passt – passt nicht – passt …

es ist fast wie mit dem blümchen, dass uns mit seinen blättern sagt: sie liebt mich – sie liebt mich nicht – sie liebt mich … doch die rede ist hier von einer speziellen liebe: dem stadtbach in bern!

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simson-brunnen mit offenem stadtbach im vordergrund: bald soll dieser in der unteren altstadt wieder offen fliessen dürfen, entschied berns gemeinderat diese woche!

die zähringer hatten den stadtbach recht provisorisch überirdisch in einem holzkanal durch ihre stadt geführt. reinfallen konnte man da noch nicht. doch dann wurde er in den boden versenkt mit stein ausgekleidet. schliesslich deckte man ihn ganz einfach zu. die funktion der strasse hatte sich soweit geändert, dass der stadtbach störte.

im zuge der altstadtaufwertung wurde der berner stadtbach vor 2005 wieder freigelegt. nun passte er, und sollte er nach einer aufwendigen renovation das altstadtbild beleben.

nach einige kleinunfällen mit passanten und fahrzeugen, die in den kleinen graben fielen, passte der stadtbach wieder nicht mehr. er musste 2007 nach stadtparlamentarischen interventionen zugedeckt werden, denn die opposition im vorfeld der gemeinderatswahlen war zu gross geworden.

nun ist 2009 dieser politische akt definitiv vorbei, und die sicht auf den stadtbach passt wieder besser. denn es stört den altstadtleist das gitter, das zum schutze der durchgangsverkehrs montiert worden war das stadtbild. also wird es baldmöglichst wieder entfernt werden.

da bleibt mit nur ein wort: glücklich ist, wer nebst solch grossen stadtprobleme die kleinen anderern reinfälle vergessen kann !

stadtwanderer

bilcken sie durch?

“Gesamtbundesrat bedroht! Schweiz bald führungslos?”, steht in den bekannten grossen lettern auf dem riesenaushang von “Bilck”.

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bilckfang mit falschem blickaushang. nur wer genau liesst, merkt, was nicht stimmt (foto: stadtwanderer)

das plakat am berner bahnhof kann man nicht übersehen. wer es rasch liesst, bekommt mit: wir ins in not! wer dann aufs tram wartet und zeit hat, merkt, dass da was nicht stimmt.

format, farben und schriften täuschen usn ganz bewusst. der trick ist bekannt: wir erfassen die umgebung des textes zuerst und werden konditioniert. die marke, für die geworben wird, erahnen wir dann: “b..ck” steht in diesem umfeld für “blick”. mit nichten: denn es genau genommen um “bilck”.

es ist gar nicht so einfach herauszufinden, wofür “bilck” steht. denn selbst google mag zwischen den beiden wörtern nicht zu unterscheiden, so oft wurde es unwissentlich falsch geschrieben. und so kommt man von bilck direkt zu blick.

aufgefallen sind mit die plakate aber bereits 2007, damals noch illegal. sie zierten den wahlkampf zu den parlamentswahlen 2007. heute hängen die neurlichen plakate an offiziellen wänden. ich vermute, das ist so eine werber-aktion, leicht aus dem untergrund. und gerade recht, um in der werbeflaute die bereitgestellten stellwände zu füllen.

a propos flaute: ein blick auf den wirklichen blick-aushang erhellt wenigstens, wer uns bedroht. denn das zürcher boulevardblatt nahm heute effektiv den bundesrat aufs korn genommen. genau genommen die löhne der mitglieder des bundesrates. bedrolich wirkt doris leuthard. sie möchte sich und den kollegInnen in der bundesregierung den lohn kürzen. um 10 prozent, um ein zeichen zugunsten der arbeitslosen zu setzen.

wir wärs, wenn man auch bei den ausbezahlten bankerboni ein zeichen mit diesem prozentwert setzen würde? jedenfalls wäre es einträglicher und würde meine aufmerksam noch mehr anziehen als das plakat, auf das ich heute fast hereingefallen wäre.

stadtwanderer

10 thesen zur zukunft des berner grossraumes

morgen erscheint in der bz ein interview mit dem stadtwanderer zum stand der metropol-diskussion im grossraum bern. für meine blogleserInnen schon mal 10 kernaussagen:

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der stadtwanderer und sein blick auf metrobern

1.
“Ich habe meinen Blick auf heutige Probleme, Potenziale und Perspektiven des Stadtraums Bern nicht im Büro ersonnen, sondern erwandert.”

2.
“Die Städte sind die Stiefkinder der Schweizer Politik. Deshalb wurde unser Land auf dem falschen Bein erwischt, als man in Europa vor ungefähr 15 Jahren begann, über städtische Grossräume als zentrale Schaltstellen des globalisierten Standortwettbewerbs zu diskutieren.

3.
“Erst als das Bundesamt für Raumentwicklung vor einem Jahr den Entwurf für ein Raumkonzept Schweiz präsentierte und Bern nur als Hauptstadtregion einstufte, erwachte man hier, weil man in Bern einen Rückgang der Bundessubventionen für Infrastrukturbauten befürchtete.”

4.
“Berns Stärke als Polit-Zentrum hat nationale Reichweite. Darauf muss man setzen und Berns Rolle national ausrichten – als Schaltstelle-Zentrale der drei schweizerischen Metropolitanräume Zürich, Basel und Genf/Lausanne.”

5.
“Eine Stadt ist in erster Linie eine kulturelle Leistung, ein Ort, an dem wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen vorangetrieben werden. Wenn die bernische Wirtschaft, die bernische Gesellschaft, die bernischen Intellektuellen es nicht für wichtig halten, Bern an die metropolitane Schweiz zu koppeln, dann braucht es das auch nicht.”

6.
“Es gibt in Bern ja schon das Haus der Kantone, wo das Lobbying für
kantonale Interessen beim Bund orchestriert wird. Ich sage: In Bern muss auch bald das Haus der Metropolen entstehen, das den metropolitanen Spirit, den Glauben an die Kraft der Stadt fördert.”

7.
“Der Kanton müsste auf die Universität einwirken, dass sie ein Institut für Städtepolitik aufbaut, das die Entwicklung der Metro-Regionen der Schweiz wissenschaftlich befeuert. Die Geografen haben das realisiert, die Verwaltungswissenschafter folgen ihnen, jetzt müssen auch die Politologen, Soziologen und Historiker die Herausforderung annehmen.”

8.
“Berns Hauptschlagader ist der Bahnhof, an den der ganze
Grossraum verkehrstechnisch gebunden ist, über den Städtekranz im Mittelland bis zu den Städten im Oberwallis. Daran muss der Bund interessiert sein.”

9.
“Die drei schweizerischen Metropolitanräume sind nach aussen orientiert und wenden sich unterschiedlichen Kulturräumen zu. Der Grossraum Bern als ihre Plattform in der Mitte des Landes kann für sie nur zum Magnet werden, wenn er auch wieder lernt, kulturell zu vermitteln.”

10.

“Ich plädiere für die Lancierung eines jährlich stattfindenden, expo-ähnlichen, aber kleineren Begegnungsfests, das alternierend in einer der Städte in Bern Städtekranz veranstaltet wird.”

ich freue mich darauf, mir die metro-region bern der zukunft als stadtwanderer zu erschliessen.

stadtwanderer

die selbstbestimmung der schweiz versinnbildlichen

ich habe eingewilligt: ich mache als stadtwanderer beim tag der selbstbesinnung von präsenz schweiz mit einer neuen führung durch bern mit. wohin die reise geht, weiss ich zwar noch nicht abschliessend; das themenblatt, das ich sinnbildlich umsetzen soll, habe ich aber erhalten. hier die thesen!

