburgund miteinschloss. sein bruder, richard, wurde nun herzog von burgund genannt, löste sich aber anders als boso nicht aus dem westfränkischen herrschaftsverband. die trennung der beiden burgund, nur noch durch brüder zusammengehalten, sollte anhaltend sein.

dass die buvinen nach dem tod des kaisers so rasch reagiert und die macht an sich rissen oder verteidigten, hatte einen gewichtigen grund: im gleichen jahr sollten sich maurische seefahrer aus dem emirat von cordaba an der küste von fraxinetum niederlassen und eine mohammendanische kolonie gründen, die auf handel im rhonetal ausgerichtet war. sie sollte sich rund 100 jahre als sarazennen halten konnten.


der grosse zeitvergleich: was aus dem frankenreich des 9. jahrhunderts bis heute geworden ist.
hier behandelt habe ich, wie burgund entsteht (und verschwindet).

männerbilanz der teilungen

für eine vollständige herrschaft der buvinen über die alte burgundia fehlte könig boso und seinem bruder herzog richard die herrschaft über das burgundische hauskloster in st. maurice d’augaune. doch hier hatten sich die welfen festgesetzt und eine eigene herrschaft im alten transjuranischen dukat entwickelt.

nach dem tod von kaiser karl II. nannte sich rudolf graf von transjuranien, und 885 wurde er, von kaiser karl III., seinem nachbaren aus alemannien, zum herzog ebendieser provinz ernannt. 888, beim tod von kaiser karl III., erhob er sich mit einigen getreuen aus der region zum könig von hochburgund und verfolgte rasch ein ziel: das 870 im vertrag von meersen untergegangene königreich von lothringen, wo er als laienabt von st. maurice weiterhin begütert war, aus dem ostfränksichen verband herauszulösen und wieder aufleben zu lassen. damit sollte er nicht erfolgreich werden, mit der begründung des hochburgundischen königsreichs indessen schon.

aus der alten burgundia war damit in nachkarolingischer zeit nicht eine neues mittelreich quer durch europa entstanden, doch das burgundische gebiet war in seinen alten grenzen, aber drei verschiedenen teilen, neu entstanden:

die buvinen, das adelsgeschlecht aus dem alten austrien, waren die eigentlichen sieger im cisjuranischen teil burgunds, die welfen, das alemannengeschlecht, im transjuransichen.

man kann sich das wie ein “Y” vorstellen: unten, von der provence aus, der neue könig aus dem geschlecht der buvinen, der im unteren aaretal herrschte, oben rechts, der welfische könig, der im gebirgigen hochburgund regierte, und oben links, der herzog von burgund, wiederum von den buvinen abstammend.

die hochburgundischen könige orientierten sich in der folge am ostfränkischen könig, später am römischen kaiser, während der herzog von burgund im westfrankischen königsverband blieb.

das herzogtum blieb bis ende des 15. jahrhunderts selbständig, kam dann definitiv zu frankreich. das rhonetal folgte, nach einer wechelvollen geschichte mit verschiedenen zugehörigkeiten, zwischen dem 17. und 19. jahrhundert. hochburgund kam im 11. jahrhundert zum kaiserreich, löste sich bis ende des 14. jahrhunderts auf; die freigrafschaft auf der ostseite des juras weschselte ihre zugehörigkeit ebenfalls mehrfacht, gehört heute zu frankreich, während der westliche teil am fusses des juras bernisch, eidgenössisch wurde.

frauenbilanz der verbindungen


bleib noch die frage, wie das alles zusammengehalten wurde, im 9. und 10. jahrhundert? vorerst muss man sich viele leute wegdenken, zahlreiche städte streichen, die schnellstrassen in die provence eliminieren und die vielfältigen kommunikationsmöglichkeiten ganz streichen.

verbunden blieb der burgundische raum aus der völkerwanderugnszeit durch die rhone, – und durch heiraten der neuen adeligen: könig rudolf ehelichte nach seiner erhebung willa, die schwester von könig boso, während seine schwester adelheid, erste aebtissin von roaminmotier wurde, zur frau von herzog richard von burgund aus dem hause der buvinen avancierte. der obere teil des “y” war damit allen entstehenden herrschaftsgrenzen zum trotz miteinander verhängt.

nur könig boso hielt sich nicht an diese ehelichen verknüpfungen. er hatte schon vor seiner krönung ermengard, die tochter von kaiser ludwig II. von italien geheiratet, und damit vor allem in der lombardei seine italienpolitik begründet, wie seinerzeit auch gundobad, der sich 400 jahre zuvor mit einer allianz mit den ostgoten in italien gegen von den franken im norden und westen abzugrenzen versuchte. er sollte damit die italienpolitik burgund begründen, die ich später erzählen werde.

stadtwanderer

die welfen-sippe

im plattdeutschen sind welpen junge raubtiere. im hochdeutschen wäre daraus welfen geworden. doch dieser begriff hat sich nicht durchgesetzt. hundezüchter reden unvermindert von welpen, und von welfen sprechen nur mediävisten. im mittelalter war sie eine adelsippe, die an den karolinger hielt, wie kleine welpen an ihren eltern, bis sie selber selber herrscher wurden, unter anderem könige von burgund.


welpensippe: jungtiere werden aufgezogen, bis sie selber zuschlagen können! (quelle: flickr_dan65)

im gefolge des schwagers und kaisers

konrad, seines gleichnamigen sohnes wegen, der ältere genannt, war im 9. jahrhundert, der goldenen zeit, laienabt von st. gallen. er hielt bedingslos zu seinem kaiser, ludwig I., den man seiner kirchennähe wegen, später der fromme nannte.


kaiser ludwig, “der fromme”, mit kaiserin judith verheiratet, der einen schwester von konrad dem älteren

ludwigs erste frau, irmengard, verstarb, als ludwig schon drei söhne hatte, und in der ordination imperii seine nachfolge geregelt hatte. sohn lothar sollte kaiser werden, während ludwig das bayrische und pippin das acquitanische königreich erben sollten. doch der witwer ludwig heiratete ein weiteres mal, jetzt die welfin judith. sie gebar ihm einen weiteren sohn, den sie in anlehnung an ludwigs vater, karl den grossen, keck auf den namen karl taufen liess.

das war programm! judith setzte durch, dass auch der kleine karl am väterlichen erbe beteiligt würde. ludwig schaffte hierfür eigens den schwäbischen dukat, bestehend aus alemannien, rätien und einem teil burgund. zieht man von der heutigen schweiz das tessin, ist der neue ducatus weitgehend identisch mit dem heutigen staatsgebiet.
für das frankenreich bedeutete diese gründung indessen der anfang vom ende: lothar, designierter nachfolger als kaiser, aber nach italien abgeschoben, liess seine elten inhaftieren und übernahm 830 selber die regierung. diese enttäuchte, und ludwig gelang es erneut, die macht zu übernehmen. gegen seine söhne, regierte er mit verweisung, zwang und militärischen mitteln. 833 stand man sich vor colmar militärisch gegenüber. doch da versagte die loyalität des fränkischen adels gegenüber dem kaiser. seiner truppen beraubt, musste der kaiser abdanken. selber kam er in ein kloster bei soisson, judith wurde in tortona in italien inhaftiert und karl, deren gemeinsame sohn, kam ins fränkische kloster prum.