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wer wir sind und wie wir aussehen, bestimmen wir in der schweiz selber!

das papier beginnt mit erheblichem pathos: “Grundlage und Ausdruck der ausgeprägten Selbstbestimmung in der Schweiz ist das politische System von direkter Demokratie und Föderalismus.”

selbstbestimmung beginnt, erstens, mit referenden zu parlamentsentscheidungen, setzt sich in initiativen für verfassungsänderungen fort, kulminiert in der aussenpolitischen zurückhaltung und endet bei der subsidiarität im schulsystem, der sozialen wohlfahrt und dem strassenbau.

selbstbestimmung geht, so die zweite these, mit selbstverantwortung einher, die eine pflicht zu tiefer staatsquote, steuerautonomie und eigenverantwortung bei der alters- und krankenvorsorge mit sich bringt.

drittens geniest die privatsphäre in der schweiz einen hohen stellenwert. der staat darf in privaten sachen nicht schnüffeln; und die banken haben in steuerfragen dicht zu halten. der vorrang des individuellen willens drückt sich aber auch in fragen der drogenpolitik oder bei der sterbehilfe aus.

schliesslich ist viertens die freiheit vor dem staat auch in der wissenschaft von belang, die in vielen dingen ihren weg selbstverwaltet finden muss. politische steuerung wird da klein geschrieben.

aufruf zu mitdenken
es ist klar, das hier auch ein erhebliches quantum schweizerischer staatsideologie mitschwingt, die in der praxis längst durch bürokratie ausgehölt worden ist. und es ist unübersehbar, dass die gesetzten prioritäten liberalen charakter haben und damit unvollständig sind.

das alles wird beim gang durch die bundestadt bern zu hinterfragen sein sein. anregungen hierzu nehme ich gerne auf!

stadtwanderer

entscheid über das herz einer stadt

bern entscheidet am 17. mai 2009 in einer komplizierten volksabstimmung über die zukunft des städtischen progr im herzen der stadt bern. gesunde herzen sind wichtig, sagt der stadtwanderer, damit sie den körper mit leben erfüllen können, fügt er bei.

dieser abstimmungskampf in der stadt bern hat seltenheitswert: zunächst kämpfen befürworter und gegner der künstlerischen resp. medizinischen nutzung des berner “progr” je für ein ja. das sind schon zwei vorlagen, die es in einer variantenabstimmung zu beantworten gilt, ergänzt durch eine stichfragefrage, die nur dann gilt, wenn beides angenommen werden sollte; denn dann müssen die berner und bernerin definitiv entscheiden, ob sie das früherer progymnasium wie bisher als kulturzentrum oder neu als gesundheitszentrum geführt haben möchten.

doch auch das ist erst der halbe abstimmungskampf. denn dem projekt, das im wettbewerb zur künftigen progr-nutzung mit dem vorschlag für ein gesundheitszentrum obsiegte, stellte das berner stadtparlament auf druck von der städtischen basis nachträglich die fortsetzung des kulturbetriebs gegenüber, sofern die kulturschaffenden das gebäude erwerben und unterhalten können. zur überraschung vieler gelang es der findigen truppe aus dem progr, eben dieses kleingeld zu beschaffen, womit auch über ihren vorschlag entschieden werden muss. und genau dagegen rekurriert nun die städtische svp, die für das gesundheits- und gegen das kulturzentrum ist, mit juristischen mitteln. erst letzte woche sind die einsprachen im regierungsstatthalteramt vom tisch gewischt worden; wenn auch mit einer weiteren rekursfrist, sodass immer noch nicht ganz sicher ist, ob die volksabstimmungen gültige ergebnisse produzieren werden.

dessen ungeachtet warben am samstag die progr-leute in der ganzen stadt für ihre sache. das war auch nötig, denn auf den plakatwänden sind sie hoffnungslos im hintertreffen. und auch die inserate im “bund” stammen alle von der konkurrenz. die redaktion schreibe entsprechend, agitiert ein aktivist aus dem progr mir gegenüber, dass ich relativieren muss: bei städtischen abstimmungen sei geld nicht ausschlaggebend. die meisten menschen wissen auch ohne werbung, worum es gehe, denn sie kennen den progr und den neuen betrieb. so dürften sie schon vor dem abstimmungskampf positive oder negative erfahrungen damit gesammelt haben.

umso kräftiger drückt mir mein engagierter gesprächspartner einen seine flyer in die hand. der haut ganz kräftig auf den putz. das berner künstlerprojekt progr sei einzigartig in der schweiz und ein vorbild für andere kulturprojekte im in- und ausland. entstand ist es, als 2004 das städtische progrymnasium geschlossen wurde, und das areal an bester lage im stadtzentrum für eine zwischennutzung freigegeben wurde. seither seien serienweise künstlicher ich-ags, die einer auswahl bestanden und eine betreuung durch einen kurator akzeptieren, im progr eingezogen, denn hier können sie zu günstigen konditionen räume mieten und nutzen. dabei treffen sie kulturellen start ups auf städtische kulturinstitutionen wie die camerata oder das kino kunstmuseum, die ebenfalls unterschlupf im progr gefunden haben. im in der turnhalle-bar oder im alten schulhof treffen künstlerInnen ungezwungen auf abendliche partygängerInnen und auch mittagspassantInnen, die hier eine stunde abschalten, leute treffen oder ein buch lesen wollen.

genau das ist es, was die stärke der progr-leute im gegenwärtigen abstimmungskampf ausmacht. die befürworter der investitionen in ein gesundheitszentrum bleiben letztlich medial-anonym. die progr-künstlerInnen dagegen sind wahrhaftig. ihre widersacher vertreten zürcher kapital, sie haben einen hiesigen mäzen, der im progr in die schule gegangen ist, auf ihre seite ziehen können. und gesundheitszentren sollen in den aussenquartieren entstehen, meinen die engagierten, während ihre sache eine des urbanen zentrums sei.

natürlich ist der stadtwanderer nicht ganz unbefangen, wenn es um den progr geht. denn schliesslich hat er beim lokalradioprojekt, das sein zentrum in den gebauden der altehrwürdigen stadtschule hatte, mitgewirkt. ein dutzend sendungen zur stadtgeschichte sind aus dem progr produziert. schade wäre es, wenn es solche gelegenheiten nur noch in der stellvertreterwelt des internets gäbe, und nicht mehr im herzen der stadt bern. denn gesunde herzen sind eminent wichtig für das leben. noch wichtiger ist aber, das gesunde herzen leben im stadtkörper entfachen, meint der

stadtwanderer

fünf neue eidgenossInnen

es war ja so was von kalt an der gestrigen museumsnacht, dass man im freien kaum lange rumstehen wollte. umso mehr freute es einen, im alter 3er-tram durch die stadt fahren zu können, waren doch die holzbänke im wageninnern geheizt, und strahlte die bahn aus frühen jahren mehr charme aus, als alle heutigen trams zusammen.

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der kleine bund bringt heute die fünf prämierten kurzbiografien zu den neuen eidgenossInnen, die nie gelebt haben, aber so gut beschrieben werden, dass die beste davon ins historische lexikon der schweiz aufnahme finden wird.

witzig war gestern abend vor allem die preisverleihung für den besten “nihilartikel” im historischen lexikon der schweiz. 76 “nihilistInnen” reichten eine kurzbiografie zu einer nicht existierenden personen ein, die früher in der schweiz gelebt haben sollte. 5 davon wurden prämiert. der chefradaktor, marco jorio, machte damit aus der not eine tugend: denn er weiss, dass bei einem 13bändigen werk ein jux-artikel fast nicht zu verhindern ist. also rief er wohl als erster herausgeber der welt die öffentlichkeit auf, solche hochoffiziell einzureichen, wobei der von einer jury bestimmte, beste artikel, effektiv ins kollektive gedächtnis der schweiz aufgenommen wird.

die ehre, die beste biografie einer nichtexistierenden schweizerin erfunden zu haben, kommt nun tina maurer zu, die das leben der marie-thérèse zündapp erfand, einer gelernten hebamme aus dem aargauischen villmergen, die in liestal als fachlehrerin wirkte, bis sie, in den wilden 68er jahren, wegen umstürzlerische umtriebe, aus dem schuldienst entlassen wurde. die werdende feministin engagiert sich danach jedoch nicht in der aufweichung harter strukturen der patriachalen gesellschaft. vielmehr wird die leidenschaftliche töfffahrerin präsidentin des bundes gegen helmtragpflicht und engagiert sie sich in militanten aktionen gegen den kreiselverkehr. beim versuch, mit ihrem töff auf die a2 zu gelangen verunfallt sie 1997 in emmen jedoch tödlich. schon zu lebzeiten galt sie als ikone der motorisierten frauenfortbewegung. wey, eine sonst unbekannte autorin, hat 1992 ihr leben im werk “die frau ohne helm” gewürdigt.

davon stimmt zwar kein wort, doch bettet sich die biografie einfühlsame in die jüngste zeitgeschichte, sodass sie mit dem ersten preis, die gesamte ausgabe des historischen lexikons der schweiz, ausgezeichnet wurde. interessant war, dass auch die anderen vier auszeichnungen alle an autorInnen gingen, die bewegte biografien erfanden, so zu johann franz tscheulin, den vergessenen prionier der schweizer wanderwege, zu zigmund zyzowski, den auswanderer nach griechenland, der erfolglos die rotation des alfabeths propagiert hatte, zu hanns zark, den einwanderer aus österreich, der sich literarisch der bienenzucht annahm, und schliesslich zu alexia stoffel, der weinbäuerin aus visperterminen, die in die sozialistische sowjetrepublik kirgisien auswanderte, um dort den weinbau in rekordverdächtigen höhenlagen zu propagieren.

am ende der lesung war einem ganz warm ums herz, fünf neue eidgenossInnen in die gemeinschaft der verstorbenen aufgenommen zu haben, ohne dass sie je gelebt hatten. so warm sogar, dass man sich ganz gerne wieder in die kälte der nacht vom winter in den frühling stürzte, um weiter in echten, erfunden, wiederentdeckten, übetriebenen, inszenierten und persönlichen erinnerungen in und rund um bern zu schwelgen.

stadtwanderer

e nacht lang füürland

sollte heute abend jemand in bern noch nichts vorhanben, erwartet ihn, erwartet sie unerwartetes. das nämlich ist das motto der museumsnacht 2009. 34 orte der erinnerung in der stadt bern öffnen sich zwischen 18 uhr abends und 2 uhr morgens fürs publikum, zeigen, was sie wissen, was sie beherbergen und was man schon immer sehen wollte.

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der bundesplatz ist das zentrum der aktivitäten. von hier aus kann alles, was weiter als einen spaziergang ist, mit öffentlichem verkehr erschlossen werden. zahlreiche oldtimerlinien stehen in die aussenquartiere zur verfügung. zudem verkehrt der legendäre rote pfeil zwischen bahnhof und westside.

die genau zahl der veranstaltungen kenne ich nicht. sie ist sehr hoch. es gibt führungen, ausstellungen, filme, musik, performances und bars für jung und alt. beliebt sind führungen durchs bundeshaus, zur jüngsten renovation, zur kunst am bau oder zu den geheimnissen der (sitz)bänke im bundesratszimmer. zu sehen sind aber auch ausstellungen zu schweizer erfindungen, zur berner psychiatriegeschichte oder zur nutzung von brachen in der stadt. spezielle events gibt es zu albert einstein, aber auch rosa luxemburg. und: nicht zu kurz kommen kann in einer museumsnacht die suche nach dem orient, die geschichte des brettspiels und anderes mehr.

am meisten freue ich mich auf die pulisierende “BernShow”, eine neue geschichte der stadt im 3-d-format. besuchen werde ich auch die prämierung des “nihilartikels” für das historische lexikon. und selbstverständnlich werde ich am neuen rundgang von mes:arts, diesmal mit dem gnomologen binsenstein, teilnehmen.

doch was schreibe ich mir da die finger wund: seht selber, was es alles gibt, und kommt, damit an der siebten museumsnacht in bern erstmals mehr als 100’000 eine nachtlang füürland in bern erleben. denn zum frühlingsanfang erwartete einem an der aare unerwartetes.

stadtwanderer

bern feiert geburtstage!

14. märz: gerade in bern ein vielfältiger grund, um geburtstage zu feiern!

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denn, am 14. märz …

…1834 beschliesst der berner grosse rat, aus der akademie, die vom patriziat beherrscht wurde, eine demokratisch begründete hochschule zu begründen. die universität bern, die daraus entstand, feiert ihren geburtstag mit dem tag der offenen türe.

… 1853 wird im berner käfigturm ferdinand hodler, sohn der gefängnisköchin geboren. durch sein tellenbild berühmt geworden, avanciert er zum eigentlichen nationalmaler der schweiz.

… 1879 wird in ulm albert einstein geboren, der auf umwegen 1902 nach bern kommt, wo er seine kreativsten jahre verbringt und 1905 sein physikalischen wunderjahr erlebt, bevor der privatdozent an der berner uni, professor in zürich, später in prag, berlin und princeton wird.

… 1898 gründen berner gymnasisten nach einem match zwischen basel und bern den fussballclub young boys als juniorenteam des fc bern. daraus entwickelt sich der traditionsreiche fussballclub “yb”, der seit 2005 im stade de suisse tuschtet, und heute 111 jahre alt wird.

… 1957 erblickt der stadtwanderer da licht der welt. geboren im sputnikschock braucht es eine weile, bis er 2003 seine bestimmung als stadtwanderer findet – und regelmässig darüber berichtet. notabene seit genau 3 jahren

stadtwanderer

der mix aus leidenschaft, verantwortungsbewusstsein und augenmass

das offizielle thema des 4. thuner politforums hiess “top oder flop – was macht erfolgreiche politik aus?”. das inoffizielle drehte sich um das verhalten der schweizer banken und kreiste auch darum, was zu misserfolg im öffentlichen leben führe.

webermax weber, der grosse deutsche soziologe, definierte während dem ende des kaiserreiches von 90 jahren, was einen guten politiker ausmache und wurde am thuner politforum mehrfach zitiert

es schimmerte in einigen referaten, aber in fast jedem persönlichen gespräch durch: die fassungslosigkeit der bernischen politikerInnen zur ubs, zum bankgeheimnis und zum einsatz von staatsmittel in privaten banken. genereller tenor: jahrelang sei die politik arrogant behandelt und gescholten worden zu versagen, und jetzt, wo die banken versagen würden, sei man der willkommene garant für stabilität und müsse mit steuermitteln helfen.

vom einschnitt seines lebens berichtete mir einer der vielen gemeindepräsidenten, als unser zwiegespräch unweigerlich auf die ubs zusteuerte. basses staunen überfällt ihn, weil niemand zur rechenschaft gezogen werde. kleine steuersünder habe man damals in seiner gemeinde gepiesakt, die grossen banditen von jetzt bekämen noch boni, machte er seinem ärger luft.

der gemeindepräsident von lauterbrunnen peter wälchli flechtete gar während seines referates eine unmissverständiche anspielung auf das thema ein. er zahle viel steuern, damit es mit seiner gemeinde und seinem tal aufwärts gehe. würde er sich nur danach richten, wäre er vielleicht nicht an den fuss der jungfrau gezogen. doch die einmalige umgebung, das gesunde leben und die liebe zu den menschen habe ihn dazu bewogen. das seien seine standortfaktoren. bereuen würde er nichts, wenn er sehe, wie der zerfall der werte an der zürcher bahnhofstrasse die menschen bis zur unkenntlichkeit verändert habe.