zu den inhaftierten letzten getreuen des kaisers zählte auch konrad, der bruder der kaiser, und der onkel von karl. der st. galler abt, vom kaiser mit dem titel eines herzog von alemannien ausgestattet, um das mögliche erbe von karl zu sicher, teilte das schicksal seiner verwandten. dieses änderte sich, als nun pippin und ludwig auf ihren bruder losgingen, und ihm nur noch die flucht nach italien blieb. die kaiserfamilien wurde befreit, und ludwig regierte bis zu seinem tod 840 weiter, mit seiner frau judith und sohn karl an seiner seite.

im gefolge des anderen schwagers und ostfränkischen königs

konrad, der st. galler welfe, wechselte nun das lager. er schloss sich nach seiner befreiung ludwig an. auch mit ihm war er verwandt, denn seine zweite schwester, emma, war dessen frau. nun teilte er während 25 jahren dessen aufstieg.


ostfränkischer könig ludwig II., “der germane” (früher: der deutsche), mit königin emma verheiratet, der anderen schwester von konrad dem älteren

840 wurde ludwig beim tod des kaiser, wie vor vorsehen könig von bayern. konrad wurde schon im vorfeld mit verschiedenen grafentitel ausgestattat. graf von argenau, im alpgau und im linzgau nannte er sich nun, und sicherte ludwig den einfluss bis an den bodensee. 841 kämpfte konrad auf dessen seite in der adelsschlacht von fontenoy. gemeinsam mit dem halbbruder karl, der sich nach dem tode von pippin zum könig von acquitanien aufgeschwungen hatte, setzte man nach fränkischem brauch lothar, dem neuen kaiser militärisch zu. danach liessen die beiden neuen starken im frankenreich, die schlachtensieger karl und ludwig, ihre jeweiligen adel 842 den treueeid schwören, und einen teilungsvertrag für das erbe des vaters ausarbeiten, bei dem alle drei (halb)brüder gleichberechtigt ausgehen sollten. lothar blieb zwar kaiser, aber auf das mittelreich von aachen bis rom reduziert, während karl könig von westfranken und ludwig könig von ostfranken wurde.

die beiden halbbrüder, ludwig ein karolinger mit einer welfenfrau, karl, eine mischung aus karolinger und welfen blut, etablierten sich in der folge besser als ihr ältester bruder lothar. dieser starb schon 12 jahre nach der reichsteilung, ohne dass sich sein reich stabilisiert hätte. nur in italien, wo lothar seinen sohn ludwig II., den gegenübem dem ostfränkischen könig gleichen namens, den jungen genannt, einsetzte, etablierten sich nach 855 einigermasse feste strukturen. in der provence, wie man das rhonetal jetzt nannte, konnte sich karl, lothar zweiter sohn nicht richtig festsetzen. einmal war er als 10jährige zu jung, sodann litt er, wie viele nachfahren karls des grossen unter epilepsie. er starb bereits 863. auch lothar II., der den nördlichen teil des alten mittellreiches übernommen hatte, kämpfte fast ständig um sein überleben. um seine macht als lothringischen könig zu sichern, verband er sich mit dem niederländischen adel der bosoniden. doch die heirat mit teutberga wurde bereits zwei jahre nach seiner einsetzung als könig aufgelsöt.

858 geriet auch karl in westfranken in bedrängnis. die normanen unternahmen vom atlantik aus angriffe auf den grossen flüssen. der westfränkische adel wankte, und rief ludwig, den ostfrönksichen könig, zur hilfe. ludwig rückte selber vor, und schickte seine getreuen welfen nach burgund, wohin karl geflüchtet war.

im gefolge des eigenen neffen und westfränkischen königs

doch da kam es zum eklat: konrad, vormals laienabt von st. gallen, herzog von alemannien, mehrfacher graf im bayrischen, schwager seines königs, wechselte die seite. man schloss sich dem bedrängten westfränkischen karl an. als ludwig sah, dass ein teil seines heeres übergelaufen war, zog er sich zurück, und karl setzte sich gegen die normanen durch.


westfränkischer karl, “der kahle”, später kaiser karl II., der neffe von konrad dem älteren

konrad wurde wegen seines verrats all seiner titel in ostfranken enthoben. karl entschädigte ihn, der seit längerem mit adelis, einer westfränkischen adeligen verheiratet war, mit dem titel eines graf von paris, und seine sippe dehnte sich seine-aufwärts aus. in sens und in auxerre liess man sich nieder und sicherte die täler. konrads sohn wurde 859 graf von auxerre, er selber übernahm, erneut als laie, das kloster st. germain-auxerre. 862 verstarb er in auxerre.

vor der geburtstunde der burgundischen welfen

mit konrad dem älteren hatte sich die welfensippe angesichts der krise der karolinger breit gemacht. immer hatte er sich nach dem jeweils mächten ausgerichtet. immer war man mit ihm, dank der heirat der welfin judith in die karolingische kaiserfamilie, auch eng verwandt.


kaiserin judith, die schwester von konrad dem älteren

einmal war es der kaiser und schwager, dann der eine könig, wiederum ein schwager, und schliesslich arbeitete man für den anderen könig, dessen onkel man war. immer profitierte man davon, vorstehen von abteien wurde man, zu herzöge stieg man auf, und grafentitel sammelte man gleich reihenweise. schliesslich hatte man soviel mitgeraubt, dass man seine eigenen welpen plazieren konnte. konrads sohn, eben konrad der jüngere, sollte noch eine wichtige rolle in untergegangenen frankenreich spielen, denn er ist der stammvater der welfischen könige im hochmittelalterlichen burgund.

stadtwanderer

mit euren favoriten unterwegs (februar 2007)

die monatsauswertung zur nutzung meiner beiträge zeigt es: der “stadtwanderer” ist immer weniger ein kiosk, aber immer mehr ein archiv. die verwendung des blogs ist im umbruch!


umbruch im nutzungsverhalten auf dem “stadtwanderer”: hat die neuordnung der rubriken alles verändert? (quelle: www.flickr.com/caramdir)

bis jetzt hatte ich jeden monat meine klaren spitzenreiter unter den nachgeschlagenen einzelbeiträgen. das ist seit einige wochen anders. zwar hat es immer noch populäre beiträge. die spitze wird aber immer flacher. dafür wird die nutzung immer breiter. rund 100 beiträge sind während des monats februar 2007 im schnitt minestens einmal täglich angeclickt worden. soviel wie noch nie. oder anders gesagt: der stadtwanderer wächst in die breite. sicher, ich hab ja zwischenzeitlich mehr und mehr verschiedenes geschrieben, aber das nutzungsverhalten verändert sich schneller, als ich schreibe …

der neue trend kann verschiedene ursachen haben:

hypothese 1: ich schreibe nichts mehr, das aktuell ist und sofort interessiert. hmmmm?

hypothese 2: man kommt vor allem über suchbegriffe auf google, slug oder im stadtwanderer selber auf einen artikel vom stadtwanderer. hmmm?

hypothese 3: vermehrt werden meinen (neu gegliederten) rubriken zu den generellen themen des “stadtwanderers” verwendet, die dann einmal gründlich durchgescrollt werden. hmmm?

momentan neige zur 3. annahme. denn die nutzung von “politik”, “geschichte” oder “einstein” ist mittlerweile gleich mindestens so toll wie die der einzelnen beiträge. deshalb verzeichne ich in der übersicht eurer favoriten für den februar 2007 nicht artikel, sondern rubriken, die am meisten genutzt werden!

1. politik 1299 direktviews

2. geschichte 767 direktviews

3. einstein 298 direktviews

4. bern stadt 255 direktviews

5. buchbesprechungen 233 direktviews

6. eigene wanderungen 199 direktviews

7. alltag 194 direktviews

8. in eigener sache 119 direktviews

9. burgund/bourgogne/burgundia 112 direktviews

10. coming up this month 111 direktviews

auf dass die anderen rubriken auch genutzt werden!!!

stadtwanderer

5000 mal meine fotos konsultiert!

“mein flickr-album”

vor nur sechs monaten habe ich mit meinem stadtwanderer-flickr angefangen. und jetzt wurden meine fotos schon 5000 mal angesehen!


I, me and myself: stadtwandern (fotos: stadtwanderer, anclickbar)

ein bisschen stolz bin ich schon! so richtig gepackt hat mich das fötelen erst von eineinhalb jahren. ja niemandem hätte ich vorher ein bild, das ich eher zufällig geschossen hätte, gezeigt. in den sommerferien vor 2004 nahm ich mir dann erstmals zeit, bewusst fotos zu machen: natur und kultur waren mein erstes thema in der wildnis der schwedischen wälder! seither haben mich zusammenspiel, abgrenzung und gegensätzlichkeit unserer beiden grossen räume, in denen wir leben, nicht mehr losgelassen. es beschäftigt mich auf vielfältige art und weise, ob ich draussen auf dem feld oder drinnen in der stadt bin.

als ich letzten sommer wieder aus den langen ferien in die schweiz zurückkehrte, entdeckte ich flickr zufällig. ich suchte nach guten bildern zum stadtwanderer im internet. da traf ich auch eine lustige fotoserie von turnschuhen. sie gehörten zu einem flickr pool. was damit gemeint war, musste ich zuerst buchstabieren lernen. ich merkte indessen rasch, dass das ein medien für mich wäre.


meinstein city – weltweites interesse (fotos: stadtwanderer, anclickbar)

so fasste ich ein herz, durchkämmte meine eigenen fotoserien auf dem labtop, und wählte sechs bilder aus, die ich gerne andern gezeigt hätte. anfänglich war ich ganz streng mit mir: es sollten nur bilder aus der stadt bern sein. architektur, verkehr und stadtpräsident waren die ersten sujets. schnell kamen weitere dazu: stadtwandern, natürlich, einstein selbstverständlich, und herbstimpressionen – mit vorliebe!

rasch merkte ich auch, was flickr so spannend macht: keine langen vorbereitung braucht es, um ein paar bilder vorzubereiten. keine speziellen fertigkeiten sind nötig, um die dinger hochzuladen. und keine untragbaren kosten entstehen dir, wenn du das oder andere allen zeigen möchtest.

und bald schon kamen die reaktionen: die fotos wurden angesehen, einige von ihnen wurden kommentiert und einzelne sogar kritisiert. die clicks auf meinem flickr stimulierten mich, auch wenn ich vorerst nicht verstand, was “interesting” meinte. heute weiss ich es: eine mischung aus dauer der veröffentlichung, zahl der speziellen views, menge der kommentare, die verfasst wurden und den “favoriten”, die ein bild bekommen hat.


diese fotos wurden am meisten diskutiert (fotos: stadtwanderer, anclickbar)

was daraus entsteht ist kommunikation im wahrsten sinne: das entziffern von zeichen, die man sendet, durch empfänger, die bewusst oder unbewusst ihre zeichen dazu setzen, die man dann wieder selber entziffern kann! oder anders gesagt: dank den zahlreichen interessenten auf meinem fotoflickr habe ich via meine bilder ein bild bekommen, das ihr euch von mir macht. viele von euch sind mir dabei unbekannt geblieben, andere habe ich kennen gelernt, und mit einem erstaunlich treuen kreis tausche ich mich regelmässig aus.

bei einigen bildern und serien könnte man schon fast sagen: typisch,stadtwanderer! bei anderen habe ich mich selber überrascht! eigentlich alle ausgestellten fotos erinnern mich an den moment, als ich sie gemacht habe. denn das fötelen hat mich gelernt, genauer hinzuschauen, formen und farben genauer anzusehen, licht und schatten genauer zu beobachten, stimmungen und objekte treffender einzuordnen. und schnappschüsse einzufangen!


berner impressionen im vorbeigehen (fotos: stadtwanderer, anclickbar)

nach gut sechs monaten habe ich meine gut sechshundert bilder, seit denen ich mein flickr betreibe, einmal gründlich durchgesehen. weniges ist dabei eliminiert worden; anderes habe ich besser geordnet: zahlreiche sets sind neu entstanden. sie kreisen um themen wie die besten bilder aus meiner und eurer sicht, um meine eindrücke im jahres- und tagesablauf, natürlich um all das, was ich an bern festhalten möchte, und schliesslich, was mich in anderen städten und landschaften der schweiz, schwedens und burgund im vorbeigehen so beeindruckt hat.

5000 mal sind meine fotos zwischenzeitlich konsultiert worden. das hätte ich nie geglaubt! hätte mich man vor einem halben jahr gefragt, ob ich fötele, hätte ich wohl gesagt: nein, höchstens hie und da, und auch das nur für mich. heute antworte ich: ja, eigentlich regelmässig und ganz gerne für mein flickrchen!

stadtwanderer

hukbert – könig der bewaffneten wegelagerer

kaum eine figur aus der burgundischen vergangenheit hat bis heute eine so schlechte presse. gerade das macht ihn aber unverändert interessant: hukbert von st. maurice. für die einen ist er der herzog von transjuranien, für andere reicht er gerade zum simplen strassenräuber, dem jede schandtat zuzutrauen war.

die tragödie der fränkischen reichsteilung

843 wird das fränkische kaiserreich geteilt. man beshwört zwar die gemeinschaft der brüder lohtar (dem kaiser), karl (dem kahlen) und ludwig (der germanen). faktisch unternimmt man aber alles andere: wo es geht werden sippenhaft geübt und fehden ausgetragen, zieht man unter ausnutzung von adelsrivalitäten und ethnischen gegensätzen militärisch gegeneinander ins felde, und wechselt man aus opportunistischen gründen schon mal ohne bedenken die herrschaftsseite. stück für stück geht das ehemalige kaiserreich dabei unter.

was die trägödie im grossen für den lokalen raum bedeutet, symbolisiert das wirken von hukbert im transjuranischen raum, vor allem im bistum lausanne mitte des 9. jahrhunderts.

das schwächste glied in der reichsteilung von 855 war karl, formell könig des wiederentstehenden burgund. bei seiner einsetzung war er gerade mal 10jährig, und er wurde von einer der vielen erbkrankheiten geplagt, die es in der karolingersippe zwischenzeitlich gab. sein alter und epileptischen anfälle erschwerten es ihm, das königreich burgund, wie vorgesehen, neu zu begründen; bereits mit 18 jahren starb er einen frühen tod.

hukberts aufstieg in transjuranien

das 855 entstandene machtvakuum zwischen norden und süden des mittellreiches entdeckte hukbert, ein exponent aus der sippe der bosoniden, die aus dem norden des mittellreiches stammte und sich im unteren rhonetal als grafen niedergelassen hatte. sippenziel war es, die weitläufigen fränkischen mittelreich entscheidenden verkehrswege zu beherrschen.