der beispiele wären noch viele. die meisten stammten von bürgerlichen politikerInnen, für die das verhalten der ubs in den usa, die rechtsbrüche, die steuerbetrügerein schwerer zu verdauen sind als für linke politikerInnen. alex tschäppät, berns sp-stadtpräsident, sagte nam das thema ohne schadenfreude auf dem podium auf. nach dem grounding der swissair habe er auf dem bundesplatz an einer demo eine spontane rede gehalten, in der er die banken als zerstörer schweizerischer errungenschaften angeklagt habe. zwischenzeitlich wisse er, dass er damit recht gehabt habe, auch wenn man sein wort zur falschen zeit damals verabscheut hatte.

an der aufschlussreichen tagung zu dem, was erfolg und misserfolg in der politik ausmache, wurde auch der grosse deutsche soziologie max weber zitiert, der in seiner 1919 erschienen schrift zu “politik als beruf” formulierte, ein mix aus leidenschaft, aus verantwortungsbewusstsein und augenmass mache erfolgreiche politik aus.

zu viel leidenschaft,
keine verantwortungsbewusstsein und
fehlendes augenmass

führten dagegen in die irre!

stadtwanderer

glückliches bern im thuner schaudaupark

sie sei mit dem “merz” gekommen, sagte der thuner komiker gerhard tschan, als er bundesrätin widmer-schlumpf ankündigte. den habe sie vor der türe stehen gelassen, denn er sei ein auslaufmodell. die pumpe sei am ende, die einspritzung funktioniere auch nur noch ungenau, und so komme es auch, dass er mehr denn je in sackgassen lande. das zahlreiche erschienen publikum lachte über den geglückten einstieg in die tagung “top oder flop – was macht erfolgreiche politik aus?

1ewsbild: markus grunder

nicht so evelyne widmer-schlumpf. die schweizerin des laufenden jahres sagte trocken, sie sei mit dem audi nach thun gekommen, das sei seit jeher ihr auto. ja, “auto”, lateinisch für “selbst” ist das credo der liberal eingestellten politikerin aus dem bündnerland. “frage nicht, was der bund für deine gemeinde tun könne, sondern was deine gemeinde für den bund mache könne”, rief sie in anlehnung an john f. kennedy in den saal mit 290 gemeindepolitikerInnen. führung von oben sei in der schweiz nur beschränkt möglich, nicht einmal dann, wenn man dafür zahle. denn letzlich funktioniere das land, weil die gemeinden die demokratische basisarbeit leisteten.

kritischer verfuhr reto steiner, professor für verwaltungswissenschaften an der berner uni. er beschäftigt sich beruflich mit gemeindefusion. zwar seien nicht alle geglückt, der trend gehe aber in diese richtung, fasst er seine beobachtungen zusammen. ein wichtiger vorteil daraus sei die stärkung der autonomie auf erhöhten niveau. es steigt auch die qualität der dienstleistungen, damit einher gingen aber auch höhere erwartungen. und dabei bei der verbreiteten forderung nach tieferen steuern, was nicht überall aufgehe und die neigung zu opposition fördere.

einen gegenpunkt hierzu setzte während den verhandlungen der schwyzer kommunikationsberater iwan rickenbacher. die mobilität der menschen bildete den ausgangspunkt seiner analyse. sie erweitere den horizont der menschen, nehme ihnen aber zeit. die freiwilligenarbeit leidet darunter, beschränkte sich heute weitgehend auf den sport. den politik empfiehl der anhänger von landsgemeinden (“wie ein open air”), ihren ursprung zu bewahren, diesen aber mit den neuen möglichkeiten der kommunikation zu erweitern. gemeinschaftbildung fände heute nicht mehr über die kirchen, aber auf facebook statt.

hansueli wandfluh, unternehmer aus frutigen, lobte die anpassungsfähigkeit der hiesigen firmenleiter, beklagte aber die wachsende unsicherheit im rechtswesen. sein thema, die regionalförderung durch die wirtschaft, passte er denn auch der aktualität an. der nationalrat polemisierte gegen die bundesrätliche politik zum bankgeheimnis. ihm sei der unterschied zwischen steuerbetrug und steuerhinterziehung klar; doch wisse er nicht, was grobe steuerhinterziehung sei die feine steuerbetrügler machen würden.

der steuerwettbewerb im internationalen und im interkantonalen bereich war denn auch das thema des letzten referenten. ökonomieprofessor gunther stephan gabe eine sehr ausgewogene beurteilung an. er betonte die vorteile für das steuerniveau, kritisierte aber auch, dass der wettbewerb ohne leitplanken der politik sinnlos sei. vor allem könne es sein, dass nutzniesser tiefer steuerfüsse in vororten seien, und in den städten dienstleistungen nutzten, ohne dort steuern zu bezahlen.

auf dem podium der politikerInnen lobte gerold bührer vormals präsident der fdp den marktwirtschaftlichen ansatz in der steuerpolitik, während ursula wyss, gegenwärtige fraktionspräsidentin der sp, die folgen für den zerfall der öffentlichen dienste beklagte. degressive steuersätze lehnten beide ab, einfachere steuersysteme befürworteten beide. ansonsten unterschieden sich der steuerzahler im schaffhausischen tayngen und die steuerzahlerin in der bundesstadt bern in allen anderen einschätzungen.

genau das nahm eine zugewanderte schaffhauserin, heute in einer bernischen gemeinde lebend, auf. sie zahle hier mehr steuern als vorher, habe hier aber auch mehr lebensqualität, fasste sie ihren wohnortswechsel zusammen. und im kanton bern engagiert sie sich politisch, um das eingenommene geld sinnvoll einzusetzen. der applaus unter den gemeindepolitikerInnen war ihr sicher.

genauso wie das “happy birthday” lied für geburtstagskind hansueli von allmen, thuner stadtpräsident und gastgeber der tagung, in das am abend des ersten tages im schaudaupark alle kräftig einstimmten, um sich als glückliches bern auf die kommenden tag zu freuen.

stadtwanderer

der magnet für lokalpolitikerInnen

in kürzester zeit hat sich das thuner politforum zum magnet für gemeinde- und stadtpolitikerInnen im kanton bern und darüber hinaus entwickelt. die vierte austragung, für die sich einige hundert lokalpolitikerInnen eingeschrieben haben, ist am freitag und samstag zum thema “top oder flop – was macht erfolgreiche politik aus?

politfthemen gibt es natürlich viele, die man in bern und umgebung unter dem titel besprechen muss: bern/biel als metropolitanregion, der kanton als marke, die wirtschaftsförderung in der region, steuerwettbewerb, lebensqualitätsförderung, gemeidefusionen, stadtnetze und stadtkränze, der raumbericht des bundes, vernetzung von stadt/kanton und bund, verhältnis medien und politik, polarisierung und kooperation und und und.

einiges davon wird in den kommenden tagen sicher diskutiert werden, und das mit prominenten referentInnen: bundesrätin eveline widmer-schlumpf kommt, die regierungsräte rickenbacher und neuhaus sowie verschiedene stadtpräsidenten sind angesagt, professoren legen ihre expertisen vor und unternehmen und gemeindepolitikerInnen berichten aus der praxis.

auch der stadtwanderer wird, wie schon 2007, in der gegend sein, um sich gedanken zu machen: “polarisierte vs. vermittelnde politik” ist sein thema. und hier schon mal drei thesen, die vor dem aktuellen hintergrund diskutieren will:

these 1: konkordanz ist und bleibt die für die schweiz richtige regierungsform.

these 2: die in den städten praktizierte hat zwar die handlungsfähigkeit der regierungen erhöht, die konkordanzkultur ist dabei aber weitgehend verloren gegangen, sodass tagespolitische polarisierungen das innenleben der stadtpolitik bis zur unregierbarkeit blockieren.

these 3: die herausforderung der städte heute ist, in einem gewandelten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen umfeld zu bestehen und die rolle als stiefkinder der nation abzustreifen. das verlangt in vielerlei hinsicht eine aussengerichtete, weitsichtige und kooperative politik, verbunden mit einer kultur, die in der lage ist, über den eigenen kleinen tellerrand hinaus perspektiven zu entwickeln.

stadtwanderer

berns burgergemeinde muss bestätigen, was man über ihren früheren präsidenten schrieb

die burgergemeinde beschäftigte sich im winter 2008/9 mit nazifreundlichen verbindungen wichtiger mitglieder in den 30er und 40er jahren. sie relativiert zwar die aussagen der historikerin katrin rieder, doch kann sie ihre kernaussagen nicht widerlegen.