hukbert setzte 855 durch, dass seine schwester theutberga von lothar II. geehlicht wurde. damit war der lothringische könig eine förmliche muntehe nach fränkischem recht eingegangen, ohne aber seine friedelehe zu waldrada aufzulösen. bruder hukbert hatte im gegenstück das land zwischen jura und penninischen alpen erhalten, das mit dem jougnepass und vor allem mit dem grossen st. bernhard als verbindung zwischen saone- und potal entscheidend war. wer nicht übers rhonetal und mittelmeer nach rom wollte, musste hier durch.

dem kaiser und italienischen könig ludwig II. war die verbindung zwischen dem lothringischen könig und den bosonidischen adligen ein dorn im auge. hukberts verhalten war ihm von anfang an suspekt: würde er sich über den grossen st. bernhard nach süden ausdehnen und den italienischen könig bedrohen? oder würde er damit das nadelöhr des mittellreiches herrschen und als einfacher herzog von transjuranien in eine entscheidende position geraten?

um die unsichere lage im flachland zwischen jura und alpen zu klären, trafen sich die drei neukönige mit ihren beratern 856 im burgundischen städtchen orbe, – und bestätigten den teilungsvertrag von prüm, den ihr gemeinsamer vater festgelegt hatte! hukbert akzeptierte das, setzte aber durch, auch laienabt von st. maurice zu werden. damit vereinigte er die weltliche und kirchliche macht in seinem einflussgebiet, dem herzogtum transjuranien und seinem kernland, dem lausanner bistum.


zentraler ort des zerfallenden fränkischen mittelreiches: die herrschaft über den mons jovis, den heutigen grossen st. bernhard

der grosse bruch

was dann geschah, ist selbst für die rauhen sitten der damaligen zeit ungewöhnlich: könig lothar II., der mit seiner geliebten waldrada einen sohn gezeugt hatte, verstiess im jahre 857 seine ehefrau theutberga. er bezichtigte sie gar der inzucht mit ihrem bruder hukbert und verlangte, wenn auch vorerst erfolglos, ein geständnis.

hukbert verdammte den könig und belegte ihn mit sippenhaft. er sammelte nun seine getreuen, um die königlichen besitzungen in transjuranien zu besetzen und verteilte sie an seine spiessgesellen. der könig wiederum sammelte ein alemannisches heer, das gegen die aufständischen marschierte, gegen hukbert aber nicht ankam. er kannte in den bergen und tälern rund herum jeden winkel und verteidigte so eine stellung erfolgreich. vorsorglich trat könig lothar II. seine rechte über die südlichen bistümer belley und tarantaise in den alpen an seinen bruder, den kleinen könig karl, ab.

zwei jahre dauerte der partisanenkrieg im rhonetal, ohne dass es eine entscheidung gegeben hätte. 859 änderte könig lothar II. sein vorgehen. um den renitenten herzog zu besiegen, verbündete er sich mit seinem bruder, dem kaiser in italien. er trat ludwig II. die landstriche ausserhalb der bischofsitze und grafenorte in transjuranien ab. die zentren waren damit lothringisch bestimmt, das gebirge umland dagegen kam formell zur lombardei.

der spielball der fränkischen mächte

für hukbert wurde es angesichts der machtaufteilung ungemütlich. er setzte sich von st. maurice ab und floh, mit der verstossenen königin theutberga, zum westfränkischen könig karl dem kahlen. dieser sah im neuen verbündeten eine möglichkeit, selber hand auf den jupiterberg zu legen, wie der grosse st. bernhard damals nach römischer sitte immer noch hiess. dazu schenkte er hukbert die rechte über das renommierte kloster st. martin in tours, um dafür in st. maurice seinen direkten einfluss geltenden zu machen.

zwischenzeitlich eskalierte der konflikt zwischen lothar und seiner geschiedenen frau. um den flüchtigen hukbert zu diskreditieren, verfasste man 860 ein scheinbares geständnis der verstossenen königin, welche die vorwürfe bestätigte, und verstieg sich gar in die behauptung, die ehe sei nichtens, denn sie seu nur unter zwang, der von hukbert ausgegangen war, geschlossen worden. dieser habe so nach der königsmacht im mittleren frankenreich greifen wollen.

in transjuranien änderte das die verhältnisse nicht. könig karl der kahle musste einsehen, dass er, ohne seinen haudegen hukbert, nicht herr über st. maurice werden würde. ohne die bischofsstädte genf, lausanne und sion, die unverändert lothringisch waren, und ohne ihre umländer, formell in lombardischen händen, blieb er machtlos. 862 entsandte er deshalb hukbert erneut nach st. maurice, um jetzt den einfluss des westfränkischen königs zu sichern.

da starb der junge könig karl, eigentlich burgundischer herrscher, ohne die reale macht in burgund je erlangt zu haben. der kaiser ludwig II. nutzte die sich bietende gelegenheit für einen federstrich in transjuranien, denn die unübersichtlichen verhältnisse mit drei ansprüchen dienten nur einem: dem herrenlosen hukbert, kleriker in st. maurice und umstrittenen herzog von transjoranien.

die neuordnung durch den kaiser und den welfen

so erschuf kaiser ludwig II. die neue grafschaft st. maurice, die über das ganze westliche mittelland gebieten sollte. und er hatte auch schon einen neuen vasallen für dieses amt ausersehen: konrad II., sohn des grafen von auxerre, aus dem hause der aufstrebenden welfen. diesen beorderte er in die neue grafschaft. mit einem heer besetzte er das städtchen orbe. unmittelbar danach griff er der abgesetzten herzog von transjuranien an, – und besiegte ihn! für den unrühmlichen hukbert bedeutete dies auch das jähe lebensende.

der kaiser legte damit die basis für eine welfische herrschaft im oberen rhonetal. bajuwarische und alemannische herkunft, verwandtschaftliche verbindungen zu den karolingern, ein gewisser rückhalt der familie bei karl dem kahlen verbanden sich damit in der person von konrad II., der umgehend laienabt von st. maurice wurde. er sollte so die spätere herrschaft der burgundischen rudolfiner, seinen söhnen, enkel, urenkel und ururenkel begründen.

der weg dorthin offenbart, wie eine verkehrstechnisch wichtige region zum entscheidenden kampfplatz wurde, das das übergeordnete frankenreich in schritten zerfiel. im mittelreich von kaiser lothar I., das nach seinem tod durch gebietsteilungen unter seinen söhnen zerfiel, kam dem könig der bewaffneten wegelagerer am jupiterberg die machtpolitisch entscheidende bedeutung zu.

allen versuchen zum trotz, das entstehende hochburgundische königtum sakral zu bedeutet, darf man nicht vergessen: die basis der kommenden herrschaft war die macht über die wege am grossen st. bernhard.

stadtwanderer

ich google, also bin ich: teil 7 oder kaiserreiche und burgundergründe

die these

burgundische königreiche, so lehrt die geschichte, entstehen auf den trümmern von kaiserreichen. und sie verschwinden wieder, wenn imperien entstehen.

burgundia

gundobad begründete nach dem untergang des weströmischen kaiserreich am ende des 5. jahrhunderts das erste burgundische königreich, burgundia genannt. man war nachbarn der franken. mit der ersten fränkischen expansion wurde das erste burgundische königreich im 6. jahrhundert aufgelöst.

untergehen sollte die burgundia indessen nicht. sie blieb das neue vaterland der burgunder, die gewandert waren und sich niedergelassen hatten. herrschaftlich war die burgundia zwar aufgeteilt in verschiedene diözesen mit katholischen bischöfen, resp. in zahlreiche gaue mit merowingischen resp. karolingischen beamten. 855 tauchte die burgundia indessen fast unverändert wieder auf, als das fränkische reich fast ganz zerfallen war. die neugründung gelang nur deshalb nicht, weil der vorgehene könig krank war und schon als jünglich vestarb.

bourgogne

wenn damit die kaiserliche gewalt in der zweiten hälfte des 9. jahrhunderts versiegte, heisst das nicht, dass die burgundergründe auch verschwanden!

den letzten fränkischen teilungsvertag, jenen von 880, unterlaufend, begründete der ins rhonetal eingewanderte adelsgeschlecht der bosoniden das burgunderreich von neuem. boso selber machte sich zum neuen könig der provence, und sein bruder wurde herzog in der bourgogne, das zum westfränkischen reich hielt. das (untere) rhone- und saonetal waren damit herrschaftlich neu besetzt. doch im oberen rhonetal fehlte ein ebenbürtiger herrscher noch. dieser kam aus dem geschlecht der welfen, mit den karolingern verwandt, von der katholischen kirche unterstützt und vom ostfränkischen machthaber vorerst akzeptiert: rudolf I., eigentlich laienabt von st. maurice, wurde von den bischöfen von genf,lausanne und sion, zum begründer des hochburgundischen königreichs von 888 erhoben.

nun hatte man zwar keine burgundia wie um 500 mehr, aber eine region, aufgeteilt in drei adelsherrschaften:

. das niederburgundisch königreich der provenzialen von arles mit klar kaiserlicher ausrichtung,
. das hochburgundische königreich der äbte von st. maurice mit lokaler ausrichtung, aber die st. bernhardlinie kontrollierend, und
. das herzögliche burgund rund um autun, das zum westfrankenreich hielt.

alle drei beriefen sich ausdrücklich auf ihre burgundischen wuzreln.

burgunds burgund und mein burgund

bis heute hat sich der name “burgund” resp. “bourgogne” im herzöglichen teil erhalten, während man sich im nieder- und hochburgundischen teil kaum mehr der burgundia erinnert. ausser mir, und den virutellen burgundern. das war ja mit dieser serie anhand der fanken zu beweisen.

stadtwanderer

doch halt:
auch karl der kühne, der in realität einen ebenso tollen versuch unternahm, die burgundische krone wieder aufleben zu lassen, wie ich heute, kann das zusammenspiel zwischen burgundergrund und kaiserreich. als das habsburgerreich im 15. hundert in der krise war, griff er selber nach der kaiserkrone, und scheiterte. frankreich und das reich entstanden danach als flächenstaaten, und verdrängten burgund zunehmend von der landkarte.

mehr dazu an einem anderen verregneten sonntag!

ich google, also bin ich: teil 6 oder die karolingischen teilungen

kaum fertig erobert, machte sich kaiser karl I. gedanken, wie er sein reich unter seinen söhnen aufteilen sollte. er folgte dabei unverändert dem fränkischen erbrecht, das die beteiligung aller legitimer männlicher nachfahren vorsah.

806 legte karl sein erstes testament für das reich fest: sohn ludwig sollte den nördlichen teil erhalten; sohn pippin sollte italien erhalten, wo er im namen karls schon regierte, und sohn karl sollte im widerspenstigen acquitanien und septimanien regieren. doch der teilungsplan ging nicht auf. zwei seiner söhne starben noch vor karl. nur ludwig überlebte den vater, 811 musste man das testament neu machen: es erbte sohn ludwig sein ganzes reich. der vater selber erhob den sohn noch zulebzeiten zum mitkaiser.

ludwig I. regierte nach dem tode karls als fränkischer kaiser vorerst ohne die päpstliche salbung. diese erhielt er erst später. seine herrschaft blieb jedoch schwach, mehr als für die politik interessierte er sich für die religion, was ihm den beinamen “der fromme” eintrug. bereits drei jahre nach dem tod karls musste er seinerseits sein politische testament machen. wiederum folgte man der lex salica:

sohn lothar sollte das eigentliche erbe antreten und neuer kaiser werden, während nach des kaisers wunsch sohn ludwig unterkönig in bayern und sohn pippin gleiches in acquitanien werden würde.

indess, auch dieser plan wurde nicht realisiert, denn des kaisers frau starb frühzeitig, und ludwig heiratete erneut. die auserwählte judith, aus dem aufstrebenden hause der welfen, schenkte dem kaiser einen weiteren sohn, karl geheissen, was den kaiser von unlösbare problemestellte: sollte der vierte sohn vom vater übergangen, oder sollte das testament neu geschrieben werden? – ludwig entschied sich für letzteres, kreiierte auf anraten seiner frau aus alemannien, dem elsass und churrätien ein neues herzogtum, das er, an die germanischen sueben erinnernd, schwaben nannte und das an den kleinen karl gehen sollte.

doch auch das erfüllte sich nicht, denn sohn pippin starb vorzeitig, und sohn karl wurde jetzt als erbe in acquitanien eingesetzt. karl und ludwig hatten mit der erschaffung von schwaben jedoch gemerkt, dass noch mehr im spiel sein könnte: sie verbündeten sich untereinander, um ihre abfindungen an den reichsrändern zu erweitern. dafür setzten sie schon mal den kaiser, ihren eigenen vater, in einem staatsstreich ab! und sie setzten ihn nur wieder ein, weil sie sich über die alternative reichsteilung nicht einigen konnten.

beim tod des vaters setzten die selbstbewussten ludwig und karl den (halb)bruder lothar unter druck. 841 erzwangen sie mit der fürchterlichen adelsschlacht von fontenoy bei auxerre ein gottesurteil, das schliesslich zu ihren gunsten ausging.

lothar wurde zwar, wie von seinem vater bestimmt, neuer kaiser und behielt auch das reich. doch war dieses auf die täler der mosel, der rhone und des pos geschrumpft. erstarkt waren dafür die reiche der beiden (halb)brüder: ludwig der germane, regierte das frankenreich rechts des rheins und der aare, während karl, später der kahle genannt, die westfränkischen gebiete im tal der seine, der loire und der garonne beherrschte.

nutzniesser dieser reichsteilung war im übrigen auch der kirchenstaat des papstes, der die theokratisch umklammerung, die karl gefördert hatte, auflösen und innerhalb des kaiserreiches wieder selbsständig wurde resp. die umliegenden gebiete in sein herrschaftssystem einzubeziehen begann.

doch es geschah, was man kaum glauben kann: die reichsteilungen unter den nachfahren karls des grossen waren damit nicht zu ende; das ganze reich wurde vom aufstrebenden adel weiter aufgeteilt.

als kaiser lothar I. 855 starb, zerfiel das mittelreich in drei weitere königreiche: italien, lothringen und burgund entstanden. die kaiserkrone ging nach italien. das frankreich war kein besonderes mehr, denn seit der trennung von verdun war man je eigene wege gegangen.