2862288444_ee925bf5ebder stolz der burgergemeinde, der sitz des präsidenten, wo auch schon frühere frontisten unwidersprochen residierten.

man erinnert sich: im august 2008 löste die berner historikerin katrin rieder mit der publikation ihrer dissertation einen heftigen wirbel in berns burgergemeinde aus. sie hielt in buchform fest, georges thormann, ein früherer präsident der bernburger, sei ohne gegenstimme in sein amt gewählt worden, obwohl er in den 30er jahren gauleiter der nationalen front bern war.

“Vertreter der Burgergemeinde der Stadt Bern haben sich in den dreissiger Jahren verschiedentlich antisemitisch-rassistische, eugenische und fremdenfeindliche Argumentationsweisen zu eigen gemacht”, fasst die sda die heute veröffentichten erkenntnisse aus dem neuen quellenband der burgergemeinde zusammen.

die unterstützung rechtskonservativer organisationen durch die burgergemeinde, insbesondere des schweizerischen vaterländischen verbands, lege sympathien für deren zielsetzungen nahe, zumal man das restliche politische spektrum nicht gefördert habe. das wird auch von der burgergemeinde akzeptiert. diese unterstützung, hält man heute relativierend fest, sei aber nicht unumstritten gewesen.

bezogen auf die nazifreundlicherkeit einzelner ihrer mitglieder beschwichtigt die burgergemeinde weiter, obwohl sie zugibt, die datenlage zu ihrem report sei unzureichend. die grosse zahl der burger sei den nationalsozialisten in der schweiz fern gestanden, meint sie, einzelne nicht. man dürfe die menschenfeindlichen argumentationsmuster jedoch nicht aus heutiger sicht sehen; vielmehr müsse man sie im zeitgenössische umfeld verstehen, denn städtische, kantonale und eidgenössische behörden hätten in ähnlichen situationen ähnlich argumentiert.

die botschaft der burgergemeinde entspricht durchaus der selbstbewussten, grundkonservativen haltung der berner elite. zuerst schweigt man alles tot, wie wenn nichts gewesen wäre; dann gibt man, unter druck, zu, was bekannt geworden ist, relativiert in eigener sache und beschuldigt andere nicht besser gewesen zu sein.

katrin rieders buch ist damit nicht wiederlegt worden. wenn eine differenz in der wertung bleibt, hat das mit der innen- und aussensicht zu tun, und der generation! rieders werk reflektiert das bewusstsein der heuigen geschichtsschreiberInnen zu fragen der schweiz und des dritten reiches resp. zu rassistischen tendenzen in den rechtskonservativen ideologie der schweiz, während der der bericht der burgergemeinde in dem der vorherigen generationen hierzu verharrt. man kann das nur so zusammenfassen: hätten die bernburger von beginn weg sich selber der frage angenommen, wären sie von jedem späteren verdacht befreit gewesen.

doch so bleibt: gäbe es provozierende geschichtsbücher wie das von katrin rieder nicht, gäbe es es auch keine selbstdarstellung der burgergemeinde zu diesem thema. obwohl es das problem selber bestanden hat.

stadtwanderer

freier schwanenverkehr vs. freier personenverkehr?

das wissen alle: schwäne sind weiss. und das weiss der stadtwanderer seit samstag nachmittag: die schwäne auf dem wohlensee sind schwarz. das sorgt seither für eine heftige kontroverse unter naturschützerInnen und politikerInnen.

topelement5schwarze schwäne, auf dem thurnersee, machen ernst mit dem freien schwanenverkehr, und wollen auf dem wohlensee heimisch werden

zehn schwarze schwäne hat es seit längerem auf dem thunersee. ein vogelliebhaber importierte sie aus australien. zunächst lebten sie nur in seinem privaten gehege. doch dann entwichen sie, und seither sind sie im oberen aaretal heimisch. in thun sorgten sie schon mal für rote köpfe. schliesslich liess man sie, wo sie waren, doch dürfen sie sich nicht vermehren und nicht ausbreiten.

nun sind sich vier davon auf dem wohlensee zwischen bern und mühleberg gesichtet worden. willy joss, passionierter vogelschützer, entdeckte sie und berichtete in den berner medien. ein bereicherung seien sie für die hiesige natur, meinte er.

das wiederum sehen zahlreiche naturschützerInnen anders. sie monieren, schwarze schwäne seien in der schweiz artfremd und hätten keine natürlichen feinde. sie könnten soweit überhand nehmen, dass einheimische tierarten verdrängt würden. sie unterstützen deshalb die rückkehr der schwarzen schwäne in ihr thuner reservat.

drei wochen will der kantonale jagdinspektor den fremdlingen zeit lassen, um selber zurückzufliegen. solange will man tolerant sein, dann aber streng, denn die tiere risikieren, betäubt und gefangen genommen zu werden, damit man sie zurückschaffen kann.

selbst den berner regierungsrat beschäftigen die schwarzen schwäne zwischenzeitlich. andreas rickenbacher (sp), von der volkswirtschaftsdirektion, eigentlich für land(wirtschafts)fragen zuständig, wurde seines engagements wegen schon mal ausgebootet. urs gasche (bdp), der finanzdirektor, nimmt sich seither der sache an.

und so frage ich mich: jetzt, wo wie mit deutlichem mehr den freien personenverkehr bestätigt haben, müssen wir den freien schwanenverkehr mit drastischen mitteln eingeschränkt halten? kann man für kulturelle diversität sein, aber biodiversität ablehnen?- ich gebe zu: von naturschutz verstehe ich weniger als von politik …

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madame tussauds illusionen

“Um 1765 konnte man, fals uns niemand angelogen hat, in den Gassen der alten und mächtigen Stadt Bern, ein vierjährige Mädchen namens Marie sehen, das Wäsche zur Aare trug, Brot beim Bäcker besorgte und Brennholz die Treppe hochschleppte. Sie unterschied sich in nichts von den anderen Kindern, die zu hunderten durch die Kramgasse, die Gerechtigtkeitsgasse und die Judengasse wuselten und von denen die meisten bald an Cholera, Tuberkolose, Diphterie oder schlechter Ernährung sterben würden. Marie aber überstand ihre Kindheit dank Glück, robuster Gesundheit und zärtlicher Fürsorge und lebte ein märchenhaftes langes Leben.”