das burgundische königreich entstand nie richtig, denn der designierte könig, karl, sohn von lothar I. war minderjährig und litt, wie soviele karolinger an erbkrankheiten. er verstarb schon 863. 870 verstarb auch der könig von lothringen, und sein reich wurde weiter geteilt. die mhereren teile gingen an ludwig den germanen, die minderen an karl den kahlen. eroberungsversuche von karl dem kahlen gegen seinen früheren verbündeten scheiterten: 880 kam lothringen per vertrag ganz zum ostfränkischen reich.

das rumpf-kaiserreich in italien zerfiel genauso, setzten sich doch überall kleine königreiche oder herzogtümer durch mit lokalgrössen durch: es entstanden die lombardei, ventien, die toskana und spoleto rund um den kirchenstaat.

im unteren rhonetal interessierte das aber nicht; da erinnerte man sich der provenzialischen vergangenheit. 879 erhob sich boso, graf von vienne, zum könig der provenc. sein bruder, richard, machte sich in autun zum herzog von burgund und reihte sich als vasall hinter den westfränkischen königs ein.

nun blieb nur noch das hinterland burgunds, im oberen rhonetal: hier erhob sich 864 der welfe rudolf gegen den laienabt im kloster st. maurice d’agaume; er übernahm seinen posten und kontrollierte so den weg über den grossen st. bernhard nach italien. im jahre 888 machte er sich auf dieser basis zum neuen hochburgundischen könig.

letzter legitimer nachfahre von karl dem grossen war zu dieser zeit karl III., sohn von ludwig dem germanen gewesen. er war zuerst könig von alemannien; am liebsten lebte er in den fränkischen klöstern in zürich und st. gallen. doch dann wurde er per erbgang könig von italien und stieg gar zum kaiser auf. eher per zufall starben all seine verwandeten in ost und west vor ihm. für kurze zeit herrschte er formell als letzter über das frankenreich, wie es seit karls zeiten bestanden hatte.

doch karl III. hatte keine machtmittel mehr. unfähig, auf die normanneneinfälle von norden her zu regieren, fiel der ostfränkische adel 887 vom kaiser ab; kurz darauf verstarb er. zum neuen machthaber machte sich arnuld von kärnten, ein unehelicher nachfahre karls des grossen, aber ein kämpfer gegen die normannen.

das fränkische reich, bis zuletzt die nachfolge des weströmischen reichs der antike, hatte 888 mit arnulfs kampfansage aufgehört zu existieren. überall regierten nur noch illegitime nachfahren karls, oder adelige, ursurpatoren, die sich gegen die karolinger erhoben hatten.

stadtwanderer

ich google, also bin ich: teil 5 oder die basis der karolingischen macht

hinter den merowingischen königen chlothar II. und dagobert I. hatten sich die fränkischen bischöfe im edikt von paris, das 614 die wiedervereinigung aller reichsteile regelte, ihren anteil an der macht gesichert. nach dem untergang der alten römischen strukturen, die mitte des 6. jahrhunderts durch die fränkischen bruderkämpfe weggefegt wurden, etablierten sie die fränkischen bischöfe auf der basis der spätantiken diözesen rund im ihre städte neu.


die religöse struktur des gallischen frankreiches, die sich am ende des 6. jahrhunderts ausbildete, und im edikt von paris die macht hinter den merowingern darstellte.

aus diesen bischofsfamilien ging auch der neue fränkische adel hervor, der die geschickte des reiches bis mitte des 8. jahrhunderts in den zahlreichen gauen steuern sollte.


fränkische gaue im 7. jahrhundert

die administration von austrien, neustrien und burgund beeinflusste die neue herrscherschicht nachhaltig. die hausmeier von austrien setzten sich 687 im ganzen frankenreich militärisch durch; von nun an waren sie die eigentlichen herrscher. karl martell besiegelte diese vorherrschaft mit den schlachtensiegen gegen die mohammedanischen mauren in sens und poitiers, und regierte das frankenreich phasenweise auch ohne könig und ohne krone. er begründet sogar die nach ihm benannte karolingische dynastie, die als zweite sippe das frankenreich beherrschen sollte.


stammbaum der karolingischen dynastie (vereinfacht)

mit pippin I. stellen die karolinger den ersten gesamtfränkischen könig, der sowohl von den fränkischen bischöfen, als auch, ein novum, vom römischen papst anerkannt wurde. sein sohn, karl I., setzt sich gegen seinen bruder karlmann durch und wurde ebenfalls gesamtfränkischer könig, bevor ihm papst leo III. im jahre 800 zum neuen römisch-fränkischen kaiser karl I. erhob.

stadtwanderer

ich google, also bin ich: teil 4 oder die merowingischen teilungen

die geschichte des frankenreichs wäre einseitig erzählt, würde man nur die expanisonen erwähnen. ebenso zahlreich wie die ausgreifenden momente sind die fränkischen teilungen, die aus dem salischen erbrecht hervorgingen. demnach hatten immer alle anerkannten söhnen des königs anrecht, dessen erbschaft gleichermassen anzutreten.


lexi salica, im 6. jahrhundert schriftlich festgehalten, regelt das erbrecht im frankenreich

das hatte seinen sinn, solange es etwas zu erobern gab. doch wenn damit schluss war, kehrte sich die lex salica gegen die eigene herrschaft: in der regel eroberten die fränkischen prinzip die gebiete der anderen fränkischen prinzen …


die erste teilung des fränkischen reiches unter den söhnen von könig chlodwig im jahre 511

die erste grosse teilung resultierte 511 beim tod von könig chlodwig. theoderich, der sohn aus der ersten ehe erhielt das rheingebiet, das er von reims aus regierte. chlotar I. wurde herr der mosel mit sitz in soissons. childebert regierte in paris über die seine, und chlodimir wurde unterkönig von orléans und herrschte über die loire.

524 schickten sich die franken an, das königreich burgund zu erobern. die expedition unter könig chlodomir scheiterte jedoch; und könig chlodomir erlitt dabei den tod. das blieb nicht ohne innere folgen für das geteilte frankenreich: theoderich einerseits, chlotar und childebert anderseits stritten um die vorherrschaft. den kampf zwischen letzeren entschied chlothar I. gegen theoderich geriet er aber vorerst in die defensive. er und seine nachfahren, die von reims aus regierten, weiteten das östliche teilreich zuerst in die auvergne aus, später waren sie massgeblich an der einverleibung burgunds ins frankenreich, die 534 definitiv wurde, verantwortlich. sie übernahmen nun auch die vorherrschaft über alemannien, wo sie fränkische herzöge einsetzten. das schweizerische mittelland trennten sie vorerst von der eroberten burgundia ab.

den königen von reims gelang es aber nicht, ihr teilreich zu stabilisieren. theuderichs sohn, theudebert, befand sich auf der höhe seiner macht, als er feststellen musste, dass sein einziger sohn, theudebald, von minderem verstand war. was sich schon fast wie eine imperiale macht gebärdete, fiel so in sich zusammen.

558 gelang es chlothar I. alle teilreiche zurückzuerobern und für kurze zeit wieder zu vereinen. nach chlodiwg war er damit der zweite fränkisch-gallische könig. doch er verstarb nur 3 jahre danach, womit der zweite grosse teilungsprozess einsetze.


teilungsplan unter den söhnen von chlotar I. im jahre 561

die neuerliche vierteilung des reichs war nicht von dauer. charibert, der in paris residierte, starb schon nach sechs jahren, sodass sich eine dreiteilung etabliert: mächtig ausholend waren das neue königreich neustrien von chilperich (mit der hauptstadt paris), das nun ununterbrochen an der atlantikküste bis an die pyrenäen reichte, sowie austrien von könig sigibert (mit der neuen hauptstadt metz), zu dem die südliche auvergne als herzogtum herzogtum kam. drittes teilreich war das nun fränkische königreich burgund, und unverändert das rhonetal umfasste und neu auch mit der oberen loire verbunden wurde. neu wurde dieses von könig guntram regiert, der in chalons sitz nahm.


die für die schweiz wichtige teilung des mittellandes im jahr 561 entlang der aare, die 595 wieder rückgängig gemacht wurde, was 610 zum krieg zwischen burgundern und alemannen führte, ist hier unzureichend dargestellt.

doch könig guntam starb, ohne dass eines seiner kinder die grasiernde pest im burgundischen überlebt hatte. um einen weiteren bruderkrieg zu verhindern, vermachte er sein königreich per erbvertrag dem austrasischen könig childebert II., sohn seines verstorbenen bruder sigibert. bei dessen tod, wurde das austroburgundische reich wieder aufgeteilt: könig theodebert II. behielt austrien, und könig theodrich II. erhielt burgund. beide brüder bekämpften zuerst neustrien, dann aber sich selber, und es siegte der “burgunder” theoderich II. damit standen sich nur zwei fränkische könige gegenüber: chlotar II., der sohn von könig chilperich, und theoderich II. der enkel von könig sigibert. hinter ihm stand unverändert sigiberts frau, königin brunichilde, die nach der ganzen machte strebte, und dabei von chlothar II. gerichtet wurde.

614 hatte man wieder nur noch einen fränkischen könig: chlothar II., den neustrier. ihm gelang es auch, seinen sohn, dagobert, als vierten und letzten könig einzusetzen, der alle fränkischen gebiete seiner zeit beherrschen konnte.

es sollte der letzte merowinger sein, der die effektive königsmacht im frankereich ausübte.

stadtwanderer

ich-google,-also-bin-ich:-teil-3-oder-die-fränkisc…

das fränkische reich, das chlodwig begründet hatte, expandierte zweimal erfolgreich: zwischen 532 und 555 unter den merowingerkönigen, und zwischen 732 und 814 unter dem karolingern. die zweite expansion brachte den franken den kaisertitel.


übersicht über die fränkische expansion vom 6. bis 8. jahrhundert

die merowingische expansion

während der ersten expansion des frankenreiches kam im osten thüringen hinzu. im süden eroberten die franken die gascogne und die auvergne. den grossen fisch zogen sie aber im rhonetal mit der eroberung burgunds und der provence. und auch rätien kam, nach einer jahrhundertelangen, mediteran ausgerichteten geschichte, erstmals ins magnetfeld einer nördlichen macht.


die fränkische expansion während der rückeroberungen durch ostrom, aber noch vor dem fall des ostgotischen reiches (rätien gehört noch nicht zum fränkischen reich)

ohne den untergang des gotischen reiches, das von ostrom zurückerobert wurde, wäre die erste fränkische expansion hinter jener, die könig chlodig ausgelöst hatte, zurückgeblieben. so geriet sie aber zur spektakulären erweiterung: selbst die alemannen, unter ostgotischem protektorat wurden zu einem annexierten herzogtum der franken. damit war die heute schweiz in der mitte des 6. jahrhunderts ganz unter fränkischer herrschaft.

die karolingsiche expansion

unter könig pippin, dem ersten fränkischen könig aus dem geschlecht der karolinger wurden friesland und septimanien beigefügt. nach seinem tod setzte sich sein sohn karl schnell als neuer fränkischer könig durch. unter ihm wuchs das frankenreich erneute stark, gleichzeitig aber auch letztmals an.


fränkische gebietserweiterungen unter karl: sachsen, bayern, friaul, lombardei, kirchenstaat

karl der grosse verleibte bayern, kärnten, friaul und das lombardische königreich seinem reich ein. lange und blutig kämpfte er gegen die heidnischen sachsen, bis er auch sie beherrschte. wenig erfolgreich war er dagegen gegen die normannen, die bretonischen kelten und die mohammedanischen mauren ins spanien. hier richtete er genau so wie im osten bei den awaren und slawen marken ein, grenzgebiete, die er mit tributzahlungen abhängig machte, ohne dass sie ganz zum frankenreich gehörten.


die marken-politik karl des grossen: daenenmark, sorbenmark, ostmark, bretonenmark, spanische mark

mit der krönung zum neuen römischen kaiser wurde karl I. auch schutzherr über den päpstlichen kirchenstaat. dieser aber hatte sich der fränkischen kirche mit dem schachzug ganz bemächtigt.

grösser und stärker als das wurde das an weihnachten 800 auferstandene (west)römische reich in seiner fränkischen fassung nie!

stadtwanderer

ich google, also bin ich: teil 2 oder die begründung des frankenreiches

die begründung des frankenreichs ist legendär. niemand weiss es genau. aber man glaubt, dass es aus dem wasser entstanden ist. göttliche kräfte mischten sich mit germanischen menschen, die sich von einer einfachen stammesgesellschaft zu einem mächtigen volk mit schlagkräftigen armeen entwickelt hatten.

merowech soll im 4. jahrhundert die merwoingische königsdynastie begründet haben, die unter seinem sohn childerich am unteren ende des rheins in römischen diensten stand. sie kämpften 451 auf den katalaunischen feldern mit den römern gegen die hunnen, und sie fühlten sich als sieger, über hunnen und römer. seit 460 verstanden sie sich als selbständiges königreich auf römischem boden.

childerichs sohn, könig chlodwig, einigte in der folge die salfranken links des rheins und eroberte die rechtsrheinischen ripuarischen gebiete der franken. er gilt als der erste könig aller franken.

sein ursprünglicher hauptsitz war die stadt tournai, von wo aus er der reihe nach soissons, reims und schliesslich auch paris eroberte. damit bereite er dem letzten resten des römisch-gallischen reiches, der noch bestanden hatte, ein ende. er nahm für sich in anspruch, ein neues gallisches reich zu begründen, wofür er auch zum christentum übertrat. er dehnte sich 496 mit seinem (ersten) sieg über die alemannen in tolbiac resp. 507 über die westgoten in voullé nach osten und süden hin aus. er herrschte damit im wesentlich über den rhein, die mosel, die seine, die loire und die garonne, die alle nach norden münden. die einnahme des burgundischen königreichs im rhonetal indessen misslang ihm im jahre 500 trotz anfänglichen erfolgen, den die goten stellten sich auf die burgundische seite.

bis zur rückeroberung der gotischen gebiete durch kaiser justinian und kaiserin theodora bestand dieses gleichgewicht. dann wurde es eng für das königreich burgund. es ging 534 im fränkischen reich auf, – nicht ohne folge für das frankenreich!

stadtwanderer

ich google, also bin ich:  teil 1 oder die methode

es ist bekannt: ich bin ein fan historischer karten. und ich google auch gerne. mit der suchmaschine macht man erstaunliche funde, – man könnte sagen: ich google, also bin! man lernt schnell mehr, als man meint. ein beweis. für mich – und meiner leserschaft!