450px-marie_tussaudmarie tussaud, die begründerin des wachsfigurenkabinettes in london, in berns gassen ausgewachsen, in ihrer selbstmodellierung

so beginnt der frankreich-stämmige schriftsteller alex capus, heute im schweizerischen olten lebend, sein portrait von madame tussaud, der geschäftstüchtigsten künstlerin aller zeiten und begründerin des museums “Madame Tussauds”, die am 16. april 1850 in london verstarb.

marie’s mutter, anna-maria walder, ein dienstmädchen, zog 1766 von bern nach paris zu dr. philipp curtius, einem wachsbossierer, dem sie ihr leben lang verbunden blieb. bei ihm lernte marie zeichnen und modellieren. in diesem metier talentiert, unterrichtete sie wachskunst bald schon im schloss versailles, wo sie mit vorliebe köpfe von angehörigen des französischen hochadles nachempfand. 1794 erbte sie die wachsfigurensammlung von curtius, heiratete francois tussaud, mit dem sie zwei söhne hatte, bevor sie sich von ihrem trunksüchtigen mann scheiden liess, um sich 1802 in london niederzulassen. 33 jahre später eröffnete sie, nach einigen wanderausstellungen mit ihren skurilen skulpturen, an der baker street ihr eigenes museum, in dem sie ihre wachsfiguren ausstellte. 1842 schuf sie, hochbetagt, ihr eigenes abbild als letzte selbständig modellierte büste für ihr kabinett, das heute an der marylebone road seine türen für unzählige schaulustige öffnet.

capus konzentriert sich in seinem (ersten kapitel zum) portrait von marie tussaud ganz auf ihre zeit während der französischen revolution; er schreibt: “Am Sonntag, dem 12. Juli 1789, konnte Marie die Revolution hören, wie sie trampelnd, krakeelend und singend die Rue du Temple heraufkam, laut und immer lauter wurde und schliesslich vor dem Salon de Cire haltmachte. Drei- oder fünftausend Menschen standen vor der Tür, und sie verlangten die Wachsbüste von Finanzminister Jacques Necker. (…) Zwei Tage später stürmten die Aufständischen die Bastille und eroberten die Schwarzpulvervorräte der Schweizer Garde – und damit hatten sie Paris erobert. Curtius notierte stolz: “Ich kann also sage, dass sich der erste Akt der Revolution chez moi ereignet hat.” die familie blieb den republikanern eng verbunden. die revolutionre zählten zu ihrem freundeskreis. marie soll sogar mit robespierre geflirtet und mit danton gestritten haben. und von marat wird berichtet, dass er, seiner frechen zeitungsartikel wegen polizeilich gesucht, bei marie unterschlupf gefunden habe.

so berühmt madame tussaud durch die erzeugung von illusionen mit ihren werken wurde, so wenig weiss man über ihren erzeuger. in strassburg getauft, hiess sie marie grosholtz. der elsässer joseph grosholtz soll ihr vater gewesen sein, der kurz vor der geburt von marie am 7. dezember 1761 verstarb. alex capus glaubt nicht daran, denn zur zeit der fraglichen zeugung weilte der söldner auf den schlachtfeldern des siebenjährigen krieges. vielmehr vermutet der schriftsteller, philipp curtius, der arzt aus stockach am bodensee, sei ihr vater gewesen. jedenfalls schrieb madame tussaud in ihren memoire, er sei zur stelle gewesen, als ihre mutter in not war, habe die beiden nach bern geführt, und ihm haus untergebracht, in dem seine praxis war.

ausser dass man in bern dieses haus nicht kennt. weil auch das eine von madame tussauds illusionen war?

stadtwanderer

alex capus. himmelsstürmer. zwölf portraits, münchen 2008.

bern als hauptstadt der metropolitanen schweiz

in der heutigen “berner zeitung” nimmt christoph koellreuter, basler ökonomieprofessor und präsident von metrobasel, zur architektur der metropolitanen schweiz stellung. dabei skizziert er für bern die rolle des hauptquartier von metroschweiz, ohne selber eine metropolitanregion zu sein.

der berner raum muss seine politisch – wissenschaftlich – mediale bedeutung für die metropolitane schweiz bewusst werden, fordert christian koellreuter von metrobasel

das interview in der bz beginnt so, wie man zwishenzeitlich kennt: bern selber sei kein metropolitanraum. doch ann wird es spannend: bern könne ein “wichtige Rolle für die metropolitane Schweiz spielen.”

wie das, fragt man sich an dieser stelle automatisch. der vorschlag aus dem munde des basler vordenkers lautet: “In Bern wird die Schweiz politisch geformt. Wir Metropolitanregionen profitieren davon, was und wie in Bern entschieden wird. Das politische Modell Schweiz ist ökonomisch erfolgreich, wie die internationale Stellung von Basel, Genf, Zürich zeigt. Genau da könnte Berns künftige, auch wirtschaftlich interessante Rolle liegen. Bern als Headquarter der metropolitanen Schweiz, als Ort, an dem ihre Strategie ausgehandelt wird. Um diese Rolle zu spielen, muss Bern aktiv werden.”

bern müsse erstens alles tun, wirklich alle einflussreichen interessenvertreter vor ort zu haben.
zweitens müsse sich die universität als denk- und strategiefabrik von metroschweiz positionieren.
und drittens müsse das fernsehen als wichtigstes medium ein politikzentrum in bern haben.

wichtig ist für koellreuter, dass bern eine voraussetzung schaffe, hauptstadt der metropolitanen schweiz zu werden. dafür müsse sie die frankophonie, die sie mal hatte, fördern und pflegen. denn ohne einbindung der welschen schweiz ist bern kein zentrum, sondern peripherie.

ist das nun der ansatzpunkt, um die stadt zu beflügeln?, fragt sich der

stadtwanderer

nicht das abnormal-exotische, aber das unerwartet-herausragende würde mich interessieren

der medien liebstes thema ist das abweichende. nicht das herausragendste, sondern das abnormale. das exotische, das einen fassungslos erstarren lässt, nicht aber das unerwartete, das einen zum hinterfragen anregen würde.


die scheinbar verschwundene gabriele schulze wird in ihrem familienkreis wieder aufgenommen

die waldfrau aus bolligen

das haben die berner und bernerinnen dieser tage im zusammenhang mit der waldfrau aus bolligen so richtig mitbekommen. die frontseiten, die hintergrundseiten und die lokalseiten waren tage lang gefüllt mit der geschichte zu gabriele s. aus deutschland, die seit dem letzten sommer in wald auf bolliger gemeindeboden lebte.

trotz, vielleicht auch wegen der grossen lettern, die in diesem zusammenhang gebraucht wurden, haben wir eigentlich wenig über die frau erfahren, welche die die sesshaftigkeit hinter sich gelassen hatte und durch europa gewandert war, bis sie in bolligen ankam. dass sie nicht in einem haus, sondern in einem erdloch hauste, las man. dass sie ihren “hausrat” nicht aus nahe gelegenen shoppyland, sondern direkt aus dem wald hatte, erfuhr man. und dass sie meist nicht von fleisch und teigwaren, sondern von selbstgemachten suppen und tees lebte, wissen wir jetzt. das alle machte sie zur aussenseiterin, die lebt, wohnt und sich ernährt, wie man das normalerweise nicht tut.

doch was die frau bewogen hat, ihre familie zu verlassen, bleibt verborgen. von einem beabsichtigten papstbesuch war schemenhaft die rede. mehr nicht, ausser, der selbsteinschätzung, dass sie keine aussteigerin sei, wie man meinen könnte. denn sie bewegte sich wie andere auch, spazierte in bern, um zu sehen, wie sich die mode entwickle. sie war auf der autobahnraststätte grauholz, um menschen zu treffen und von einem aufenthalt im süden zu träumen.