suche: “frankenreich royaume francs”

nein, ich interessiere mich nicht für das frankreich, das aus der revolution von 1798 hervorging. es geht mir auch nicht nicht um die region franken in deutschland, die vormals ein herzogtum des hl. römischen reiches deutscher nation war.


die vielfäligen bezügen der franken: vom frankenreich karls zum frankenland in deutschland

ich will mehr über das frankenreich wissen, dass vor 1119 unterging. es soll viertuell auferstehen!


das frankenreich im 6. jahrhundert, als gegenstück zum oströmischen kaiserreich, behauptet sich und tritt damit, keine 100 jahre nach dem untergang des weströmischen reiches an seine stelle.

die franken gründeten 486 das erfolgreichste königreich, das aus der völkerwanderung hervorging. es etablierte sich im ehemaligen gallien, aber auch darüber hinaus. es hielt im 6. jahrhundert allen versuchen ostroms stand, rückerobert zu werden. vielmehr wurde es im westen zum christlichen gegenstück des westens. so widersetze es sich auch dem vordringen der mohammedanischen truppen und händler. im jahre 800 erhob papst leo III. das fränkische königreich zum neuen weströmischen kaiserreich. karl der grosse war sein begründer. doch er hielt es nicht lange zusammen. 888 wurde sein letzter legitimer nachfolger, karl III., wegen unfähigkeit im amt von eigenen leuten abgesetzt.

das fränkischer kaiserreich zerfiel in ost und west, in nord und süd in zahlreiche königreiche. entsprechend verlor das kaisertum an wert, bis es 962 aus dem erweiterten ostfränkischen königreich wieder hervortrat. otto und adelheid wurden vom papst zu den neuen kaiser und kaiserin in rom des römischen reiches gekrönt.

die geschichte burgunds ist eng mit jener des frankenreiches verbunden. seit mitte des 4. jahrhunderts verlief die entwicklung beider völker und königreiche parallel. 534 setzten dann die franken ihre suprematie durch. doch das burgundisches volk hatte sich im rhone-, saone- doubs- und aaretal zu stark durchgesetzt, um durch die fränkische oberherrschaft ausgelöscht zu werden. 888, als das fränkische reich nach einer wechsevollen geschichte zerfiel, gründete der welfe rudolf I. in st. maurice d’agaume das burgundischen königreich von neuem. es hielt 144 jahre bestand; zu seine besten zeiten war es fast so grosse wie seinerzeit die burgundia vor der eroberung. 1032 wurde es ein unselbständiges königreich innerhalb des (hl.) römischen reiches. erst 1378 wurde es, mit dem tod von kaiser karl iv., gleichzeitig auch der letzte träger der burgundischen krone, ganz aufgelöst.

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celui qui sacrifia tout pour la liberté de son pays

er ruht in bern. während seinem leben war er alles anderes als ruhig. er war ein philosoph, ein sozialrevolutionär, politisch ein anarchist. deswegen wurde er zu tod verurteilt, war in ganz europa steckbrieflich gesucht, und lebte am ende seines lebens resigniert in unserer stadt. aus anlass der revolutionären woche habe ich ihn an seinem grab besucht.


berner bremgartenfriedhof, an dem ich jeden tag zur arbeit fahre, wo unter anderem michail bakunin seit 1876 begraben liegt

der russe michail bakunin

michail alexandrowitsch bakunin (russisch Михаил Александрович Бакунин) wurde am 30. mai 1814 im russischen prjamuchino geboren. am 1. juli 1876 verstarb er 62jährig in bern.

der anfang seiner karriere war klassisch für seine herkunft. seine familie gehörte zu, einfachen landadel, und er wurde nach st. petersburg geschickt, um offizier der russischen armee zu werden. doch dann verzichtete er auf eine militärische karriere, um zuerst in moskau, später in berlin philosophie zu studieren. in der preussischen hauptstadt schloss er sich den jungehegelianern an, wurde materialist und entwickelte zahlreich ideen für die revolutionierung der gesellschaft.

der revolutionär

besonders das 1815 auf dem wiener kongress zwischen russland, österreich und preussen aufgeteilte polen zog bakunins frühes interesse an. zu diesem zweck traf er sich 1847 in paris mit karl marx. 1848 beteiligte er sich an der februar-revolution in paris, und von da an wirkte er als berufsrevolutionär in halb europa

1849 veröffentlichte bakunin zum aufstand in böhmen gegen österreich seinen “appell an die slawen”, mit dem er ausdrücklich auf die verbindung der nationalen mit der sozialen frage verwies. danach ging er direkt nach dresden, um an der revolutionären durchsetzung einer sächsischen republik gegen preussen mitzuwirken. doch in chemnitz wurde er verhaftet, zum tode verurteilt, aber nach österreich abgeschoben. da wurde seine verurteilung zunächst bestätigt, dann in eine lebenslange kerkerhaft umgewandelt. bakunin wurde nach nach russland abgeschoben.

in der sibirischen deportation lernte bakinin 1857 sein spätere frau antonia kennen. vier jahre danach schrieb er an seinen freunde sybillinisch: “L’Amour m’a sauvé!”. Das konnte man auf zwei arten übersetzen: dass ihn die liebe zu seiner frau gerettet habe; gerade wegen dem grosse “A” aber auch: dass er über den fluss “amur” fliehen konnte und so der gefangenschaft entrinnen konnte.

der anarchist

in europa schloss sich bakunin wiederum revolutionären kräften an. in italien gründete er 1864 die “fraternité internationale” und verfasst in neapel den “revolutionären katechismus” mit dem er seinen sozialrevolutionären ideen eines kollektivistischen anarchismus’ eine feste form gab. 1867 ging der steckbrieflich gesuchte in die schweiz nach genf, um weitere revolutionäre zirkel zu inspirieren und seiner bewegung neue strukturen zu verleihen.

mit seinen getreuen schloss sich bakunin 1868 der internationalen arbeiterassoziation, besser als “erste internationale” bekannt, an. nur zwei jahre später überwarf er sich aber mit karl marx. anders als dieser wollte bakunin den staat und die gesellschaftlichen strukturen nicht übernehmen, um sie zu ändern. vielmehr vertrat er die auffassung, diese würden einen nur korrumpiere und zu neuer sklaverei führen. nachdem in marx in london, wo er nicht hinreisen durfte, versetzt hatte, verliess er 1872 dessen internationale richtung jura, um die anti-autoritäre internationale, die gegen den marxistischen kommunismus gerichtete war, zu gründen.

der lebensabend in bern

die aussichten, die von bakunin erhoffte revolution zu entfachen, schwanden jedoch nach dem deutschen sieg über frankreich. der revolutionär zog deshalb zuerst ins sonnige tessin, dann ins sandsteinerne bern, wo er nach und nach resignierte. auf seinem grab im berner bremgartenfriedhof kann man jedoch immer noch lesen: “rappelez-vous de celui qui sacrifia tout pour la liberté de son pays.”

die schlüsselfigur des europäischen anarchismus’ im 19. jahrhundert, die für die abschaffung der ehe, des erbens und des privateigentums immer weiter kämpfte, fand nach seinen schweren krankheiten am lebensende hier seine ruhe. der atheist liegt noch immer im christlichen teil des berner bremgartenfriedhofs begraben.

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