nun hat diese geschichte ihr ende. ohne dass jemand damit seine grosse exklusive medienstory machen konnte. den film “die frau, die aus dem wald kam” wird es wohl auch nicht geben. doch haben alle davon berichtet, mainstreamig, lemminghaft. die hälfte der beiträge, die ich gelesen habe, betraffen gar nicht die waldfrau, sondern den medienrummel, der rund um sie herum entstand, und wie sich der journalisten-gemeindepräsident, den bolligen seit drei wochen hat, darin profilieren suchte.

die stadtfrau aus zürich
genau deshalb frage ich nach: warum nur dies aufgemachte medienhype über ein randphönomen in bern. statt dem abnormal-exostischen würde mich das unerwartet-herausragende viel mehr interessieren.

zum beispiel ein ebenso breit aufgemachtes porträt über eine andere frau. genauso unerwartet, aber typisch, und herausragend. zum beispiel über die eine kandidatin für das zürcher stadtpräsidium, die in zürich keine arbeit fand, und bis zu ihrer allfälligen wahl an die spitze der grössten schweizer statt täglich nach bern pendelt, um hier zu arbeiten. wer hätte das gedacht? niemand, wenn man nur konsumiert, was der mainstream berichtet. und genau deshalb ist es von bedeutung. weil es helfen würde, unsere lieb gewonnenen gewohnheiten bei der medienlektüre zu hinterfragen.

eigentlich müsste das auch die zürcherisch-bernischen medien interessieren. allerdings nicht um belanglose geschichte über den wald, sondern über das reale leben in den schweizer städten zu schreiben.

stadtwanderer

Gäng wie mee Schnappschöss

Uf dr Foto gseht er uus, wi dr Heinz Däpp. I Würklechkeit isch ärs ou, dr Outor vo de “Schnappschöss“, wos gäng wie mee gett.


Heinz Däpp, Satiiriker, wo gäng gueti Komedi macht z’Bärn em Spiegubeld bim Stadtwandrr

Wohne tuet de Hene Däpp ir Stadt Bärn. Ar Chramgass, grad obenar Dischteuzwangzonft. Zu Zitte vom Buebeberg Aedu esch das di vörnäämschti Gesellschaft gsi ir Stadt Bärn. Em gliiche Senn gillt das hütt ou för de Schnappschiesser.

Aer esch en Arischtokrat under de Journaleschte. Kei Prolet, u kei gwöhnleche Börger! Nei, vo Däpp, Heinz, müssti meer em eigentlich säge. Drom esch äer ou nöm eifach Grossrotsbrechterstatter. Deert hett är zwar gleehrt, met vill Gedold d’Aalige usem Vouch aaz’lose, d’Eigeheite vor Aessvoupee u Aesspee z’onderscheide, und z’gsee, dass Aeffdeepee u Grüeni nomal echli anders si im Kanton Bärn.

Mängisch escher aber fascht verzwiiflet wägem Leerlauf, wo der Senat vo Bärn schon sit sinner gröndig ghaa het. Im Innere esch er drum Satiiriker worde. Aer het aagfange, siner Gedankeblitze iizfaa u Schnappschöss uf e Papierschibe z’schiesse. Die wärde sit Jahre im “Regi”, wie d’Regionausendig vo Bärn – Friburg – Wallis z’Bärn heisst, am Friitig under däm Titel gsändet. Es eimaaligs Chonterbont vo Bärner Spezialitäte esch doderbi entstande.

Wemmer em Heinz Däpp zuelost, chunnts eim mängisch vor, er sigi gäng no eine vo de gnädige Herre von Bärn. Nei, kee Borgerpräsident! Eine vo de guete Sorte, müsst me dee no biifüege. Grad wil är sech gäng liebevoll mit de Untertane vo Radiobärn beschäftigt.

Am liebste peckt er sich eine, mängisch o eini, use, zitiert ne oder si mit em geistige Oug i sini Stube, u laat sech die sonderbare Erläbnis wos Bärnervouch het lo verzelle. U dee fasst är aus, wie seechs för ne Patrizier ghöört, i sine eigene Wort zäme. E rechtigi Gschicht macht er druus, eini wo sech guet lat la verzeue am Mikrophon im Radiostudio ar Schwarztorstrass.

Wenn de Däpp über sini Undertane brichtet, esch är nie bösartig. Kritisch aber scho! Das hät mit sim Auter z’tüe. Wie aui, wo 68 drebi gsi si, isch är emal e jugendleche Stürmi gsi. Hütt het das besseret. Mr esch augemein autersweis worde i siner Generation. “S’Kritische” sig wichtig, seit dr Däpp aber gäng no, “dermit me chan underscheide zwösche fäähler, wo Mönsche mache, und Schwechine, wo sich hei.” Uf die hets dr Hene Däpp bsonders abgeseh, will us eene entstöh d’Charaktereere wo us Odertaane Mönsche forme.

Ig chan echs säge: Es isch en Ehr en Bärn, wenn’s e Schnappschoss über eim git. Mänge Politiker und mängi Politikere planget sit Monete, dass er oder sii o emal dra chunnt. Das isch fascht eso wie nes Sigu ufem Briefcouvert. Me isch denn nöm einfach e Masseversand vor Schanzeposcht. Nei, me isch e sorgfäutig geschribeni Personenbeschriibig, wo med Bedacht gfautet u iipackt worde esch. Am Änd hets Couvär vom Meischter säuber dr schöni Stämpu übercho, womer siner Läbti uufbewahrt!

S’wichtigste ar Läbesgschicht, wo so düren Aether vo Radio Dee-Er-Ess geschickt werd, isch d’Schprach vom Heinz Däpp. Aus junge Journi het er wie aui uf Schrifttütsch geschrebe. I viune Ziitige vo angere Stett. Korreschpondänt isch är denn gsi. Bis är gmerkt het, dass das nume nes Hindernis esch, um ganz bide Lüt zsi.

Denn her är aagfange uf Bärndütsch z’schribe. U plötzlech isch är dr Seu vo de Bärner nöch cho. Obwou d’Kolturdiräktion vo Bärn pompösi Verehrige schücht wie de Muurer Ueli d’Aare, si em Däpp siner Schnappschös Kolt worde. U är esch es ou worde. Drom chan är sech itze o aues leischte: “Bim aute Tschäppät”, seit de Däpp, “het mer vor Eerfurcht ne Hünerhuut übercho. Bim itzige gits nume no Bibeli!” U aues lacht, säubscht dr Alex. Dr Däppät esch haut die no hööcheri Outorität z’Bärn aus dr etzig Stadtpräsidänt.

Z’Züri und z’Basu hätti dr Heinz Däpp dadermint kei Erfoug. Weu siner Schnappschöss si u blibe e Teil vor Bärner Identität, seit dr Profässer Stadtwandrr. U wer sech mit dere usenander setzt, de oder die chunnt am Hene sine Bücher, wo genau gliich heisse aber gäng wie mee wärde, nid verbi.

“Ufem Foto gseni uss win e ufgestängelete Chopfsalat”, seit dr Däpp über sech säuber. Meeh vonem erfahrt me aber ned. Grad eso, wie wenn er nüüd Bsundrigs wäär, wome dröber chönt e Glosse schriibe. Villicht isch das a dem Wuchenändi angersch, wenn är sini Komedi im “La Cappella” diräkt vor em stuunende Publikum zum Beschte gett.

Gööt, u loset dee Tuusigskärli vomene Bärner Dechter!

dr Stadtwandrr

haben räume eine seele?

eine interessante diskussion war das gestern abend. es ging unter anderem um den raum bern. und um die frage, ob räume eine seele haben.

für die treuen christen ist alles klar: menschen haben eine seele. tiere und pflanzen nicht. biologInnen sehen das nicht so trennscharf, denn auch hunde, katzen und raben haben ein wesen wie eichen, schlingpflanzen und vergiss-mein-nicht. landschaftsmaler würden wohl nioch weiter gehen, sind sie doch regelmässig vom magischen in der natur, der schönheit von bergen oder der kraft von wäldern begeistert. und wer würde schon behaupten, sehen hätten kein leben?

doch was macht die seele von räumen aus? die natur oder die kultur? sind die farben, der klang oder der geschmack entscheidend? oder sind es die jahreszeiten, welche unsere umgebungen regelmässig beseelen? äussert sich die seele der umwelt in gewittern und sonnenstrahlen? braucht es für die seele von räumen menschen, ihre spuren, ihre arbeit, ihr werk? zieht uns das fliessen der gewässer oder die ästhetik der häuser mehr an? konkreter noch: haben automobile, die sich wie selber bewegen, ein inneres, das uns geheimnisvoll vorkommt? fasziniert uns die werbung, die immer wieder von neuem unsere fantasien mobilisiert?

was wäre bei alle dem die seele des berner raumes bern? die aare? der sandstein? der dialekt? die troubadure? die originale? spricht sie aus der stimme von heinz däpp? oder den worten von pedro lenz? ist das münster münster die seele der christen? oder der gurten jene der paganen? trifft man sie in den gassen in der nacht? muss man bei sergius golowin nachschlagen? oder am glasbrunnen im bremgartenwald wasserschöpfen gehen?

oder ist es die die mentalität der bernerInnen und das unfassbare ganze der stadt, die alles entscheidend sind?

wird man nur in der sagenhaften geschichte fündig, oder auch in der gegenwart, wenn man danach sucht?

fragen, fragen, fragen. und hoffentlich genau so viele antworten …

stadtwanderer

wird das ein heikler entscheid?

“bernplus” heisst das projekt samt zugehöriger website, das die region bern politisch-administrativ neu koordinieren will. am 17. mai 2009 wird darüber abgestimmt. ein heikler entscheid, sagt sich der stadtwanderer. und fordert seine leserschaft auf, sich mit dem projekt zu beschäftigen und ratschläge zu seiner beurteilung abzugeben.

der kanton bern lässt zwischen den gemeinden und dem kanton nicht nur amtsbezirke zu, sondern auch regionalkonferenzen. das oberland kennt das schon länger. nun will auch bern eine solche.

in der regionalkonferenz bern-mittelland sollen die 101 gemeinden vertreten sein, die im weiteren sinne zum stadtberner raum dazu gehören. repräsentiert werden sollen sie durch die gemeindepräsidentInnen.

sie sollen die regionale zusammenarbeit fördern, selbst wenn sie nicht viele kompetenzen haben. doch es gilt der grundsatz: me mues haut medenand rede.

was auf den ersten blick gut tönt, ist indes nicht ohne probleme; die “berner zeitung” brachte es am letzten samstag auf den punkt: für eine koordination der anliegen in der agglomeration bern ist das gremium zu gross. zu viele gemeinden sind drin, die nicht eigentlich dazu gehören und damit die entwicklung der agglomeration eher bremsen dürften. als basis für den viel diskutierten städtkranz mit biel, thun, solothurn, freiburg und auch neuenburg ist die kantonale regionalkonferenz wiederum ganz ungeignet. denn regionalkonferenzen sind institutionen des kantons bern und berücksichtigen selbst die möglichen bernischen partnerstädte für berns städtenetzwerk nicht.

eine knacknuss!, prophezeie ich da, über die wir uns unterhalten müssen. denn das projekt präsentiert sich, wie wenn es weder fisch noch vogel wäre.

weder ist zu erwarten, dass sie die agglo bern im kanton wirklich aufwertet und damit einen beitrag zur urbanitätsstrategie des kantons leisten würde.

noch kann man davon ausgehen, dass sie das interkantonale städtenetz erlaubt, das das bundesamt für raumplanung als lösung für die neupositionierung der hauptstadtregion bern vorschläg.

“was tun?”, fragt sich deshalb der stadtwanderer ernsthaft. inskünftig als stadtlandwanderer im perimeter der regionalkonferenz spazieren gehen, oder gleich zum städtewanderer mutieren, der vor allem in die regionalen zentren geht? oder sich einfach in die alte zähringerburg in der altstadt zurückziehen?

guter rat ist teuer, aber gefragt, meine sehe verehrte leserInnenschaft!

stadtwanderer

auf dem weg zur grossen ökumene

einst meinte katholisch die gesamte christliche kirche. mit der reformation spaltete sich diese unwiderruflich. immerhin brachte die ökumene der nachkriegszeit des 20. jahrhunderts eine annäherung der grossen christlichen gemeinschaften. dabei wird der begriff der ökumene nicht mehr nur für die kleine, innerchristliche verständigung, sondern auch für die grosse, interreligiöse annäherung verwendet.

12 prozent der menschen im kanton bern sind keiner religionsgemeinschaft zugehörig. 83 zählen zu christlichen kirchen, 5 prozent zu nichtchristlichen. die reformierte landeskirche ist mit 67 prozent die grösste, gefolgt von der römisch-katholischen mit 15 prozent. christkatholische und orthodoxe kichemitglieder kommen deutlich weniger vor. muslime wiederum sind die grösste gemeinschaft unter den nicht-christlichen religionen; sie machen annähernd 3 prozent der menschen im kanton aus. hinzu kommen juden un judinnen, buddhistInnen und hinduistInnen.

pluralisierung und individualisierung
die grössen veränderungen der letzten jahre haben zwei verschiedene ursachen: die migration haben zur pluralisierung der gesellschaft beigetragen. im kanton bern leben heute menschen aus 167 nationen; sie sprechen etwas halb so viele verschiedene sprachen. und sie haben den anteil angehöriger nicht-christlicher gemeinschaften ansteigen lassen, denn die aufnahmefähigkeit neuer menschen mit anderen lebenshintergründen resp. deren aufnahmewill in eine landeskirche sind beschränkt.

das hat auch mit der individualisierung der lebensweisen der angehörigen christlicher gemeinschaften zu tun. die geburtenraten sind hier rückläufig; familienformen wiederum werden vielfältiger. kirchenaustritte haben stark zugenommen, zwischen reformierter landeskirche und freikirchen gibt es zahlreiche übergänge, und religiosität resp. spiritualität werden ausserhalb von christlichen kirchen und gemeinschaften gesucht und gefunden.

haus der religionen: bern als pionier

in städischen gebieten sind die trends zur pluralisierung und individualisierung des religösen lebens stärker ausgeprägt als in ländlichen. in bern und biel ist die vielfalt der lebensformen, gemeinschaften und kirchen deutlich grösser. von hier aus geht denn auch die suche nach der neuen ökumene. weil mission kaum mehr vorkommt, kirchenübertritte eine folge individueller entscheidungen sind, besteht eine wichtige voraussetzung dazu. man ist nicht konkurrent untereinder, sondern entwickelt sich zum partner im gesellschaftlichen leben.

das geplante haus der religionen am europaplatz in bern-ausserholligen ist wohl das bedeutendste projekt des interreligiösen austausches in bern. die stadt bern nimmt damit im dialog der kulturen eine prionierstellung in der region, in der schweiz und darüber hinaus ein. 1993 aus dem runden tisch zwischen reformierten und katholiken entstanden, seither in vielerlei hinsicht erweitert, entwickelt dieses projekt schon jetzt zahlreiche aktivitäten. die nacht der religionen vor wenigen wochen war der bisherige höhepunkt in dieser hinsicht.

von der kleinen zur grossen ökumene?
all diese zeichen werfen eine frage auf: bewegen wir uns hin auf eine grosse ökumene in einer pluralisierter kirchenlandschaft? nicht nur weil weihnachten ist, interessiert mich diese perspektive.

stadtwanderer